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OLG Düsseldorf: Verbraucherprodukt im Sinne des Produktsicherheitsgesetzes nur bei Vorliegen zusätzlicher Voraussetzungen

10.10.2017, 12:39 Uhr | Lesezeit: 4 min
von Antonia Lehmann
OLG Düsseldorf: Verbraucherprodukt im Sinne des Produktsicherheitsgesetzes nur bei Vorliegen zusätzlicher Voraussetzungen

Das Produktsicherheitsgesetz, welches im Jahre 2011 in Kraft getreten ist, dient vornehmlich der Umsetzung europäischer Richtlinien. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass Produkte, welche auf dem deutschen Markt angeboten werden, den gesetzlichen Anforderungen an die Sicherheit und dem Gesundheitsschutz gerecht werden.

Für weitergehende Informationen zum Produktsicherheitsgesetz finden Sie hilfreiche Antworten in diesem Artikel.

Insbesondere Verbraucherprodukten kommt im Rahmen des Produktsicherheitsgesetzes eine Höhe Bedeutung zu, denn an diese werden zusätzliche Anforderungen an die Bereitstellung auf dem Markt gestellt, vgl. § 6 ProdSG.

Wie in § 2 Nr. 22 ProdSG normiert,

"sind Verbraucherprodukte neue, gebrauchte oder wiederaufgearbeitete Produkte, die für Verbraucher bestimmt sind oder unter Bedingungen, die nach vernünftigem Ermessen vorhersehbar sind, von Verbrauchern benutzt werden könnten, selbst wenn sie nicht für diese bestimmt sind; als Verbraucherprodukte gelten auch Produkte, die dem Verbraucher im Rahmen einer Dienstleistung zur Verfügung gestellt werden."

Mit Urteil vom 08.06.2017 (Az.: I-15 U 68/16) hat sich das OLG Düsseldorf eingehender mit der Frage beschäftigt, wann ein solches Verbraucherprodukt vorliegt, denn nicht immer ist der Fall so klar, wie von der Legaldefinition gewünscht.

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Der Sachverhalt

Hintergrund der Entscheidung war ein Rechtsstreit zwischen Lieferanten von Diamantenwerkzeugen, welche divergierende Auffassungen bzgl. Kennzeichnungspflichten von Diamant-Trennscheiben vertraten.

Nach Ansicht der Klägerin sei die Kennzeichnung mittels DIN-Norm des Beklagten unzureichend, da der Nutzer hieraus nicht den Hersteller, Lieferanten oder Einführer der betreffenden Trennschreibe ermitteln könne. Die Beklagte hingegen war der Meinung es handele sich bei den streitgegenständlichen Diamant-Trennscheiben schon nicht um ein „Verbraucherprodukt“ iSd. § 6 I Nr. 2 ProdSG.

OLG Düsseldorf: Produkt iSd. § 2 Nr. 22 ProdSG nur Verbraucherprodukt, sofern zusätzliche Anforderungen erfüllt sind

Nach den Ausführungen des OLG Düsseldorf handele es sich bei den Diamant-Trennschreiben nicht um ein Verbraucherprodukt, welches vom Anwendungsbereich des § 6 ProdSG jedoch zwingend vorausgesetzt wird. Denn nur im Rahmen eines Verbraucherprodukts sei die Herstellerangabe postuliert.

Ein Produkt iSd. § 2 Nr. 22 ProdSG sei demnach nur dann ein Verbraucherprodukt, sofern zusätzliche Anforderungen erfüllt sind:

Es sei erforderlich, dass eine entsprechende herstellerseitige Produktwidmung vorliege oder es müsse die Voraussehbarkeit einer „widmungsfreien“ Verwendung durch den Verbraucher bestehen, vgl. § 2 Nr. 26 ProdSG.

Da sich im ProdSG keine Definition des Verbraucherbegriffes findet, müsse insoweit auf die Definition des § 13 BGB zurückgegriffen werden.

Nach § 13 BGB ist Verbraucher:

„jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.“

Ein Verbraucher sei demnach der „private Konsument“.

Zwar müsse der Begriff aufgrund des europarechtlichen Hintergrunds des ProdSG im Lichte des europäischen Verbraucherbegriffs ausgelegt werden. Im hier vorliegenden Fall seien jedoch keine Gründe ersichtlich den Verbraucherbegriff weiter zu fassen.

Eine herstellerseitige Produktwidmung für private Verbraucher sei etwa dann anzunehmen, wenn durch konkrete Herstellerangaben, wie etwa in Gebrauchsangaben erfolge. Eine solche Produktwidmung sei vorliegend jedoch nicht erfolgt.

Auch die Vorhersehbarkeit iRd. § 2 Nr. 26 ProdSG sei zu verneinen. Maßgeblich sei hierbei der bei objektiver Betrachtung vom Hersteller in seiner Einflusssphäre intendierte Vertriebsstrom. Die Verwendung durch den Verbraucher müsse nach vernünftigem Ermessen vorhersehbar sein.

Im vorliegenden Fall liege der Neuerwerb einer solchen Trennscheibe durch einen privaten Verbraucher fern. Die Endabnehmer seien professionelle Handwerker, welche gerade keine privaten Verbraucher iSd. § 13 BGB darstellen, da sie diese im Rahmen ihres Gewerbes bezögen.

Darüber hinaus seien auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, welche belegen, dass die Diamant-Trennscheiben von privaten Verbrauchern als Gebrauchtwaren erworben werden könnten. Denn der Anwendungsbedarf für die besonders gute Schnittleistung der Trennscheibe sei für einen privaten Verbraucher nicht gegeben.

Damit verneinte das Gericht einen Verstoß gegen den unlauteren Wettbewerb gem. § 3a UWG. Denn der durchschnittliche professionelle Handwerker kenne die maßgeblichen Hersteller und sei im Gegensatz zu durchschnittlichen privat Verbrauchern in der Lage, die Person des Herstellers auch ohne eine Herstellerangabe auf dem Produkt zu eruieren.

Fazit

Die Abgrenzung eines „Produkts“ zu einem „Verbraucherprodukt“ ist oftmals nicht ganz einfach. Zur Auslegung des Rechtsbegriffs können neben den Wertungen aus dem BGB, noch weitere Voraussetzungen hinzutreten, wie eine herstellerseitige Produktwidmung oder das Kriterium der Vorhersehbarkeit. Dies ist stets im Einzelfall zu betrachten.

Grundsätzlich müssen „Verbraucherprodukte“ aufgrund des europäischen Verbraucherschutzes höheren Anforderungen und Informationspflichten genügen, als „Produkte“ iSd. des ProdSG.

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