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OLG München zur Irreführung durch Alters- und Traditionswerbung

25.03.2014, 13:55 Uhr | Lesezeit: 3 min
OLG München zur Irreführung durch Alters- und Traditionswerbung

Unternehmen, die eine lange Firmengeschichte vorweisen können, nutzen diese in der Regel werbewirksam, um potentiellen Kunden den Eindruck besonderer Qualität, Solidität und Erfahrung auf dem jeweiligen Tätigkeitsgebiet zu vermitteln und sich so von Mitbewerbern abzuheben. Zum einen wird auf die Tradition vermehrt in den „Über uns“-Rubriken im Rahmen des firmeneigenen Online-Auftritts verwiesen, zum anderen ist es Usus, das lang zurückdatierte Gründungsjahr in das Logo des Gewerbes zu integrieren und es so jederzeit sicht- und erkennbar zu machen.

Mit Urteil 07.11.2013 hat das OLG München entschieden, dass die Werbung mit objektiv unrichtigen Angaben zu einer vermeintlichen Tradition eine Irreführung und somit eine wettbewerbswidrige Handlung darstellt.

Die Entscheidungsfindung des Gerichts

Dem Urteil des OLG lag ein Sachverhalt zugrunde, in welchem die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. gegen die Degussa GmbH, ein bundesweit im Handel mit Edelmetallen tätiges Unternehmen, auf Unterlassung klagte. Die Beklagte verwendete auf ihrer Website in den Rubrik „Über uns“ und „Unsere Historie“ Angaben, die die Firmengeschichte bis ins 19. Jahrhundert zurückgehen ließen, und verwendete insbesondere den Satz „Seit rund 140 Jahren steht damit der Name Degussa für eine der ersten Adressen in Deutschland, wenn es um physische Edelmetalle wie Gold, Silber und die Platinmetalle geht“. Daneben wurde das Unternehmen regelmäßig im Rahmen von Briefwerbung tätig, welche das Logo der Beklagten mit dem Angabe „Gold und Silber seit 1843“ auswies.

Die Klägerin sah hierin in Anlehnung an die tatsächliche Firmengründung im Jahre 2010 eine unlautere Handlung.

Das Gericht gab der Unterlassungsklage statt, indem es sowohl in den Aussagen auf der Website als auch in der Briefwerbung geschäftliche Handlungen sah, die mit der Förderung des eigenen Absatzes unmittelbar zusammenhingen.

Sodann nahm es in Bezug auf die objektiv unrichtige Tradition eine Irreführung im Sinne des §5 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 UWG an. Nach dieser Vorschrift sind geschäftliche Handlungen dann irreführend, wenn sie unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über Eigenschaften des Unternehmens enthalten.
Die Werbung mit der langen Firmengeschichte enthalte versteckte Qualitätssignale, indem sie den Verkehr zu positiven Assoziationen bewege und sodann besondere Attribute wie einen starken wirtschaftlichen Rückhalt, Solidität, Erfahrung und Zuverlässigkeit suggeriere.

Zulässig sei indes die Verweisung auf eine bloße Namenstradition durch ein neu gegründetes Unternehmen, sofern es den Namen aus einer branchenbezogenen Geschichte herleiten könne.

Zwar gehe die Bezeichnung „Degussa“ aus der 1873 gegründeten „Deutschen Gold- und Silberscheideanstalt“ hervor, jedoch sei für die Irreführung das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise maßgeblich, die unter Berücksichtigung des konkreten Wortlauts die Angaben zur Tradition direkt mit der 2010 gegründeten „Degussa GmbH“ in Verbindung brächten und somit zur irrigen Annahme bewegt würden, diese verfüge über eine Firmengeschichte von über 140 Jahren.

Diese hervorgerufene falsche Implikation sei insofern geeignet, den Verbraucher in seiner Kaufentscheidung zu beeinflussen und durch ihre positive, auf Qualitätssignale gerichtete Wirkung zudem eine Bindung an das vermeintliche Traditionsunternehmen zu begründen.

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Fazit

Die Werbung mit der firmeneigenen Tradition birgt ein hohes Abmahnrisiko und ist nur dann nicht unlauter, wenn eine solche Firmengeschichte tatsächlich besteht.

Leitet ein Unternehmen seinen Namen von einem älteren ab, ist es zulässig, mit einer Namenstradition zu werben, solange diese für die angesprochenen Verkehrskreise als solche erkennbar bleibt.

Wird eine tatsächlich bestehende Namenstradition aber für eine vermeintliche Firmengeschichte instrumentalisiert, liegt regelmäßig eine Irreführung vor.

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