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BGH: Einhaltung einer Nacherfüllungsfrist nur durch fristgerechten Leistungserfolg

24.11.2020, 15:54 Uhr | Lesezeit: 4 min
von Julius Ulrich und RA Phil Salewski
BGH: Einhaltung einer Nacherfüllungsfrist nur durch fristgerechten Leistungserfolg

Das geltende Gewährleistungsrecht erlaubt Käufern die Loslösung vom Vertrag wegen eines Mangels im Wege des Rücktritts erst nach erfolglosem Ablauf einer angemessenen Frist zur Nacherfüllung. Durch diese Fristsetzung soll dem Händler Gelegenheit gegeben werden, den Mangel zu beheben, ohne dass sofort der Kaufvertrag als Ganzes hinfällig wird. Wann wird aber eine Nacherfüllungsfrist erfolgreich gewahrt? Kommt es darauf an, dass der Händler die Nacherfüllungshandlung innerhalb der Frist erbringt, oder vielmehr darauf, dass der Erfolg der ordnungsgemäßen Nacherfüllung fristgerecht eintritt? Zu dieser Frage hat mit Entscheidung vom 26.08.2020 (Az. VIII ZR 351/19) nun der BGH ein Grundsatzurteil gefällt.

I. Der Sachverhalt

Die Beklagte verkaufte dem Kläger einen Neuwagen.

Mit Schreiben vom 14. Mai 2018 rügte der Kläger Mängel an der Lackierung des Autos. Hierbei setzte er der Beklagten eine Frist zur Nacherfüllung.

Daraufhin bot die Beklagte dem Kläger einen Termin zur Nachbesserung (Reparatur) bei einem Vertragshändler seiner Wahl an, den der Kläger auch wahrnahm.

Das Ergebnis stellte den Kläger jedoch nicht zufrieden, weil die Reparaturarbeiten seiner Ansicht die Lackierungsmängel nicht vollständig behoben hatten. Deswegen vereinbarte er zunächst erneut einen Termin bei dem gleichen Vertragshändler.

Diesen Termin nahm der Kläger aber nicht wahr, sondern erklärte mit Anwaltsschreiben vom 24.09.2018 den Rücktritt vom Kaufvertrag und begehrte die Kaufpreisrückzahlung.

Dies akzeptierte die Beklagte nicht und verwies den Kläger darauf, dass er für den Rücktritt eine erneute Frist zur Nacherfüllung setzen müsse. Aus § 440 BGB ergebe sich ferner, dass eine Nachbesserung erst nach zwei erfolglosen Versuchen als fehlgeschlagen gelte.

Der Kläger vertrat dahingegen die Ansicht, die gesetzte Nacherfüllungsfrist sei erfolglos verstrichen, weil die Beklagte zwar die Reparaturhandlung fristgerecht ausgeführt, den Reparaturerfolg (also die komplette Behebung des Mangels) aber nicht innerhalb der Frist herbeigeführt habe.

In der Vorinstanz wurde die Klage vom OLG Frankfurt am Main (Az. 16 U 42/19) abgewiesen.

Dagegen legte der Kläger Revision ein.

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II. Die Entscheidung

Die Revision hatte in der Sache Erfolg.

Der BGH verurteilte die Beklagte mit Urteil vom 26.08.2020 (Az. 15 U 142/19) zur Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 17.437,50 € nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs.

Aus § 323 Abs.1 BGB ergebe sich, dass der erfolglose Ablauf einer einmalig gesetzten Frist zur Nacherfüllung ausreiche, um von einem Vertrag zurückzutreten.

Rücktrittsvoraussetzung (vgl. § 440 BGB) sei ein zweimaliges Fehlschlagen der Nachbesserung nur dann, wenn der Käufer dem Verkäufer keine Frist für die Nachbesserung gesetzt habe.

Für die Beurteilung, ob eine Nacherfüllungsfrist gewahrt sei, komme es dabei allein auf den Eintritt des Leistungserfolgs innerhalb der Frist an. Die Frist werde also nicht bereits dann gewahrt, wenn der Verkäufer eine Nachbesserungshandlung nur vornehme, sie aber nicht fristgerecht auch zur geschuldeten Mängelbeseitigung führe.

Nur mit einem solchen Verständnis könne das Interessengelage beider Vertragsparteien vernünftig in Einklang gebracht werden. Käme es nur auf die Leistungshandlung an, könne der Verkäufer die Nacherfüllung beliebig herauszögern, ohne wesentliche vertragsrechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen. Das Fristsetzungserfordernis würde entwertet und der Käufer über Gebühr belastet.

Diese Rechtsauffassung ergebe sich für den vorliegenden Verbrauchsgüterkauf auch unmittelbar aus der EU-Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 1999/44/EG, die dem Verkäufer eine „Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes innerhalb einer angemessenen Frist“ abverlange.

III. Fazit

In seinem Urteil vom 26.08.2020 (Az. 15 U 152/19) entschied der BGH, dass Händler eine angemessenen Nacherfüllungsfrist nur dann wahren, wenn die Beseitigung des Mangels (= Nacherfüllungserfolg) innerhalb der Frist herbeigeführt wird. Für die Fristwahrung nicht ausreichend ist es, wenn lediglich die Nacherfüllungshandlung fristgemäß ausgeführt wird.

Käufer können also auch dann wirksam von einem Kaufvertrag wegen eines Sachmangels zurücktreten, wenn Händler zwar fristgerecht die Nacherfüllung anstoßen, der Nacherfüllungserfolg aber erst nach Fristablauf eintritt.

Für den Online-Handel, wo nach Wahl des Verbrauchers meist durch eine Ersatzlieferung nacherfüllt wird, bedeutet das, dass nicht bereits die fristgerechte Versendung der Ersatzware die Nacherfüllungsfrist wahrt, sondern erst deren Auslieferung an den Verbraucher. Erfolgt die Übergabe der Ersatzware außerhalb der Nacherfüllungsfrist, kann der Verbraucher theoretisch vom seinem mangelbedingten Rücktrittsrecht Gebrauch machen.

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