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Microsoft zieht einstweilige Verfügung gegen Usedsoft teilweise zurück

11.07.2008, 09:00 Uhr | Lesezeit: 3 min
Microsoft zieht einstweilige Verfügung gegen Usedsoft teilweise zurück

Der Softwarehersteller Microsoft hat die gegen den Gebraucht-Softwarehändler Usedsoft im April 2008 vor dem Landgericht München I erwirkte einstweilige Verfügung im Juli 2008 teilweise zurückgenommen, nachdem Usedsoft teilweise Widerspruch eingelegt hatte.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Bereits seit Jahren besteht ein Streit zwischen Microsoft und dem Gebraucht-Software-Händler „HHS Usedsoft GmbH“ (im Folgenden „Usedsoft“) über den Verkauf von gebrauchten Microsoft Softwarelizenzen. Dabei geht es vor allem um Volumenlizenzen, die Usedsoft von Unternehmen die insolvent werden oder die Lizenzen nicht mehr brauchen aufkauft und dann weiterverkauft. Dies versucht Microsoft zu verhindern.

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Verlauf

Bereits im Herbst 2006 strengte Microsoft ein Strafverfahren gegen Usedsoft wegen Softwarepiraterie und Verbreitung von Raubkopien an. In diesem Verfahren wurden jedoch die Ermittlungen gegen Usedsoft von der Generalstaatsanwaltschaft in München eingestellt. Microsoft verzichtete auf Rechtsmittel.

Ende April 2008 erwirkte Microsoft gegen Usedsoft vor dem Landgericht München I eine einstweilige Verfügung mit dem Inhalt, dass folgende Aussagen, die Usedsoft im Rahmen einer Versandaktion an öffentliche Auftraggeber getätigt hatte, unzulässig sind:

  • „Standard-Software darf weiter veräußert werden. Dies wurde u.a. vom Bundesgerichtshof und von Hamburger Gerichten ohne Wenn und Aber bestätigt: Rechtliche Grundlage des Software-Gebrauchthandels ist der Erschöpfungsgrundsatz im deutschen Urheberrecht.“
  • „Der Erschöpfungsgrundsatz ist zwingendes Recht, das nicht vertraglich „abbedungen“ werden kann, d.h.: Entgegenstehende Lizenzbedingungen der Hersteller sind bei Eintritt der Erschöpfung in diesem Punkt unwirksam“.

Im Juni 2008 erwirkte Usedsoft gegen Microsoft vor dem Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung, wonach es dem Software-Hersteller untersagt wurde, irreführende Behauptungen zur Rechtmäßigkeit des Gebrauchtsoftware-Handels zu verbreiten.

Im Juli 2008 nahm Microsoft nach einem teilweisen Widerspruch der Usedsoft die erwirkte einstweilige Verfügung gegen Usedsoft in diesem Teil zurück. Demnach darf Usedsoft weiterhin die Aussage verbreiten, dass „der Erschöpfungsgrundsatz zwingendes Recht [ist], das nicht vertraglich abbedungen werden kann. Das heißt: Entgegenstehende Lizenzbedingungen der Hersteller sind bei Eintritt der Erschöpfung in diesem Punkt unwirksam.“

Die einstweilige Verfügung gegen die Aussage, Gerichte hätten „ohne Wenn und Aber“ die Rechtmäßigkeit des Handels mit Gebraucht-Software bestätigt, hat Usedsoft nicht angefochten. Es ist anzunehmen, dass auch Usedsoft erkannt hat, dass diese Aussage missverständlich ist. Die Aussage ist deshalb missverständlich, weil es keine Entscheidung gibt, die die Rechtmäßigkeit des Handels mit Gebrauchtlizenzen pauschal bestätigen würde. Es handelt sich immer um Einzelfallentscheidungen.

Um die Rechtmäßigkeit des Handels mit gebrauchten Microsoft-Lizenzen zu belegen, hält Usedsoft ein rechtskräftiges Urteil des Landgerichts München I vom 28. November 2007 (Az:30 O 8684/07) ohnehin für entscheidender, weil dieses Urteil die Rechtmäßigkeit des Handels mit Gebrauchtsoftware von Microsoft erneut bestätige. In der Entscheidung hatte das Gericht festgestellt, „dass der Verkauf bzw. die Veräußerung einzelner Microsoft-Software-Lizenzen, die zuvor im Rahmen von Volumenlizenzverträgen abgegeben worden waren, auch ohne Zustimmung von Microsoft im Grundsatz wirksam möglich ist“. Dieses Urteil entzieht der Aussage mehrerer Softwarehersteller, der Käufer einer Volumenlizenz erwerbe keine Einzellizenzen sondern nur ein Vervielfältigungsrecht, den Boden.

Fazit

Der Handel mit Gebrauchtsoftware ist nicht grundsätzlich verboten, aber auch nicht grundsätzlich erlaubt. Wie immer kommt es auf die näheren Umstände an.

Es gilt zu bedenken, dass auch das Urteil vom 27. November 2007 eine Einzelfallentscheidung ist. Im Fall von customised Software oder wenn Kunde und Lizenzgeber über die Lizenzbedingungen verhandelt haben, können Weitergabeverbote wirksam sein. Dies stellt jedoch keine allgemeine Aussage dar. Der Handel mit gebrauchten Oracle Lizenzen bleibt Usedsoft nach einem Urteil des OLG München vom 3. Juli 2008 weiterhin untersagt. Im Zuge des Verfahrens hatte Oracle aber explizit erläutert, dass der Fall bei Oracle-Software anders liege als bei Microsoft-Lizenzen – im Fall von Oracle handelt es sich um online übertragene Lizenzen. Rechtssicherheit wird erst durch höchstrichterliche Rechtsprechung zu erlangen sein. Diese steht noch aus.

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1 Kommentar

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Peter E. Teichreber 25.09.2008, 10:15 Uhr
Urheberrecht gegen Bilanzrecht ?
Nach $ 248 Abs. 2 HGB durfte bislang immaterielles Anlagevermögen, insbesondere auch selbsterstellte Software nicht bilanziert werden.

Nach IAS 38.8 muss Software (auch selbsterstellte unter bestimmten Voraussetzungen) bilanziert werden. Aus der Gründen der Angleichung an europäisches Recht wird der § 248 Abs. 2 HGB ab 1. Jan. 2009 durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) aufgehoben. Das Bundesfinanzministerium hat mir per EMail ausdrücklich bestätigt, dass dies zur Folge hat, das - auch selbsterstellte - Software unter bestimmten Voraussetzungen bilanziert werden muss. Dies führt auf der Aktivaseite zu einem höheren Anlagevermögen, auf der Passivseite wird das Eigenkapital erhöht.

Allerdings setzt dies voraus, das

a) für das Unternehmen ein Mehrwert entsteht / vorhanden ist
b) das Unternehmen die Möglichkeit hat die Software auch für sich genommen im Bedarfsfalle zu verwerten.

Dies könnte zur Folge haben, das Software nur dann bilanztechnisch zu behandeln ist, wenn auch das Unternehmen über die Lizenz der Software verfügt und berechtigt ist, diese wirtschaftlich zu verwerten.

Verfügt aber das Unternehmen eben nicht über die Lizenz und bzw. oder die Berechtigung die Software einzeln zu verwerten, bleibt die Frage offen, ob diese Software überhaupt bilanztechnisch berücksichtigt werden darf ?

Dies kann - gerade bei (extrem) teuren Softwareprodukten (wie bspw. SAP) - für die Unternehmen bedeutsame betriebswirtschaftliche Restriktionen bedeuten.

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