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Vergaberecht: Klärende Entscheidung der Vergabekammer des Bundes zum Verhandlungsverfahren

07.04.2010, 08:35 Uhr | Lesezeit: 4 min
Vergaberecht: Klärende Entscheidung der Vergabekammer des Bundes zum Verhandlungsverfahren

Die Vergabekammer des Bundes beim Bundeskartellamt hat in ihrem  Beschluss vom 14.10.2009 (Az. VK 2. 174 / 09) einige Zweifel beseitigt, die Vergabestellen oft bei der Wahl und Durchführung von Verhandlungsverfahren haben.

1. Wahl der Vergabeart

Zunächst stellte die Vergabekammer fest, dass sich allein aus der  Wahl des Verhandlungsverfahrens regelmäßig gegenüber dem offenen Verfahren kein  grundsätzlicher Nachteil für den Bieter ergibt. Dieser liege nur dann vor, wenn der Bieter vortrage und beweisen könne, dass er durch die Wahl des Verfahrens faktisch an der Abgabe eines Angebotes gehindert und von dem  nach §§ 104 ff. GWB vorgesehenen Rechtsschutz abgeschnitten sei. Der Bieter werde aber durch die Wahl des Verhandlungsverfahrens in der Regel nicht belastet. Das Gericht befand:

„Im Gegenteil eröffnet das Verhandlungsverfahren gegenüber dem Offenen Verfahren durch seine größere Flexibilität an sich größere Möglichkeiten der Angebotsgestaltung.“

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2. Auch im Verhandlungsverfahren kein Anspruch auf Beseitigung von Mängeln im Angebot

Wegen dieser größeren Flexibilität gehen viele Bieter fälschlicherweise davon aus, ein Angebot abgeben zu können, dass den Vorgaben der Verdingungsunterlagen nicht ganz entspricht und dieses dann im Verhandlungsverfahren nach Absprache mit der Vergabestelle modifizieren und ggf. korrigieren zu können.

Das Gericht stellte aber unmissverständlich klar, dass ein Bieter auch im Verhandlungsverfahren  vom weiteren Fortgang des Verhandlungsverfahrens wegen Abweichungen in seinem Angebot von den Verdingungsunterlagen gem. § 25 Nr. 1 Absatz 1 lit. d) i.V.m. 21 Nr. 1 Absatz 4 VOL/A bzw. fehlender Angaben gem. §§ 25 Nr. 1 Absatz 2 lit. a) i.V.m. 21 Nr. 1 Absatz 1 Satz 1 VOL/A zwingend auszuschließen ist. Das Gericht führte aus:

„Die Ag musste der ASt nicht in einer Verhandlungsrunde gestatten, die Mängel ihres Angebots zu beseitigen. Die ASt kann sich nicht mit Erfolg darauf stützen, dass sie allein durch die mehrfach wiederholte Angabe in ihrem Angebot, dass sie für weitere Ausführungen auf Nachfragen zur Verfügung stünde, Lücken ihres Angebots in Verhandlungsgesprächen noch hätte schließen können. Das Verhandlungsverfahren unterliegt zwar schon aufgrund des sich oftmals in den Verhandlungen
erst vollständig herausbildenden Vertragsinhalts grundsätzlich nicht der Formenstrenge z.B. einer Ausschreibungen im Offenen Verfahren (vgl. Kulartz in: Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 2. Auflage 2009, Rn. 39 zu § 101 GWB). Allerdings muss auch ein Verhandlungsverfahren die wesentlichen Prinzipien des Vergaberechts einhalten. Das gilt namentlich für die Grundsätze des Wettbewerbs, der Transparenz und der Nichtdiskriminierung (BGH, Beschluss vom 1. August 2006. X ZR 115/04). Letzterer gebietet es, sämtliche Bieter eines Verhandlungsverfahrens gleich zu behandeln, was nicht nur die Verpflichtung der Vergabestelle beinhaltet, einheitliche Anforderungen für alle Teilnehmer am Vergabeverfahren aufzustellen, sondern auch nach Abgabe der Angebote eine gleiche Behandlung der Bieter in verfahrenstechnischer Hinsicht erfordert. Daraus könnte man schließen, die Ag hätte neben der Beigeladenen auch die ASt zur Verhandlungsrunde einladen müssen. Allerdings setzt der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht nur an einer Verpflichtung der Ag an. Auch die Bietern trifft die Obliegenheit, bei der Abgabe seines Angebots und im Verlauf des Vergabeverfahren die von der Vergabestelle aufgestellten Mindestanforderungen zu beachten. Diese Obliegenheit des Bieters, sein Angebot gemäß den von der Vergabestelle aufgestellten Anforderungen abzugeben, dient vor allem dem Zweck, für die von der Vergabestelle durchzuführenden Verhandlungen bzw. letztlich die Angebotswertung nur solche Angebote zu erhalten, die auf einheitlicher Grundlage erstellt wurden und somit untereinander vergleichbar sind (VK Bund, Beschluss vom 8. Februar 2005. VK 1 - 02/05). Dies setzt voraus, dass sämtliche von den Bietern geforderten Angaben, gemacht wurden (vgl. Kulartz, a.a.O.). Ein Bieter, der diese Obliegenheit nicht beachtet, ist. wie im streitgegenständlichen Verfahren.vom Verhandlungsverfahren auszuschließen. Denn auch im Verhandlungsverfahren hat der Bieter die Anforderungen des Auftraggebers zu erfüllen (BGH, a.a.O.).“

3. Fazit

•    Kann ein Bieter ein Angebot abgeben, wird er durch die Wahl des falschen Vergabeverfahrens nicht in seinen Rechten verletzt.
•    Der Bieter ist auch im Verhandlungsverfahren nicht berechtigt, in einer Verhandlungsrunde Mängel in seinem  Angebot zu beseitigen.

4. Update

Die besprochene Entscheidung wurde von dem OLG Düsseldorf mit Beschluss vom 03.03.2010 (VII-Verg 47/09) bestätigt. Das Oberlandesgericht sieht aber in der Wahl des Verhandlungsverfahrens durchaus einen im Nachprüfungsverfahren zu rügenden Nachteil des Bieters.

Das OLG führt dazu aus:

"Angesichts der gegenüber dem offenen Verfahren bestehenden Besonderheiten des Verhandlungsverfahrens ist jedenfalls die Möglichkeit einer dadurch ausgelösten Verschlechterung der Zuschlagschancen nicht auszuschließen, weil im Verhandlungsverfahren im Unterschied zum offenen Verfahren der Inhalt der Gebote verhandelbar ist und der Bieter der Gefahr ausgesetzt wird, im Rahmen von Nachverhandlungen von einem Mitbewerber unterboten zu werden."

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