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Kundenkontosperrung bei hoher Retourenquote?

15.04.2016, 17:19 Uhr | Lesezeit: 3 min
von Sarah Thomamüller
Kundenkontosperrung bei hoher Retourenquote?

Ratgeber zur wirksamen Ausübung des Hausrechts im Online-Shop - inkl. Muster Hinweis: Interessante weiterführende Informationen zum Thema hat die IT-Recht Kanzlei in ihrem Beitrag "Ratgeber zur wirksamen Ausübung des Hausrechts im Online-Shop - inkl. Muster" veröffentlicht.

Für Kunden ist es praktisch, Ware bestellen und bei Nichtgefallen wieder zurücksenden zu können. Doch für Unternehmen können Retouren einen beträchtlichen Kostenfaktor darstellen. Ob man als Unternehmer gegen Kunden mit besonders hoher Retourenquote vorgehen kann, hat nun das OLG Köln näher untersucht.

Inhaltsverzeichnis

Sachverhalt

Die Beklagte, die Amazon Europe Core S.á.r.l., betreibt eine Internetseite, über die Waren und Dienstleistungen gekauft werden können. Außerdem können über das Nutzerkonto gekaufte E-Books oder MP3-Dateien in einer dafür vorgesehenen Cloud gespeichert werden.

In den Nutzungsbedingungen der Beklagten ist folgende Klausel enthalten:

"Wir behalten uns das Recht vor, Ihnen Services auf der Webseite vorzuenthalten, Mitgliedskonten zu schließen oder Inhalte zu entfernen oder zu verändern, wenn Sie gegen anwendbare Gesetze, diese Nutzungsbedingungen oder andere anwendbare Vertragsbedingungen oder Richtlinien verstoßen."

Beim Anlegen des für die Bestellung erforderlichen Nutzerkontos muss das Einverständnis mit diesen Nutzungsbedingungen erklärt werden.

Die Beklagte teilte aufgrund dieser Hinweise einem Kunden per E-Mail mit, dass aufgrund einer „Überschreitung der haushaltsüblichen Anzahl an Retouren in dem Kundenkonto“ zu-künftig keine Bestellungen mehr entgegengenommen würden und das Nutzerkonto mit sofortiger Wirkung geschlossen werde.

Der Kläger (Verbraucherzentrale NRW), verlangte daraufhin eine Unterlassungserklärung bezüglich dieser Klausel, da sie den Kunden unangemessen benachteilige, § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Der Kunde könne aufgrund der Kündigung nur noch eingeschränkt an einem Handelsplatz mit erheblicher Marktmacht teilnehmen und neu erworbene E-Books nicht mehr in die Cloud einstellen. Ferner greife die Kündigung auch in Geschäftsbeziehungen mit Dritten ein, die über den Marktplatz eingegangen wurden. Die Klausel lasse auch nicht erkennen, unter welchen Voraussetzungen eine Kündigung erfolge. Außerdem müsse eine solch einschneidende Maßnahme zunächst angedroht werden.

Die Beklagte verwies auf ihre Vertragsschlussfreiheit, nach der sie entscheiden könne, ob sie Nutzern ein Konto einrichte oder nicht, sodass sie es auch jederzeit wieder schließen könne. Zudem könnten Kunden auch nach Schließung des Kontos auf gekaufte E-Books zugreifen.

Das LG Köln gab am 20.05.2015, Az. 26 O 324/14, der Klage statt.

Nach dem Prinzip der kundenfeindlichsten Auslegung lasse sich die Klausel so verstehen, dass die Möglichkeit bestehe, dem Kunden nach Schließung des Kontos auch den Zugriff auf erworbene Dateien zu verweigern.

Eine Klausel, wonach der Kunde nicht erkennen könne, unter welchen Voraussetzungen das Konto gekündigt werde, verstoße außerdem gegen das Gebot von Treu und Glauben und benachteilige den Kunden unangemessen.

Die Beklagte legte Berufung ein.

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Entscheidung

Mit Urteil vom 26.02.2016, Az. 6 U 90/15, folgte das OLG Köln der Rechtsansicht des LG Köln.

Das Transparenzerfordernis beruhe auf dem Gedanken, dass der Verbraucher gegenüber dem Unternehmer nur einen geringen Informationsstand besitze. Vertragsklauseln müssen danach nicht nur formell und grammatikalisch, sondern umfassend transparent sein. Ob dies auch für Klauseln gelte, die die rechtliche Stellung des Kunden gegenüber dispositivem Recht verbessern, sei streitig. Dies müsse aber nicht abschließend geklärt werden, da die Klausel zumindest aus einem anderen Grund unwirksam sei:

Unabhängig von der Möglichkeit der Kontokündigung sei die Klausel deshalb unwirksam, weil die Beklagte ihren Kunden dadurch den Zugriff auf zuvor erworbene Inhalte sperren könne. Dass der Kunde auf seine entgeltlich erworbenen Dateien nicht mehr zugreifen könne, stelle nach dem Grundsatz der kundenfeindlichsten Auslegung eine unangemessene Benachteiligung dar und verstoße gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Kunden müssten auch im Fall der Kontosperrung Zugriff auf erworbene digitale Inhalte haben.

Fazit

Kundenkonten können aufgrund hoher Retourenquoten gesperrt werden - so das OLG Köln. Nicht erlaubt sei jedoch ein damit verbundener Eingriff in die Verbraucherrechte, wenn die Kunden durch die Sperrung auch nicht mehr auf bereits erworbene, online gespeicherte Dateien zugreifen können. Von Klauseln, die diese Folge mit umfassen, ist zur Vermeidung von Abmahnungen abzusehen.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.

Bildquelle:
© burnhead

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