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VeRI-Programm von eBay: Fluch und Segen?

09.07.2020, 16:17 Uhr | Lesezeit: 6 min
VeRI-Programm von eBay: Fluch und Segen?

Das sog. verifizierte Rechteinhaber-Programm (VeRI-Programm) von eBay bietet Inhabern von immateriellen Schutzrechten (z.B. Urheber-, Marken- und Designrechte) die Möglichkeit, sich vor Rechtsverstößen von Dritten auf eBay zu schützen. Die Möglichkeit der Meldung eines potentiellen Rechtsverstoßes durch einen Mitbewerber ist für Rechteinhaber zwar wegen der unkomplizierten und schnellen Abwicklung sehr verlockend. Andererseits lauern hier auch rechtliche Gefahren, die schnell den Spieß umdrehen können. Aber auch für rechtskonform agierende eBay-Händler kann das VeRI-Programm zum Alptraum werden. Die IT-Recht Kanzlei zeigt Ihnen in diesem Beitrag auf, was Online-Händler in Bezug auf das VeRI-Programm von eBay unbedingt beachten müssen.

Was ist VeRI?

Es ist (leider) an der Tagesordnung, dass Immaterialgüterrechte durch Mitbewerber oder andere Marktakteuere verletzt werden. Insbesondere auf Internethandelsplattformen wie eBay stellen solche Rechtsverletzungen für die Rechteinhaber nicht nur ein Ärgernis, sondern mitunter auch eine Quelle finanzieller Einbußen dar. Aus diesem Grund gibt eBay seinen Mitgliedern das Verifizierte Rechteinhaber-Programm (VeRI) an die Hand, um solchen Gefahren nicht schutzlos ausgeliefert zu sein.

Das VeRI-Programm wurde seitens eBay ins Leben gerufen, da es auf dem eBay-Marktplatz häufig vorkommt, dass gewerbliche Schutzrechte (z.B. Patente, Marken), Urheber- und Leistungsschutzrechte oder sonstige immaterielle Rechte durch Angebote Dritter verletzt werden. Das verlockende an VeRI ist die einfache Handhabung: eBay stellt ein Formular für die „Mitteilung über mögliche Rechtsverletzung (Notice of Claimed Infringement - NOCI)“ zur Verfügung, das einfach zur Meldung einer Rechtsverletzung genutzt werden kann.

So können Rechteinhaber Verletzungen anderer eBay-Händler melden. eBay reagiert dann sehr schnell und entfernt die rechtsverletzenden Angebote umgehend aus seinem Marktplatz. Des Weiteren übermittelt eBay dem Antragsteller auch die bei eBay hinterlegten Kontaktdaten des potentiellen Verletzers. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund einer zusätzlichen Abmahnung in der Praxis von großer Bedeutung und erleichtert es dem Inhaber der verletzten Rechte ungemein, seine Ansprüche wirksam durchzusetzen.

Was müssen Händler zum VeRI-Programm wissen?

Zwar klingt diese einfache Möglichkeit der Rechtsverfolgung erst einmal sehr verlockend, da sie sehr schnell und unkompliziert abläuft. Doch das VeRI-Programm hat auch seine Schattenseiten, und zwar sowohl für Inhaber potentiell verletzter Rechte als auch für (zu Unrecht) belangte Verletzer.

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I. Unberechtigte VeRI-Meldungen

Bevor Rechteinhaber eine Meldung über eine Rechtsverletzung über das VeRI-Programm abgeben, sollten sie die Rechtslage umfassend und genau geprüft haben. Denn eine unberechtigte VeRI-Meldung kann den Antragsteller teuer zu stehen kommen. Dies zeigt ein Fall, welcher vor dem OLG Düsseldorf (Urt. v. 03.12.2015, Az. I-15 U 140/14) verhandelt wurde.

In dem zu entscheidenden Fall hatte sich das klagende Unternehmen gegen zwei Beschwerden des beklagten Unternehmens aufgrund der vermeintlichen Verletzung von gewerblichen Schutzrechten gewehrt. Das Gericht hatte zu klären, ob und in welchem Umfang eine Meldung seitens des Beklagten beim VeRI-Programm den Kläger wettbewerbsrechtlich behindert. Das beklagte Unternehmen hatte VeRI genutzt, um Angebote des Klägers als rechtsverletzend zu melden.

Die gerügten Rechtsverletzungen stellten sich jedoch als materiell haltlos heraus. Das Gericht urteilte, dass die beanstandeten Angebote des Klägers entgegen der Meldung nicht schutzrechtsverletzend gewesen seien. Die (unberechtigte) Meldung einer tatsächlich nicht bestehenden Rechtsverletzung im Rahmen des VeRI-Programms wertete das Gericht schließlich als eine gezielte Behinderung im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG.

Achtung: Eine Haftung von unberechtigten VeRI-Meldungen ergibt sich auch für Lizenznehmer, die gegen vermeintliche Rechtsverletzungen vorgehen. Denn der Lizenzgeber muss sich unberechtigte Meldungen seiner Lizenznehmer zurechnen lassen, wenn diesen bekannt war, dass die angeblichen Schutzrechtsverletzungen als solche gar nicht bestanden.

Es ist also höchste Vorsicht geboten, wenn gegen vermeintliche Rechtsverstöße Dritter durch Verletzung von Immaterialgüterrechten vorgegangen werden soll. Zwar ist die Einfachheit der Rechtsdurchsetzung durch unmittelbare Löschung der Angebote durch eBay sehr einfach und damit verlockend. Wie aber auch beim Einleiten eines Abmahnverfahrens sollten sich Rechteinhaber sehr sicher sein, dass die gerügten Handlungen des Dritten auch tatsächlich einen Rechtsverstoß darstellen. Entpuppt sich die per VeRI-Programm gemeldete Rechtsverletzung als doch nicht existent, hat der Antragsteller seinen Mitbewerber laut Rechtsprechung gezielt behindert im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG.

Die unangenehmen Folgen dieses Fehlgriffs können sodann Abmahnungen sowie hohe Schadensersatzansprüche nach sich ziehen.

II. eBay kann Mitglied-Account sofort sperren!

Doch auch Händler, die zu Unrecht wegen einer angeblichen Rechtsverletzung per VeRI-Programm gemeldet werden, haben mit sehr großen Schwierigkeiten zu kämpfen. Denn sobald eBay durch eine Meldung im VeRI-Programm Wind davon bekommt, dass ein Händler ein potentiell rechtsverletzendes Angebot eingestellt hat, greift die Plattform mitunter knallhart durch.

Nicht selten sperrt eBay bei einer Meldung über die VeRI-Plattform das mit der vorgetragenen Rechtsverletzung verknüpfte Mitgliedskonto direkt - ein Alptraum für jeden Online-Händler. So geschehen in einem Fall, der dem OLG Brandenburg zur Entscheidung vorgelegt wurde. eBay sperrte nach einer VeRI-Meldung umgehend das Mitgliedskonto eines Händlers, ohne diesen zuvor anzuhören. Das OLG Brandenburg (Beschl. v. 09.01.2017, Az. 6 W 95/16) machte deutlich, dass eBay durchaus die Sperrung des Accounts vornehmen durfte und sogar musste.

eBay sei durch Sperrung des Accounts lediglich ihren Prüf- und Schutzpflichten nachgekommen, die ihr durch die Rspr. des BGH als Betreiber einer Internetplattform auferlegt sind. Danach treffe den Betreiber eines Online-Marktplatzes nach Hinweis auf eine Rechtsverletzung die Verpflichtung, derartige Verletzungen zu unterbinden. Generell sei eBay wie jede andere Internethandelsplattform nicht verpflichtet, alle Angebote zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten.

Wenn eBay jedoch auf eine klare Rechtsverletzung konkret hingewiesen wird, muss allerdings das betroffene Angebot unverzüglich gesperrt und auch Vorsorge getroffen werden, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Schutzrechtsverletzungen kommt.

Dass Mitglieds-Konten bei eBay gesperrt werden, passiert immer wieder. Das heißt jedoch nicht, dass diese Sperrungen immer angemessen bzw. gerechtfertigt sind. eBay hat zwar die Macht und ist grundsätzlich berechtigt, bei konkreten Hinweisen auf Rechtsverletzungen die jeweiligen Nutzerkonten sofort zu sperren. Falls Händler jedoch der Auffassung sind, dass die Sperrung zu Unrecht erfolgte, kann es sich lohnen, eine gerichtliche Aufhebung anzustreben.

Tipp: Sie möchten im „Fall der Fälle“ bei einer Kontosperrung anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen bzw. für einen rechtssicheren Verkaufsauftritt im Internet sorgen?

Sichern Sie sich anwaltliche Hilfe im Fall einer später auftretenden Kontosperrung bereits zu überschauberen Kosten von 9,90 Euro monatlich (zzgl. MwSt. - 12 Monate Mindestvertragslaufzeit)!

Sprechen Sie uns gerne an, wir unterstützen Sie.

III. Angebotssperre: Abmahnungen verhindern!

Nach einer VeRI-Meldung eines Mitbewerbers kann es schnell gehen, bis die erste Abmahnung ins Haus flattert. Denn eine Meldung über das VeRI-System erreicht, dass dem Meldenden die bei eBay hinterlegten Kontaktdaten des potentiellen Verletzers übermittelt werden, sodass einer zusätzlichen Abmahnung - ob unberechtigt oder nicht - nichts mehr im Wege steht.

Um einer Abmahnung zuvorzukommen empfiehlt es sich, unmittelbar nach der Benachrichtigung über die Eröffnung eines VeRI-Falls durch einen Mitbewerber tätig zu werden. Welche Schritte genau zu durchlaufen sind, haben wir bereits für Sie dargestellt.

Ergibt die Prüfung des Sachverhalts, dass tatsächlich eine Rechtsverletzung begangen wurde, sollte jedenfalls unverzüglich eine vorbeugende Unterlassungserklärung gegenüber dem Rechteinhaber abgegeben werden. Dies ist deshalb sinnvoll, da damit die Wiederholungsgefahr ausgeräumt wird und somit später eintreffende Abmahnungen ins Leere laufen.

Fazit: Fluch und Segen!

Das verifizierte Rechteinhaber-Programm (VeRI) von eBay bietet unter Umständen schnelle Abhilfe für Händler, deren Rechte durch Dritte verletzt wurden. Das VeRI-Programm kann aufgrund seiner schnellen und effektiven Ergebnisse (Sperrung Angebot, evtl. Sperrung Account des Mitbewerbers, automatische Übermittlung der Kontaktdaten des Verletzers) eine gute Waffe im Kampf gegen gesetzesuntreue Mitbewerber sein. Andererseits lauern hier auch rechtliche Gefahren - sowohl für Rechteinhaber als auch für Händler, die zu Unrecht die volle Härte von eBay und deren VeRI-Programms zu spüren bekommen.

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