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Der neue § 108 a InsO-E oder wie man das Kind mit dem Bade ausschüttet

21.02.2012, 09:53 Uhr | Lesezeit: 4 min
Der neue § 108 a InsO-E oder wie man das Kind mit dem Bade ausschüttet

Seit 2007 wird heftig darüber diskutiert, in welchem Umfang Lizenzen in der Insolvenz Bestand haben, beziehungsweise ob sie durch Erklärungen des Insolvenzverwalters enden oder beendet werden können.

Es gab hier bereits einen Gesetzesentwurf der Bundesregierung (Bundesdrucksache 16/7416 ) und eifrige Stellungnahmen der Interessensverbände (u.a. BITKOM, OSE, BDI, DAV) und der juristischen Literatur. Nun hat das Bundesjustizministerium am 23. Januar 2012 einen Referentenentwurf für die zweite Stufe der Insolvenzrechtsreform vorgelegt („Entwurf eines Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens, zur Stärkung der Gläubigerrechte und zur Insolvenzfestigkeit von Lizenzen“

Danach  gilt u-a-

§ 108a Abs. 1)
Lehnt der Insolvenzverwalter nach § 103 die Erfüllung eines Lizenzvertrages ab, den der
Schuldner als Lizenzgeber geschlossen hat, so kann der Lizenznehmer binnen eines Monats,
nachdem die Ablehnung zugegangen ist, vom Verwalter oder einem Rechtsnachfolger den Abschluss
eines neuen Lizenzvertrages verlangen, der dem Lizenznehmer zu angemessenen
Bedingungen die weitere Nutzung des geschützten Rechts ermöglicht. Bei der Festlegung der
Vergütung ist auch eine angemessene Beteiligung der Insolvenzmasse an den Vorteilen und
Ertragen des Lizenznehmers aus der Nutzung des geschützten Rechts sicherzustellen; die
Aufwendungen des Lizenznehmers zur Vorbereitung der Nutzung sind zu berücksichtigen, soweit sie sich wert erhöhend auf die Lizenz auswirken.

Länder und Verbände haben nunmehr Gelegenheit, zu dem Entwurf bis zum 16. März 2012 Stellung zu nehmen.

Diese Chance sollten sie auch wahrnehmen. Denn der Entwurf berücksichtigt die Rechte von Lizenznehmer an Standardsoftware nur unzureichend, obwohl er diese stärken will, ja er gefährdet den Besitzstand an „gekauften“ und bezahlten Softwarelizenzen

Denn nimmt man den Wortlaut des Entwurfes ernst, so muss man zu dem Ergebnis kommen, dass alle „*Lizenzen* “, also auch alle Nutzungsrechte an gekaufter Standardsoftware oder Nutzungsrechte an in Werkverträgen erstellter Individualsoftware, auch bei vollständiger Bezahlung und bereits erfolgter Übertragung im Insolvenzfall zur Disposition des Insolvenzverwalter fallen.
So weit ging der  alte Gesetzesentwurf nicht. Dieser ging noch davon aus, dass ein Lizenzvertrag, wie die Verträge, die in § 108 InsO ( Miet- Pachtverträge, Dienstverhältnisse) genannt sind, fortbestehen soll und damit nicht dem Wahlrecht nach § 103 InsO unterliegen sollen.

In den Begründungen zum neuen Gesetzesentwurf wird dies aufgegeben. Es wurde zwar an Softwarelizenzen gedacht. Dabei wurde aber nicht problematisiert, wie die Regelung mit dem Erschöpfungsprinzip für Software in § 69c Abs. 3 des Urheberrechts  in Einklang zu bringen ist, zumal dem Urheberrecht der Begriff „Lizenz“ fremd ist. Auch wird  nicht berücksichtigt, dass ein großer Teil der Rechtsprechung von einer dinglichen Übertragung der Nutzungsrechte an Software ausgeht. Weiter sind die Regelungen zu Kettenlizenzierungen unzureichend. Was muss ich als Nutzer einer Word-Lizenz  zum Beispiel gewärtigen, wenn  der Distributor meines Händlers insolvent wird?

In der Begründung zum Gesetzesentwurf wird  auf die Entscheidung des  BGH vom 17. November 2005 (Az.: IX ZR 162/04) rekurriert, hier hatte der  BGH ausgeführt:

„Ein Lizenzvertrag wird entsprechend der Rechtspacht als Dauernutzungsvertrag im Sinne der §§ 108, 112 InsO eingeordnet (Paulus ZIP 1996, 2, 6; Cepl NZI 2000, 357, 359; Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch 2. Aufl. § 37 Rn. 3; MünchKomm-InsO/Eckert, § 112 Rn. 8; HK-InsO/Marotzke, 3. Aufl. § 112 Rn. 23; vgl. auch zu §§ 17, 19 KO BGH, Urt. v. 27. April 1995 - X ZR 60/93, KTS 1995, 656, 658; zu § 36 Abs. 2 VerglO RGZ 155, 306, 310). Da hier kein unbewegliches Vermögen betroffen ist, eröffnen derartige Nutzungsverträge nach übereinstimmender Auffassung der insolvenzrechtlichen (….) und der urheberrechtlichen Literatur (…) für den Insolvenzverwalter eines jeden der Beteiligten ein Wahlrecht nach § 103 InsO, falls sie im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung beiderseits noch nicht vollständig erfüllt waren. Dies trifft für den Vertrag vom 30. März 1998 zu, weil die gegenseitigen Dauerleistungen für die Zukunft noch ausstanden."

Dennoch eignet sich die BGH-Entscheidung nicht wirklich zur Begründung des neuen Gesetzesentwurfes. Der BGH stellte nämlich weiter  fest, dass bei einer bereits erfolgten dinglichen Übertragung der Rechte diese nicht erlöschen oder zurückfallen.  Der BGH erkannte an, dass, selbst bedingt begründete Rechte im Insolvenzfall als bereits bestehend behandelt würden. Dies gelte selbst dann, wenn die Bedingung erst nach Insolvenzeröffnung eintrete. Insolvenzfest sei nicht nur die uneingeschränkte Übertragung eines bedingten Rechts, sondern auch die unter einer Bedingung erfolgte Übertragung eines unbedingten Rechts. Entscheidend sei, ob das Recht aus dem Vermögen des Schuldners bereits zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung ausgeschieden sei, so dass für ihn keine Möglichkeit mehr bestehe, es auf Grund alleiniger Entscheidung wieder zurück zu erlangen. Ein solcher dinglicher Rechtsübergang werde von einer Insolvenzeröffnung nicht berührt.

Fazit : Es ist eine Tendenz zu beobachten, dass das Urheberrecht und damit die Rechte von Lizenzgebern immer weiter gestärkt werden. Die ebenfalls beachtlichen Interessen der Lizenznehmer über „gekaufte“ Softwarelizenzen dauerhaft verfügen und diese auch weiterveräußern zu dürfen, scheinen in den Hintergrund zu treten. Ob und in welchem Umfang letzteres  rechtlich zulässig ist, wird nach dem Vorlagebeschluss des BGH vom 03.02.2011 (BGH, GRUR 2011, 418) zur Zeit durch den EuGH geklärt.

Würde der neue § 108a so wie geplant in Kraft treten, würde dies das Interesse von Lizenznehmern, ihre Lizenzen wirtschaftlich verwerten zu wollen, unabhängig von einer Entscheidung des EuGH in dieser Angelegenheit stark beeinträchtigen.

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