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Pflicht zur Angabe einer Telefonnummer im Online-Handel? – BGH ruft EuGH an

23.11.2017, 08:19 Uhr | Lesezeit: 5 min
Pflicht zur Angabe einer Telefonnummer im Online-Handel? – BGH ruft EuGH an

Wie wir bereits berichtet haben, hat das OLG Köln mit Urteil vom 08.07.2016, 6 U 180/15, entschieden, dass Online-Händler in Deutschland nicht verpflichtet sind, eine Telefonnummer im Online-Shop anzugeben. Gegen diese Entscheidung hat der Bundesverband der Verbraucherzentrale Revision zum BGH eingelegt. Der BGH hat das Verfahren nun mit Beschluss vom 05.10.2017, I ZR 163/16, ausgesetzt und will wesentliche Fragen vom EuGH geklärt wissen.

Verstößt die deutsche Regelung des Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGBGB gegen Unionsrecht?

Der BGH ist – wie zuvor schon das OLG Köln – der Auffassung, dass das deutsche Gesetz mit dem Unionsrecht unvereinbar ist, soweit die Bestimmung des Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGBGB den Unternehmer verpflichtet, dem Verbraucher im Rahmen des Abschlusses von Fernabsatzverträgen vor Abgabe von dessen Vertragserklärung stets seine Telefonnummer zur Verfügung zu stellen. Dies ergebe sich daraus, dass die dem Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGBGB zugrundeliegende unionsrechtliche Bestimmung die Einschränkung „gegebenenfalls“ nach ihrem klaren Wortlaut nicht nur auf die Kommunikationsmittel Telefax und E-Mail, sondern auch auf die Telefonnummer beziehe. Daher legt der BGH dem EuGH u. a. folgende Frage zur Klärung vor:

"Können die Mitgliedstaaten eine Bestimmung vorsehen, die – wie die Bestimmung des Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGBGB – den Unternehmer verpflichtet, dem Verbraucher im Rahmen des Abschlusses von Fernabsatzverträgen vor Abgabe von dessen Vertragserklärung [nicht nur gegebenenfalls, sondern stets] seine Telefonnummer zur Verfügung zu stellen?"

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Was bedeutet „gegebenenfalls“ i.S.d. Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2011/83/EU?

Ferner vertritt der BGH die Auffassung, dass ein Unternehmer nur über bereits vorhandene Kommunikationsmittel informieren müsse. Er solle dagegen nicht dazu verpflichtet sein, neue Kommunikationsmittel wie Telefon- oder Faxanschlüsse anzuschaffen. Daher legt der BGH dem EuGH hierzu außerdem die folgende Frage vor:

"Bedeutet die in [der deutschen Sprachfassung des] Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2011/83/EU verwendete Wendung „gegebenenfalls“, dass ein Unternehmer nur über in seinem Unternehmen bereits tatsächlich vorhandene Kommunikationsmittel informieren muss, er also nicht gehalten ist, einen Telefon- oder Telefaxanschluss bzw. ein E-Mail-Konto neu einzurichten, wenn er sich entschließt, in seinem Unternehmen auch Fernabsatzverträge abzuschließen?"

Welche Kontaktmöglichkeiten müssen angegeben werden?

Sollte die vorstehende Frage vom EuGH bejaht werden, so stellt sich für den BGH des Weiteren die Frage, ob der Unternehmer lediglich die Kontaktmöglichkeiten angeben muss, die er auch tatsächlich für die Kommunikation mit seinen Kunden nutzt oder ob hiervon auch solche Kontaktmöglichkeiten umfasst sind, die er bisher ausschließlich für andere Zwecke eingesetzt hat, etwa für die Kommunikation mit Lieferanten, Herstellern oder Behörden. Der BGH legt dem EuGH daher ferner folgende Frage vor:

"Bedeutet die in [der deutschen Sprachfassung des] Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2011/83/EU angeführte Wendung „gegebenenfalls“, dass nur solche Kommunikationsmittel bereits in einem Unternehmen vorhanden sind, die vom Unternehmer tatsächlich jedenfalls auch für den Kontakt zu Verbrauchern im Rahmen des Abschlusses von Fernabsatzverträgen eingesetzt werden, oder sind auch solche Kommunikationsmittel im Unternehmen vorhanden, die vom Unternehmer bislang ausschließlich zu anderen Zwecken, wie etwa der Kommunikation mit Gewerbetreibenden oder Behörden, genutzt werden?"

Dürfen auch andere Kommunikationsmittel eingesetzt werden?

Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2011/83/EU enthält eine Aufzählung unterschiedlicher Kommunikationsmittel, die der BGH jedoch nicht für abschließend hält. Gerade in dem der Entscheidung des OLG Köln zugrundeliegenden Fall hat sich gezeigt, dass im Online-Handel auch Kommunikationsmittel eingesetzt werden, die von der vorgenannten Richtlinie nicht berücksichtigt sind. So bietet Amazon etwa einen Rückruf-Service sowie eine elektronische Chat-Funktion für seine Kunden an. Daher stellt sich für den BGH ferner die folgende Frage:

"Ist die in Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2011/83/EU erfolgte Aufzählung der Kommunikationsmittel Telefon, Telefax und E-Mail abschließend, oder kann der Unternehmer auch andere, dort nicht genannte Kommunikationsmittel – wie etwa ein Internet-Chat oder ein telefonisches Rückrufsystem – einsetzen, sofern dadurch eine schnelle Kontaktaufnahme und eine effiziente Kommunikation sichergestellt ist?"

Was bedeutet „in klarer und verständlicher Weise“?

Nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83/EU muss der Unternehmer den Verbraucher in klarer und verständlicher Weise über die in Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2011/83/EU genannten Kommunikationsmittel informieren. Der Bundesverband der Verbraucherzentrale vertrat in dem vorgenannten Verfahren die Rechtsauffassung, dass gegen das Transparenzgebot verstoßen werde, wenn die Informationen lediglich über mehrere, hintereinander geschaltete Internetseiten abrufbar sind, wie dies bei Amazon der Fall ist. Dies widerspreche dem Zweck der Richtlinie, dem Verbraucher eine schnelle Kontaktaufnahme und eine effiziente Kommunikation zu ermöglichen.

Anders als der Bundesverband der Verbraucherzentrale ist der BGH jedoch der Auffassung, dass sich diese Anforderung nicht auf die Information über das Kommunikationsmittel sondern auf das Kommunikationsmittel an sich beziehe. Daher legt der BGH dem EuGH abschließend folgende Frage zur Klärung vor:

"Kommt es bei der Anwendung des Transparenzgebots des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83/EU, nach dem der Unternehmer den Verbraucher in klarer und verständlicher Weise über die in Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2011/83/EU genannten Kommunikationsmittel informieren muss, darauf an, dass die Information schnell und effizient erteilt wird?"

Fazit

Der vorliegende Fall zeigt einmal mehr, wie ungenau der deutsche Gesetzgeber teilweise bei der Umsetzung unionsrechtlicher Regelungen in das deutsche Recht gearbeitet hat. Es bleibt abzuwarten, ob die Antworten des EuGH etwas Licht ins Dunkel bringen können, damit die bestehende Rechtsunsicherheit beseitigt wird. Bis auf Weiteres sollte jeder Online-Händler in Deutschland eine Telefonnummer in seinem Online-Shop vorhalten, um ein unnötiges Abmahnungsrisiko zu vermeiden. Wir halten unsere Leser über die weitere Entwicklung auf dem Laufenden.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.

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