Jugendschutzrechtliche Anforderungen an sexuelle Inhalte im Internet
Der Beitrag beleuchtet die rechtlichen Anforderungen an die Verbreitung sexueller Inhalte im Internet und die hierfür vorgesehenen Schutzmaßnahmen.
Inhaltsverzeichnis
- Zulässigkeitsbeschränkungen für sexuelle Inhalte im Internet nach dem Jugendschutzrecht
- 1. Jugendgefährdende sexuelle Inhalte auf Trägermedien, §15 JuSchG
- 2. Jugendgefährdende sexuelle Inhalte in Telemedien, §§4,5 JMStV
- Konsequenzen bei Verstößen
- 1. Sanktionen bei unmittelbarer Verantwortlichkeit
- 2. Haftung bei Einbindung oder Verlinkung sexueller Drittinhalte
- Einordnung und kategorische Abgrenzung von Sexualinhalten
Akt, Erotik oder Pornographie? Der Jugendschutz bei sexuellen Inhalten im Internet - Teil 1:
Gerade im digitalen Raum haben die jederzeitige Verfügbarkeit von Inhalten und die weitgehende Anonymität der Nutzung den Konsum sexuell geprägter Angebote erheblich begünstigt und deren wirtschaftliche Bedeutung deutlich wachsen lassen. Pornographische Inhalte und erotisch konnotierte Werbeformen sind heute fester Bestandteil vieler Online-Angebote. Zugleich hat das Internet das Mediennutzungsverhalten jedoch nicht nur von Erwachsenen grundlegend verändert.
Auch Kinder und Jugendliche nutzen digitale Dienste selbstverständlich und intensiv und geraten dabei zunehmend mit Inhalten in Berührung, die ihre altersgerechte Entwicklung beeinträchtigen können. Der Gesetzgeber hat hierauf mit einem differenzierten jugendschutzrechtlichen Regelungssystem reagiert und die Zulässigkeit sexueller Inhalte im Internet in Abhängigkeit von deren jeweiligem Gefährdungspotenzial an abgestufte Pflichten und Zugangsbeschränkungen geknüpft. Der nachfolgende Beitrag greift die im Einzelfall oftmals anspruchsvolle Abgrenzung zwischen unzulässigen, nur eingeschränkt zulässigen und grundsätzlich unbedenklichen sexuellen Inhalten auf und zeigt, welche jugendschutzrechtlichen Anforderungen Anbieter jeweils zu beachten haben.
Zulässigkeitsbeschränkungen für sexuelle Inhalte im Internet nach dem Jugendschutzrecht
Sexuell geprägte Darstellungen und Angebote sind für erwachsene Nutzer innerhalb der gesetzlichen Grenzen grundsätzlich unbedenklich. Gegenüber Kindern und Jugendlichen können sie jedoch Wirkungen entfalten, die eine ungehinderte, selbstbestimmte und altersgerechte Persönlichkeits- und Sozialentwicklung erheblich beeinträchtigen. Insbesondere realitätsverzerrende, obszöne oder verstörende Darstellungen vermögen den altersbedingt noch nicht gefestigten geistigen Reifegrad zu überfordern und nachhaltige psychische sowie psychosexuelle Fehlentwicklungen zu begünstigen.
Vor dem Hintergrund dieser – gerade im digitalen Raum besonders ausgeprägten – latenten Gefährdungslage hat der Gesetzgeber die Verbreitung und Zugänglichmachung sexueller Inhalte an strenge jugendschutzrechtliche Voraussetzungen geknüpft. Ihre Zulässigkeit unterliegt einem abgestuften Regelungssystem, das auf verschiedenen normativen Ebenen greift und Anbieter zu umfassenden Schutz- und Kontrollmaßnahmen verpflichtet.
Die einschlägigen Vorschriften differenzieren dabei maßgeblich nach der konkreten inhaltlichen Ausprägung des jeweiligen Sexualinhalts. Das geltende Jugendschutzrecht etabliert insoweit ein abgestuftes Schutzkonzept, das reicht
- vom absoluten Verbot harter Pornographie,
- über ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt bei einfacher Pornographie,
- bis hin zu einer grundsätzlichen Zulässigkeit sonstiger erotischer Inhalte, die jedoch je nach Ausgestaltung bestimmten Zugangs-, Präsentations- oder Nutzungseinschränkungen unterliegen können.
Die für Anbieter im Internet maßgeblichen jugendschutzrechtlichen Vorgaben ergeben sich insbesondere aus dem Jugendschutzgesetz (JuSchG) sowie dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag der Länder (JMStV) als zentralem Regelungswerk für Telemedien und sonstige digitale Angebote und werden seit 2024/2025 in der Praxis zunehmend durch europäische Vorgaben des Digital Services Act (DSA) flankiert, der insbesondere Plattform- und Vermittlungsdienste zu besonderen Schutzmaßnahmen gegenüber Minderjährigen verpflichtet.
1. Jugendgefährdende sexuelle Inhalte auf Trägermedien, §15 JuSchG
§ 15 Abs. 1 JuSchG normiert ein umfassendes Verbreitungs- und Vertriebsverbot für Trägermedien, die jugendgefährdende Inhalte enthalten und von zuständigen staatlichen Stellen entsprechend indiziert worden sind. Als Trägermedien gelten sämtliche körperlichen Informationsträger, etwa Bücher sowie optische oder digitale Datenträger wie CDs oder DVDs.
Auch wenn Trägermedien im heutigen Online-Kontext nur noch eine untergeordnete praktische Rolle spielen, kommt § 15 JuSchG weiterhin Bedeutung zu, etwa im Versand- oder Onlinehandel mit körperlichen Datenträgern.
Ziel der Regelung ist es, insbesondere die Erwerbs- und Zugriffsmöglichkeiten durch Kinder und Jugendliche wirksam zu unterbinden. Das Verbreitungsverbot beschränkt sich dabei nicht auf den stationären Handel, sondern erfasst ausdrücklich auch sämtliche Formen der Zugänglichmachung über das Internet, einschließlich des Versandhandels.
Darüber hinaus erweitert § 15 Abs. 2 JuSchG den Anwendungsbereich der Verbote unabhängig von einer vorherigen Indizierung auf bestimmte pornographische Inhalte. Erfasst werden insbesondere Trägermedien, die pornographische Schriften im Sinne der §§ 184 ff. StGB enthalten (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 JuSchG) .
a. Verbot pornographischer Trägermedien im Sinne der §§ 184 ff. StGB
Nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 JuSchG unterliegen sämtliche Trägermedien einem Verbreitungs- und Zugänglichmachungsverbot gegenüber Minderjährigen, sofern sie strafbare pornographische Inhalte im Sinne der §§ 184, 184a, 184b oder 184c StGB enthalten.
Der strafrechtliche Begriff der „Schrift“ ist dabei weit zu verstehen. Er umfasst nach § 11 Abs. 3 StGB nicht nur textliche Darstellungen, sondern auch Ton- und Bildträger, Datenspeicher, Abbildungen sowie sonstige Darstellungsformen.
Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen einfacher und harter Pornographie. Der harten Pornographie, die einem strafrechtlichen Totalverbot unterliegt, sind insbesondere zuzuordnen:
- gewalttätige sexuelle Handlungen oder sexuelle Handlungen von Menschen mit Tieren (§ 184a StGB) ,
- sexuelle Handlungen von, an oder vor Kindern unter 14 Jahren (§ 184b StGB) ,
- sexuelle Handlungen von, an oder vor Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren (§ 184c StGB) .
Demgegenüber regelt § 184 StGB die Strafbarkeit im Zusammenhang mit einfach pornographischen Schriften, die nicht schlechthin verboten sind, deren Verbreitung jedoch aus Gründen des Jugendschutzes erheblichen Einschränkungen unterliegt.
b. Umfang der Verbote
Trägermedien mit strafbaren pornographischen Inhalten dürfen Kindern und Jugendlichen nach § 15 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 JuSchG in keiner denkbaren Weise zugänglich gemacht werden. Ziel ist es, jede Erwerbs-, Besitz- oder Empfangsmöglichkeit – unabhängig von einer Entgeltlichkeit – konsequent auszuschließen.
Verboten sind insbesondere:
- das Anbieten, Überlassen oder sonstige Zugänglichmachen gegenüber Minderjährigen,
- das öffentliche Aufführen, Vorführen oder Ausstellen an für Minderjährige zugänglichen Orten,
- der Vertrieb im stationären Handel sowie im Versandhandel,
- die Einfuhr im Wege des Versandhandels,
- sowie die Herstellung, Lieferung, Lagerung oder der sonstige Umgang zum Zwecke einer unzulässigen Zugänglichmachung.
c. Besonderheiten im (Online-)Versandhandel
Der Wortlaut des § 15 JuSchG erstreckt das Verbot der Verbreitung pornographischer Trägermedien ausdrücklich auch auf den Versandhandel.
Isoliert betrachtet könnte dies den Eindruck erwecken, dass jeglicher Versandhandel mit pornographischen Trägermedien generell unzulässig wäre.
Diese Konsequenz wird jedoch durch die Legaldefinition des Versandhandels in § 1 Abs. 4 JuSchG begrenzt. Danach liegt ein jugendschutzrechtlich relevanter Versandhandel nur vor, wenn Bestellungen und Versendungen ohne persönlichen Kontakt erfolgen und keine geeigneten Vorkehrungen sicherstellen, dass eine Lieferung an Minderjährige ausgeschlossen ist.
Ein Versandhandel liegt daher nicht vor, wenn der Anbieter durch zuverlässige technische und organisatorische Maßnahmen gewährleistet, dass Kinder und Jugendliche weder bestellen noch beliefert werden können. Voraussetzung ist insbesondere ein wirksames und belastbares Altersverifikationssystem, das den Zugang auf volljährige Personen beschränkt. Reine Selbstauskünfte oder einfache Checkbox-Lösungen genügen hierfür nicht.
Darüber hinaus muss auch die tatsächliche Übergabe der Ware so ausgestaltet sein, dass ein Zugriff durch Minderjährige ausgeschlossen bleibt. Regelmäßig erforderlich ist daher eine persönliche Übergabe an den volljährigen Besteller, etwa durch Versand als „Einschreiben eigenhändig“ (BGH, Urteil vom 12.07.2007 – I ZR 18/04).
d. Absolut unzulässige Inhalte
Unabhängig von technischen Sicherungsmaßnahmen unterliegen hartpornographische Inhalte einem strafrechtlichen Totalverbot. Sie dürfen weder verbreitet noch zugänglich gemacht werden, auch nicht gegenüber Erwachsenen.
Der Versandhandel mit einfach pornographischen Trägermedien ist hingegen zulässig, sofern durch geeignete Altersverifikationssysteme zuverlässig ausgeschlossen wird, dass Minderjährige Zugriff erhalten. Diese Inhalte sind nach der Wertung des § 184 StGB nicht schlechthin verboten, sondern lediglich in ihrer Zugänglichmachung gegenüber Minderjährigen strafbewehrt.
2. Jugendgefährdende sexuelle Inhalte in Telemedien, §§4,5 JMStV
Während das Jugendschutzgesetz (JuSchG) die Zulässigkeit sexueller Inhalte gegenüber Minderjährigen bei körperlichen Trägermedien regelt, unterliegt die Verbreitung und Zugänglichmachung unkörperlicher, sexuell geprägter Angebote im Internet besonderen jugendschutzrechtlichen Anforderungen. Maßgeblich ist insoweit der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag der Länder (JMStV), der speziell auf digitale Inhalte und Online-Dienste zugeschnitten ist.
Der JMStV richtet sich an sämtliche Anbieter, die Inhalte über das Internet oder andere Telemedien bereitstellen, und verpflichtet sie zur Einrichtung geeigneter Zugangsbeschränkungen, sofern ihre Angebote jugendschutzrechtlich relevant sind. Anders als bei Trägermedien steht dabei nicht der Vertrieb, sondern die Zugänglichkeit und Wahrnehmbarkeit der Inhalte im Vordergrund.
In inhaltlicher Parallelität zum JuSchG differenziert der JMStV auch im Bereich der Telemedien zwischen drei Kategorien jugendschutzrechtlich relevanter Inhalte.
Unterschieden wird zwischen
- absolut unzulässigen Angeboten,
- relativ unzulässigen Angeboten sowie
- entwicklungsbeeinträchtigenden, beschränkt zulässigen Angeboten.
Die Einordnung erfolgt maßgeblich anhand der inhaltlichen Ausprägung der jeweiligen Darstellung und orientiert sich insbesondere an den Wertungen der §§ 184 ff. StGB.
a. Absolut unzulässige sexuelle Inhalte (§ 4 Abs. 1 JMStV)
§ 4 Abs. 1 JMStV enthält eine abschließende Aufzählung absolut unzulässiger Inhalte in Telemedien. Solche Angebote unterliegen einem uneingeschränkten Verbreitungsverbot und dürfen weder zugänglich gemacht noch in sonstiger Weise bereitgehalten werden.
Die absolute Unzulässigkeit wirkt dabei altersunabhängig: Die Inhalte dürfen nicht nur Minderjährigen, sondern überhaupt keiner Nutzergruppe zugänglich sein – auch nicht Erwachsenen.
Zu den absolut unzulässigen Angeboten zählen nach § 4 Abs. 1 Nr. 10 JMStV insbesondere pornographische Darstellungen, die
- Gewalttätigkeiten,
- sexuelle Handlungen mit Tieren oder
- den sexuellen Missbrauch von Kindern oder Jugendlichen
zum Gegenstand haben.
Erfasst sind damit die unkörperlichen Erscheinungsformen harter Pornographie, deren Verbreitung der Gesetzgeber bereits in den §§ 184a bis 184c StGB ausnahmslos unter Strafe gestellt hat. Entsprechend dürfen diese Inhalte auch im Internet unter keinen Umständen verbreitet oder zugänglich gemacht werden.
Unerheblich ist dabei, ob es sich um reale oder rein virtuelle Darstellungen handelt. Auch computergenerierte oder elektronisch simulierte Inhalte unterfallen dem Verbot, sofern sie die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllen.
b. Relativ unzulässige sexuelle Inhalte (§ 4 Abs. 2 JMStV)
Eine abgeschwächte Form des Totalverbots gilt nach § 4 Abs. 2 JMStV für sogenannte relativ unzulässige Inhalte. Diese sind grundsätzlich ebenfalls unzulässig, können jedoch ausnahmsweise verbreitet werden, sofern der Anbieter sicherstellt, dass sie ausschließlich Erwachsenen in geschlossenen Benutzergruppen zugänglich sind.
Voraussetzung hierfür ist, dass Kinder und Jugendliche vollständig und zuverlässig vom Zugang ausgeschlossen werden. Der Diensteanbieter muss hierzu geeignete technische Maßnahmen einsetzen, die eine belastbare Altersverifikation gewährleisten und den Zugriff von einer erfolgreichen Volljährigkeitsprüfung abhängig machen.
Die Anforderungen an solche Altersverifikationssysteme sind durch die Landesmedienanstalten und die Rechtsprechung in den vergangenen Jahren kontinuierlich präzisiert und verschärft worden.
Nach gefestigter Verwaltungspraxis gilt eine Altersverifikation regelmäßig nur dann als ausreichend, wenn sie zweistufig ausgestaltet ist:
- Auf einer Identifizierungsstufe muss die Person des Nutzers eindeutig festgestellt werden, regelmäßig unter Einbindung eines persönlichen Kontakts (z. B. Post-Ident- oder vergleichbare Verfahren).
- Auf einer Authentifizierungsstufe ist sodann vor jedem Nutzungsvorgang sicherzustellen, dass ausschließlich der identifizierte volljährige Nutzer Zugang erhält.
Als relativ unzulässig gelten nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 JMStV insbesondere einfach pornographische Inhalte, also Darstellungen, die zwar pornographisch sind, jedoch nicht die Schwelle zur harten Pornographie überschreiten.
Darüber hinaus können nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 JMStV auch solche Inhalte relativ unzulässig sein, die zwar noch nicht als Pornographie einzustufen sind, aufgrund eines vordergründigen Sexualitätsbezugs jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen schwer zu gefährden.
c. Beschränkt zulässige sexuelle Inhalte (§ 5 JMStV)
Unterhalb der Schwelle absolut oder relativ unzulässiger Angebote erfasst § 5 JMStV solche Inhalte, die lediglich eine Eignung zur Entwicklungsbeeinträchtigung von Kindern oder Jugendlichen aufweisen. Für diese gelten abgeschwächte jugendschutzrechtliche Anforderungen.
Derartige Inhalte dürfen grundsätzlich verbreitet werden, sofern der Anbieter sie einer geeigneten Altersstufe – regelmäßig ab 16 oder 18 Jahren – zuordnet und dafür Sorge trägt, dass jüngere Minderjährige sie typischerweise nicht wahrnehmen können.
Zur Absicherung stehen dem Anbieter mehrere gleichwertige Instrumente zur Verfügung. Nach § 5 Abs. 3 JMStV kann der Zugang entweder
- durch technische Maßnahmen (insbesondere Altersverifikationssysteme) oder
- durch zeitliche Zugangsbeschränkungen
beschränkt werden. Für Angebote ab 16 Jahren ist eine Abrufbarkeit nur zwischen 22 Uhr und 6 Uhr, für Angebote ab 18 Jahren nur zwischen 23 Uhr und 6 Uhr zulässig (§ 5 Abs. 4 JMStV).
Alternativ kann der Anbieter seine Inhalte so ausgestalten, dass sie von anerkannten Jugendschutzprogrammen (§ 11 Abs. 1 JMStV) zuverlässig erkannt und gefiltert werden.
In diese Kategorie fallen insbesondere maßvolle erotische Darstellungen, die die Grenze zur Pornographie deutlich unterschreiten, jedoch sexuelle Bezüge erkennen lassen – etwa durch partielle Nacktheit, die Betonung geschlechtlicher Merkmale oder die Andeutung sexueller Handlungen.
Konsequenzen bei Verstößen
Wer jugendschutzrechtliche Verbotsnormen oder Zugangsbeschränkungspflichten nicht oder nur unzureichend beachtet, setzt sich erheblichen rechtsgebietsübergreifenden Sanktionen aus. Verstöße können strafrechtliche, ordnungsrechtliche und wettbewerbsrechtliche Folgen nach sich ziehen und sind daher für Anbieter mit nicht zu unterschätzenden Risiken verbunden.
1. Sanktionen bei unmittelbarer Verantwortlichkeit
Die eigenverantwortliche Verbreitung oder Zugänglichmachung sexueller Inhalte, die jugendschutzrechtliche Verbotstatbestände erfüllen oder ohne die erforderlichen Schutzmaßnahmen bereitgestellt werden, ist in weiten Teilen strafbewehrt.
So unterfallen insbesondere pornographische Inhalte, die den Tatbeständen der §§ 184 ff. StGB entsprechen, staatlichen Repressionsmaßnahmen. Daneben begründen Verstöße im Zusammenhang mit jugendgefährdenden Trägermedien – etwa DVDs oder sonstigen körperlichen Datenträgern – nach § 15 Abs. 1 und 2 JuSchG einen eigenständigen Straftatbestand gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 JuSchG.
Demgegenüber werden Zuwiderhandlungen gegen die jugendschutzrechtlichen Verfügbarkeits- und Zugangsbeschränkungen bei sexuellen Inhalten in Telemedien nach den §§ 4 und 5 JMStV ordnungsrechtlich sanktioniert. Nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 JMStV können derartige Verstöße mit Bußgeldern von bis zu 500.000 Euro geahndet werden.
Unabhängig hiervon besitzen jugendschutzrechtliche Vorschriften auch wettbewerbsrechtliche Relevanz. Sowohl die Vertriebsverbote des § 15 JuSchG als auch die Angebots- und Zugangsbeschränkungen der §§ 4 und 5 JMStV stellen nach heute einhelliger Auffassung Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG dar. Ihre Nichtbeachtung kann daher Abmahnungen, Unterlassungsansprüche und – im Wiederholungsfall – erhebliche Vertragsstrafen nach sich ziehen.
Diese Einordnung ist durch die höchstrichterliche Rechtsprechung seit langem anerkannt (vgl. etwa BGH, Urteil vom 12.07.2007 – I ZR 18/04 zu § 15 JuSchG; BGH, Urteil vom 18.10.2007 – I ZR 102/05 zu §§ 4, 5 JMStV).
2. Haftung bei Einbindung oder Verlinkung sexueller Drittinhalte
Eine Verantwortlichkeit kann jedoch nicht nur bei eigenen jugendschutzwidrigen Inhalten entstehen. Auch die Einbindung, Verlinkung oder werbliche Bezugnahme auf sexuelle Drittinhalte kann haftungsbegründend sein, selbst wenn der eigene Internetauftritt für sich genommen rechtmäßig ausgestaltet ist.
Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Content-Provider-Haftung gilt: Macht sich ein Webseitenbetreiber fremde Inhalte zu eigen oder integriert er sie aus Sicht des Nutzers funktional in den eigenen Auftritt, unterliegt er denselben rechtlichen Anforderungen wie der originäre Anbieter. Er haftet dann für jugendschutzrechtliche Verstöße, als hätte er die Inhalte selbst bereitgestellt.
Für jugendschutzrelevante sexuelle Inhalte bedeutet dies, dass bereits
• das Setzen von Hyperlinks,
• das Framing (Einbettung externer Inhalte mit unmittelbarer Wiedergabeoption),
• oder die Platzierung von Werbebannern
haftungsbegründend sein kann, sofern die verlinkten oder eingebundenen Angebote jugendschutzrechtlichen Beschränkungen unterliegen und diese auf der verweisenden Seite nicht eingehalten werden.
Während Verweise auf absolut unzulässige Inhalte – insbesondere hartpornographische Darstellungen – stets unzulässig sind, setzt die Bewerbung oder Einbindung einfachpornographischer Drittangebote voraus, dass der eigene Internetauftritt über ein vollumfänglich wirksames Altersverifikationssystem im Sinne des § 4 Abs. 2 JMStV verfügt. Dies gilt unabhängig davon, ob der übrige Inhalt der Webseite selbst jugendfrei ist.
Die Rechtsprechung stellt insoweit klar, dass sich die Pflicht zur Zugangskontrolle auf sämtliche Seitenbereiche erstreckt, auf denen entsprechende Drittinhalte wahrnehmbar sind (BGH, Urteil vom 18.10.2007 – I ZR 102/05 – „ueber18.de“).
Einordnung und kategorische Abgrenzung von Sexualinhalten
In diesem Beitrag beschäftigen wir uns mit der Einordnung und kategorischen Abgrenzung der Sexualinhalte Erotik und (harter und einfacher) Pornographie.
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3 Kommentare
wie verhält sich der Umstand zur Erotischen Fotografie bzw. Aktfotografie auf einer gewerblichen Webseite eines Fotografen, wo auf Bildern beispielsweise die weibliche Brust und Po erkennbar sind?
Muss der Fotograf vor Aufruf der Seite durch einen User auf diese erotischen Inhalte Hinweisen und/oder sogar eine Altersverifizierung (Ja, ich bin 18 Jahre) vorschalten?
Besten Dank im Voraus
ich betreibe ein Ausstellungsprojekt, bei dem Kunstobjekte von aussen von Betrachtern angeschaut werden können, ohne das ich einen Einfluss auf das Alter der Betrachter habe.
In Zukunft werde ich auch Fotoarbeiten zeigen, bei denen primäre Geschlechtsmerkmale zu sehen sind. Die Fotos haben einen Kunstanspruch.
Wie verhält es sich in diesem Fall mit dem Jugendschutz?
Über eine Antwort oder einen Verweis wäre ich dankbar.
Mit freundlichen Grüssen
Michael Pommerening
michpomm@gmail.com