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Verkauf von Online-Gutscheinen: Probleme rund um das Widerrufsrecht ab dem 13. Juni 2014

28.05.2014, 16:36 Uhr | Lesezeit: 13 min
Verkauf von Online-Gutscheinen: Probleme rund um das Widerrufsrecht ab dem 13. Juni 2014

Wohl wegen eines Versehens des Gesetzgebers könnte es mit Inkrafttreten des neuen Widerrufsrechts zum 13. Juni 2014 zu einer folgenschweren widerrufsrechtlichen Ungleichbehandlung von online verkauften Gutscheinen kommen. Möglicherweise gelten dann für Gutscheine, die online gekauft und per E-Mail an den Verbraucher geschickt werden, andere Widerrufsbestimmungen als für online gekaufte Gutscheine, die den Käufer per Briefpost erreichen. Online-Händlern drohen dabei womöglich große finanzielle Nachteile. Die IT-Recht Kanzlei informiert in einem ausführlichen Beitrag über das Problem und stellt Lösungen vor.

I. Gesetzeslücke um Online-Gutscheine ab 13. Juni 2014?

Gutscheine sind ein beliebtes Geschenk. Häufig weiß man nicht, was sich das Geburtstagskind wünscht. Mit einem Gutschein gibt der Schenker eine Tendenz vor, ohne dass er dem zu Beschenkenden bereits etwas Konkretes aufdrängt. Zudem ist ein Gutschein immer noch ein deutlich persönlicheres Geschenk als bloßes Bargeld. Darüber hinaus erfreuen sich Gutscheinportale, die attraktive „Deals“ anbieten, großer Beliebtheit. Nun droht jedoch Verkäufern solcher Gutscheine im Internet durch die Gesetzesnovelle im Widerrufsrecht zum 13. Juni 2014 Rechtsunsicherheit.

Probleme bereiten insbesondere Online-Gutscheine, die im Internet gekauft und per E-Mail an den Käufer gesendet werden. Aber auch Online-Händler, die Gutscheine (noch) auf traditionellem Weg per Briefpost an die Käufer versenden, sind betroffen. Besonders kompliziert könnte es für Verkäufer werden, die online gekaufte Gutscheine sowohl per E-Mail als auch auf dem Postweg an die Käufer versenden. Sie müssen sich womöglich auf unterschiedliche rechtliche Voraussetzungen einstellen, was das Fernabsatzwiderrufsrecht anbelangt.

II. Neues Widerrufsrecht um digitale Inhalte?

Hintergrund des Ganzen ist die Gesetzesnovelle im Widerrufsrecht, die zum 13. Juni 2014 in Kraft treten wird. Neu sind darin u. a. Vorschriften zum Verbraucherwiderrufsrecht im Zusammenhang mit sog. „digitalen Inhalten“.

Gemäß §§ 312b ff. BGB neue Fassung wird es grundsätzlich ein (neues) Widerrufsrecht für digitale Inhalte geben. Nach Artikel 2 Nr. 11 der maßgebenden EU-Verbraucherrechte-Richtlinie (Richtlinie 2011/83/EU vom 25. Oktober 2011) über die Rechte der Verbraucher) sind digitale Inhalte „Daten, die in digitaler Form hergestellt und bereitgestellt werden“. Laut Gesetzesbegründung im Gesetzentwurf der Bundesregierung sollen darunter Computerprogramme, Anwendungen (Apps), Spiele, Musik, Videos oder Texte fallen. Zudem sei es unerheblich, ob die entsprechenden Daten heruntergeladen, gespeichert und hiernach sichtbar gemacht (=Download) werden oder während des Herunterladens in Echtzeit sichtbar gemacht werden (=Streaming). Zum neuen Widerrufsrecht für Apps hat die IT-Recht Kanzlei bereits einen eigenen Beitrag veröffentlicht.

Es ist offensichtlich, dass der Gesetzgeber unter digitalen Inhalten insbesondere das versteht, was man gemeinhin als „Content“ bezeichnet. Online-Gutscheine, die nach dem Kauf per E-Mail (Online-Gutscheincode) an den Käufer versendet werden, bestehen aus (Online-)Text, nämlich aus dem per E-Mail verschickten Gutscheincode. Zudem handelt es sich bei solchen Online-Gutscheincodes zweifelsohne um „Daten, die in digitaler Form hergestellt und bereitgestellt werden“, so wie es die Definition aus der EU-Verbraucherrechte-Richtlinie vorsieht.

Somit steht nun die Frage im Raum, ob das neue Widerrufsrecht für digitale Inhalte nun auch auf Online-Gutscheine Anwendung findet.

III. Wieso ist die Unterscheidung von Online- und Offline-Gutscheinen rechtlich von Bedeutung?

Die Antwort auf die Frage, ob es sich bei Online-Gutscheinen bzw. Online-Gutscheincodes um digitale Inhalte im Sinne des neuen Verbraucherwiderrufsrechts handelt, ist für betroffene Händler von enormer Bedeutung. Denn hiervon hängt ab, welche Vorschriften Anwendung finden und daher welche rechtlichen Vorgaben Online-Händler einhalten müssen. Sollten die Händler die Vorgaben nicht beachten, so drohen ihnen neben Abmahnungen durch Mitbewerber vor allem unangenehme finanzielle Nachteile.

  • Angenommen Online-Gutscheine seien digitale Inhalte im Sinne des neuen Widerrufsrechts, dann könnten – und sollten – Online-Händler die Möglichkeit gemäß § 356 Absatz 5 BGB neue Fassung nutzen, das Widerrufsrecht zum Erlöschen zu bringen. Demnach erlischt das Widerrufsrecht bei einem Vertrag über die Lieferung digitaler Inhalte, wenn der Händler mit der Ausführung des Vertrags begonnen hat (z. B. Beginn des Streamings bei einer Online-Videothek bzw. bei einem Streamingdienst) und der Verbraucher im Vorfeld ausdrücklich (etwa durch Klicken eines Buttons oder durch Setzen eines Hakens in eine Box) bestätigt hat, dass die Vertragsausführung tatsächlich beginnen soll und er weiß, dass er dadurch sein Widerrufsrecht verliert. Versäumt es der Händler, dieses Einverständnis einzuholen, so behält der Verbraucher sein Widerrufsrecht und könnte es auch noch nach Nutzung der Leistung (z. B. nach Ansicht des Video-Streams) ausüben.
  • Dies könnte für den Händler erhebliche, teilweise existenzbedrohende finanzielle Einbußen mit sich bringen. Denn während der Händler nach einem Widerruf dem Verbraucher das bereits gezahlte Geld zurückzahlen müsste, würde er vom Verbraucher keinen Wertersatz oder Nutzungsersatz für den bereits genutzten digitalen Inhalt bekommen. Denn nach § 357 Absatz 9 BGB neue Fassung entfällt die Wertersatzpflicht des Verbrauchers in diesem Fall, so dass der Unternehmer seine Leistung erbracht hätte, während er keine Gegenleistung erhielte – ein wahrlich schlechtes Geschäft!

Zudem sind Art und Umfang der gesetzlichen Informationspflichten von Online-Händlern verschieden, je nachdem ob sie digitale Inhalte oder sonstige Waren verkaufen.

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IV. Sind Gutscheine digitale Inhalte im Sinne des neuen Rechts?

Die Gretchenfrage ist nun: Sind Online-Gutscheine – also Gutscheine, die online gekauft und auch online an den Verbraucher (etwa per E-Mail) versendet werden – bzw. Online- Gutscheincodes „digitale Inhalte“ im Sinne des zum 13. Juni 2014 in Kraft tretenden neuen Widerrufsrechts?

Eine Vielzahl von gewichtigen Argumenten spricht jedenfalls dagegen.

1. Die Definition aus der EU-Verbraucherrechte-Richtlinie

Nach dem Wortlaut der maßgebenden Definition in Artikel 2 Nr. 11 der EU-Verbraucherrechte-Richtlinie müsste es sich bei Online-Gutscheinen und Online-Gutscheincodes um Daten handeln, die in digitaler Form hergestellt und bereitgestellt werden, damit sie unter den Begriff der „digitalen Inhalte“ fallen.

- Ein Gutscheincode besteht regelmäßig aus Buchstaben- und/oder Zahlenkombinationen, oder ggf. aus einem QR-Code o. ä., demnach aus „Daten“ im Sinne der Definition.

- Zudem werden diese Daten dabei im Rahmen der EDV und somit in digitaler Form „hergestellt“.

- Bekommt der Käufer den Gutschein bzw. Gutscheincode zudem (nur) online per E-Mail übermittelt, so werden die Daten möglicherweise auch in digitaler Form „bereitgestellt“.

Hierbei stellt sich jedoch die Frage, wie weit dieser Begriff zu verstehen ist. Darunter fällt jedenfalls das zum Download oder zum Streaming zur-Verfügung-Stellen durch den Verkäufer. Ob auch das Übermitteln bzw. Senden per E-Mail darin steckt, ist hingegen nicht klar. Wenn man sich die vom deutschen Gesetzgeber in der Gesetzbegründung beispielsweise aufgeführten digitalen Inhalte (Computerprogramme, Anwendungen (Apps), Spiele, Musik, Videos und Texte, hierunter sind wohl vor allem E-Books und E-Zeitschriften etc. zu verstehen) anschaut, so fällt auf, dass diese nach derzeitigem Stand in der Praxis regelmäßig nicht per E-Mail an den Käufer gesendet werden, sondern als Download zur Verfügung – eben „bereitgestellt“ – werden.

Mit anderen Worten sind Online-Gutscheine bzw. Online-Gutscheincodes dem Wortlaut nach wohl keine digitalen Inhalte im Sinne der Definition. Geht es nach dem englischen Wortlaut der EU-Verbraucherrechte-Richtlinie, die in diesem Zusammenhang die Wendung „supplied in digital form“ von dem englischen Verb „to supply“ (=beliefern, etwas leisten, jemandem etwas verschaffen, etwas liefern, ausliefern, bereitstellen, zuteilen) verwendet, so erscheint der Wortlaut zumindest nicht in eine bestimmte Richtung festgelegt.

2. Die weiteren Vorgaben aus der EU-Verbraucherrechte-Richtlinie

Die weiteren Vorgaben der EU-Verbraucherrechte-Richtlinie bestätigen die Rechtsauffassung, Online-Gutscheine bzw. Online-Gutscheincodes nicht als digitale Inhalte anzusehen.

So heißt es etwa in Erwägungsgrund 19 der EU-Verbraucherrechte-Richtlinie, es gehe bei digitalen Inhalten um „Daten (…), unabhängig davon, ob auf sie durch Herunterladen [Anmerkung: Download] oder Herunterladen in Echtzeit (Streaming), von einem körperlichen Datenträger oder in sonstiger Weise zugegriffen wird“.

Damit unterscheidet der Gesetzgeber zwischen dem tatsächlichen Herunterladen einer Datei („Download“) und dem Streaming. Das Senden einer Datei – etwa einer PDF-Datei, die einen Gutscheincode enthält – per E-Mail an Verbraucher wird jedoch nicht angesprochen – und soll somit wohl auch nicht umfasst sein.

3. Digitale Inhalte als Selbstzweck und nicht als Mittel zum Zweck

Gegen die Annahme, es handle sich um digitale Inhalte, spricht zudem, dass sich digitale Inhalte in Form von Videos, Musik, Apps etc. grundlegend von Online-Gutscheinen unterscheiden.

Während es dem Verbraucher bei den in der Gesetzbegründung beispielhaft aufgezählten digitalen Inhalten um den Inhalt selbst geht (eben um den Song, das Video oder das E-Book), ist dem Verbraucher der eigentliche Inhalt eines Online-Gutschein (z. B. ein Gutscheincode a la „AC435XDe7-2014“) gleichgültig. Ihm geht es vielmehr um den darin verkörperten (Eintausch-)Wert, mit dem er sich etwas anderes – entweder Gegenständliches (etwa Schuhe bei einem Online-Schuhversand, Mode etc.) oder auch Unkörperliches (ein Video bei einem Videoportal, Songs etc.) – besorgen kann. Oder ihn interessiert das, was er im Tausch gegen den Gutschein erhält, beispielsweise eine Dienstleistung (z. B. einen Theater- oder Friseurbesuch).

Mit anderen Worten geht es dem Käufer von digitalen Inhalten im Sinne der neuen Widerrufsbestimmungen um den digitalen Inhalt selbst, während es dem Käufer eines Gutscheins um den (Eintausch-)Wert des Gutscheins geht – entweder weil er dadurch Geld spart („Geldgutschein“) oder den Gutschein gegen eine Dienstleistung o. ä. (z. B. Kino, eine Massage, Besuch eines Freizeitparks etc.) eintauschen kann.

Dies sind zwei vollkommen unterschiedliche Dinge, die miteinander nichts zu tun haben.

4. Die Regelungen zu digitalen Inhalten passen nicht auf Online-Gutscheine

Die weiteren Vorschriften der Gesetzesnovelle zum neuen Widerrufsrecht passen zudem nicht auf Online-Gutscheine bzw. Online-Gutscheincodes.

- Nach Artikel 246 § 1 Nr. 14 EGBGB (=Einführungsgesetz zum BGB) sind Unternehmer dazu verpflichtet, ggf. Informationen über die Funktionsweise digitaler Inhalte, einschließlich anwendbarer technischer Schutzmaßnahmen zur Verfügung zu stellen. Diese Vorschrift ergibt Sinn, wenn man beispielsweise an den Kopierschutz oder die Länderbeschränkungen insbesondere bei DVDs denkt. Vollkommen unpassend und dementsprechend wenig sinnvoll ist die Regelung im Zusammenhang mit Online-Gutscheinen bzw. Online-Gutscheincodes. Natürlich muss der Unternehmer aufklären, wo und wie der Verbraucher den Gutschein einlösen kann. Dies hat jedoch nichts mit technischen Schutzmaßnahmen zu tun.

- Ebenso wenig sinnvoll für Online-Gutscheine bzw. Online-Gutscheincodes ist der Ausschluss der Wertersatzpflicht des Verbrauchers gemäß § 357 Absatz 9 BGB neue Fassung im Zuge des Widerrufs von Verträgen über digitale Inhalte. Den Ausschluss der Wertersatzpflicht hat der Gesetzgeber geschaffen, damit das Widerrufsrecht des Verbrauchers nicht dadurch ausgehöhlt wird, dass er nach dem Widerruf letztlich das bereits bezahlte Geld nicht zurückerhält. Das Widerrufsrecht würde ansonsten bloß auf dem Papier bestehen.

Bei Online-Gutscheinen bzw. Online-Gutscheincodes würde ein solcher Ausschluss des Wertersatzes allerdings keinen Sinn ergeben. Ansonsten müsste der Unternehmer dem Verbraucher den bereits bezahlten Kaufpreis zurückerstatten, während der Verbraucher im Gegenzug keinen Wertersatz für einen bereits eingelösten Gutschein schulden würde – ein ungerechtes Ergebnis.

5. Ungleichbehandlung von Online- und Offline-Gutscheinen wenig sinnvoll

Besonders offensichtlich wird die Sinnwidrigkeit, Online-Gutscheine und Online-Gutscheincodes als digitale Inhalte im Sinne des neuen Widerrufsrechts anzusehen, wenn man sie mit ihren Pendants in Papierform vergleicht.

Angenommen ein Händler verkauft in seinem Webshop verschiedene Gutscheine. Beim Bestellvorgang kann der Verbraucher wählen, ob er den Gutschein entweder als PDF-Datei per E-Mail oder ausgedruckt per Briefpost bekommen möchte.

  • Würde man den Online-Gutschein nun als digitalen Inhalt im Sinne des neuen Widerrufsrechts ansehen, so müsste der Händler die Verbraucher bei der Bestellung von (reinen) Online-Gutscheinen vollkommen anders über das Widerrufsrecht belehren als bei Gutscheinen in Papierform. Das Gesetz sieht für die beiden Konstellationen unterschiedliche Belehrungs- und Informationspflichten vor.
  • Während zudem der Händler für einen bereits eingelösten Gutschein in Papierform im Falle des Widerrufs durch den Verbraucher von diesem Wertersatz erhalten würde, ginge er bei Online-Gutscheinen hingegen leer aus. Denn eine Wertersatzpflicht des Verbrauchers beim Widerruf von Verträgen über digitale Inhalte schließt das Gesetz aus.

Ein Grund, diese beiden Fälle rechtlich unterschiedlich zu behandeln, obwohl es sich dem Inhalt nach um den gleichen Gutschein handelt, ist jedoch nicht ersichtlich.

6. Der Gesetzgeber hat das Problem wohl übersehen

Möglicherweise hat der Gesetzgeber die aufgezeigten Rechtsprobleme um Online-Gutscheine bzw. Online-Gutscheincodes und das neue Widerrufsrecht übersehen. Jedenfalls aber wäre eine Klarstellung, ob Online-Gutscheine als digitale Inhalte im Sinne der neuen Widerrufsbestimmungen anzusehen, zumindest in der Gesetzbegründung hilfreich gewesen.

So wird es endgültige Rechtssicherheit wohl erst geben, wenn sich die Gerichte mit dem Problem befasst haben.

IV. Der praktische Rat: Wie sollen sich Verkäufer von Online-Gutscheinen ab 13. Juni 2014 verhalten?

Wie sollen Verkäufer von Online-Gutscheinen bzw. Online-Gutscheincodes nun ab 13. Juni 2014 mit der Rechtsunsicherheit umgehen?

1. Online-Gutscheine nicht als digitale Inhalte behandeln

Eine Möglichkeit wäre, dass betroffene Händler (auch) ab 13. Juni 2014 Online-Gutscheine nicht als digitale Inhalte im Sinne der neuen Vorschriften des Widerrufsrechts, sondern als normale Kaufgegenstände behandeln.

  • Dies ist aus Sicht der IT-Recht Kanzlei die vorzugswürdige und daher richtige Rechtsauffassung, die sich aus ihrer Sicht auch mit etwas höherer Wahrscheinlichkeit in der Rechtsprechung durchsetzen dürfte.
  • Der Vorteil dieser Lösung besteht darin, dass der Verkauf von Online- und Papier-Gutscheinen rechtlich gleichbehandelt wird und bei Online-Gutscheinen die Wertersatzpflicht nicht nach § 257 Absatz 9 BGB neue Fassung ausgeschlossen ist. Online-Händler müssten zudem nicht zwei verschiedene Widerrufsbelehrungen vorsehen, je nachdem ob der Verbraucher den Gutschein per E-Mail oder Briefpost bekommen möchte.
  • Risiken birgt diese Lösung natürlich dann, wenn sich in der Rechtsprechung die Rechtsauffassung durchsetzen sollte, die Online-Gutscheine und Online-Gutscheincodes als digitale Inhalte im Sinne der neuen Widerrufsbestimmungen ansieht. Denn in diesem Fall würde den Verbrauchern ein Widerrufsrecht zustehen, ohne dass sie im Falle des Widerrufs Wertersatz für bereits eingelöste Gutscheine leisten müssten – zum Schaden der Händler.

Allerdings können Händler ab 13. Juni 2014 selbst für Rechtssicherheit sorgen: Sollte sich ein Verbraucher weigern, nach Ausübung des Widerrufsrechts Wertersatz für einen bereits eingelösten Online-Gutschein zu leisten, so könnte der Händler den Verbraucher verklagen und das mit dem Fall befasste Gericht würde – zumindest vorläufig – für Rechtsklarheit sorgen.

Die Gefahr für Händler, von Mitbewerbern oder Verbänden abgemahnt zu werden, dürfte bei dieser Lösung – wie auch bei der anderen – nicht allzu groß sein, da die Rechtslage derart unklar ist, dass auch die anderen nicht wissen, ob sie im Recht sind.

2. Online-Gutscheine als digitale Inhalte behandeln

  • Die alternative Lösung wäre, Online-Gutscheine ab 13. Juni 2014 als digitale Inhalte im Sinne des neuen Widerrufsrechts zu behandeln.
  • Nachteilig hieran wäre, dass Händler, die Gutscheine sowohl elektronisch als auch per Briefpost an die Verbraucher schicken, je nach Wahl des Verbrauchers unterschiedlich über das Widerrufsrecht belehren und unterschiedlichen Informationspflichten nachkommen müssten. In jedem Fall sollten Händler dann durch entsprechende Gestaltung des Online-Bestellvorgangs dafür sorgen, dass das Widerrufsrecht des Verbrauchers erlischt. Tun sie dies nicht, so riskieren sie, nach etwaigem Widerruf keinen Wertersatz für einen bereits eingelösten Online-Gutschein zu erhalten, während sie den Kaufpreis an den Verbraucher zurückzahlen müssten.

Für die Abmahngefahr gilt für diese Lösung im Prinzip dasselbe wie bei der anderen Lösung: Da die IT-Recht Kanzlei jedoch die andere Lösung für die richtige und daher auch von der Rechtsprechung voraussichtlich favorisierte hält, stuft sie das Abmahnrisiko bei der hier dargestellten Lösung letztlich sogar als höher ein.

Sollte eines Tages die Rechtsprechung für Klarheit sorgen, so können jedenfalls auch diejenigen, die bis dahin auf das falsche Pferd gesetzt haben, zügig umsatteln und die andere Lösung umsetzen.

IV. Fazit

Das zum 13. Juni 2014 in Kraft tretende neue Widerrufsrecht stellt insbesondere für Online-Verkäufer von Online-Gutscheinen bzw. Online-Gutscheincodes eine etwas größere rechtliche Herausforderung dar.

  • Ungeklärt ist bislang, ob solche Gutscheine als „digitale Inhalte“ im Sinne der neuen Widerrufsvorschriften anzusehen sind. Wäre dies der Fall, so müssten Gutscheine, die nach dem Kauf elektronisch (etwa als PDF-Datei im Anhang einer E-Mail) an den Verbraucher versendet werden, ab 13. Juni 2014 rechtlich vollkommen anders behandelt werden als Gutscheine, die ausgedruckt per Briefpost zum Käufer kommen. Insbesondere müssten die Händler dann in besonderer Weise über das Verbraucherwiderrufsrecht belehren, damit es bereits mit Zusendung des Gutscheins erlischt. Versäumen dies die Verkäufer, so würde ihnen mangels Wertersatzpflicht der Verbraucher ein durchaus erheblicher finanzieller Nachteil drohen.
  • Allerdings spricht Vieles dafür, dass solche reinen Online-Gutscheine und Online-Gutscheincodes rechtlich nicht als „digitale Inhalte“ zu behandeln sind. Schon der Wortlaut deren Definition sowie die Erwägungsgründe der EU-Verbraucherrechte-Richtlinie sprechen hierfür. Zudem passen die Rechtsfolgen des neuen Widerrufsrechts für digitale Inhalte überhaupt nicht auf Online-Gutscheine. Schließlich erscheint es wenig sinnvoll, Gutscheine, die auf dieselbe Art und Weise eingelöst werden können, rechtlich unterschiedlich zu behandeln, je nachdem ob sie als E-Mail oder per Briefpost versendet worden sind.

Bei Problemen, Rückfragen und weiteren Fragen zu diesem Thema hilft Ihnen das Team der IT-Recht Kanzlei selbstverständlich gerne auch.

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1 Kommentar

H
Herbert Müller 20.09.2018, 13:47 Uhr
Herr
Interessanter Artikel aus 2014!
Gibt es mittlerweile (OLG-/BGH-) Urteile zum Widerrufsrecht bei Online-Gutscheinen und zur Gleichbehandlung (diese Auffassung vertrete ich auch!) von Paper- und Online-Gutscheinen? Amazon behandelt Online-Gutscheine ja immer noch als digitale Inhalte und versucht seinen Kunden den Widerrufsverzicht - analog zu MP3-Downloads - aufzudrücken.. Eigentlich lächerlich....

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