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„Achtung Elektromüll!“ - Wettbewerbswidrigkeit bei fehlender Müll-Kennzeichnung an Elektrogeräten

22.10.2021, 12:38 Uhr | Lesezeit: 4 min
„Achtung Elektromüll!“ - Wettbewerbswidrigkeit bei fehlender Müll-Kennzeichnung an Elektrogeräten

Elektrogeräte gehören nicht in den Hausmüll - damit dieses Verbot jedem Verbraucher hinreichend deutlich wird, muss gemäß § 9 Abs. 2 S. 1 ElektroG jedes Elektrogerät dauerhaft mit dem Symbol einer durchgestrichenen Mülltonne gekennzeichnet werden. In einer aktuellen Entscheidung hat das OLG Hamm (Urteil vom 20.07.2021, Az. 4 U 72/20) nun klargestellt, dass dieses Symbol nicht nur abfallwirtschaftliche Bedeutung hat, sondern vielmehr auch eine Marktverhaltensregel darstellt und somit wettbewerbsrechtliche Relevanz aufweist.

OLG Hamm: Fehlendes Mülltonnen-Symbol ist wettbewerbswidrig

Zwischen zwei Leuchtmittelherstellern war es zu einem Streit im Hinblick auf die Kennzeichnungspflicht für Leuchten gekommen, weil einer von Ihnen das nach § 9 Abs. 2 S. 2 ElektroG vorgeschriebene Mülltonnen-Symbol nicht auf seinen Produkten, sondern ausschließlich auf den Begleitunterlagen angebracht hatte. Der Wettbewerber mahnte diesen daraufhin ab und erhob schließlich Klage vor dem LG Dortmund, nachdem seine Abmahnung durch den Beklagten zurückgewiesen worden war.

Das LG kam zu dem Schluss, dass die fehlende Kennzeichnung auf dem Produkt ein wettbewerbswidriges Verhalten im Sinne von § 3a UWG darstellt und wurde schließlich auch durch das OLG Hamm bestätigt, welches sich seinen Ausführungen anschloss.
In § 3a UWG heißt es:

"Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen."

Voraussetzung für die Wettbewerbswidrigkeit ist somit ein Verstoß gegen eine Marktverhaltensregel sowie die Spürbarkeit für Verbraucher bzw. Marktteilnehmer.

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Kennzeichnungspflicht = Marktverhaltensregel

Nach Ansicht des Gerichts stelle die Kennzeichnungspflicht aus § 9 Abs. 2 S. 1 ElektroG eine Marktverhaltensregel dar, die zumindest auch dazu bestimmt ist, dem Interesse der Marktteilnehmer, insbesondere dem der Verbraucher, zu dienen.

"Der Verbraucher könne anhand des Symbols bereits beim Kauf erkennen, dass er das Produkt nicht im Hausmüll entsorgen könne. An dieser Information habe er Interesse, weil ihm vor Augen geführt werde, dass er einen anderen, meist aufwändigeren Entsorgungsweg wählen müsse. § 9 Abs. 2 ElektroG enthalte damit ein produktbezogenes Gebot. Bei Verstößen werde jedenfalls die schutzwürdige Erwartung des Verbrauchers enttäuscht, ein Produkt angeboten zu bekommen, das den im Interesse des Kunden bestehenden gesetzlichen Bestimmungen entspreche."

Zudem schließe die primär abfallwirtschaftliche Zielsetzung des Gesetztes einen Marktbezug nicht aus, da insofern auch ein sekundärer Marktbezug ausreichend sei.

Marktbeeinträchtigung spürbar

Auch das Kriterium der Spürbarkeit einer Marktbeeinträchtigung für Verbraucher und Marktteilnehmer sieht das Gericht als gegeben an.

Hierzu führt es aus, dass ein Verstoß gegen die Kennzeichnungspflicht grundsätzlich nur dann spürbar sei, wenn der Verbraucher die ihm vorenthaltene wesentliche Information je nach Umständen benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen. Außerdem müsse die fehlende Kennzeichnung geeignet sein, den Verbraucher zu einer Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte

Dies war nach Ansicht beider Gerichte im vorliegenden Fall gegeben. Denn jedenfalls nach der Auslieferung des Produktes entstehe beim Verbraucher die fälschliche Annahme, er könne das Gerät nach dem Gebrauch im Hausmüll entsorgen, was unter Umständen dazu führt, dass er sein Widerrufsrecht nicht ausübt.

Zuletzt fehle es auch nicht deshalb an einer Spürbarkeit, weil der Beklagte das Mülltonnen-Symbol an der Gebrauchsanweisung angebracht hatte.

"Es kann nicht angenommen werden, dass alle Verbraucher die Gebrauchsanweisung zur Kenntnis nehmen bzw. bis zur anstehenden Entsorgung des Produkts aufbewahren, um sich sodann anhand der Gebrauchsanweisung über die Entsorgungsmöglichkeiten zu informieren. Aus diesem Grund schreibt der Gesetzgeber vor, dass das Symbol grundsätzlich unmittelbar auf dem Produkt anzubringen ist und nicht lediglich in den Begleitunterlagen."

Tipps:
- In diesem Beitrag finden Mandanten der IT-Recht Kanzlei die Muster-Pflichtinformationen für Vertreiber und in diesem Beitrag die Muster-Pflichtinformationen für Hersteller und Importeure - jeweils geltend ab dem 01.01.2022.
- Stichwort Mülltonnen-Symbol: Mandanten der IT-Recht Kanzlei erfahren exklusiv in diesem Beitrag anhand eines Musters, wie die gesetzlichen Anforderungen diesbzgl. beim Verkauf von Batterien umgesetzt werden können.

Fazit: Wenn die Mülltonne vor Abmahnungen schützt....

Die Entscheidung zeigt, dass auch Vorschriften, die auf den ersten Blick nicht unbedingt etwas mit der Regelung des Wettbewerbs zu tun haben, durchaus wettbewerbsrelevant sein können. Das zeigt jedenfalls der vorliegende Fall des fehlenden Mülltonnen-Zeichens. So können Abmahnungen vermieden werden, mit denen man unter Umständen gar nicht rechnen würde.

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