Effizienzklassen in der Werbung: Wenn „Klasse A“ nur der dritte Platz ist
Tipp: Weiterführende Informationen finden Sie hier: "Verkauf von Haushaltselektrogeräten"
Nach einem aktuellen Urteil des LG Freiburg (12.07.2010, Az. 12 O 37/10) soll es gegen den lauteren Wettbewerb verstoßen, wenn Kühlgeräte der Energieeffizienzklasse „A+“ mit der Formel „sehr sparsam im Verbrauch“ oder ähnlichen Angaben beworben werden.
Inhaltsverzeichnis
Zum Urteil
Eine bekannte Handelskette bewarb in ihrem „Agenda 2010“-Prospekt ein Kühlgerät der Effizienzklasse A+ mit eben dieser Formel – zu Unrecht, wie ein Wettbewerbsverband befand. Schließlich gehörten heutzutage fast 17% aller erhältlichen Kühlgeräte der höheren Effizienzklasse A++ an, außerdem weise das beworbene Gerät innerhalb seiner Klasse A+ lediglich durchschnittliche Werte auf. Von „sehr sparsam im Verbrauch“ könne also keine Rede sein.
Die Richter schlossen sich dieser Ansicht an. Der Verbraucher werde durch diese Aussage in die Irre geführt, da die Formel eine Qualität des Geräts impliziere, die dieses gar nicht habe:
„Vorliegend ist die Aussage ‚sehr sparsam im Energieverbrauch‘ als eine vom von der Werbung der Beklagten angesprochenen Verbraucher ernst genommene Beschreibung der Ware zu qualifizieren, der ein klar ermittelbarer Erklärungswert über eine wesentliche Eigenschaft des beworbenen Produkts zukommt. […] Die Beklagte nimmt mit der angegriffenen Werbung zwar keine Spitzenstellung in Anspruch, der Werbeaussage ist jedoch durchaus die Behauptung zu entnehmen, dass das Gefriergerät zu einer Spitzengruppe gehört. Die Aussage ‚sehr sparsam‘ ist im Vergleich zu der Bezeichnung eines Geräts als sparsam ein Plus. […] Damit behauptet die Beklagte, die Kühlgefrierkombination gehöre im Hinblick auf den Energieverbrauch zu der Spitzengruppe der auf dem Markt befindlichen Kühlgeräte. […] Tatsächlich ist, worauf in der mündlichen Verhandlung mit den Parteien eingegangen worden ist, unstreitig, dass mehr als 50 % aller Geräte heute zu den beiden höchsten Energieeffizienzklassen zählen, wobei die Klasse A++ alleine selbst 17 % ausmacht. Unter diesen Umständen kann ein Gerät, das nur zu der Energieeffizienzklasse A+ gehört, nicht mehr als ‚sehr sparsam im Energieverbrauch‘ bezeichnet werden. Es handelt sich hierbei vielmehr um eine erhebliche Irreführung des Verbrauchers.“
Auch die Tatsache, dass neben der irreführenden Formulierung auch die korrekte Effizienzklasse A+ angegeben war, konnte an dieser Rechtsauffassung nichts ändern:
„Das Gericht kann sich der Auffassung der Beklagten, die dargelegte Irreführung werde dadurch korrigiert, dass die Energieeffizienzklasse des Geräts zutreffend mit A+ angegebenen werde, nicht anschließen. Selbst der aufgeklärte Verbraucher weiß nicht, dass heutzutage mehr als 50 % aller Geräte zu den beiden höchsten Effizienzklassen zählen. Dasselbe gilt hinsichtlich des Umstandes, dass bereits 17 % aller Geräte die Energieeffizienzklasse A++ haben. Aufgrund der Bezeichnung ‚sehr sparsam‘ erwartet er vielmehr, dass sich das Gerät im obersten Bereich der Sparsamkeit bewegt. Letzteres ist aus den dargelegten Gründen nicht der Fall. Ohnehin können ergänzende Hinweise immer nur der Aufklärung bei missverständlichen Ausdrücken dienen, nicht aber objektiv falsche Angaben korrigieren […]“.
Problemstellung in der Werbung
Bei der Werbung für Elektrogeräte stellt sich bezüglich der Effizienzklassen das Problem, dass auch von gesetzgeberischer Seite her keine Formulierungen für die Effizienz der jeweiligen Klasse vorgesehen sind. Die Geräte werden lediglich in die Klassen A (niedriger Verbrauch) bis G (hoher Verbrauch) eingeteilt, ohne dass anhand greifbarer Aussagenklargestellt wird, welche Klasse welche Eigenschaften repräsentiert. Um die Verwirrung zu komplettieren, wurde die Skala nach oben durch A+ und A++ ergänzt (was für eine weitere Reduktion des Verbrauchs um 25% bzw. 50% steht); die Einführung der Klasse A+++ ist geplant.
Für die Werbung bedeutet dies nun, dass einerseits die meisten Verbraucher spontan gar nicht wissen, was diese Buchstaben ausdrücken und welche die höchste Effizienzklasse ist (wer käme auch ausgerechnet auf A++?), andererseits keine griffigen Beschreibungen zur Verfügung stehen, die man in die Werbung aufnehmen könnte.
Von „Eigenkreationen“ sollte jedoch abgesehen werden; wie das dargestellte Urteil zeigt, sind diese oftmals aus wettbewerbsrechtlicher Sicht angreifbar. Als Alternative zu verbalen Formulierungen wäre z.B. eine graphische Darstellung aller Effizienzklassen von „G“ bis „A++(+)“ mit der Stellung des beworbenen Gerätes innerhalb dieses Spektrums denkbar.
Kommentar
Auch das Urteil drückt ein wenig diese Ratlosigkeit aus – die Richter bemängeln selbst, dass den einzelnen Klassen keine treffenden Umschreibungen zugeteilt sind. Widersinnig erscheint an dem System auch die Aufstockung der Effizienzklassen nach oben, sodass die üblicherweise höchste Klasse „A“ hier nur den dritten (bald vierten) Rang belegt.
Eine Lösung dieses Problems ist vorerst nicht in Sicht; bis eine gefunden ist, sollten sich Vertreiber von Kühlgeräten in ihrer der Werbung auf die schlichte Nennung bzw. graphische Darstellung der jeweiligen Effizienzklasse baschränken.
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