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Blickfang und Ausstrahlung – Vorsicht bei Produktdarstellung im Online-Shop

28.02.2012, 08:45 Uhr | Lesezeit: 4 min
Blickfang und Ausstrahlung – Vorsicht bei Produktdarstellung im Online-Shop

Das LG Hamburg entschied mit Urteil vom 28.11.2011 (Az: 406 HKO 98/11), dass eine Artikelbeschreibung eines Produkts, die in der Nähe (im Blickfang) eines anderen Produkts erscheint, durch ihre ausstrahlende Wirkung eine (verbotene) Werbeaussage für das andere Produkt darstellen kann.

Was war passiert?

Die Antragsgegnerin verkaufte über ihren Online-Shop ein Nahrungsergänzungsmittel, das Spirulina Mikroalgen enthielt und das als Lebensmittel nach dem Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) einzustufen war. In der Darstellung im Online-Shop wurde bei der Beschreibung des Nahrungsergänzungsmittels keine Heilwirkung dieses Mittels beschrieben.

Des Weiteren verkaufte die Antragsgegnerin ein Buch über Spirulina Mikroalgen. In der Produktbeschreibung des Buches war die Beschreibung des Verlages zu lesen, welche die „sensationelle Heilwirkung“ von Spirulina Mikroalgen betonte.

Auf einer Produkteübersichtsseite im Online-Shop der Antragsgegnerin wurden die beiden Produkte in räumlicher Nähe dargestellt.

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Worin besteht der rechtliche Konflikt?

Nach dem LFGB dürfen Lebensmittel nicht mit krankheitsbezogenen Aussagen beworben werden, da andernfalls eine unlautere Handlung nach dem UWG vorliegt.

/§ 12 Verbot der krankheitsbezogenen Werbung
(1) Es ist verboten, beim Verkehr mit Lebensmitteln oder in der Werbung für Lebensmittel allgemein oder im Einzelfall

1.    Aussagen, die sich auf die Beseitigung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten beziehen,
2.    Hinweise auf ärztliche Empfehlungen oder ärztliche Gutachten,
3.    Krankengeschichten oder Hinweise auf solche,
4.    Äußerungen Dritter, insbesondere Dank-, Anerkennungs- oder Empfehlungsschreiben, soweit sie sich auf die Beseitigung oder Linderung von Krankheiten beziehen, sowie Hinweise auf solche Äußerungen,
5.    bildliche Darstellungen von Personen in der Berufskleidung oder bei der Ausübung der Tätigkeit von Angehörigen der Heilberufe, des Heilgewerbes oder des Arzneimittelhandels,
6.    Aussagen, die geeignet sind, Angstgefühle hervorzurufen oder auszunutzen,
7.    Schriften oder schriftliche Angaben, die dazu anleiten, Krankheiten mit Lebensmitteln zu behandeln,
zu verwenden.

§ 4 Beispiele unlauterer geschäftlicher Handlungen
Unlauter handelt insbesondere, wer
(...)
11. einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln./

Wie entschied das LG Hamburg?

„Die hier streitgegenständliche Werbung mit krankheitsbezogenen Angaben verstößt gegen § 12 Abs. 1 Nr.1 LFGB und ist daher wettbewerbswidrig nach § 4 Nr. 11 UWG, weil sie nicht nur im Zusammenhang mit dem Buch „Spirunlia (...)“ erfolgt. Die Werbung befindet sich vielmehr in einem Blickfang mit Lebensmitteln (Nahrungsergänzungsmitteln), die Spirulina enthalten. Damit handelt es sich hier um eine Werbung auch für Lebensmittel mit Spirulina. Der Hinweis auf die sensationellen Heilwirkungen der natürlichen Mikroalge bei zahlreichen schweren Erkrankungen ist ohne Weiteres geeignet, den Absatz nicht nur des Buches über Spirulina, sondern auch der Nahrungsergänzungsmittel mit Spirulina zu fördern. Diese Anordnung der gemeinsamen Werbung für Lebensmittel und Bücher auf der Internetseite des Antragsgegners ist dem Antragsgegner auch als zielgerichtete Werbemaßnahme hinzuzurechnen. Anders als die Zusammenstellung von Äußerungen aus einer Internetpräsenz durch Suchmaschinen geht die gemeinsame Bewerbung von Lebensmittel und Büchern (...) unmittelbar auf die Gestaltung der Internetpräsenz des Antragsgegners durch den Antragsgegner zurück. Dabei bestehen – ohne dass es darauf entscheiden ankäme – durchaus Möglichkeiten der Trennung der Werbung für Lebensmittel und für Bücher. Dies ist beispielsweise dadurch möglich, dass jeweils nur ein Produkt zur gleichen Zeit auf dem Bildschirm erscheint und beworben wird. Wenn die jeweilige Internetpräsenz mit einer Suchfunktion ausgestattet ist, können die Treffer nach Produktkategorien (Bücher, Lebensmittel) getrennt werden bzw. die Trefferliste kann von werblichen Angaben freigehalten werden. Dabei ist nicht zu verkennen, dass auch dann werbliche Anpreisungen von Büchern über bestimmte Lebensmittel dem Verbraucher im Gedächtnis bleiben können und einen gewissen positiven absatzfördernden Effekt haben können, wenn der Verbraucher nachfolgend Angebote desselben Lebensmittels zur Kenntnis nimmt. Hier die Grenze des Zulässigen festzulegen, mag im Einzelfall schwierig sein. Die vorliegend streitgegenständliche Werbung mit krankheitsbezogenen Angaben entfaltet hingegen eindeutig eine gegen § 12 Abs. 1 LFGB verstoßende werbliche Wirkung auch für die im selben Blickfang angebotenen Lebensmittel mit Spirulina. Eine gegenteilige Sichtweise würde Missbrauch Tür und Tor öffnen. Der Gewerbetreibende könnte das Verbot in krankheitsbezogener Werbung für Lebensmittel leicht dadurch umgehen, dass er im selben Blickfang mit dem Angebot des Lebensmittels auch ein Buch über derartige Lebensmittel anbietet, in welchem dem Lebensmittel sensationelle Heilwirkungen zugeschrieben werden, wie dies vorliegend in der streitgegenständlichen Werbung auch geschieht.“

In diesem Verfahren wurde Berufung eingelegt. Die Entscheidung des OLG Hamburgs bleibt anzuwarten.

Die IT-Recht Kanzlei empfiehlt

Online-Händler sollten sicherheitshalber Ihre Angebote dahingehend überprüfen, ob sie entweder überhaupt mit unzulässigen Werbeaussagen werben oder ob durch die Darstellung von unterschiedlichen Produkten in räumlicher Nähe eine Ausstrahlungswirkung gegeben ist, die zu einer unzulässigen Werbeaussage führt. Sollten Sie diesbezüglich Fragen haben, können Sie sich gerne an die IT-Rech Kanzlei wenden.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.

Bildquelle:
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