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„Eingeklemmt“ – gefährliches Windschutzsystem & die Fehlersuche

Urteil vom OLG Koblenz

Entscheidungsdatum: 31.10.2008
Aktenzeichen: 10 U 1268/07

Leitsätze

1. Ein Produkt ist dann fehlerfrei und sicher, wenn es objektiv „die Sicherheit bieten, die die Allgemeinheit, d.h. vor allem der Verwenderkreis für den das Produkt bestimmt ist, im entsprechenden Bereich für erforderlich hält.
2. Ein Konstruktionsfehler ist nicht schon dadurch gegeben, dass ein Produkt von sich aus bereits ein gewisses Potential an Gefährlichkeit mit sich bringt.
3. Da weder die Gebrauchsanweisung mangelhaft war noch der Hinweis auf die Gefährdung, die vom Produkt ausgehen, fehlte, ist auch ein Instruktionsfehler im Sinne des § 3 Produkthaftungsgesetz nicht gegeben.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 28. August 2007 wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Beklagten zu 1. und 2. wird das genannte Urteil abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit über sie nicht bereits im Urteil des Landgerichts rechtskräftig erkannt ist.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Gründe

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Zahlung eines Schmerzensgeldes und auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz aller materiellen und immateriellen Schäden im Zusammenhang mit einer Verletzung, die er am 21. April 2005 auf dem landwirtschaftlichen Anwesen seiner Eltern erlitten hat, in Anspruch.

Der am … Oktober 1998 geborene Kläger spielte an diesem Tag zusammen mit seinem neunjährigen Bruder und weiteren Kindern auf dem Grundstück des landwirtschaftlichen Betriebes seiner Eltern. Im Bereich der Windschutzanlage, die an den Längsseiten des Boxenlaufstalles durch die Erstbeklagte installiert worden war, verunglückte der Kläger. Infolge des Unfalls erlitt er schwere Quetschungen und Brüche. Er musste deshalb 3 Wochen stationär behandelt werden.

Der landwirtschaftliche Betrieb der Eltern des Klägers umfasst eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 140 ha und einen Viehbestand von ca. 300 Stück Großvieh. Ausweislich der Auftragsbestätigung vom 4. Juni 2004 kaufte der Vater des Klägers bei der Erstbeklagten ein Windschutzabrollsystem, bestehend aus einer PVC-Plane mit eingearbeitetem Gewebe von hoher Reißfestigkeit, entwickelt und hergestellt von der Firma A., erstinstanzlich Beklagte zu 3.. Dieses Windschutzsystem wurde durchgehend in einer Länge von 60 m an den Außenseiten des Boxenlaufstalles durch die Erstbeklagte installiert. Die Plane kann nach Bedarf auf- oder abgerollt werden. Sie öffnet sich dabei von oben nach unten, wobei der Antrieb über einen Elektromotor mit Kettenantrieb erfolgt. Beim Öffnen, das heißt beim Herunterfahren der Windschutzplane, wird deren Folie um das untere Rohr herum aufgewickelt. Das komplette Öffnen bzw. Schließen der Windschutzplane dauert etwa 75 Sekunden und ist mit einer manuellen Elektrosteuerung ausgestattet. Auf ausdrücklichen Wunsch des Vaters des Klägers wurde das Windschutzsystem durch die Erstbeklagte zudem mit einer automatisch-thermischen Steuerung geplant, ausgeführt und in dieser Form dem Vater des Klägers verkauft und geliefert.

Entwickelt und hergestellt wurde die thermische Steuerung durch die Zweitbeklagte. Ausgehend von dem gewünschten Bedarf – Öffnen und Schließen der Stallwände durch Anpassung an das Außenklima - entwickelte die Zweitbeklagte eine Software, die die gemessenen Daten aufnimmt und in Befehle (elektrische Impulse) umsetzt. Neben der Software erstellte die Zweitbeklagte die Hardware, den so genannten „Schaltkasten“. Über diesen Schaltkasten ist neben der manuellen Steuerung der beiden Seitenplanen auch die automatische- thermische Steuerung möglich. Zudem ist an dem Schaltkasten ein manuell zu bedienender Notausschalter angebracht.

Das gesamte Windschutzsystem einschließlich der automatisch-thermischen Steuerung wurde durch die von der Erstbeklagten beauftragte Firma C. GmbH installiert. Dabei war es Aufgabe der Erstbeklagten, die Elektroinstallationen zu den Motoren an den Schaltkasten anzuschließen.

In der Folge funktionierte die Windschutzanlage einwandfrei.

Nach dem Unfall des Klägers wurden an dem Windschutzsystem weitere Sicherungsmaßnahmen angebracht. An der Vorderseite des Stalles wurde eine elektrische Lichtschranke installiert, die bei Unterbrechung des Lichtstrahls die Anlage unverzüglich stoppt. An der hinteren Seite des Stalles wurde eine mit dem Ausschalter verbundene Reißleine sowie eine weitere Lichtschranken- Notabschaltung montiert.

Der Kläger hat vorgetragen:

Er sei beim Spielen von außen an den Boxenlaufstall herangetreten, um über die zu diesem Zeitpunkt relativ weit herabgelassene Windschutzplane in den Stall hineinzusehen. Hierzu sei er auf die untere Folienrolle getreten. Die Plane sei zu diesem Zeitpunkt nicht in Bewegung gewesen. Er habe noch auf der unteren Rolle gestanden, als sich die automatisch gesteuerte Windschutzplane plötzlich eingeschaltet habe und sich von oben nach unten einrollte. Die Füße des Klägers seien von der Folie erfasst und auf die Rolle gezogen worden. Er habe nicht entkommen können, so dass beide Füße und danach die Beine und der Körper bis zum Brustkorb um den engen Radius des Rohres und der Folie gewickelt und hineingezogen worden seien. Die Folie habe lediglich etwas nachgegeben und im Fußbereich sei eine ca. 20 cm lange Rissöffnung entstanden. Die Anlage habe sich nicht ausgeschaltet und habe ihn in die Folie gezogen, bis sie schließlich von selbst durch die automatische Steuerung in unterster Stelle angehalten habe. Der sich in der Nähe befindliche Großvater habe sodann den Vater verständigt, der die Steuerung von Automatik auf manuell umgeschaltet habe und die Folie mit der manuellen Steuerung nach oben gefahren habe. Erst dadurch sei der Kläger aus seiner Zwangslage befreit worden. Er sei kurz vor dem Erstickungstod gestanden.

Der Kläger ist der Ansicht, dass das von der Erstbeklagten geplante und verkaufte automatisierte Windschutzsystem fehlerhaft sei, da es keine wirksame Sicherheitsvorrichtung beinhaltet habe, um Unfälle wie den vorliegenden auszuschließen. Der vorhandene Notausschalter am Schaltkasten sei für eine eingeklemmte Person nicht erreichbar und daher nicht zu deren Schutz geeignet. Zudem habe die Erstbeklagte die Eltern des Klägers nicht hinreichend instruiert und auch keine Hinweisschilder angebracht.

Auch die Zweitbeklagte sei ihm nach den Vorschriften des Produkthaftungsgesetzes zum Schadensersatz verpflichtet, da dieser bekannt gewesen sei, wozu die von ihr entwickelte thermische Steuerung gedient habe. Es habe sich ihr aufdrängen müssen, dass der angebrachte Notausschalter keine hinreichende Sicherheit bieten würde. Von daher habe die Zweitbeklagte zumindest entsprechende Instruktionen und Gefahrhinweise an die Erstbeklagte oder die Eltern des Klägers geben müssen. Auch habe es der Zweitbeklagten oblegen, ihrem Teilprodukt eine Betriebsanleitung beizufügen, aus der sich eindeutig die verschiedenen Sicherungsmöglichkeiten durch Notausschaltung ergeben hätten.

Der Kläger hat in erster Instanz auch die Firma A. in Anspruch genommen und ihr insoweit vorgeworfen, dass es ihre Aufgabe gewesen sei, in ihren Prospekten davor zu warnen, dass bei einem Aufrollen der Plane nach unten die Gefahr des Erfassens und Aufwickelns bestehe.

Der Kläger hat ein Schmerzensgeld in Höhe von 30.000 € für angemessen erachtet.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mit 5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm sämtlichen materiellen und immateriellen Schaden aus dem Unfallgeschehen vom 21. April 2005 zu zahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen,

3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihm gegenüber den Rechtsanwälten B., von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 594,73 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 288 Abs.1 BGB hierauf seit dem 18. März 2006 freizustellen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Erstbeklagte hat vorgetragen:

Da sie das Windschutzsystem und die automatische Steuerung lediglich verkauft habe, sei sie schon nicht als Hersteller im Sinne des Produkthaftungsgesetzes anzusehen. Darüber hinaus liege kein Produktfehler vor, da die Windschutzanlage das zur Zeit des Unfalls zu fordernde Sicherheitsniveau erfüllt habe. Die Anlage habe im Übrigen den berechtigten Sicherheitserwartungen des Adressatenkreises des Produktes und auch den Sicherheitserwartungen von Dritten, die mit der Sache in Berührung kommen, entsprochen. Es gebe keinerlei wissenschaftlichen oder technischen Standard, gegen die die Anlage verstoßen habe. Auch existierten keinerlei Sicherheitsvorschriften oder Unfallverhütungsvorschriften. Mit einem Unfall, der auf einem zweckentfremdeten Gebrauch beruhe, habe niemand rechnen müssen und eine solche Gefahr sei aus “ex-ante-Betrachtung“ auch nicht erkennbar gewesen. Zudem stelle das Windschutzsystem keinerlei Gefahr für einen Erwachsenen dar, wenn sich dieser aus irgendwelchen Gründen auf das angetriebene Rohr stellen würde. Lediglich bei einem kleinen Kind habe ein Unfall der vorliegenden Art überhaupt geschehen können. Die Motoren seien im Übrigen auch nicht in der Lage, einen Erwachsenen mit einzuziehen.

Ob auf der Klemmleiste des Schaltkastens auch Anschlussmöglichkeiten für einen per Lichtschranke gesteuerten Notstopp vorhanden gewesen seien, wisse sie nicht. Bei der Produkteinführungsveranstaltung, die von der Zweitbeklagten und der Firma A. durchgeführt worden sei, sei darüber jedenfalls nicht gesprochen worden.

Die Zweitbeklagte hat vorgetragen:

Sie sei als Hersteller eines Teilprodukts in erster Linie ihrer Vertragspartnerin gegenüber verantwortlich. Im Übrigen sei die Erstbeklagte lückenlos über das Produkt informiert gewesen. Im Rahmen der Produkteinführungsveranstaltung sei der Erstbeklagten erläutert worden, dass es ihre Aufgabe sei, die Signalgebung für einen Notstopp zu schaffen. Auch über die Möglichkeit, als Signalgeber eine Lichtschranke zu wählen, sei gesprochen worden. Auch die Eltern des Klägers hätten gewusst, dass ein per Lichtschranke gesteuerter Notstopp nicht vorhanden gewesen sei. Im Übrigen sei der Unfall auf einen nicht vorhersehbaren Fehlgebrauch des Produktes zurückzuführen. Es entspreche nämlich nicht dem bestimmungsgemäßen Gebrauch, dass sich kleine Kinder im Bereich der Anlage aufhielten. Dass dies hier gleichwohl der Fall gewesen sei, liege allein an einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Eltern des Klägers.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme zum Ablauf des Unfallgeschehens der Klage gegenüber der Erstbeklagten und Zweitbeklagten teilweise stattgegeben und die Erstbeklagte und die Zweitbeklagte als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 € zu zahlen. Darüber hinaus hat es dem Feststellungsantrag und dem Freistellungsantrag gegenüber den Beklagten stattgegeben. Die weitergehende Klage gegenüber der Firma A. hat das Landgericht abgewiesen.

Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen die teilweise Abweisung seines Schmerzensgeldanspruchs. Die Beklagten wenden sich mit den von ihnen selbständig eingelegten Berufungen gegen ihre Verurteilung. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Wegen der Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, dass die Beklagten ihm unter dem Gesichtspunkt der Produkthaftpflicht zu Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 20.000 € verpflichtet seien. Er macht hierzu geltend, dass das ausgeurteilte Schmerzensgeld zu niedrig bemessen sei. Wie sich inzwischen herausgestellt habe, bleibe eine Längendifferenz der beiden Beine von 1 cm auf Dauer bestehen. Beeinträchtigungen des Hüftgelenks seien deshalb zu erwarten. Darüber hinaus sei festgestellt worden, dass die Mittelzehe des linken Fußes eine so genannte Zehenheberschwäche aufweise. Dies bedeute, dass eine Fehlstellung der Zehe vorliege.

Was die Verantwortung der Beklagten für den Unfall betreffe, so seien beide als Gesamtschuldner aus der Verletzung des Produkthaftgesetzes in Anspruch zu nehmen. Die Zweitbeklagte habe eine thermische Steuerung entwickelt und konstruiert, von der sie gewusst habe, dass sie im Zusammenhang mit dem Windschutzsystem in Betrieb genommen werden sollte. Sowohl die Zweitbeklagte als auch die Erstbeklagte hätten gewusst, dass eine automatische Sicherung nicht installiert worden sei. Zudem seien der Erstbeklagten die Örtlichkeiten bekannt und sie habe von daher die Gefahr gekannt, dass Spaziergänger, Kinder, aber auch Tiere auf die Rolle treten könnten. Trotzdem habe sie die Anlage nicht entsprechend gesichert, insbesondere weder Warnlampen noch akustische Signale installiert oder auch Sicherungseinrichtungen in Form automatischer Abschaltung bei Gegenlast oder durch Lichtschranken angebracht. Auch seien die Eltern des Klägers nicht darüber unterrichtet worden, dass bei einem automatischen nicht absehbaren Einschalten der maschinellen Einrichtung eine derartige Gefahrenquelle entstehen und sich verwirklichen könne. Eine entsprechende Betriebsanleitung, aus der sich diese Gefahren ergeben hätten, sei den Eltern nicht ausgehändigt worden.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteilsausspruchs zu Ziffer 1 des am 28. August 2007 verkündeten Urteils des Landgerichts Trier, Az: 11 O 40/06, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedenfalls 20.000 €, nebst 5 % Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Darüber hinaus beantragt die Erstbeklagte,

das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Trier abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Zweitbeklagte beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Trier vom 28. August 2007 die gegen die Zweitbeklagte erhobene Klage kostenpflichtig abzuweisen.

Die Erstbeklagte ist weiterhin der Auffassung, dass sie kein fehlerhaftes Produkt in Verkehr gebracht habe. Rücksicht genommen werden müsse nämlich auf den bestimmungsgemäßen Gebrauch und auf einen über die Zweckbestimmung hinausgehenden üblichen Gebrauch; mit einem völlig zweckentfremdeten Gebrauch müsse dagegen nicht gerechnet werden. Für sie habe keinerlei Veranlassung bestanden, damit zu rechnen, dass sich dritte Personen auf die Laufrolle der Plane stellen würden. Der Hersteller könne nicht gegen jegliche Art von Missbrauch Vorsorge treffen. Insbesondere könne nicht von jedem Produkt in jeder Situation totale Sicherheit erwartet werden. Da das Windschutzsystem zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens den berechtigten Sicherheitserwartungen entsprochen habe, könnten spätere Erkenntnisse nicht zu einem Fehler des bereits in Verkehr gebrachten Produktes führen. Im Übrigen hätten es die Eltern des Klägers zugelassen, dass der Kläger sowie andere Kinder im Stallbereich gespielt haben und dies, obwohl der Vater des Klägers genau gewusst habe, dass die Windschutzanlage automatisch auf thermische Veränderungen reagiere, es also nicht genau vorhersehbar gewesen sei, wann sich die Plane am Stall in Bewegung setze.

Abgesehen davon sei das ausgeurteilte Schmerzensgeld angemessen.

Die Zweitbeklagte ist der Auffassung, dass der Nichtanschluss einer Lichtschranke keinen Fehler des Produkts konstituiere. Insbesondere habe die Zweitbeklagte nicht damit rechnen müssen, dass das Endprodukt in die Hand von Kindern gelangen werde, die mit den Produktgefahren nicht vertraut sein würden. Zudem habe das Landgericht verkannt, dass nicht das Endprodukt und auch nicht das Teilprodukt der Zweitbeklagten adäquat für die Unfallverursachung gewesen sei, sondern das grob fahrlässige Verhalten des damaligen Sachwalters der Eltern des Klägers, also des Großvaters. Dieser habe das Spiel am falschen Ort geduldet und von der durch das Produkt angebotenen Option des manuellen Betriebes keinen Gebrauch gemacht. Das Produkt sei jeder Gefahrenlage angepasst zu betreiben gewesen, und es sei Aufgabe der Eltern des Klägers gewesen, die Anlage den jeweiligen Gefahrenlagen entsprechend zu betreiben.

Auch eine Verletzung der Instruktionspflicht sei nicht gegeben, da es ständiger Rechtsprechung entspreche, dass, was auf dem Gebiet allgemeinen Erfahrungswissens der in Betracht kommenden Abnehmerkreise liege, nicht zum Inhalt einer Gebrauchsanleitung oder einer Warnung gemacht werden brauche.

Der Kläger beantragt,

die Berufungen der Erstbeklagten und Zweitbeklagten zurückzuweisen.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.

Die selbständigen Berufungen der Erstbeklagten und Zweitbeklagten sind zulässig und begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch gegen die Beklagten auf Schadensersatz und Schmerzensgeld weder nach den Grundsätzen über die Produkthaftung noch im Übrigen zu.

Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Produkthaftungsgesetz ist der Hersteller eines Produktes verpflichtet, dem Geschädigten den Schaden an Körper oder Gesundheit zu ersetzen, der durch den Fehler eines Produkts verursacht worden ist. Der Begriff des Fehlers ist in § 3 Produkthaftungsgesetz definiert. Nach dieser Vorschrift ist ein Produkt fehlerhaft, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere seiner Darbietung, des Gebrauchs und des Zeitpunktes, in dem es in den Verkehr gebracht wurde, berechtigterweise erwartet werden kann. Zur Beurteilung der Fehlerhaftigkeit eines Produkts ist auf den im Zeitpunkt seines Inverkehrbringens maßgeblichen Sicherheitsstandard abzustellen (Münch/Komm/Wagner, § 3 Produkthaftungsgesetz Rdnr. 26 und § 1 Rdnr. 55). Bei der Wahl des Sicherheitsstandards kann sich der Hersteller an den objektiven Erwartungen eines durchschnittlich verständigen Konsumenten oder Drittbetroffenen orientieren (Münch/Komm/Wagner, a.a.0. m.w.N.). Die Sicherheitserwartung muss berechtigt sein; absolute Sicherheit kann im Rahmen des Produkthaftungsgesetzes genauso wenig wie nach § 823 Abs. 1 BGB erwartet werden (Palandt/Thomas § 3 Produkthaftungsgesetz Rdnr. 8). Abzustellen ist objektiv darauf, ob das Produkt diejenige Sicherheit bietet, die die Allgemeinheit nach der Verkehrsauffassung in dem Bereich für erforderlich hält (OLG Hamm NJW RR 2001, 1248). Der Hersteller schuldet als Sicherheitsstandard nur solche Sicherheitsmaßnahmen, deren Nutzen in Gestalt verminderter Schäden in einem angemessenen Verhältnis zu ihren Kosten stehen.

Nach den Grundsätzen der Produkthaftung muss der Hersteller eines Erzeugnisses darüber hinaus für solche Schäden einstehen, die eintreten, weil er die Verwender des Produkts pflichtwidrig nicht auf Gefahren hingewiesen hat, die sich aus der Verwendung der Sache ergeben (BGHZ 64, 46, 49; 116, 60, 65; BGH NJW 1987, 372, 373; 1999, 2815 ff.). Diese Pflicht entfällt jedoch dann, wenn das Produkt nach den berechtigten Erwartungen des Herstellers ausschließlich in die Hand von Personen gelangen kann, die mit den Gefahren vertraut sind (BGHZ 116, 60, 65 ff.; BGH NJW 1986, 1863, 1864; 1999, 2815, 2816), wenn die Gefahrenquelle offensichtlich ist (BGH NJW 1995, 2631, 2632) oder, wenn es um die Verwirklichung von Gefahren geht, die sich aus einem vorsätzlichen oder äußerst leichtfertigen Fehlgebrauch ergeben (BGH NJW 1999, 2815, 2816).

Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen ist davon auszugehen, dass weder das Produkt der Erstbeklagten, noch das Produkt der Zweitbeklagten einen Produktfehler im Sinne des § 3 Produkthaftungsgesetz aufweist.

Einer auf Produkthaftpflicht gegründeten Schadensersatzpflicht der Zweitbeklagten als Herstellerin des Zulieferprodukts „automatische Steuerung“ steht allerdings nicht entgegen, dass die von der Zweitbeklagten hergestellte automatische Steuerung nicht an sich bereits gefährlich oder mit Risiken für Rechtsgüter anderer behaftet war. Als Zulieferer hat die Zweitbeklagte nämlich wie jeder Produzent dafür einzustehen, dass das von ihr gefertigte Produkt im Rahmen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs auch in der Weiterverarbeitung durch andere in vollem Umfang fehlerfrei und ohne Gefährdung des Eigentums Dritter eingesetzt werden kann (BGH NJW 1996, 2224 - 2226). Auf der Grundlage dieser Überlegung stellt der Einbau der von der Zweitbeklagten entwickelten automatischen Steuerung in Form eines elektrischen Schaltkastens in das Windschutzanlagensystem der Erstbeklagten einen bestimmungsgemäßen Gebrauch dieses Produkts der Zweitbeklagten dar, hinsichtlich dessen letztere grundsätzlich im produkthaftungsrechtlichen Sinne verkehrssicherungspflichtig ist.

Ein haftungsrechtlich relevanter Konstruktionsfehler des Windschutzanlagensystems lag jedoch entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht vor.

Ein Konstruktionsfehler liegt nicht schon dann vor, wenn ein Produkt eine gewisse Gefährlichkeit in sich birgt und sich diese Gefahr im Einzelfall realisiert. Fehlerhaft ist das Produkt nur, wenn es objektiv nicht die Sicherheit bietet, die die Allgemeinheit nach der Verkehrsauffassung in dem entsprechenden Bereich für erforderlich hält. Ein Hersteller hat bei der Konstruktion seines Produktes die Verpflichtung, im Rahmen des ihm Zumutbaren alle Gefahren abzuwenden, die sich aus der Benutzung ergeben können. Auch für die Verkehrssicherungspflicht des Herstellers von technischen Anlagen gilt, dass bei der Herstellung diejenigen Maßnahmen ergriffen werden müssen, die im konkreten Fall zur Vermeidung von Gefahren erforderlich und zumutbar sind. Dabei ist für die Produktsicherheit in erster Linie die durchschnittliche Erwartung derjenigen Verbraucher maßgebend, für die das Produkt bestimmt ist, daneben aber auch das Sicherheitsniveau, das nach dem jeweiligen Erkenntnisstand von Wissenschaft und Technik möglich und zumutbar ist. Die Untergrenze dieses Sicherheitsniveaus wird in der Regel von den anerkannten Regeln der Technik bestimmt, die den Mindeststandard darstellen, bei dessen Nichteinhaltung im Allgemeinen von einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht auszugehen ist.

Gemessen an diesen Vorgaben lässt sich hier nicht feststellen, dass die Beklagten ein fehlerhaftes Produkt hergestellt haben.

Bei der von dem Erstbeklagten in Zusammenarbeit mit der Zweitbeklagten entwickelten technischen Anlage handelt es sich um einen Prototyp, für den es weder handelsübliche Sicherheitsstandards noch anerkannte Regeln der Technik, noch sonstige technische Anforderungen gibt. Das Windschutzsystem ist in Absprache mit dem Vater des Klägers mit einer zusätzlichen automatischen Steuerung versehen worden. Insofern stellt das Windschutzsystem in seiner konkreten Ausformung einen völlig neu an den Bedürfnissen des landwirtschaftlichen Betriebs der Eltern des Klägers entwickelten Prototyp dar. Dieser Prototyp ist als Individualprodukt entsprechend den Bedürfnissen des landwirtschaftlichen Betriebes des Vaters des Klägers installiert worden, um den dort vorhandenen Boxenlaufstall, in dem die Rinder untergebracht sind, vor ungünstigen Witterungseinflüssen und klimatischen Veränderungen zu schützen. Die Anlage ist so konzipiert worden, dass durch Öffnen und Schließen der einrollbaren Stallwände ein gewünschtes Stallinnenklima durch Anpassung an das jeweilige Außenklima hergestellt wird. Die ursprünglich nur im manuellen Betrieb zu steuernde Anlage ist durch den Einbau der durch die Zweitbeklagte entwickelten automatischen Steuerung in ihrem Wirkungskreis dahingehend erweitert worden, dass die gewünschte Anpassung der Klimaverhältnisse automatisch erfolgt, und zwar in der Weise, dass die gemessenen Daten über eine Software aufgenommen werden und in Befehle umgesetzt werden, die dann in die von der Erstbeklagten erstellte Elektroinstallation geleitet werden, an deren Ende sich Motoren befinden, welche die Planen auf- und abrollen. So gesehen funktioniert die Anlage im Rahmen bestimmungsgemäßen Gebrauchs problemlos, so dass ein Fehler, der sich bei ordnungsgemäßer Nutzung im Sinne des Unfallereignisses hätte auswirken können, nicht ersichtlich ist.

Auch das Vorbringen des Klägers, die Anlage biete nicht die Sicherheit, die berechtigterweise bei einem Produkt dieser Art erwartet werden kann, lässt entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht auf das Vorliegen eines Konstruktionsfehlers schließen.

Die Anlage ist als Prototyp für einen agrarindustriellen Betrieb entwickelt und installiert worden. Sie hat - wie bereits ausgeführt -, bei ordnungsgemäßer Nutzung ein an sich relativ geringes Gefahrpotential, da ihre Funktionsweise einfach und überschaubar ist – vergleichbar dem Auf und Abrollen der Plane einer Markise -. Die Beklagten durften bei der Konstruktion der Windschutzanlage berücksichtigen, dass diese nach Art, Zuschnitt und Verwendungszweck lediglich von einem eingeschränkten Verkehrskreis benutzt wird, nämlich Betreibern landwirtschaftlicher Betriebe, die ausgehend von der Konzeption des Windschutzsystems mit dessen besonderer Funktionsweise vertraut sind. Eine automatische Steuerung, angepasst an nicht beeinflussbare Witterungsverhältnisse, beinhaltet allein das objektive Gefährdungspotential, dass sich die Planen unvorhergesehen von selbst auf- oder abrollen. Um Sinn und Zweck der Konstruktion des Windschutzsystems mit einer automatischen Steuerung zu gewährleisten – optimale Anpassung der klimatischen Innenverhältnisse des Stalles, unabhängig von einer sonst notwendigen eigenen Prüfung der Klimaverhältnisse mit anschließender manuellen Inbetriebnahme - , muss dieses Risiko hingenommen werden. Dieses naheliegende Risiko muss dem Betreiber, hier dem Vater des Klägers, eines so hoch technisierten landwirtschaftlichen Betriebes geläufig sein. Die Beklagten konnten deshalb berechtigterweise davon ausgehen, dass die Gefahr der plötzlichen Inbetriebsetzung der Windschutzanlage dem Verwenderkreis bekannt ist.

Damit verbunden ist denknotwendig, dass sich die Anlage in dem Moment in Betrieb setzen kann, in dem sich eine Person in unmittelbarer räumlicher Nähe befindet. Deshalb ist für den Benutzerkreis deutlich, dass er durch entsprechende Maßnahmen sicherzustellen hat, dass unbefugte Personen sich nicht in der Nähe aufhalten.

Die abstrakte Gefährdung hat sich vorliegend dadurch konkretisiert, dass sich der sechsjährige Kläger beim Spielen auf die untere Rolle gestellt, bei Ingangsetzung des Windschutzsystems nicht reagiert hat und dadurch erheblich verletzt worden ist. Damit hat sich ein Gefährdungspotential – nämlich Betreten durch spielende Kinder - verwirklicht, mit dem die Beklagten zum Zeitpunkt der Entwicklung und Installierung der Anlage zur Überzeugung des Senats nicht ohne weiteres rechnen mussten.

Zu berücksichtigen war bei dieser Einschätzung, dass die Anlage zur Verwendung in einem agrar-industriellen Betrieb entwickelt und installiert wurde. Erfahrungsgemäß halten sich in einem solchen Bereich Personen auf, die mit den sich aus den vorhandenen technischen Anlagen ergebenden Gefahren vertraut sind. Den Beklagten musste sich von daher nicht zwingend aufdrängen, dass sich in diesem technisierten Bereich spielende Kinder aufhalten, die mit der speziellen Funktionsweise der Anlage nicht vertraut sind.

Es macht nämlich einen erheblichen Unterschied in der Beurteilung der berechtigterweise zu erwartenden Sicherheitsvorstellungen, ob die Anlage in einem der Allgemeinheit frei zugänglichen Bereich - insbesondere mit der nahe liegenden Möglichkeit der Nutzung durch Dritte - installiert ist, oder - wie hier - im Rahmen eines hochtechnologisierten landwirtschaftlichen Betriebes. Während strenge Anforderungen an die Sicherheit von frei zugänglichen Bereichen verlangt werden können mit der Maßgabe, dass diese möglichst gefahrlos zu gestalten und zu erhalten sind, sind die Anforderungen an die Sicherheit industriell genutzter oder nur einem speziellen Nutzerkreis zur Verfügung stehender Bereiche geringer einzustufen. Insofern kann nicht jede mit Gefahrenpotential ausgestattete Anlage zu hundert Prozent kindersicher gestaltet werden. Da die Beklagten , wie oben ausgeführt, zu Recht davon ausgehen konnten, dass die Eltern des Klägers um das Gefährdungspotential bei Betreten der untere Rolle wussten, und im Übrigen ein Notstopp am Regelungskasten installiert worden ist, bestand für die Beklagten keine Pflicht, weitere Sicherheitseinrichtungen zu installieren. Sie mussten bei der hier vorzunehmenden Betrachtung “ex ante“ nicht davon ausgehen, dass sich möglicherweise spielende Kinder in der Nähe des Windschutzsystems aufhalten und die Betreiber keine geeigneten Maßnahmen zum Nichtbetreten Unberechtigter getroffen haben.

Das einzuhaltende Ausmaß der Sicherheit kann sich nur an den konkreten Umständen des Einzelfalls orientieren, so dass die Beklagten sich bei der Konzeption der Anlage nur auf den üblichen und zweckentsprechenden Gebrauch und nicht auf fernliegenden, insbesondere missbräuchlichen Gebrauch, einzustellen brauchten. Dass beim Betrieb einer automatisierten Windschutzanlage in einem evident gefahrgeneigten Bereich – nämlich einem industriell genutzten landwirtschaftlichen Betrieb - spielende Kinder möglicherweise die untere Rolle betreten könnten, mussten die Beklagten bei der Entwicklung im Hinblick auf einzuhaltende Sicherheitsvorschriften nach Ansicht des Senats zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens nicht berücksichtigen. Die missbräuchliche Nutzung des Windschutzsystems durch Betreten spielender und nicht mit den Gefahren vertrauter Kinder stellt demnach vorliegend keine nahe liegende Gefahrenquelle dar, so dass es einer weiteren zwingenden Sicherung durch die Beklagten als Hersteller beispielsweise in Form einer Lichtschranke bedurft hätte. Soweit in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert wurde, dass das betreffende Gelände frei zugänglich, insbesondere auch für Spaziergänger, sei, entsprach solches gegebenenfalls nicht den berechtigten Erwartungen der Beklagten, war jedenfalls auch nach dem Vorbringen des Klägers nicht offensichtliche Einsatzbedingung.

Unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundsätze kommt auch eine Haftung der Beklagten unter dem Gesichtspunkt einer Instruktionspflichtverletzung nicht in Betracht. Ein Instruktionsfehler der Beklagten ist nicht feststellbar. Instruktionsfehler bestehen in einer mangelhaften Gebrauchsanweisung und/oder nicht ausreichender Warnung vor einer Gefahr bringenden Eigenschaft, die in der Wesensart der als solcher fehlerfreien Sache begründet sind (vgl. Palandt/Thomas, § 3 Produkthaftungsgesetz Rdziff. 5).

Mit dem Betrieb der von der Beklagten konstruierten Windschutzanlage sind - wie oben bereits ausgeführt - bei bestimmungsgemäßem Gebrauch keine erheblichen Gefahren verbunden.

Die Beklagten trifft deshalb zunächst keine Warnpflicht, weder im Hinblick auf einen schriftlich anzubringenden Warnhinweis noch im Hinblick auf ein akustisches oder optisches Warnsignal. Es liegt im Bereich allgemeinen Erfahrungs-wissens des bei bestimmungsgemäßen Gebrauch mit der Anlage in Kontakt kommenden Verwenderkreises, dass eine automatisch an die Witterungsverhältnisse angepasste Steuerung zu einer jederzeit ausgelösten Inbetriebnahme der Anlage führt. Aus dieser plötzlichen und unvorhergesehenen Inbetriebnahme ergibt sich, dass ein Betreten der unteren Rolle möglicherweise zu einer Gefährdung führen kann. Das Auf- und Abrollen der Plane stellt einen Alltagsmecha-nismus dar. Es liegt im Zusammenhang mit einem solchen Alltagsmechanismus erkennbar, also nicht nur für instruierte Personen, sondern auch für mit der Funktionsweise vertraute Personen, nahe, dass die Gefahr eines Einklemmens bei einem völlig bestimmungswidrigen Betreten der Rolle besteht.

Aber auch das Fehlen einer Gebrauchsanweisung für die als Prototyp entwickelten Anlage begründet keinen Instruktionsfehler.

Wie bereits ausgeführt, war dem Vater des Klägers bewusst, dass sich die Anlage automatisch, abhängig von den Witterungsverhältnissen, in Betrieb setzt. Dies war ausdrücklich so gewünscht. Die Funktionsweise der Anlage war bekannt und die sich daraus ergebende mögliche Gefahr des Eingeklemmtwerdens bei einem fahrlässigen oder vorsätzlichen Betreten der unteren Rolle ohne weiteres erkennbar. Der Hersteller war deshalb nach Ansicht des Senats nicht verpflichtet, nochmals gesondert darauf hinzuweisen, dass die Anlage bei Betreten der unteren Rolle zu Gefährdungen führen kann. Auch ein ausdrücklicher Hinweis auf das Fehlen von Sicherheitsvorrichtungen in der vom Kläger gewünschten Form war nicht geschuldet.

Ein unterbliebener Hinweis auf aus Sicht des Klägers fehlende Sicherheitsvorrichtungen, die jedoch nach den oben gemachten Ausführungen weder berechtigterweise erwartet werden können, noch aufgrund gesetzlicher Bestimmungen geschuldet sind, kann keine Verpflichtung des Herstellers begründen. Was objektiv nicht geschuldet ist, kann nicht zum Inhalt einer Pflicht gemacht werden, deren Verletzung dann wiederum Sanktionen auslöst.

Zudem wussten die Eltern des Klägers um die Möglichkeit, die Windschutzanlage auch manuell zu betreiben. Entsprechend konnten die Beklagten davon ausgehen, dass die Anlage aufgrund des ihr erkennbar innewohnenden Risikos auf manuellen Betrieb umgestellt wird, wenn durch die Betreiber der Anlage nicht sichergestellt werden kann, dass sich keine unberechtigten Personen in der Nähe des Systems aufhalten. Damit hätte das sich aus dem automatischen Betrieb zwangsläufig ergebende Gefährdungspotential jederzeit erheblich reduziert werden können. Diese Option gewährleistet nämlich eine den individuellen Bedürfnissen angepasste gefahrlose Nutzung des Windschutzsystems.

Selbst wenn die Instruktion der Beklagten unzulänglich gewesen wäre, wovon der Senat, wie oben ausgeführt, nicht ausgeht, wäre diese Verletzung der Instruktionspflicht jedenfalls nicht kausal geworden. Dies geht zu Lasten des Klägers, der nach allgemeinen Grundsätzen die Beweislast für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen trägt.

Ursächlich ist die Verletzung der Warnpflicht nur, wenn pflichtgemäßes Handeln den eingetretenen Schaden mit Sicherheit verhindert hätte. Selbst wenn die Beklagte umfassend auf die Gefahren bei Betreten der Rolle hingewiesen hätte, kann nach Ansicht des Senats nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger, ein zum Zeitpunkt des Unfalls sechsjähriges Kind, in dessen Wesen es liegt, sich beim Spielen gerade nicht an Warnhinweise zu halten, die untere Rolle nicht betreten hätte. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass Kinder, besonders, wenn sie spielen, nicht sorgsam, umsichtig und vernünftig handeln, sondern neugierig und unbedacht agieren. Es gibt keinen Grund, gemessen am strengen Maßstab des § 286 ZPO, anzunehmen, dass sich gerade der Kläger in seinem kindlichen Verhalten durch einen Hinweis auf völlig entfernt liegende Gefahren vom Betreten der unteren Rolle hätte abhalten lassen.

Zur Überzeugung des Senats kann im Sinne des § 286 ZPO auch nicht festgestellt werden, dass die Eltern des Klägers bei einem Hinweis auf fehlende Sicherheitsschutzvorrichtungen entsprechende Sicherheitsvorrichtungen installiert hätten. Entsprechende, nicht protokollierte Einlassungen der Eltern des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat begründen diesbezüglich nicht die Voraussetzungen einer Parteivernehmung nach § 448 ZPO.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 24.000 € festgesetzt (10.000 € Berufung Kläger, jeweils 14.000 € Berufungen der Beklagten).

Die Revision wird nicht zugelassen, weil ein Zulassungsgrund gemäß §§ 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegt.

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