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Ermäßigte Umsatzsteuer für eBooks seit dem 18.12.2019: Auswirkungen für Schnitt- und Stickmuster?

19.12.2019, 11:11 Uhr | Lesezeit: 6 min
Ermäßigte Umsatzsteuer für eBooks seit dem 18.12.2019: Auswirkungen für Schnitt- und Stickmuster?

Gedruckte Bücher und ähnliche Erzeugnisse unterliegen seit Jahrzehnten bereits dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7%, während digitale Titel bislang steuerrechtlich als elektronisch erbrachte Dienstleistungen qualifiziert und dem Normalsteuersatz unterworfen wurden. Ein Gesetzesentwurf zur Aufhebung dieser Ungleichbehandlung hat nun das Gesetzgebungsverfahren passiert. Damit gilt auch für eBooks ab dem 18.12.2019 der ermäßigte Steuersatz von 7%. Der folgende Beitrag analysiert die Hintergründe der neuen Regelung und zeigt auf, inwiefern hiervon auch digital angebotene Schnitt- und Stickmuster betroffen sind.

I. Rechtliche Entstehungsgeschichte des reduzierten Steuersatzes für eBooks

Die Aufrechterhaltung unterschiedlicher Steuersätze für Bücher und vergleichbare Erzeugnisse in gedruckter und elektronischer Form hatte ihren Ursprung in der EU-Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (RL 2006/112/EG). In dieser wurde vorgeschrieben, dass die Mitgliedstaaten ermäßigte Steuersätze nur auf die Lieferung von Büchern und ähnlichen Erzeugnissen in gedruckter Form, nicht aber auf elektronisch erbrachte Dienstleistung anwenden dürfen.

Hintergrund für die Ungleichbehandlung war die Argumentation, dass das gedruckte Buch ein essentielles Kulturgut sei, dessen Verbreitung und Förderung vor allem im Angesicht neuer Technologien unbedingt auch durch steuerliche Anreize aufrechterhalten werden müsse.

Auch der EuGH bestätigte mit Urteil vom 07.03.2017 (Az. C-390/15) die Rechtfertigung einer steuerrechtlichen Ungleichbehandlung von gedruckten und digitalen Büchern.

In der Folge wurde allerdings von vielerlei Hinsicht ein derartiger Missmut an der insoweit für unverständlich erachteten Rechtslage laut, dass sich die EU gehalten sah, zum 14. November 2018 mit der Änderungsrichtlinie 2018/1713 die steuerrechtliche Gleichbehandlung von physischen Büchern und eBooks einzuführen. Seitdem steht es den Mitgliedsstaaten frei, in nationalen Steuergesetzen einen reduzierten Mehrwertsteuersatz für eBooks und vergleichbare Formate festzusetzen.

Diese Gesetzesänderung griff sodann die deutsche Bundesregierung mit einem Gesetzesentwurf vom 31.07.2019 auf, der die Einführung des neuen, wie folgt lautenden § 12 Abs. 2 Nr. 14 UStG vorsah:

Die Steuer ermäßigt sich auf sieben Prozent für folgende Umsätze:

- die Überlassung der in Nummer 49 Buchstabe a bis e und Nummer 50 der Anlage 2 bezeichneten Erzeugnisse in elektronischer Form, unabhängig davon, ob das Erzeugnis auch auf einem physischen Träger angeboten wird, mit Ausnahme der Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen aus Videoinhalten oder hörbarer Musik bestehen. Ebenfalls ausgenommen sind Erzeugnisse, für die Beschränkungen als jugendgefährdende Trägermedien oder Hinweispflichten nach § 15 Absatz 1 bis 3 und 6 des Jugendschutzgesetzes in der jeweils geltenden Fassung bestehen, sowie Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen Werbezwecken, einschließlich Reisewerbung, dienen. Begünstigt ist auch die Bereitstellung eines Zugangs zu Datenbanken, die eine Vielzahl von elektronischen Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften oder Teile von diesen enthalten.

Nachdem der Bundesrat dem Entwurf zugestimmt hatte, wurde das Gesetz am 17.12.2019 im Bundesgesetzblatt veröffentlich und trat damit zum 18.12.2019 in Kraft.

Ab sofort gilt daher ein Umsatzsteuersatz von 7% für eBooks und vergleichbare digitale Werke.

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II. Sachlicher Anwendungsbereich der Steuerermäßigung für eBooks

Von der neuen Steuerermäßigung betroffen sind alle in der UStG- Anlage 2 Nr. 49 Buchstabe a-e und Nummer 50 genannten Erzeugnisse in elektronischer Form, sofern sie nicht jugendschutzrechtlichen Beschränkungen unterliegen oder im Wesentlichen Werbezwecken dienen.

Ab sofort gilt daher (wenn nicht ein oben genannter Ausschluss eingreift) ein ermäßigter Steuersatz von 7% für

  • digitale Bücher, Zeitungen, Broschüren und ähnliche Werke, auch in Teilen und Ein-Seiten-Formaten
  • andere digitale Erzeugnisse des graphischen Gewerbes
  • digitale Bilderalben, Bilderbücher und Zeichen- oder Malbücher, für Kinder,
  • digitale Noten, auch mit Bildern
  • digitale kartografische Erzeugnisse aller Art, einschließlich Wandkarten, topografischer Pläne und Globen,
  • digitale Hörbücher

III. Anwendung der Steuerermäßigung auch für digitale Schnitt- und Stickmuster?

Vor dem Hintergrund der nunmehr geltenden Steuerermäßigung stellt sich nun für viele im Online-Gewerbe tätige Künstler, die technisch-dekorative bzw. künstlerische Arbeiten in Form von Mustern anbieten, die Frage, ob sie für diese fortan nur noch die ermäßigte Umsatzsteuer abführen müssen.

Dies würde mit einer erheblichen Gewinnsteigerung auf der Anbieterseite einhergehen, weil der Steuervorteil in den seltensten Fällen an den Kunden abgegeben wird.

Maßgeblich für die rechtliche Einschätzung ist, ob digitale Schnitt- und Stickmuster als digitale Bücher oder vergleichbare Werke einzuordnen sind. Hierfür kann rechtsinterpretatorisch auf die Einordnung solcher Muster in Druckform abgestellt werden.

Weil das Umsatzsteuergesetz keine eigene Definition der Kategorien steuerermäßigter Waren enthält, liegt es für Bucherzeugnisse nahe, auf die Auslegung des Buchpreisbindungsgesetzes (BuchPrG) abzustellen. Grund hierfür ist, dass sowohl die Steuerermäßigung für Bücher als auch das BuchPrG die Geltung des Buches als Kulturgut aufrechterhalten und dessen Marktverbreitung durch preisliche Anreize für Autoren und Handel sicherstellen sollen.

Für eine gleichgelagerte Auslegung der vom steuerrechtlichen Privileg und von der Buchpreisbindung erfassten Erzeugnisse spricht ferner, dass gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 BuchPrG auch eBooks eindeutig von der Buchpreisbindung erfasst sind.

Detaillierte Informationen zur Preisbindung von eBooks stellt die IT-Recht Kanzlei in diesem Leitfaden bereit.

Das „Buch“ wird zwar vom Gesetzgeber auch im BuchPrG nicht definiert. Die herrschende Kommentarliteratur wendet für die Einordnung aber die folgenden Kriterien an:

  • das Werk besteht vorwiegend aus Text und ist urheberrechtlich schutzfähig
  • es sind sog. Paratexte vorhanden, d.h. Titel, Verlagsangaben, Inhaltsverzeichnis, Vorwort, Nachwort, Index etc.
  • das Werk hat eine ISBN-Nummer und ist im Verzeichnis lieferbarer Bücher (VlB) ausgewiesen

Ausgenommen von der Preisbindung sind unter Anwendung der Kriterien vor allem Vorlagen für technische, künstlerische und dekorative Arbeiten und Schnittmuster (Wallenfells/Russ, BuchPrG, § 3 Rn. 31).

Unterliegen damit aber Schnitt- und Stickmuster nicht der Buchpreisbindung, ist zu folgern, dass ihnen der Status als Kulturgut nicht zuerkannt wird. Folglich kommt für derartige Werke (ob in gedruckter oder digitaler Form) auch die steuerrechtliche Vergünstigung nicht in Betracht.

Mithin gilt nach Ansicht der IT-Recht Kanzlei: digital bereitgestellte, einzelne Schnitt- und Stickmuster gelten nicht als eBooks oder vergleichbare Erzeugnisse und müssen damit auch weiterhin mit dem Regelsatz von 19% besteuert werden.

Eine Ausnahme besteht aber dann, wenn diverse Muster in einem Anleitungsband gebündelt und zu einem eigenständigen Werk zusammengefasst werden. Hier kommt für physische sowie digitale Ausgaben eine Steuerermäßigung in Betracht. Wie viele Muster gebündelt werden müssen, um als „Buch“ bzw. „eBook“ zu gelten, ist eine Frage des Einzelfalls.

Ferner können auch digitale Anleitungen zur eigenständigen Durchführung von Textilarbeiten (Nähanleitungen, Strickanleitungen) bei einem gewissen Umfang als zumindest mit Büchern vergleichbare Erzeugnisse gelten, sodass nunmehr ein ermäßigter Steuersatz geltend kann. Auch hier ist die Anwendbarkeit aber im Einzelfall zu bewerten.

Dahingegen kommt für Stickdateien und Plotterdateien mangels buchspezifischer Qualitäten eine Ermäßigung eindeutig nicht in Betracht.

IV. Fazit

Ab dem 18.12.2019 gilt für digitale Bücher und ähnliche Erzeugnisse nunmehr der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7%, der höhere Gewinnmargen versprechen lässt.
Nach Ansicht der IT-Recht Kanzlei kann die reduzierte Umsatzsteuer allerdings nicht für einzelne Schnitt- und Strickmuster ausgewiesen werden, da diesen die maßgebliche Eigenschaft von buchähnlichen Erzeugnissen fehlt. Auch für Stickdateien kommt die Ermäßigung nicht zur Anwendung.

Für digitale Muster-Anleitungsbände und digitale Handlungsanleitungen zur Vornahme von Textilarbeiten kann je nach Umständen des Einzelfalls dahingegen aber die Steuerermäßigung angewandt werden.

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