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OLG Frankfurt am Main: Der Umfang des Unterlassungsanspruchs bei rechtswidriger Zusendung von Werbe-E-Mails (Spam)

23.10.2013, 10:18 Uhr | Lesezeit: 4 min
OLG Frankfurt am Main: Der Umfang des Unterlassungsanspruchs bei rechtswidriger Zusendung von Werbe-E-Mails (Spam)

Das OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 30.09.2013, Az.: 1 U 314/12) hatte sich erst jüngst mit der Frage beschäftigt gehabt, wie weit der Unterlassungsanspruch eines Betroffenen reicht, welcher per E-Mail unerwünschte E-Mail-Werbung (in Gestalt einer Zahlungsaufforderung) übersandt erhalten hatte. Das Oberlandesgericht weicht von der bisherigen unterinstanzlichen Rechtsprechung (LG Frankfurt am Main, LG Berlin, LG Hagen) ab und stellte klar, dass der Unterlassungsanspruch des Betroffenen auf die konkrete(n) E-Mail-Adresse(n) zu beschränken sei.

I. Was war geschehen?

Der Beklagte erhielt von der Klägerin am 24.08.2010 eine E-Mail mit einer Zahlungsaufforderung für einen 12-monatigen Zugang zu einer Online-Präsenz an die klägerische E-Mail-Adresse übersandt, hierbei war unstreitig, dass der Zugang nicht aktiviert worden war und es damit an einem Vertragsschluss zwischen den Parteien fehlte. Der Beklagte wies die Zahlungsforderung zurück, woraufhin die Klägerin mit E-Mail vom 29.09.2010 eine weitere Zahlungsaufforderung an den Beklagten versendete. Die Beklagte wandte sich mit einer erneuten E-Mail vom 15.10.2010 an den Kläger und stellte in dieser Nachricht einen negativen Schufa-Eintrag zu Lasten des Beklagten im Falle eines gerichtlichen Verfahrens in Aussicht.

Der Beklagte mahnte daraufhin die Klägerin wegen Übersendung von unerwünschter E-Mail-Werbung ab und forderte die Klägerin zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf. Die Klägerin erhob hierauf hin eine negative Feststellungsklage mit dem Ziel feststellen zu lassen, dass kein Kostenerstattungsanspruch hinsichtlich der ausgesprochenen Abmahnung bestehe. Der Beklagte erhob sodann eine Widerklage mit dem Inhalt, es der Klägerin untersagen zu lassen, E-Mail-Werbung an eine E-Mail-Adresse des Beklagten zu übersenden. Das LG Frankfurt am Main verurteilte die Klägerin daraufhin, es zu unterlassen generell den Beklagten mit unerwünschter E-Mail-Werbung über eine E-Mail-Adresse des Beklagten zu kontaktieren.

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II. Die Berufungsentscheidung des OLG Frankfurt am Main

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat die Ausgangsentscheidung des LG Frankfurt am Main hinsichtlich des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs des Beklagten abgeändert und den Verbotstenor dahingehend modifiziert, dass es der Klägerin verboten wurde, die konkret benannten E-Mail-Adressen des Beklagten

  • …@t-online.de,
  • …@googlemail.com und
  • …@t-online.de

ohne dessen Einwilligung zum Zwecke der Übersendung von Zahlungsaufforderungen zu verwenden und hierbei im Falle der Nichtzahlung einen negativen Schufa-Eintrag in Aussicht zu stellen. Das Oberlandesgericht hatte im Rahmen seiner Entscheidung einige interessante Feststellungen getroffen:

1. Andeutung einer gegenteiligen Auffassung zum OLG München hinsichtlich der Zulässigkeit des Double-Opt-In-Verfahrens

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 30.09.2013, Az. 1 U 314/12) hatte die Frage dahinstehen lassen, ob die Übersendung einer ersten Bestätigungs-E-Mail mit einem Aktivierungslink im Rahmen des Double-Opt-In-Verfahrens bereits einen Fall der unerlaubten Werbung darstelle (so aber das OLG München, Urteil vom 27.09.2012, Az. 29 U 1682/12), das Oberlandesgericht Frankfurt am Main äußerte jedoch erhebliche Zweifel an der Ansicht, dass die erste Aktivierungslink-E-Mail als Werbung zu qualifizieren sei. Zudem äußerte sich das OLG Frankfurt am Main hinsichtlich des Double-Opt-In-Verfahrens, dass dieses im Ansatz zurecht praktiziert worden sei, allerdings habe die Klägerin im konkreten Verfahren nicht darlegen und beweisen können, dass der Beklagte gerade den Aktivierungslink auch tatsächlich angeklickt habe.

Interessant war auch die dogmatische Einordnung des Unterlassungsanspruchs durch das OLG Frankfurt am Main. Während das LG Frankfurt am Main den Unterlassungsanspruch noch auf einen datenschutzrechtlichen Verstoß gegen § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 4 Abs. 1, 4a, 9 i.V.m. Anlage 1 zu § 9 BDSG gestützt hatte, leitete das OLG Frankfurt am Main den Unterlassungsanspruch aus einem Verstoß gegen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht her, §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB analog i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG.

2. Die Verwendung einer E-Mail-Adresse zur Übersendung von Zahlungsaufforderungen stellt Spam dar, wenn keine vertragliche Grundlage existiert

Das Oberlandesgericht hatte festgestellt, dass die Verwendung einer E-Mail-Adresse zur Übersendung von Zahlungsaufforderungen außerhalb von vertraglichen Verhältnissen unzulässig sei:

"Auf die Berechtigung der klägerischen “Schufa-Warnung” kommt es nicht an, weil der Beklagte einen generellen Anspruch auf Unterlassung der Verwendung seiner E-Mail-Adressen zu geschäftlichen Zwecken außerhalb bestehender Vertragsverhältnisse hat."

3. Das Unterlassungsgebot ist auf konkret bezeichnete E-Mail-Adressen des Betroffenen zu beschränken

Das Gericht hatte angenommen, dass dem Betroffenen kein Anspruch auf Unterlassung der Übersendung unerwünschter Werbe-E-Mails an (irgend-)eine E-Mail-Adresse zustehe, sondern der Umfang des Unterlassungsanspruchs nur die konkrete(n) zu bezeichnende(n) E-Mail-Adresse(n) umfasse:

"Die Berufungsrüge der Klägerin zur Unbestimmtheit des Widerklageantrages bezüglich der erfassten E-Mail-Adressen war allerdings begründet. Der deliktische, quasi-negatorische Unterlassungsanspruch bezieht sich im Gegensatz zum wettbewerbsrechtlichen nur auf bestimmte E-Mail-Adressen (vgl. KG NJW-RR 2005, 51, 52; Dietrich GWR 2012, 102, 103 f. m.w.N.)."

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main vertritt damit eine gegenteilige Auffassung zur bisherigen unterinstanzlichen Rechtsprechung (LG Frankfurt am Main, LG Hagen, LG Berlin, AG Hannover), da die genannten unterinstanzlichen Gerichte den Umfang des Unterlassungsanspruchs auf sämtliche (nicht konkret bezeichneten) E-Mail-Adressen eines Betroffenen beziehen, während das OLG Frankfurt am Main aus dem zivilprozessualen Erfordernis der Bestimmtheit des Klageantrags fordert, dass die konkret betroffene(n) E-Mail-Adresse(n) im Unterlassungsantrag zu bezeichnen seien.

III. Fazit

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sieht in der Übersendung von Zahlungsaufforderungen ohne zugrunde liegende vertragliche Grundlage als unerwünschte E-Mail-Werbung (Spam) an. Zudem weicht das Oberlandesgericht von der bisherigen unterinstanzlichen Rechtsprechung (LG Frankfurt am Main, LG Berlin, LG Hagen) ab und fordert im Rahmen der Bestimmtheit des Unterlassungsantrags, dass der Unterlassungsanspruch des Betroffenen auf die konkrete(n) E-Mail-Adresse(n) zu beschränken sei.

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