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Unzulässigkeit von Skonti wegen Umgehung des „Surcharging-Verbots“ für bargeldlose Zahlungsmittel?

30.04.2019, 12:51 Uhr | Lesezeit: 6 min
Unzulässigkeit von Skonti wegen Umgehung des „Surcharging-Verbots“ für bargeldlose Zahlungsmittel?

Seit dem 13.01.2018 ist es nach dem neuen § 270a BGB verboten, Gebühren für bargeldlose Zahlungsmittel zu erheben. Laut der Gesetzesbegründung greift dieses Verbot auch für Fälle, in denen die Gebührenfreiheit durch die Einräumung von Ermäßigungen oder Anreizsystemen für bestimmte Zahlungsmittel umgangen werden soll. Eine aktuelle Entscheidung des LG Berlin zu eben diesem Umgehungsverbot wirft nunmehr die Frage auf, inwieweit die Gewährung von Skonti und sonstigen Preisnachlässen für bargeldlose Zahlungsarten weiterhin zulässig bleibt. Die IT-Recht Kanzlei klärt auf.

I. Das Surcharging-Verbot des § 270a BGB

In Umsetzung der zweite Zahlungsdiensterichtlinie der EU (RL 2015/2366) gilt in Deutschland seit dem 13.01.2018 das Verbot von Gebühren für den Einsatz bargeldloser Zahlungsmittel nach § 270a BGB. Aufpreise, die Händler für die Verwendung solcher Zahlungsmittel vorsehen, sind unter Geltung der Vorschrift nunmehr unwirksam.

Gemäß § 270a BGB dürfen unter anderem für folgende Zahlungsmittel keine Entgelte erhoben werden:

  • Überweisungen und Lastschriften in Euro, auf die die SEPA-Verordnung anwendbar ist. Darunter fallen alle Zahlungsvorgänge, die mittels einer SEPA-Überweisung, SEPA-Basislastschrift oder SEPA- Firmenlastschrift abgewickelt werden, unabhängig davon, ob der Zahler ein Verbraucher oder ein Unternehmer ist (vgl. dazu BT-Drs. 18/11495, S. 146). Die Folge: Händler dürfen für SEPA-Überweisungen und SEPA-Lastschriften keine Entgelte verlangen. Dies gilt sowohl für Transaktionen von gewerblichen als auch von privaten Kunden.
  • Zahlungsinstrumente, für die mit Kapitel II der MIF-Verordnung eine Begrenzung der Interbankenentgelte festgelegt wird. Darunter fallen alle Debit- und Kreditkarten, die Verbrauchern von sogenannten Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren ausgestellt werden. Dazu gehören die gängigsten Kartenzahlverfahren in der Bundesrepublik, insbesondere die VISA und Mastercard. Unternehmer werden von Kapitel II der MIF-Verordnung nicht erfasst (vgl. dazu BT-Drs. 18/11495, S. 146). Die Folge: Händler dürfen von Verbrauchern, die per VISA oder Mastercard zahlen möchten, keine Entgelte verlangen. Von gewerblichen Kunden, die per Master- oder VISA-Card zahlen möchten, dürfen Händler jedoch weiterhin Entgelte verlangen.

Hinweis: Das Landgericht München I hat mit Urteil vom 13.12.2018 (Az.: 17 HK O 7439/18) festgestellt, dass auch für die Nutzung der Zahlungsart Paypal kein Zahlungsentgelt erhoben werden darf. Insofern sei PayPal bei wertender Betrachtung mit einer SEPA-Überweisung vergleichbar.

Problematisch ist, dass der deutsche Gesetzgeber in seiner Gesetzesbegründung zu § 270a BGB anführt, dass die Norm auch dann berührt sein soll, wenn das Verbot „durch die Einräumung von Ermäßigungen oder Anreizsystemen umgangen" werden soll. Hiermit wollte der Gesetzgeber eine verdeckte Gebührenstruktur dergestalt verhindern, dass sich auf bestimmte Zahlarten gewährte Vergünstigungen faktisch als Gebühren für all diejenigen bargeldlosen Zahlungsmittel auswirkten, auf welche die Vergünstigungen nicht gewährt werden.

Weil der besagte Teil der Gesetzesbegründung weder durch Anwendungsbeispiele noch durch weiterführende erläuternde Hinweise konkretisiert worden ist, sehen Händler nunmehr sämtliche Anreiz- und Vergütungssysteme für bestimmte Zahlungsarten in Gefahr und fürchten insbesondere, Abschläge für die Zahlung per Vorkasse (sog. Skonti) seien nunmehr unzulässig.

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II. Das LG Berlin zu Rabatten auf bestimmte Kartenzahlungen im Fall „Opodo“

Vor diesem Hintergrund sorgte jüngst eine Entscheidung des LG Berlin für Rumore, das mit Urteil vom 21.03.2019 (Az.: 52 O 243/18 – hier abrufbar) dem Reiseportal „Opodo“ unter Berufung auf das Umgehungsverbot untersagte, bei Verwendung bestimmter bargeldloser Zahlungsmittel niedrigere Gesamtpreise als für die übrigen Zahlungsmittel zu verlangen.

Das Reiseportal hatte für Zahlungen mit „Visa Enthropay“ und „Viabuy Prepaid Mastercard“ Endpreise verlangt, die 40€ niedriger waren als bei Zahlung mit gängigen Zahlungsmitteln wie „Visa“, „Mastercard“ und weiteren.

Das Gericht urteilte, dass die Rabattgewährung auf die beiden Zahlungsarten sich als faktisches Entgelt für die übrigen, gängigen Zahlungsmittel auswirke, und daher als Umgehungsversuch gegen § 270a BGB verstoße. Die bei Nutzung der beiden Kreditkartenformate eingeräumte Vergünstigung stelle sich als Gebühr für die übrigen, gängigen Zahlungsmittel dar.

III. Bedeutung des Urteils und Geltung auch für Skontoabschläge auf Vorkasse?

Auch wenn sich dem Urteil des LG Berlin auf den ersten Blick die Aussage entnehmen lässt, die Rabattierung von Endpreisen für bestimmte Zahlungsmittel sei mit § 270a BGB generell unvereinbar, so muss berücksichtigt werden, dass der Entscheidungsfindung eine Sonderkonstellation zugrunde lag, die sich nicht allgemein auf Preisnachlässe für Zahlungsmittel übertragen lässt.

1.) Besonderheit des Urteils: Rabatt nur für exotische Zahlungsmittel

Die Besonderheit der Praxis von „Opodo“ lag darin, Rabatte für exotische, in der Bevölkerung kaum verbreitete Zahlungsmittel zu gewähren und im Gegenzug die gängigen, von einem überwiegenden Bevölkerungsteil genutzten Zahlungsmittel nicht zu rabattieren.

Das LG Berlin sah eine intendierte Umgehung von § 270a BGB also gerade vor dem Hintergrund, dass der günstigste Gesamtpreis nur bei Nutzung von gänzlich unüblichen Bezahlkartenformaten erzielt werden konnte und der gleiche Preis für kein gängiges Zahlungsmittel verlangt wurde. Gerade hierdurch sah das Gericht in der Gesamtpreisdifferenz aber eine Gebühr für alle angebotenen gängigen Zahlungsmittel und wertete die Rabattierung von Zahlmittelexoten als Verstoß gegen § 270a BGB.

2.) Bedeutung für sonstige Ermäßigungen (insbesondere Skonti)

Folge des § 270a BGB ist damit keinesfalls, dass fortan sämtliche Preisnachlässe und Anreizsysteme für einzelne Zahlungsmittel verboten wären.

In gebotener, am Sinn und Zweck der Vorschrift orientierter Auslegung und unter Berücksichtigung des Richterspruchs am LG Berlin ist vielmehr davon auszugehen, dass Rabatte für einzelne bargeldlose Zahlungsmittel nur dann als Verstoß gegen § 270a BGB gewertet werden können, wenn diese Zahlungsmittel unüblich sind und so bei wertender Betrachtung zu einer Verteuerung der anderen gängigen bargeldlosen Zahlungsmittel führen.

Demgegenüber bleiben aber Vergünstigungen zulässig, die (zumindest auch) auf ein gängiges, zumutbares Zahlungsmittel gewährt werden und infolgedessen zu einer Vergünstigung bei diesem gegenüber anderen gängigen Zahlungsmitteln führen.

Ein Zahlungsmittel ist hierbei gängig, wenn es unter den Verbrauchern weit verbreitet ist.

Insbesondere die Praxis, bei der Zahlung per Vorkasseüberweisung einen Preisabschlag (üblicherweise von 2%) zu gewähren, bleibt auch unter Geltung des § 270a BGB unproblematisch.

Für ein generelles Verbot von Ermäßigungen bei Barzahlung oder Überweisung innerhalb kurzer Frist (Skonto) lässt sich in § 270a nämlich keine ausreichende Legitimation erkennen (MüKoBGB/Krüger, §270a, Rn.10).

IV. Fazit: Abschläge auf gängige bargeldlose Zahlungsmittel zulässig

Jüngst schürte eine Entscheidung des LG Berlin (Urteil vom 21.03.2019 - Az.: 52 O 243/18) Ängste der Händler vor einem generellen Verbot von Vergünstigungen für einzelne bargeldlose Zahlungsmittel. Aus dem Vorwurf einer intendierten Umgehung des § 270a BGB heraus hatte das Gericht einem Reiseportal untersagt, bei Zahlung mit bestimmten, unüblichen Kreditkartenformaten geringere Endpreise zu verlangen als bei Zahlung mit gängigen Zahlungsmitteln.

Die Reichweite des Urteils sollte allerdings nicht überschätzt werden, weil dieses Abschläge auf bargeldlose Zahlungsmittel keineswegs allgemein für unzulässig erklärt. Aus der Entscheidung zu folgern ist vielmehr nur, dass eine verbotene Umgehung des „Surcharging-Verbots“ nach § 270a BGB jedenfalls dann vorliegt, wenn Vergünstigungen nur auf exotische bargeldlose Zahlungsmittel gewährt werden, weil sich dies faktisch als Gebühr für ebenfalls angebotene gängige Zahlungsmittel auswirke.

Im Umkehrschluss bleibt es unter Geltung des § 270a BGB aber weiterhin zulässig, bestimmte gängige bargeldlose Zahlungsmittel wie etwa die Zahlung per Vorkasse mit einem Skonto zu rabattieren. In diesem Fall kann von der Vergünstigung aufgrund der weiten Verbreitung des Zahlungsmittels nämlich tatsächlich eine Vielzahl von Käufern profitieren, sodass bei wertender Betrachtung eine faktische Verteuerung der anderen, nicht rabattierten Zahlungsmittel entfällt.

Werden Nachlässe auf einzelne von mehreren gängigen Zahlungsmitteln gewährt, liegt hierin grundsätzlich kein Verstoß gegen § 270a BGB.

Weitere Hinweise zur Zulässigkeit von Ermäßigungen und Anreizsystemen nach § 270a BGB hält die IT-Recht-Kanzlei in diesem Beitrag bereit.

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