Die Tage danach: Politik will DSGVO-Abmahnwelle mit Schonfrist verhindern
Es hatten alle befürchtet: Nachdem die Regelungen der DSGVO nun endlich am 25.05.2018 in Kraft getreten sind, werden die Abmahner die Messer wetzen und veraltete Datenschutzerklärungen abmahnen – das Wort Abmahnwelle kursierte. Erfreulicherweise ist es dazu (noch) nicht gekommen – und doch: Aus Angst vor einer solchen hat sich nun auch die Politik eingeschaltet und angekündigt durch entsprechende Gesetzesänderungen mit einer 12 Monats-Schonfrist eine mögliche DSGVO-Abmahnwelle zu verhindern.
Inhaltsverzeichnis
AbmahnWELLE – Fehlanzeige, bisher
Die DSGVO war DAS Thema der letzten Monate – alle Händler und diesmal va. auch die Betreiber von BLOGs, Firmenpräsenzen & Co. waren aufgerufen die datenschutzrechtlichen Änderungen umzusetzen. Immer bedroht von dem Damoklesschwert der Abmahnung. Das Szenario war, dass am 25.05.2018 die ersten Abmahnungen gegen all jene ausgesprochen werden, die die Änderungen nicht oder nicht richtig umgesetzt haben. Dieses Horrorszenario, dass bei Gesetzesänderungen der Vergangenheit im Übrigen immer wieder wahr wurde, ist zumindest bisher noch nicht eingetreten. Natürlich gab es Abmahnungen wegen DSGVO-Verstößen - die uns vorliegende etwa mit einer satten Kostenerstattung von rund 700 EUR.
Rechtslage: Umstritten
In der breiten Masse sind die Abmahnungen nach unserer Kenntnis (noch) nicht angekommen. Das liegt ua. vermutlich auch an der ungeklärten Rechtslage: Es wird trefflich darüber gestritten, ob ein Verstoß gegen die DSGVO überhaupt wettbewerbsrechtlich abmahnbar ist. Hier werden im Internet die unterschiedlichsten Meinungen vertreten – eindeutig tendenziell natürlich entweder aus Sicht der Abmahner, die die Abmahnbarkeit mit Begründung auf die bereits nach alter Rechtslage begründeten Datenschutzverstöße bejahen oder aus Sicht der Vertreter der Abgemahnten, die eine Abmahnbarkeit ablehnen. Wie dem auch sei: Es werden letztlich die Gerichte sein, die hier die Richtung in den nächsten Monaten und Jahren vorgeben werden – bis dahin ist alles nur Spekulation, mehr oder weniger.
Die IT-Recht Kanzlei wird sich mit diesem Thema zeitnah nochmals dezidiert auseinandersetzen und eine eigene Sicht der Dinge abgeben.
Stopp: Jetzt will die Politik helfen
Dass es sich bei der DSGVO aber jedenfalls um eine besonders komplexe und umfangreiche Materie handelt, die das Volk aufrührt, hat sich mittlerweile wohl auch in der Politik rumgesprochen. So zumindest war es jüngst in einem Beitrag der Welt oder im Spiegel-Online wahrnehmbar. Danach sei das komplexe Thema DSGVO schwer umsetzbar. So äußerte sich Frau Elisabeth Winkelmeier-Becker, rechts- und verbraucherpolitische Sprecherin der CDU/CSU, nach Angaben der Welt kürzlich jedenfalls wie folgt: „Bei der Umstellung auf die Erfordernisse des neuen Datenschutzrechts sind unbewusste Verstöße nicht gänzlich zu vermeiden.“ Die Politik hat dabei die Massenabmahnungen im Visier: „Die Politik ist gefordert, diesem Treiben schnell einen Riegel vorzuschieben“, so Winkelmeier-Becker weiter in dem erwähnten Welt-Artikel.
Und das könnte dann auch schon ganz schnell gehen, wenn man den Vorstellungen der CDU/CSU-Fraktion Glauben schenken mag: Laut Winkelmeier-Becker soll das gerade laufende Gesetzgebungsverfahren zur Einführung einer Musterfeststellungsklage für Verbraucher genutzt werden, um auch entsprechenden Regelungen bzgl. missbräuchlicher Abmahnungen zu ergänzen. Geplant sei für ein Schonfrist von 12 Monaten auf kostenpflichtige Abmahnungen zu verzichten. Dann könnte es also theor. schon ab Juli für die Abmahner eng werden.
Sicherlich sind diese Aussagen aber mit heißer Nadel gestrickt und deren finale Umsetzung ist zumindest fraglich. Aber vielleicht tut sich da diesmal wirklich was – und das recht schnell.
Wir warten ab und bleiben dran.
UPDATE 13.06.2018: Das ging ja schnell: Wie zu erwarten war, konnte die Politik sich hier zu keiner schnellen Lösung durchringen - nach Meldung auf heise.de hat der Koalitionspartner SPD dem Vorschlag von CDU/CSU zur Abmahn-Soforthilfe (Keine kostenpflichtigen DSGVO-Abmahnungen für 12 Monate) nicht zugestimmt. Damit liegt der Ball, sofern es soweit kommt, wie vermutet nun doch bei den Gerichten.
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1 Kommentar
Aber das ändert das?
Kein Anwalt macht sich dann die Mühe und schickt eine kostenfreie Abmahnung heraus (dann könnte man seine Fehler ja noch schnell korrigieren), sondern wartet einfach die 4, bzw. 12 Monate und macht es dann. Was wir dann haben ist lediglich eine Verschiebung der Problematik nach hinten.
Es müsste generell so laufen:
1. Schritt: es muss nachweislich ein Hinweis auf den Fehler versendet worden sein, der keine Kosten verursacht mit einer angemessen Frist zur Behebung. Irgendwo stand was von 7-10 Tagen bei Abmahnungen. Ich denke da aber bloß an die junge Familie, Mutter als nebenberuflich selbstständig mit einem kleinen Onlineshop, die gerade ihren ersten 3-wöchigen Urlaub auf Rügen verbringt und keinen Zugang zu ihrem Briefkasten mit der lauernden Abmahnung hat. Da ist die Frist von 7 Tagen dann um, bevor sie den Brief überhaupt gelesen hat.
2. Schritt: erst nach Ablauf der Frist darf eine Abmahnung verschickt werden - diese müsste per Gesetz von den Gebühren gedeckelt sein. Und eine Kostenübernahme des gegnerischen Anwalts darf nicht erfolgen (Österreich).
3. Schritt: Vertragsstrafen - sollte es soweit kommen - müssen diese ebenfalls per Gesetz gedeckelt werden. Und es muss einen strickten Unterschied zwischen den Vergehen geben.
Und generell darf es sich hier von den Vertragsstrafen her nicht lohnen, dies aus reinem Gewinninteresse zu praktizieren und ständig zu kontrollieren, ob derjenige den Fehler nochmal gemacht hat. Nur wer ein wirklich berechtigtes Interesse und das Gefühl hat, benachteiligt zu werden, wird dann diesen Weg noch gehen.
Abmahnungen sind ja ein wirklich rein deutsches Phänomen - da muss es doch möglich sein, sich in anderen EU-Ländern umzusehen, wie es dort gehandhabt wird. Warum es dort funktioniert. Denn auch hier wird es in vielen Ländern sehr ähnliche Gesetze geben.