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Kündigung wegen privaten Surfens am Arbeitsplatz?

12.03.2013, 09:16 Uhr | Lesezeit: 5 min
von RAin Franziska Hasselbach
Kündigung wegen privaten Surfens am Arbeitsplatz?

Die private Nutzung des Internets am Arbeitsplatz ist seit jeher Gegenstand von arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen, denn sie kann sogar einen Kündigungsgrund darstellen. In aller Regel muss aber vorher eine Abmahnung erfolgen, nur in Ausnahmefällen ist auch eine außerordentliche - also fristlose - Kündigung möglich. Anhand einiger Beispielfälle erläutern wir die Einschätzung verschiedener „Vergehen“ durch die deutschen Arbeitsgerichte.

Der Arbeitnehmer ist zur Arbeit verpflichtet

Fangen wir beim Grundsätzlichen an: Durch den Arbeitsvertrag ist der Arbeitnehmer verpflichtet, während der Arbeitszeit zu arbeiten - dafür erhält er schließlich im Gegenzug das Arbeitsentgelt vom Arbeitgeber (das sind die beiden sogenannten Hauptleistungspflichten des Arbeitsvertrags).

Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer den zumutbaren Weisungen seines Arbeitgebers Folge zu leisten hat; tut er dies nicht, spricht man von Arbeitsverweigerung. Was er hingegen in den Pausen tut, ist seine Entscheidung - so darf er beispielsweise mit seinem Handy telefonieren wie er will. Aber ob er mit seinem Dienst-PC auch privat nutzen darf – z.B. um E-Mails an Freunde zu schreiben - hängt von der Willkür des Arbeitgebers ab, da der Rechner ja sein Eigentum ist und er ein schützenswertes Interesse daran hat, dass dieser beispielsweise von Virenbefall verschont bleibt.

Der Arbeitgeber entscheidet, ob privates Surfen erlaubt ist

Der Arbeitgeber kann daher die private Nutzung ganz oder in bestimmtem Umfang erlauben oder verbieten; er kann außerdem darüber entscheiden, ob die private Nutzung während der Arbeitszeit oder nur in der Pause stattfinden darf. Solche Festlegungen werden inzwischen gelegentlich bereits im Arbeitsvertrag oder in der Betriebsvereinbarung getroffen, meistens jedoch nach mündlicher Absprache.

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Folgen bei einem Verstoß gegen die Absprache

Wird der Arbeitnehmer einmal dabei erwischt, wie er - entgegen der Absprache - bei Facebook mit Freunden kommuniziert, ist ganz sicher keine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt. Allerdings kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer deswegen abmahnen und bei einem weiteren Verstoß ordentlich kündigen, also mit Einhaltung der Kündigungsfrist.

Achtung: Kommt es aufgrund der privaten Nutzung zu einem Virusbefall und hat der Arbeitnehmer dies zu verschulden, macht er sich unter Umständen sogar schadensersatzpflichtig gegenüber seinem Arbeitgeber.

Wann ist eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt?

Man wird wohl nur selten eine klare Trennlinie ziehen können, ob zunächst abgemahnt werden muss oder ob eine fristlose Kündigung ohne Abmahnung gerechtfertigt ist. Daher versuchen wir, Ihnen anhand einiger Beispielfälle ein Gefühl für die Einordnung des jeweiligen Sachverhaltes zu geben.

1. Beispiel: Arbeitnehmerin schreibt private E-Mails entgegen Absprache

Der Arbeitgeber hat in diesem Fall allen Mitarbeiter schriftlich untersagt, private E-Mails zu öffnen, um die Gefahr eines Virenbefalls zu vermeiden. Die Arbeitnehmerin handelte der Anweisung zuwider und wurde fristlos gekündigt. Das Frankfurter Arbeitsgericht sah die Kündigung als unwirksam an (Az.: 5 Ca 4459/00). Grund: Der Arbeitgeber hätte das Verhalten der Arbeitnehmerin vorher abmahnen müssen. Eine fristlose Kündigung wäre nur dann gerechtfertigt gewesen, wenn die Arbeitnehmerin zu erkennen gegebenen hätte, dass sie durch die Abmahnung nicht davon hätte abgehalten werden können, diese Vertragsverletzung ein weiteres Mal zu begehen.

2. Beispiel: Arbeitnehmer surfte im Jahr zwischen 80-100 Stunden privat

Der Arbeitgeber fand heraus, dass sich der Arbeitnehmer derart viele Stunden während der Arbeitszeit im Netz aufhielt und sprach deswegen eine außerordentliche Kündigung aus. Für das Arbeitsgericht Wesel rechtfertigte dieser Umfang keine außerordentliche Kündigung (Az.: 5 Ca 4021/00). Das Gericht stellte das private Surfen mit dem privaten Telefonieren gleich und sagte, dass es sich dabei grundsätzlich um ein Kavaliersdelikt handelte. Der Arbeitgeber hätte dieses Verhalten ausdrücklich verbieten müssen und nach dem Verstoß zuerst eine Abmahnung aussprechen müssen.

3. Beispiel: „Ausschweifende“ private Nutzung des Internets

Hier hat ein Arbeitnehmer an mehreren Tagen während der Arbeitszeit mehr als eine Stunde privat im Netz gesurft, worauf er fristlos gekündigt wurde. Das Bundesarbeitsgericht erachtete diese Kündigung als wirksam, da die private Nutzung in diesem Fall „ausschweifend“ war und die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers in erheblichem Maße beeinträchtigt hat (BAG 2 AZR 581/04). Diese erhebliche Beeinträchtigung ist nach Ansicht des BAG als ein schwerer Verstoß gegen die Hauptleistungspflicht zu werten.

4. Beispiel: Arbeitnehmer guckte mit Betriebs-PC Pornos

In diesem Fall lud sich der Arbeitnehmer trotz Verbots Dateien pornografischen Inhalts über den betrieblichen Internetanschluss herunter. Der Arbeitnehmer wurde fristlos gekündigt. In diesem Fall erkannte das Düsseldorfer Arbeitsgericht darauf, dass ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vorlag - ohne vorherige Abmahnung (Az.: 4 Ca 3437/01). Grund: Es ist dem Arbeitgeber nicht zuzumuten, dieses Verhalten hinzunehmen.

5. Beispiel: Arbeitnehmer spielt trotz Verbot indiziertes Computerspiel

Der Arbeitnehmer installierte und spielte entgegen eines ausdrücklichen Verbots ein 3D-Shooter-Spiel, das zudem indiziert war. Der Arbeitgeber sprach darauf eine fristlose Kündigung aus. Das Arbeitsgericht in Hildesheim sah hierin keinen ausreichenden Grund für eine fristlose Kündigung (Az.: 3 Ca 261/01). Nach Ansicht des Gerichts hätte es vorher einer Abmahnung bedurft. Auch die Tatsache, dass das Spiel indiziert ist, bildet für die Richter keinen ausreichenden Grund. Anders wäre es gewesen, wenn der Arbeitnehmer dieses Spiel Minderjährigen überlassen hätte oder wenn es aufgrund der Installation zu einem Virenbefall gekommen wäre.

Fazit

Es empfiehlt sich aus der Sicht beider Parteien klar abzusprechen, ob, wann und wie lange das private Surfen am Arbeitsplatz erlaubt ist. Wenn gegen diese Absprache verstoßen wird, muss in aller Regel eine Abmahnung ausgesprochen werden, aus der eindeutig hervorgeht, dass dieses Verhalten nicht toleriert wird und im Wiederholungsfall zu einer Kündigung führt.

Es gibt gute Gründe dafür, dass eine außerordentliche Kündigung bei exzessiver privater Nutzung gerechtfertigt ist, insbesondere wenn die Arbeitsleistung erheblich darunter leidet und etwaige Arbeitszielvorgaben deswegen nicht erreicht werden konnten.

Zur Person

Franziska Hasselbach ist Rechtsanwältin mit dem Schwerpunkt Arbeitsrecht und Inhaberin der gleichnamigen Kanzlei. Die Rechtsanwälte der Kanzlei Hasselbach beraten an den Standorten Köln, Frankfurt und Groß-Gerau Arbeitnehmer und Arbeitgeber, Führungskräfte und Betriebsräte in allen arbeitsrechtlichen Sachverhalten. In erster Linie geht es dabei um Kündigungen und Abmahnungen sowie die Erstellung und Überprüfung von Arbeitszeugnissen und Arbeitsverträgen. In ihrem Blog auf http://www.kanzlei-hasselbach.de schreibt Franziska Hasselbach regelmäßig über aktuelle arbeitsrechtliche Sachverhalte.

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