OLG Hamburg - Bei eBay beträgt die Widerrufsfrist 1 Monat!

OLG Hamburg - Bei eBay beträgt die Widerrufsfrist 1 Monat!
6 min
Beitrag vom: 04.09.2006

I. Eine kurze Chronologieder Ereignisse 9.8.2006: KammergerichtBerlin: Bei eBay gelten andereVerbraucherschutzmaßstäbe! Erst am 10.8.2006 informierte die IT-Recht Kanzlei über einUrteil des Kammergerichts Berlin, wonach sich das Widerrufsrecht einesVerbrauchers für den Fall auf einen ganzen Monatverlängert, dass der gewerbliche eBay-Verkäufer seineEinkäufe über das Online-Auktionshaus eBay abwickelt(vgl. dazu https://www.it-recht-kanzlei.de/?id=newsarchiv).

Diese Entscheidung sorgt zur Zeit verständlicherweisefür einen enormen Aufruhr unter eBay-Unternehmern, da sie zurKonsequenz hätte, dass vermutlich mehrere 100.00 Belehrungengewerblicher Versteigerer auf Internet-Auktionsplattformen fehlerhaftwären (vgl. Stellungnahme der Wettbewerbszentrale,www.wettbewerbszentrale.de). Aber auch in rechtlicher Hinsicht ist dieEntscheidung nicht unproblematisch. Ohne hierbei auf die Einzelheiteneingehen zu wollen ist es, zugesammengefasst, schlicht nichterklärbar, aus welchem Grund gewerblicheeBay-Verkäufer gegenüber anderen Teilnehmern desE-Commerce (etwa Online-Shopbetreiber) schlechter gestellt werdensollten.
24.08.2006 Nun auch OLGHamburg: Bei eBay beträgt die Widerrufsfrist 1 Monat! Nun gibt es ein weiteres, erst kürzlichveröffentlichtes, Urteil des OLG Hamburg (Urt. v. 24.08.2006 -Az.:3 U 103/06). Dieses schloss sich der Rechtsauffassung desKammergerichts Berlin an und entschied, dass die fernabsatzrechtlicheWiderrufsfrist bei gewerblichen eBay-Geschäften nicht 14 Tagebeträgt, sondern vielmehr einen Monat.*Begründung:* „Gemäß§ 312 d Abs. 1 Satz 1 BGB steht dem Verbraucher bei einemFernabsatzvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu. DerWiderruf bei Verbraucherverträgen hat gemäß§ 355 Abs. 1 Satz 2 BGB “innerhalb von zweiWochen” zu erfolgen, gemäß § 355Abs. 2 Satz 1 BGB beginnt die Widerrufsfrist mit dem Erhalt derWiderrufsbelehrung in “Textform”.“ Nun sei es aber gerade bei Online-Plattformen wie eBay prinzipbedingtnicht möglich, so das Oberlandesgericht Hamburg, demjeweiligen Ersteigerer vor Abschluss des Kaufvertrages dieWiderrufsbelehrung in Textform (etwa via E-Mail) mitzuteilen. Ausdiesem Grund greife insoweit nicht das sonst im E-Commerceübliche 14-tägige Widerrufsrecht, sondern vielmehrdie verlängerte 1-Monats-Frist (vgl. § 355 Abs. 2 S.2 BGB) .Zudem reicht es dem OLG Hamburg gerade nicht aus, dass dereBay-Unternehmer seine AGB auf seiner Angebotsseite gespeichert hat:„Entgegen derAnsicht der Antragsgegnerin genügt dieser Anforderung nichtder Umstand, dass die Internetplattform “eBay” dieAGB dauerhaft speichert. Denn es ist unstreitig technischmöglich, diese Speicherung wieder aufzuheben. Zudemmüsste die Erklärung “mitgeteilt”worden sein, auch daran fehlt es, wenn man nur auf die Speicherung unddamit nur auf die Abrufbarkeit bei “eBay”abstellte.“ und „Vielmehrpassen für die in Rede stehende “Textform”nur Verkörperungen auf Papier, Diskette, CD-Rom, die mit derenÜbergabe an den Empfänger gelangen und so dieErklärung “mitteilen”. Entsprechendes giltfür gesendete eMail oder Computerfax, da auch dieseVerkörperungen an den Empfänger gelangen. Bei Texten,die - wie vorliegend bei der Antragsgegnerin mit ihrem Versandangebotüber “eBay” - auf einer Homepage insInternet gestellt, aber dem Empfänger nichtübermittelt worden sind, wäre § 126 b BGBnur in dem speziellen Einzelfall gewahrt, bei dem estatsächlich zu einem Download kommt (Palandt-Heinrichs, BGB,65. Auflage, § 126 b BGB Anm. 3 m. w. Nw.).“ Abschließend: „Der in Bezug genommene Ausdruck der Internetseite (Anlage AG1) belegt nur, dass die AGB dort standen, nicht aber, dass derbetreffende Verbraucher einen Download vorgenommen hat. Deswegen stelltder Streitgegenstand auf so eine Besonderheit zutreffend nicht ab. ImÜbrigen setzt eine wirksame Widerrufsbelehrung voraus, dassder Verbraucher seine auf den Vertragsabschluss gerichteteWillenserklärung bereits abgegeben hat oder zumindestzeitgleich mit der Belehrung abgibt, die vorher erteilte Belehrung istunwirksam (Palandt/Grüneberg, a. a. O. § 355 BGB Rz.19 m. w. Nw.).“*Lange Rede kurzer Sinn:* Nach Meinung des OLG Hamburg, welches sich in seiner Rechtsauffassungdem Kammergericht Berlin anschließt, beträgt dieWiderrufsfrist bei gewerblichen eBay- Geschäften statt 14Tagen einen ganzen Monat!*II. Abmahnwellekündigt sich bereits an* Die IT-Recht Kanzlei hat es bereits mit Abmahnungen von Mitbewerbernihrer Mandanten zu tun bekommen, die die zur Zeit unklare Rechtslageausnutzen und ihre Rechtsanwälte in Stellung bringen. Diesfreut natürlich wiederum die Spezies vonRechtsanwälten, die einen großen Teil ihres Umsatzesaus der Überprüfung der Frage generieren, welchesVerhalten welches eBay-Teilnehmers abmahnwürdig seinkönnte. Zudem scheint es erste Abmahnungen des Vereinsfür lauteren Wettbewerb Stuttgart zu geben, der sich auf dasUrteil des Kammergerichts stützt und Händler abmahnt,die bei eBay eine Frist von zwei Wochen einräumen (vgl.www.shopbetreiber-blog.de).*III. Handlungsempfehlungder IT-Recht Kanzlei* Um tatsächlich auf Nummer sicher zu gehen, empfiehlt dieIT-Recht Kanzlei jedem gewerblichen eBay-Händler (zumindestbis zu einer endgültigen Klärung der Rechtslage)

  • seine Wiederrufserklärung entsprechend der Urteileder OLG Hamburg sowie des Kammergerichts Berlin insoweit anzupassen,als die Widerrufserklärung nunmehr eine Frist von einem Monat(nicht 4 Wochen!) vorzusehen hat.
  • den oft in Standard-Widerrufsbelehrungen vorzufindendenPassus hinsichtlich eines etwaigen Wertersatzes bei„bestimmungsgemäßer Ingebrauchnahme derSache entstandenen Verschlechterung“ (vgl. § 357III  S.1 BGB) zu streichen. Grund ist der, dass nur dannWertersatz geleistet werden muss, wenn der Verbraucherspätestens bei Vertragsschluss in Textform auf dieseRechtsfolge hingewiesen wurde. Nur, gerade dies ist aber nach Ansichtder oben genannten Gerichte nicht möglich, so dass§  346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB greift mit der Folge,dass bei einer bloß bestimmungsgemäßenIngebrauchnahme ein Wertersatz komplett außer Acht bleibt.Anmerkung: Sollte sich diese Rechtsauffassung durchsetzen wäredem Missbrauch natürlich Tür und Torgeöffnet, da nun ein Verbraucher bei eBay einen Gegenstandkaufen könnte, diesen ca. 3 Wochen benutzen würde umsodann von seinem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen, ohne dass erzumindest in finanzieller Hinsicht für die Ingebrauchnahmeherangezogen werden könnte.

Es gibt Gegenstimmen: Nach Ansicht der Wettbewerbszentrale ist zumindest zur Zeitweder die Abgabe einer Unterlassungserklärung (die bereits mitKosten verbunden sein wird) noch die Verlängerung derWiderrufsfrist, die natürlich mit gravierenden Nachteilenfür gewerbliche eBay-Versteigerer verbunden ist,empfehlenswert (vgl. www.wettbewerbszentrale.de). Dazu der Kommentar derIT-Recht Kanzlei: Hinsichtlich der Abgabe derUnterlassungserklärung ist der Wettbewerbszentrale unbedingtzuzustimmen. Einer solchen Aufforderung sollte man sichzunächst verweigern und kompetenten Rechtsrat einholen. Zudiffus ist hier noch die Rechtslage und es bleibt zu hoffen, dass inabsehbarer Zeit weitere Oberlandesgerichte, der BGH oder gar derGesetzgeber eine Klärung herbeiführen wird. Demgegenüber soll zumindest vorsichtigeren Naturentatsächlich geraten werden, die nun ergangenen Urteile zumWiderrufsrecht bei eBay-Geschäften ernst zu nehmen. Sollte mannämlich insoweit eine Abmahnung kassieren, wird einem auch dieWettbewerbszentrale nur bedingt weiterhelfen können.*IV. Nur noch die wirklichHartgesottenen sollten weiterlesen!* Das Chaos ist perfekt: Die Gerichte machen auch vor derMusterwiderrufsbelehrung des Bundesjustizministeriums nicht Halt. Soentschied das LG Halle in seinem erst vor kurzem bekannt gewordenenUrteil bereits Mitte Mai des vorigen Jahres (Az. 1 S 28/05, abrufbarunter www.it-recht-kanzlei.de), dass das Muster nicht das Papier wertsei, auf dem es gedruckt ist. So führe das Formular denVerbraucher in die Irre, weil ihm unter anderem nicht deutlich genugvor Augen geführt werde, ab wann die Widerrufsfristüberhaupt beginne. Da einige Formulierungen nicht demParagrafen 355 BGB ausreichend Rechnung tragen, sei das amtliche Musterwirkungslos. Die Auswirkungen der Entscheidung aus Halle sind für jeneGewerbetreibende, die sich des Musters beim Abschluss vonKaufverträgen bedienen, noch unklar. Manch einerbefürchtet nun, dass in diesen Fällen dieWiderrufsfrist überhaupt nicht in Gang gesetzt wurde und derKunde bei diesen Altverträgen auch Jahre später nochdie Ware zurückgegeben könne und sein Geldzurückerhalte. Trotz des Richterspruchs aus Halle sollte das Muster weiterhinverwendet werden. Das Formular hat aufgrund einer rechtlichenNeuregelung seit dem 8. Dezember 2004 den Rang eines Gesetzes und istab diesem Zeitpunkt in Bezug auf Neuverträgewirksam.  Sollten weitere Gerichte dem Urteil des LG Hallefolgen und Händlern durch verspäteteWarenrückgaben Schäden entstehen, wird die IT-RechtKanzlei auf deren Internetpräsenz (www.it-recht-kanzlei.de)umgehend darüber hinformieren bzw. warnen. Angedacht wirdübrigens insoweit schon, unter Umständen dasBundesjustizministerium in Regress zu nehmen.Wer natürlich wirklich sicher gehen möchte bzw. sichjeglichen Ärger von vornherein ersparen möchte,sollte sich eine individuelle Widerrufsbelehrung erstellen lassen– freilich nur von Rechtsanwälten, die sich imBereich des IT-Rechts spezialisiert haben.

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