Rechtsmissbräuchliche Abmahnung bei Verwendung falscher Widerrufsbelehrung wegen vorrangigem Gewinnerzielungsinteresse

11.02.2009, 13:03 Uhr | Lesezeit: 2 min
Rechtsmissbräuchliche Abmahnung bei Verwendung falscher Widerrufsbelehrung wegen vorrangigem Gewinnerzielungsinteresse

Das LG Bielefeld (Urteil vom 05.11.2008, Az.: 18 O 34/08) befasste sich kürzlich mit der Wettbewerbswidrigkeit der Verwendung einer falschen Widerrufsbelehrung innerhalb der von der BGB-Informationspflichtenverordnung (BGB-InfoV) vorgegebenen Übergangszeit sowie mit der Rechtsmissbräuchlichkeit von Abmahnungen.

Sachverhalt

Es geht mal wieder um eine Abmahnung eines Ebay-Shop Inhabers. Dabei wurde wegen Verwendung einer juristisch falschen Widerrufsbelehrung abgemahnt, da nicht ordnungsgemäß über den Fristbeginn für den Widerruf informiert wurde. Die Besonderheit in diesem Fall ist, dass dies innerhalb der von der BGB-InfoV vorgegebenen Übergangsphase bis zum 31.10.2008 geschehen ist. Dazu wurde für die Abmahnung dieses Verstoßes ein Rechtsanwalt beauftragt, der der Bruder des Auftraggebers ist. Der Streitwert in der Abmahnung wurde dabei mit EUR 10.000 angesetzt.

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Entscheidung des Gerichts

Die Richter sahen zwar in der Verwendung der Belehrung einen Verstoß gegen §§ 312c, 312d Abs.2 BGB und damit einen Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften iSv. § 4 Nr.11 UWG. Allerdings stuften sie dies als sanktionsloses Bagatellvergehen ein, da lediglich eine unerhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs gem. § 3 UWG vorliegt. Denn durch die Schaffung einer Übergangsphase, wie es laut BGB-InfoV bis zum 31.10.2008 vorgesehen war, hat sich der Verordnungsgeber für den Schutz des Verwenders und gegen das Informationsinteresse des Verbrauchers entschieden.

In jedem Fall war die Abmahnung auch rechtsmissbräuchlich iSv. § 8 Abs.4 UWG. Denn wenn sachfremde Ziele, wie etwa das Gebührenerzielungsinteresse, vorranging sind, ist ein Rechtsmissbrauch anzunehmen. Indizien für einen Rechtsmissbrauch können danach insbesondere in der Tatsache liegen, dass die Abmahngebühr weit über dem Umsatz des Abmahnende liegt (hier: Gebühr 3 mal so hoch wie eigener Umsatz), eine persönliche Verflechtung zwischen Abmahnendem und beauftragtem Anwalt besteht (hier: beauftragter Rechtsanwalt war der Bruder des Abmahners) und ein systematisches massenhaftes Vorgehen vorzuwerfen ist (hier: 8 weitere Mitbewerber abgemahnt). Zudem ist das Fehlen eines nennenswerten wirtschaftlichen Eigeninteresses ein Hinweis auf die Rechtsmissbräuchlichkeit.

Der Streitwert von EUR 10.000 wurde für einen derartigen Verstoß als weit überhöht angesehen.

Fazit

Die Gerichte erinnern durch derartige Entscheidungen immer wieder an die Möglichkeit, dass Abmahnungen auch rechtsmissbräuchlich sein können und haben zumindest in dem vorliegenden Fall dem Abmahnmissbrauch einen Riegel vorgeschoben.

Da gegen das Urteil Berufung eingelegt wurde, darf mit Spannung erwartet werden, wie die nächste Instanz zu dieser Thematik entscheidet. Die IT-Recht Kanzlei bleibt für Sie dran.

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