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UWG - Schwarze Klausel Nr. 13 - Wenn Kopien als Originale verkauft werden

24.07.2009, 15:37 Uhr | Lesezeit: 7 min
UWG - Schwarze Klausel Nr. 13 - Wenn Kopien als Originale verkauft werden

Die Welt der Plagiate ist groß. Aber grundsätzlich gilt: es darf (alles) kopiert werden, was nicht durch ein Schutzrecht wie das Marken-, Patent- oder Urheberrecht geschützt wird. Verboten ist es jedoch, die Verbraucher zu täuschen und in die Irre zu führen, indem beispielsweise Kopien als Originale verkauft werden. Dafür sorgt die Schwarze Klausel Nr. 13 des UWG. Lesen Sie dazu jetzt den vierzehnten Teil der Serie der IT-Recht Kanzlei.

Die Klausel

„Unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne des § 3 Abs. 3 sind…
Nr. 13:    …Werbung für eine Ware oder Dienstleistung, die der Ware oder Dienstleistung eines Mitbewerbers ähnlich ist, wenn dies in der Absicht geschieht, über die betriebliche Herkunft der beworbenen Ware oder Dienstleistung zu täuschen;“

Von Nachmachern hinters Licht geführt

Die Klausel schützt vor allem vor der irreführenden Werbung für Produktkopien. Allein die Herstellung und der Vertrieb von nachgeahmten Produkten ist grundsätzlich nicht unlauter – im Gegenteil: unser Wirtschaftssystem lebt davon, dass sich Konkurrenten gegenseitig die Kunden streitig machen. Dies gilt natürlich nur solange, wie keine Schutzrechte verletzt werden. Zu denken wäre dabei etwa an Marken- und Patentrechte oder – bei besonders originellen und kreativen Produkten – auch der Schutz nach dem Urheberrechtsgesetz. Stellt allerdings ein Hersteller oder Verkäufer in der Werbung seine nachgemachten Produkte so dar, als wären sie das Original, so führt er die Verbraucher in die Irre – und das ist nach der Schwarzen Klausel Nr. 13 unlauter.

Die Klausel soll aber nicht nur die Verbraucher vor Irreführung schützen, sondern – zumindest mittelbar – auch die Hersteller der Originale, deren Image dadurch auf unlautere Weise ausgenutzt wird, dass jemand so tut, als wären die eigenen Produkte diejenigen des Originalherstellers.

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Produkte eines Mitbewerbers

Der Wortlaut der Schwarzen Klausel ist zunächst einmal ungenau, denn es scheint nicht vollkommen klar zu sein, welche Produkte genau von ihr erfasst werden, wenn von „Waren und Dienstleistungen eines Mitbewerbers“ die Rede ist. Die schlussendlich einzig und allein verbindliche EG-Richtlinie spricht nämlich nicht von Mitbewerbern, sondern von Herstellern. Das macht deshalb einen Unterschied, weil Hersteller im rechtlichen Sinn nicht immer auch gleichbedeutend mit Mitbewerbern sind. Wer Mitbewerber ist, wird nach § 2 Absatz 1 Nr. 3 des UWG bestimmt. Dort heißt es: „Mitbewerber ist jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht.“

Wirbt nun der Hersteller eines Nachahmungsprodukts für seine Kopie, so ist er unproblematisch Mitbewerber des Herstellers des Originals, denn sie konkurrieren auf demselben Markt: sie produzieren und vertreiben bestimmte Waren. Wirbt nun aber ein Verkäufer, z.B. eine Fachmarktkette, irreführend für die Nachahmungsprodukte, die an Endverbraucher verkauft werden sollen, so steht der Verkäufer an für sich nicht in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zum Hersteller des Originals. Denn während der Hersteller die Produkte herstellt und über Großhändler vertreibt, verkauft der Fachmarkt sie an die Endverbraucher. Beide Unternehmen sind auf vollkommen verschiedenen Produktions- bzw. Wirtschaftsstufen tätig.

Allerdings wirkt sich diese begriffliche Problematik letztlich nicht auf die Anwendbarkeit der Schwarzen Klausel aus. Da die EG-Richtlinie vollkommen klar vom „Hersteller“ spricht und es in den Verantwortungsbereich des deutschen Gesetzgebers fällt, dass bei der Umsetzung der EG-Richtlinie Fehler gemacht wurden, muss man im Wege der sog. richtlinienkonformen Auslegung den Wortlaut der EG-Richtlinie berücksichtigen und auch den Hersteller des Originalprodukts als Mitbewerber im Sinne der Schwarzen Klausel begreifen. Eine solche Auslegung des deutschen UWG ist vor allem auch deshalb verpflichtend vorgeschrieben, weil das EU-Recht dem nationalen Recht vorgeht, wenn sich widersprechende Regelungen gegenüber stehen.

Zu beachten gilt ferner, dass das Originalprodukt noch nicht im offiziellen Verkauf sein muss, damit die Klausel anwendbar ist. Es reicht somit aus, wenn das Original bislang nur auf einer Produktmesse oder Pressekonferenz der Öffentlichkeit präsentiert wurde und erst zu einem späteren Zeitpunkt in den Verkauf kommen soll. Wenn nun der nachahmende Hersteller (oder ein Verkäufer) mit seiner Nachahmung absichtlich irreführend wirbt, so liegt bereits dann ein Verstoß gegen die Schwarze Klausel vor.

Das sieht dem ähnlich!

Einer der Knackpunkte der Klausel ist die Ähnlichkeit der Produkte: die Kopie muss dem Original ähneln – das ist die Grundvoraussetzung der Klausel Nr. 13. Aber was heißt das konkret? Die Ähnlichkeit muss sich vor allem auf die Art und den Verwendungszweck der beiden Produkte beziehen, d.h. die Produkte müssen ihrer Art nach austauschbar sein. Die Ähnlichkeit muss sich aber auch auf die Nutzung und die Eigenart beziehen, d.h. es muss insbesondere eine optische Ähnlichkeit bestehen.

Um das Ganze etwas anschaulicher darzustellen, hilft ein kurzes Beispiel, das die Abgrenzung deutlich machen soll: Wirbt jemand mit einer fremden Marke, die bislang nur für Ledertaschen verwendet wurde, für Schuhe, so ist Klausel Nr. 13 nicht anwendbar, denn Schuhe und Ledertaschen sind (ihrer Art und ihrem Verwendungszweck nach) nicht austauschbar. Dabei ist vollkommen irrelevant, ob die Verbraucher womöglich der Auffassung sind, dass die Schuhe vom Hersteller der Ledertaschen stammen, denn diese beiden Produkte ähneln sich schlichtweg nicht.
Unabhängig davon kann in diesem Fall die Verwendung der fremden Marke selbstverständlich eine Markenrechtsverletzung sein – jedenfalls liegt darin jedoch kein Verstoß gegen die Schwarze Klausel Nr. 13!

Werbung

Als weitere Voraussetzung der Schwarzen Klausel gilt: das nachgeahmte Produkt muss beworben werden. Der Begriff der Werbung ist dabei möglichst weit zu verstehen; gemeint ist Werbung in jedem nur erdenklichen Medium wie Internet, TV, Radio, Print, Plakate, E-Mails, Briefe usw. Nicht relevant ist, ob es sich um weit unmittelbare Werbung des Herstellers handelt (etwa um einen Fernsehspot) oder um die konkrete Werbung eines Verkäufers in einem Verkaufsprospekt.

Das war Absicht

Ohne Absicht geht es nicht: der Werbende muss mit seiner Werbung die Absicht verfolgen, den Verbraucher dahingehend in die Irre zu führen, dass dieser glaubt, das nachgeahmte Produkt stamme von dem Originalhersteller. Dasselbe gilt, wenn der Werbende absichtlich den Verbrauchern vortäuscht, er habe die Erlaubnis (Lizenz) vom Originalhersteller erhalten, die Produkte zu produzieren und zu vertreiben. Der Werbende handelt dann absichtlich, wenn er weiß, dass es sich um ein Nachahmungsprodukt handelt, und wenn er den Verbraucher bewusst darüber täuschen will (so im UWG-Kommentar Köhler/Bornkamm/Hefermehl Rn 13.5).
Dagegen reicht es nicht aus, dass der Hersteller des Nachahmungsprodukts fahrlässig oder schuldlos eine Irreführung der Verbraucher herbeiführt – etwa weil er gar nicht weiß, dass es ein (derart ähnliches) Original überhaupt gibt.

In der Praxis bedeutet dies vor allem, dass dem Nachahmer nachgewiesen werden muss, dass es zum einen ein ähnliches Original gibt und zum anderen er den Täuschungseffekt in der Werbung absichtlich erzielen wollte. Dies kann im Einzelfall Probleme bereiten.

Beispiel

Ein kurzes Beispiel soll die Funktionsweise und den Anwendungsbereich der Schwarzen Klausel verdeutlichen.

Der weltbekannte Hersteller „Origin“ vertreibt Waschpulver in einer großen, bunten Box, das er unter der Marke „Prowoll“ vertreibt. Das deutsche Unternehmen „Fake“ vertreibt ebenfalls ein solches Waschpulver. Die Größe der Verkaufsbox entspricht der von „Prowoll“, die farbliche Produktgestaltung ist von der von „Prowoll“ auf den ersten Blick kaum zu unterscheiden und der Nachahmer verkauft das Produkt unter dem Namen „Prewell“, wobei der Schriftzug in seiner Gestaltung nur minimal von dem des Originals abweicht.

Im vorliegenden Fall liegt ein offensichtlicher Verstoß gegen die Schwarze Klausel Nr. 13 vor. Anders läge es aber, wenn der deutsche Nachahmer zwar eine ähnliche Verpackung, Schriftzug etc. wie der Originalhersteller gewählt hätte, jedoch nicht Waschpulver, sondern Spülmittel für Spülmaschinen darin verkaufen würde. Denn Spülmittel und Waschpulver sind (ihrem Verwendungszweck nach) nicht austauschbar. Zwar könnten Verbraucher dennoch dem Irrtum erliegen, das Spülmittel stamme von dem Hersteller des Waschpulvers, doch wird dieser Fall gerade nicht von der Schwarzen Klausel erfasst (s.o.). Das bedeutet allerdings nicht, dass ein derartiges Nachahmen in jedem Fall rechtmäßig ist. In Frage kommen mögliche Verstöße gegen andere Bestimmungen des UWG oder auch gegen das Marken- oder Patentgesetz.

Fazit

In den letzten Jahren haben (vor allem gewerbliche) Schutzrechte weite Verbreitung gefunden. Produkte sind oftmals patent-, marken-, urheber-, geschmacksmuster- oder gebrauchsmusterrechtlich geschützt. Aber auch nach den Vorschriften des UWG gibt es einen Nachahmungsschutz, der dann Anwendung findet, wenn nicht das Kopieren an sich verboten sein soll (also die Herstellung der Kopien), sondern der Verkauf der Kopien. Wenn nun Hersteller oder Verkäufer versuchen, ihre Plagiate als Originale auszugeben, so ist dies unlauter und nicht bloß nach der Schwarzen Klausel Nr. 13 verboten. Auch andere Bestimmungen des UWG können dann Anwendung finden. Niemand soll in ungerechtfertigter Weise von der Leistung eines anderen profitieren dürfen!

In der nächsten Woche erfahren Sie mehr über Klausel Nr. 14!

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1 Kommentar

R
Roman 06.11.2022, 21:57 Uhr
Student
Wie wäre es, wenn man z.B. Kopien von Louis Vuitton verkaufen möchte und sagt direkt, dass es eine Kopie davon ist? Das heißt, der Nutzer wird informiert, dass es kein Original ist, die Kosten sind natürlich auch kleiner. Gibt es in dem bereich was mach aufpassen soll?

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