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Neuer Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) 2016 - Was hat sich beim Jugendschutz im Internet geändert?

29.11.2016, 17:30 Uhr | Lesezeit: 5 min
von Evangelos Krachtis
Neuer Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) 2016 - Was hat sich beim Jugendschutz im Internet geändert?

Mit dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) besteht eine einheitliche Rechtsgrundlage für den Jugendschutz in den elektronischen Medien (z.B. Internet, Fernsehen, Hörfunk). Der JMStV bezweckt den einheitlichen Schutz der Kinder und Jugendliche vor Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien (z.B. Fernsehen, Internet, Hörfunk), die deren Entwicklung oder Erziehung beeinträchtigen oder gefährden. Ein weiteres Ziel ist der Schutz vor solchen Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien, die die Menschenwürde oder sonstige durch das Strafgesetzbuch geschützte Rechtsgüter verletzen. Seit 1. Oktober 2016 gibt es nun eine neue Fassung des JMStV. Welche Änderungen auf Webseitenbetreiber zukommen, werden im vorliegenden Beitrag erläutert.

I. Unzulässige Angebote

In § 4 JMStV befindet sich eine Aufzählung von unzulässigen Angeboten. Dieser Katalog wurde durch die novellierte Fassung mit weiteren Verboten ergänzt.
Zum einen gibt es nun ein Verbot von Angeboten, die die Verbrechen des Nationalsozialismus billigen, leugnen oder verharmlosen oder nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft verherrlichen oder rechtfertigen. Zum anderen ist auch ausdrücklich die Verbreitung von kinderpornographischen und jugendpornographischen Inhalten, sowie die virtuelle Darstellung von pornographischen Inhalten verboten.

Online-Händler sind mehr denn je in der Pflicht, zu prüfen, ob ihre Angebote gegen § 4 JMStV verstoßen. Fällt eines ihrer Angebote unter die eben genannten absolut unzulässigen Angebote, sind diese unverzüglich von der Webseite zu nehmen.

II. Änderungen bei Jugendschutzbeauftragten

Stellt ein Webseitenbetreiber entwicklungsbeeinträchtigende oder jugendgefährdende Inhalte (z.B. sexuelle oder gewaltverherrlichende Bilder, Filme oder Computerspiele) im Netz zur Verfügung, so ist er gem. § 5 JMStV dazu verpflichtet, besondere Vorkehrungen – wie die Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten – zum Schutz von Kindern und Jugendlichen zu treffen.

Die neue Fassung des JMStV hat diese Pflicht nun erweitert. So sind nach § 7 Abs. 1 JMStV Jugendschutzbeauftragte ausdrücklich dazu aufgefordert ihre Kontaktdaten im Impressum anzugeben:

"Der Webseitenbetreiber hat wesentliche Informationen über den Jugendschutzbeauftragten leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten. Insbesondere müssen Namen und Daten angegeben werden, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme ermöglichen."

Jugendschutzbeauftragter

III. Entwicklungsbeeinträchtigende Angebote

Eine weitere Änderung betrifft entwicklungsbeeinträchtigende Angebote. Dort hieß es bisher in § 5 JMStV:

"Sofern Anbieter Angebote, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, verbreiten oder zugänglich machen, haben sie dafür Sorge zu tragen, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise nicht wahrnehmen."

Ergänzt wurde diese Norm durch die Klassifizierung von Altersstufen in 4 Abschnitten:

1. ab 6 Jahren,
2. ab 12 Jahren,
3. ab 16 Jahren,
4. ab 18 Jahren.

Hierbei ist zu beachten, dass die Anbieter zwar die Pflicht haben, dafür Sorge zu tragen, dass entwicklungsbeeinträchtigende Angebote von Kindern oder Jugendlichen der jeweiligen Altersstufe nicht wahrgenommen werden.

Allerdings ist die Kennzeichnung durch Klassifizierung an sich nicht als Pflicht ausgestaltet (siehe § 5 Abs. 3 und 4). Wie der Anbieter seiner Pflicht nachzukommen hat, ist nicht geregelt, da § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 und Abs. 5 JMStV nicht zwingend vorschreibt, wie vorzugehen ist („kann“).

"Der Anbieter kann jedoch seiner Pflicht dadurch entsprechen, dass er
1. durch technische oder sonstige Mittel die Wahrnehmung des Angebots durch Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufe unmöglich macht oder wesentlich erschwert, oder das Angebot mit einer Alterskennzeichnung versieht, die von geeigneten Jugendschutzprogrammen ausgelesen werden kann oder
2. die Zeit, in der die Angebote verbreitet oder zugänglich gemacht werden, so wählt, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufe üblicherweise die Angebote nicht wahrnehmen.
Nicht entwicklungsbeeinträchtigende Angebote können als „ohne Altersbeschränkung“ gekennzeichnet und ohne Einschränkungen verbreitet werden."

Nach § 11 Abs. 1 JMStV sind Jugendschutzprogramme Softwareprogramme, die Alterskennzeichnungen auslesen und Angebote erkennen, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu beeinträchtigen. Sie müssen zur Beurteilung ihrer Eignung einer anerkannten Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle vorgelegt werden. Sie sind geeignet, wenn sie einen nach Altersstufen differenzierten Zugang zu Telemedien ermöglichen und eine dem Stand der Technik entsprechende Erkennungsleistung aufweisen. Zudem müssen sie benutzerfreundlich ausgestaltet und nutzerautonom verwendbar sein.

Die Kommission für Jugendmedienschutz (kurz: KJM) hat bisher die folgenden zwei Jugendschutzprogramme gebilligt:

1. Deutsche Telekom AG (Kinderschutz Software) und
2. JusProg e. V. (JusProg-Jugendschutzprogramm).

Die Wahl der Altersstufe erfolgt durch die Einbindung eines age-de.xml Labels oder eines age-xml Labels (für internationale Angebote). Diese Labels sind in der Lage von den Jugendschutzprogrammen ausgelesen zu werden und sperren die Seite, wenn das Alter des Kindes unterhalb der angegebenen Altersstufe liegt. Eine Anleitung für die Einbindung finden betroffene Webseitenbetreiber auf http://www.age-label.de/installation.

Wenn die Webseite nicht über ein solches Label klassifiziert ist, besteht die Gefahr, dass die Seite bei einem aktivierten Jugendschutzprogramm nicht aufgerufen werden kann, auch wenn deren Inhalt nicht entwicklungsbeeinträchtigend ist.

IV. Kennzeichnungspflicht, § 12 JMStV

Es besteht auch weiterhin keine Alters-Kennzeichnungspflicht für Film- und Spielprogramme in Telemedien. Werden jedoch über Telemedien entsprechende Programme verbreitet, die für Bildträger nach dem Jugendschutz gekennzeichnet sind (z.B. Video-on-Demand-Angebote), ist auf die erteilte Kennzeichnung deutlich hinzuweisen.

Ein Online-Händler, dessen Angebote solche Programme umfasst, muss daher prüfen, ob diese nach dem Jugendschutzgesetz gekennzeichnet sind und gegebenenfalls darauf hinweisen.

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V. Das Fazit

Die Altersklassen-Kennzeichnung ist (unabhängig von der Pflicht des kontrollierten Zugangs) freiwillig und nicht verpflichtend. Für Jugendschutzbeauftragte sind gewisse Angaben zu ihrer Person zu tätigen und im Impressum der betreffenden Internetseite zu veröffentlichen.

Bei der Verbreitung von entsprechenden Film– und Spielprogrammen, die für Bildträger nach dem Jugendschutz gekennzeichnet sind, ist ein Hinweis auf die erteilte Kennzeichnung erforderlich.

Der neue Jugendmedienschutz-Staatsvertrag beinhaltet für Online-Händler somit keine großen Neuerungen. Im Ergebnis ignoriert der JMStV technische Entwicklungen, die zu einer größeren Wirksamkeit des Jugendschutzes hätten führen können. Auch der Aspekt des Jugenddatenschutzes fehlt im JMStV.

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