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Berlin

"You'll never walk alone!": Schutz der Promi-Privatsphäre

Urteil vom LG Berlin

Entscheidungsdatum: 22.12.2005
Aktenzeichen: 27 O 555/05

Leitsätze

Ein Prominenter, der wegen seiner überragenden Bekanntheit ein großes Interesse in der Bevölkerung hervorruft, hat es einerseits hinzunehmen, dass er bei Tätigkeiten fotografiert wird, die rein privater Natur sind und andererseits, dass diese Bilder ohne sein Einverständnis in der Boulevard-Presse veröffentlicht werden. Solange das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiegt, ist eine Verletzung der Privatsphäre nicht gegeben.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 %.

Tatbestand

Der klagende xxx nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

Die Beklagte ist Verlegerin der Zeitschrift "Das xxx xxx”, in deren Ausgabe Nr. 7 vom 9. Februar 2005 in der Rubrik "xxx aktuell" ein Foto des Klägers, welches ihn beim Einkaufsbummel in M. zeigt, veröffentlicht wurde. Neben dem Foto stand ein Textbeitrag, in dem das Aussehen des Klägers beschrieben und kommentiert und mitgeteilt wurde, dass der Kläger in der nächsten Woche die 40. Verleihung der "xxx xxx" moderieren werde. Hinsichtlich der Einzelheiten des Fotos und des sich darauf beziehenden Textes wird auf die Anlage K 1 (Bl. 5 d. A.) verwiesen.

Der Kläger meint, er müsse es sich nicht gefallen lassen, dass ihm überall von der Presse aufgelauert werde. Dies gelte um so mehr, als er sich nach M. in K. mit seiner Familie zurückgezogen habe, um dort unbeobachtet leben zu können. Der Kläger behauptet, er habe keinerlei Veröffentlichungen über seine privaten Lebensverhältnisse in M. ermöglicht oder autorisiert, insbesondere keine Home-Stories zugelassen. Die über ihn erschiene Biografie habe er nicht autorisiert. Die von der Beklagten mit Schreiben vom 18.02.2005 abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung dahingehend, es zu unterlassen, das in "Das xxx xxx”, Nr. 7/05 auf S. 14 abgebildete Foto, das Herrn xxx xxx zeigt, erneut zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen, sei nicht geeignet, die Wiederholungsgefahr auszuräumen. Sie erfasse nicht gleichartige Veröffentlichungen von Fotos aus dem privaten Alltag ohne besonderen Berichterstattungsanlass. Um einen umfassenden Schutz zu erreichen, sei ein weitergehender Tenor erforderlich.

Er beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen am Geschäftsführer der Komplementärin, zu unterlassen,

Bildnisse des Klägers aus seinem privaten Alltag zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen, wie in "Das xxx xxx” Nr. 7 vom 09.02.2005 auf der Seite 14 in dem Artikel "xxx xxx Wo geht's denn hier ins xxx-xxx?” geschehen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die streitgegenständliche Veröffentlichung angesichts des berechtigten Berichterstattungsinteresses für zulässig. Als absolute Person der Zeitgeschichte habe der Kläger es hinzunehmen, dass Fotos von ihm auch im alltäglichen oder privaten Zusammenhang veröffentlicht werden, und zwar insbesondere auch deshalb, weil er sich selbst über Jahre hinweg mit einer Fülle von Berichterstattungen über sein Privatleben an die Öffentlichkeit gewandt habe. Dies gelte auch für seine Lebensverhältnisse in M., wobei die Beklagte insoweit auf ein Interview des Klägers verweist, in dem er an verschiedenen Orten in M., nämlich insbesondere bei einem seiner Lieblingsrestaurants, einem Zeitungsladen, wo er einkauft, und einem Bekleidungsgeschäft, das er nach eigener Aussage häufiger frequentiert, Rede und Antwort steht. Hinsichtlich des Inhalts der Berichterstattung über den Kläger im Einzelnen, in der über ihn und seine Familie berichtet wird und er und seine Familie selbst sich über ihr Privatleben äußerten, wird auf die Klageerwiderung (S. 2 – 22, Bl. 29 bis 49 d.A.) sowie auf den Schriftsatz der Beklagten vom 03.11.2005 (Bl. 79 ff. d. A.) nebst Anlagen verwiesen. Der Kläger verlange auch einen zu weiten Tenor, der sich nicht mehr an der konkreten Verletzungshandlung orientiere.

Hinsichtlich des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Klageantrag hinreichend bestimmt i.S.d. § 253 ZPO. Er umfasst alle Bildnisse des Klägers, die diesen in vergleichbar privaten Situationen zeigen, wie dies bei der angegriffenen Abbildung der Fall ist. Da es dem Kläger darum geht, künftig nicht ständig gewärtigen zu müssen in seinem privaten Alltag, wenn er sich außerhalb seines Hauses bewegt, fotografiert zu werden, und die von der Beklagten abgegebene Unterlassungserklärung insoweit keinen Schutz bietet - dass das erstrebte Verbot in einem solchen, gegenwärtig nicht absehbaren Fall nicht gelten würde, ergibt sich aus der Klagebegründung -, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, einen Unterlassungstenor so zu fassen, dass generell die Veröffentlichung von Fotos eines Betroffenen aus dem privaten Alltag wie durch die Veröffentlichung eines bestimmten Fotos geschehen, untersagt wird. Dass künftig in einem konkreten Zusammenhang die Veröffentlichung entsprechender privater Bildnisse erlaubt sein könnte, spielt für die Frage der Zulässigkeit keine Rolle, sondern hat lediglich Einfluss auf die Frage, ob im vorliegenden Fall ein Anspruch auf eine entsprechende Tenorierung besteht, ist also eine Frage der Begründetheit. Diese von der Kammer schon bisher vertretene Auffassung (Urt. v. 24. Februar 2005, 27 O 26/05 sowie vom 23.08.2005, 27 O 378/05; vgl. auch BGH NJW 2005, 56-58) teilt auch das Kammergericht (Beschluss vom 13.09.2005, Az.: 9 U 71/05).

2. Die Klage ist hingegen nicht begründet.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte als Verlegerin der Zeitschrift "Das xxx xxx” aus §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, analog 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i. V. m. § 22 f. KUG, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG nicht zu, weil die angegriffene Veröffentlichung seines Bildnisses nicht rechtswidrig war.

Nach § 22 Satz 1 KUG dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder zur Schau gestellt werden, an der es hier fehlt. Von diesem Grundsatz nimmt § 23 Abs. 1 KUG unter anderem Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte aus (Nr. 1). Dies gilt gemäß § 23 Abs. 2 KUG jedoch nicht für eine Verbreitung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird.

Grundsätzlich gilt, dass dem Bereich der Zeitgeschichte gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG sind auch Bildnisse von Personen zuzuordnen sind, die das öffentliche Interesse nicht nur punktuell durch ein bestimmtes zeitgeschichtliches Ereignis auf sich gezogen haben, sondern unabhängig von einzelnen Ereignissen aufgrund ihres Status und ihrer Bedeutung allgemeine öffentliche Aufmerksamkeit finden. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht verlangt keine Beschränkung der einwilligungsfreien Veröffentlichung auf Bilder, die Personen von zeitgeschichtlicher Bedeutung bei der Ausübung der Funktion zeigen, die sie in der Gesellschaft wahrnehmen. Vielmehr kann sich das öffentliche Interesse wegen der herausgehobenen Funktion und der damit verbundenen Wirkung auch auf Informationen darüber erstrecken, wie sich diese Personen generell, also außerhalb ihrer jeweiligen Funktion, in der Öffentlichkeit bewegen. Die Öffentlichkeit hat ein berechtigtes Interesse daran zu erfahren, ob solche Personen, die oft als Idol oder Vorbild gelten, funktionales und persönliches Verhalten überzeugend in Übereinstimmung bringen. Eine Begrenzung der Bildnisveröffentlichungen auf die Funktion einer Person von zeitgeschichtlicher Bedeutung würde demgegenüber das öffentliche Interesse, welches solche Personen berechtigterweise wecken, unzureichend berücksichtigen und zudem eine selektive Darstellung begünstigen, die dem Publikum Beurteilungsmöglichkeiten vorenthielte, die es für Personen des gesellschaftlich-politischen Lebens wegen ihrer Leitbildfunktion und ihres Einflusses benötigt (vgl. BVerfG NJW 2000, 1021, 1025).

Der Schutz der Privatsphäre, der ebenso wie das Recht am eigenen Bild im allgemeinen Persönlichkeitsrecht wurzelt, umfasst zum einen Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als "privat” eingestuft werden, weil ihre öffentliche Erörterung oder Zurschaustellung als peinlich empfunden wird oder als unschicklich gilt oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst, wie es etwa bei Auseinandersetzungen mit sich selbst, bei vertraulicher Kommunikation unter Eheleuten, im Bereich der Sexualität, bei sozial abweichendem Verhalten oder bei Krankheiten der Fall ist. Zum anderen erstreckt sich der Schutz auf einen räumlichen Bereich, in dem der Einzelne zu sich kommen, sich entspannen oder auch gehen lassen kann. Ein Schutzbedürfnis besteht dabei auch bei Personen, die aufgrund ihres Rangs oder Ansehens, ihres Amtes oder Einflusses, ihrer Fähigkeiten oder Taten besondere öffentliche Beachtung finden. Wer, ob gewollt oder ungewollt, zur Person des öffentlichen Lebens geworden ist, verliert damit nicht sein Anrecht auf eine Privatsphäre, die den Blicken der Öffentlichkeit entzogen bleibt (vgl. BVerfG NJW 2000, 1021, 1022).

Allerdings ist die Privatsphäre anders als die Intimsphäre nicht absolut geschützt. Vielmehr ist zu beachten, dass bei einer Presseveröffentlichung das Persönlichkeitsrecht zu der mit gleichem Rang gewährleisteten Äußerungs- und Pressefreiheit in ein Spannungsverhältnis tritt, weswegen auch eine ungenehmigte Veröffentlichung zulässig sein kann, wenn eine alle Umstände des konkreten Einzelfalls berücksichtigende Interessenabwägung ergibt, dass das Informationsinteresse die persönlichen Belange des Betroffenen überwiegt (vgl. BVerfGE 35, 202, 221; Wenzel-Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Abschnitt 5 Rdz. 60).

Das Bild zeigt den Kläger in einer privaten Situation, in der er sich von den Augen der Öffentlichkeit unbeobachtet wähnte, beim Einkaufsbummel in M..

Zwar ist nicht ersichtlich, dass es sich um einen Ort der Abgeschiedenheit handelt.

Indes haben absolute Personen der Zeitgeschichte nach Maßgabe der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auch außerhalb von Orten der Abgeschiedenheit ein Recht auf Achtung ihrer Privatsphäre (EGMR NJW 2004, 2647). Der EGMR hat zu Fotos, die Prinzessin C. von H. z. B. beim Einkaufen und beim Restaurantbesuch zeigen, u. a. ausgeführt:

Für den Ausgleich zwischen dem Schutz der Privatsphäre und der freien Meinungsäußerung komme es auf den Beitrag an, den Fotos oder Artikel in der Presse zu einer Debatte von allgemeinem Interesse leisteten (Tz. 60, 76). Hier handele sich nicht um die Verbreitung von "Ideen", sondern von Bildern mit sehr persönlichen Informationen über einen Menschen (Tz. 59), nämlich von Fotos, welche die Beschwerdeführerin im Alltagsleben bei rein privaten Tätigkeiten zeigen (Tz. 61). Es dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass derartige in der Boulevardpresse veröffentlichten Fotos oftmals unter Bedingungen entstünden, die einer Dauerbelästigung gleichkommen und als Verfolgung empfunden werden (Tz. 59, 68). Auch eine der breiten Öffentlichkeit bekannte Person müsse eine ‘berechtigte Erwartung’ auf Schutz und Achtung ihrer Privatsphäre haben (Tz. 69, 78). Die Einstufung als absolute Person der Zeitgeschichte könne für Persönlichkeiten aus dem Bereich der Politik gelten, die öffentliche Ämter bekleiden, nicht aber für eine ‘Privatperson’ wie die Beschwerdeführerin, die zwar einer Herrscherfamilie angehöre, aber selbst keine offiziellen Funktionen ausübe (Tz. 72). Das Kriterium der örtlichen Abgeschiedenheit sei unzureichend und zu vage um einen wirksamen Schutz der Privatsphäre zu gewährleisten (Tz. 74, 75). Ein legitimes Interesse der Öffentlichkeit zu erfahren, wie sich die Beschwerdeführerin allgemein in ihrem Privatleben - sei es auch an nicht abgeschiedenen Orten - verhalte, fehle oder müsse jedenfalls ebenso wie ein kommerzielles Interesse der Zeitschriften an der Veröffentlichung von Fotos und Artikeln hinter dem Recht der Beschwerdeführerin auf wirksamen Schutz ihrer Privatsphäre zurücktreten (Tz. 77).

Die Leitgedanken des Urteils des EGMR vom 24.06.2004 sind auch vorliegend zu beachten. Zwar beanspruchen die Entscheidungen des EGMR nur hinsichtlich des konkreten Streitgegenstandes und nur im Verhältnis zwischen Beschwerdeführer und betroffenem Vertragsstaat materielle Rechtskraft. Die Gewährleistungen der EMRK und der Entscheidungen des Gerichtshofs sind im Rahmen methodisch vertretbarer Gesetzesauslegung zu berücksichtigen und in das nationale Rechtssystem einzupassen. Dabei ist das Grundgesetz völkerrechtsfreundlich, d.h. nach Möglichkeit so auszulegen, dass ein Konflikt mit völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht entsteht (BVerfG NJW 2004, 3407).

Entgegen der aufgeworfenen Zweifel des EGMR ist aber am Begriff der absoluten Person der Zeitgeschichte auch für Personen außerhalb der Politik festzuhalten, da dies mit der Entschließung 1165 (1998) der Parlamentarischen Versammlung des Europarats über das Recht auf Achtung des Privatlebens, wonach z. B. auch diejenigen Personen im öffentlichen Interesse stehen, die in der Wirtschaft, der Kunst oder im Sport eine Rolle im öffentlichen Leben spielen, im Einklang steht. Allerdings kann es grundsätzlich dem Persönlichkeitsrecht der Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG entsprechen, dass Prominente bei rein privaten Tätigkeiten im Alltagsleben vor einer Verfolgung durch Fotografen geschützt werden (Kammergericht, AfP 2004, 564). Soweit dem die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15.12.1999 (NJW 2000, 1021 ff.) entgegensteht, wonach bei einer absoluten Person der Zeitgeschichte ein Privatsphärenschutz außerhalb der eigenen Wohnung eine Situation örtlicher "Abgeschiedenheit" voraussetzt - so ist die grundsätzlich gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG bestehende Bindungswirkung hieran gelockert (Kammergericht aaO.). Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts haben auch keine höherrangige Bindungswirkung als solche des EGMR (vgl. LG Berlin Urt. v. 19. Mai 2005, 27 O 73/05).

Der Kläger ist eine absolute Person der Zeitgeschichte. Er ist eine der in Deutschland bekanntesten Persönlichkeiten überhaupt. Mit seinen Fernsehsendungen dürfte es dem Kläger auch wie kaum einer anderen Persönlichkeit gelingen, ein generationenübergreifendes Publikum anzusprechen, das sich nicht nur für seine Sendungen, sondern auch für ihn selbst interessiert. Der Kläger nimmt dadurch eine derart herausgehobene Position ein, dass sich ein grundsätzlich anerkennenswertes Interesse der Öffentlichkeit auch an seiner Lebensführung sowie an weiteren üblicherweise als privat geltenden sonstigen Lebensumständen des Klägers gebildet hat.

Dies führt vorliegend dazu, dass er die Veröffentlichung des streitgegenständlichen Fotos sowie ähnlicher ohne seine Einwilligung gefertigter Bildnisse grundsätzlich hinzunehmen hat. Zwar hatte die Kammer in jüngeren Entscheidungen unter dem Eindruck der zitierten Entscheidung des EGMR mehrfach entschieden, dass prominente Persönlichkeiten die Veröffentlichung von Fotos aus ihrem privaten Alltag nicht zu dulden hätten (vgl. z. B. Urteil vom 25.08.2005, 27.O.640/05) und hat dabei im Rahmen der auch insoweit stets gebotenen Abwägung zwischen dem Gewicht der widerstreitenden persönlichkeitsrechtlichen Interessen und denen der Presse dem Umstand maßgebliches Gewicht beigemessen, dass die jeweils Betroffenen es anderenfalls hätten hinnehmen müssen, ständig auf der Hut zu sein, ob sie nicht gerade fotografiert würden und die mit der ständigen Gefahr der Aufzeichnung privater Verhaltensweisen verbundene Beeinträchtigung der Unbefangenheit im Alltag eine erhebliche Einschränkung des Rechtes auf freie Entfaltung der Persönlichkeit darstelle (vgl. hierzu auch Kammergericht aaO.), ein Gesichtspunkt, dem auch der EGMR erhebliche Bedeutung beigemessen hat (vgl. Tz. 59, 68, s. o.).

Vorliegend gilt dies jedoch nicht. Denn auch unter Berücksichtigung der vom EGMR aufgestellten und für die Auslegung und den Ausgleich sich gegenüberstehender Grundrechtspositionen zu berücksichtigenden Grundsätze für die Zulässigkeit der Veröffentlichung von Fotos Prominenter bei rein privaten Tätigkeiten gilt nach wie vor, dass der Schutz der Privatsphäre vor öffentlicher Kenntnisnahme entfällt, wenn sich jemand selbst damit einverstanden zeigt, dass bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten öffentlich gemacht werden, etwa indem er Exklusivverträge über die Berichterstattung aus seiner Privatsphäre abschließt. Der verfassungsrechtliche Privatsphärenschutz aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ist nicht im Interesse einer Kommerzialisierung der eigenen Person gewährleistet. Zwar ist niemand an einer solchen Öffnung privater Bereiche gehindert. Er kann sich dann aber nicht gleichzeitig auf den öffentlichkeitsabgewandten Privatsphärenschutz berufen. Die Erwartung, dass die Umwelt die Angelegenheiten oder Verhaltensweisen in einem Bereich mit Rückzugsfunktion nur begrenzt oder nicht zur Kenntnis nimmt, muss daher situationsübergreifend und konsistent zum Ausdruck gebracht werden (vgl. BVerfG NJW 2000, 1021, 1022).

Davon kann allerdings im Falle des Klägers keine Rede sein. Es ist gerichtsbekannt, dass sich der Kläger beispielsweise dafür zur Verfügung gestellt hat, dass über sein neues privates Anwesen in Deutschland berichtet wird. Soweit der Kläger vorgetragen hat, M. sei sein Rückzugsort und über diesen habe er keine Berichterstattung ermöglicht oder sich zur Verfügung gestellt, entspricht dies nicht der Wahrheit. Vielmehr hat der Kläger im Rahmen der im Schriftsatz der Beklagten vom 03.11.2005 genannten Beiträge (Bl. 79 ff. d. A.), insbesondere aber in der Sendung "Live! - Die Lust zu leben!” bereitwillig im Bild darüber Auskunft erteilt, wo er seine Zeitungen und Zeitschriften kauft, eine von ihm bevorzugte Boutique gezeigt und sich mit der Reporterin beim Essen in einem seiner Lieblingsrestaurants filmen lassen. Zwar hat er im Rahmen der Sendung auch zum Ausdruck gebracht, dass er sich in M. gerade deshalb so wohl fühle, weil er anders als in Deutschland dort in Ruhe gelassen werde und sich dort niemand für ihn interessiere. Das hat ihn aber nicht daran gehindert, der Fernsehöffentlichkeit in Deutschland mitzuteilen, welche Geschäfte er in M. bevorzugt.

Zwar ist zu berücksichtigen, dass das Interesse der Öffentlichkeit zu erfahren, wie der Kläger beim Einkaufen aussieht und gekleidet ist, vergleichsweise gering einzustufen ist, und zwar auch wenn man berücksichtigt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofes nicht nur "wertvolle” Informationen der Presse unter die Pressefreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG fallen, sondern dass diese Freiheit grundsätzlich auch zugunsten der Unterhaltungs- und Sensationspresse und damit auch für Mitteilungen besteht, die in erster Linie das Bedürfnis einer mehr oder minder breiten Leserschicht nach oberflächlicher Unterhaltung befriedigen (vgl. BGH NJW 1999, 2893, 2894; BVerfGE 35, 202, 222 f.). Entscheidend ist, dass dieses Unterhaltungsinteresse der Öffentlichkeit als gegenüber den Interessen den Klägers überwiegend anzuerkennen ist. Der Kläger hat nämlich u. a. mit dem genannten Interview ein etwa bereits vorhandenes Interesse der Öffentlichkeit an seinen privaten Lebensumständen in M. erheblich verstärkt bzw., falls ein Interesse noch nicht vorhanden war, geweckt. Wer selber darüber Auskunft, wo er bevorzugt isst und einkauft und sich dabei von einer Fernsehkamera filmen lässt, kann kaum überrascht sein, wenn ihn die Presse auch beim Einkaufen fotografiert und solche Fotos veröffentlicht. Da es sich um ein Foto handelt, das den Kläger in keiner Weise abträglich darstellt, sind überwiegende Interessen des Klägers am Verbot dieses und ähnlicher Bilder ebenso wenig erkennbar wie solche im Sinne des § 23 Abs. 2 KUG.

Dass der Kläger sich in irgendeiner Weise konkret von Pressefotografen belästigt gefühlt hat, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.

Der Kläger sich in der mündlichen Verhandlung vom 22.12.2005 zwar darauf berufen, die Berichterstattung über seine privaten Lebensverhältnisse in M. beruhe darauf, dass er als absolute Person der Zeitgeschichte in der Vergangenheit ohnehin in grundsätzlich jeder Situation in der Öffentlichkeit, die nicht eine Situation der Abgeschiedenheit gewesen sei, habe fotografiert werden dürfen und er versucht habe, den Markt für solche Berichte durch eine Mitarbeit an bestimmten Beiträgen zu sättigen, um seine Privatsphäre im Übrigen zu schützen. Nun habe sich aber die Rechtslage mit der EGMR-Entscheidung (NJW 2004, 2647) geändert, so dass die Veröffentlichungen, denen er unter dem Druck der damals angewendeten Rechtsprechung zugestimmt habe, nicht zu seinen Lasten unter der geänderten Rechtsprechung berücksichtigt werden dürften.

Diese Argumentation überzeugt die Kammer jedoch nicht. Denn anderen besonders erfolgreichen Prominenten gelingt es sehr wohl, über Jahre ihr Privatleben von der Vereinnahmung durch die Öffentlichkeit zu schützen, wie dies der Kammer beispielsweise bei xx xx bekannt ist. Demgegenüber hat der Kläger seine privaten Lebensverhältnisse gerade nicht vor der Öffentlichkeit verborgen, sondern dieser immer wieder, wie dies insbesondere der o. g. Fernseh-Beitrag zeigt, Informationen aus seinem Privatleben mitgeteilt. Dass es ihm nicht möglich gewesen sein soll, wenn er es wünschte, in weiterem Umfang in Ruhe gelassen zu werden, dies durch eine entsprechende Haltung zum Ausdruck zu bringen, erscheint der Kammer daher nicht plausibel.

Im Übrigen zeigt gerade die zitierte EGMR-Entscheidung, dass die dadurch möglicherweise geänderte Lage gerade nicht zu den vom Kläger gewünschten Konsequenzen führen kann, weil es sich bei dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall um Fotos von C.e von H. handelte, die sich offenbar zu keinem Zeitpunkt freiwillig gegenüber der Presse geäußert hat. Dieser entscheidende Ausgangspunkt unterscheidet aber den vorliegenden Fall gerade maßgeblich von dem durch den EGMR entschiedenen.

Die beantragte Erklärungsfrist war dem Kläger nicht zu gewähren. Zum einen hätte es dem Kläger oblegen, von vornherein richtig und vollständig den relevanten Sachverhalt der Kammer darzulegen, was er offensichtlich nicht getan hat, indem er im Schriftsatz vom 05.10.2005 vortragen ließ, es gebe "keine Berichterstattung über private Ausflüge oder Einkäufe in M.”, hier sei der Kläger absolut geschützt und er habe hierauf immer geachtet (vgl. S. 3 des Schriftsatzes Bl. 61 d. A.). Jedenfalls ist dem Kläger aber mit Beschluss vom 10.11.2005 (Bl. 83 d. A.), dem Kläger zugestellt am 16.11.2005 (vgl. Bl. 84 d. A.), eine dreiwöchige Frist gesetzt worden, zum Schriftsatz der Beklagten vom 03.11.2005 Stellung zu nehmen. Es hätte dem Kläger im Rahmen seiner Prozessförderungspflicht oblegen, sofort darauf hinzuwirken, dass er Einsicht in die genannten Unterlagen nehmen kann. Letztlich hat er dies aber noch nicht einmal innerhalb der ihm gesetzten Erwiderungsfrist getan, sondern hat erst mit Schriftsatz vom 12.12.2005 darum gebeten, dass ihm die dort bezeichneten Anlagen übersandt würden.

Soweit der Kläger den Antrag auf Bewilligung einer Erklärungsfrist darauf stützt, dass er die CD nicht habe ansehen können, ist deren Inhalt für die Entscheidung nicht relevant geworden.

Im Übrigen kann davon ausgegangen werden, dass der Inhalt des Beitrags auf der Videokassette "Live! - Die Lust zu leben!” dem Kläger auch bekannt war.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

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