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Gerangel um Widerrufs- und Anfechtungsrechte - eine FAQ

11.08.2006, 00:00 Uhr | Lesezeit: 8 min
Gerangel um Widerrufs- und Anfechtungsrechte - eine FAQ

Um bei eBay auf der rechtlich sicheren Seite zu stehen, bedarf es nur der Kenntnis einiger weniger grundlegender Entscheidungen. Nicht mehr aber auch nicht weniger. Darüber hinaus schadet es natürlich auch nicht, sich bei Interesse mit ein paar spezielleren Rechtsfragen mit eBay-Bezug zu beschäftigen. Um hierbei eine wirkungsvolle Hilfestellung zu leisten, wird nachfolgend durch ein einfaches „Frage- und Antwortspiel” und der Verlinkung der zugrunde liegenden Urteile die Problematik der "Ausübung der Widerrufs- und Anfechtungsrechte" rechtlich näher beleuchtet:

 

Frage Nr.1: Haben Verbraucher ein Widerrufsrecht bei eBay?

Ja, und zwar immer dann, wenn der eBay-Verkäufer ein Profi-Verkäufer ist, also gewerblich handelt.

In einem solchen Fall ist dem Verbraucher , der Waren von gewerblichen Anbietern ersteigert hat, ein einonatiges Widerrufsrecht zuzugestehen. Das dem Verbraucher auch auf der eBay Plattform ein Widerrufsrecht zusteht, wurde bereits im Jahre 2004 durch ein Grundsatzurteil des BGH entschieden (Urteil vom 3.11.2004, Az. VIII ZR 375/03).

Hintergrund zum Sachverhalt des zugrundeliegenden BGH-Fall: Zu entscheiden hatte der Bundesgerichtshof über die Versteigerung eines „Diamant-Armbands mit 15 Karat Edelsteinen und 15 Karat Gold”, welches für 252,51 Euro ersteigert wurde. Der Ersteigerer war jedoch mit dem Geschäft nicht zufrieden. So machte er geltend, dass die Edelsteine künstlich hergestellt wären und das Gold zudem nur aus einer dünne Schicht bestehe. Der Käufer schickte daraufhin das Armband zurück und verweigerte die Bezahlung. Zu Recht, befanden die Richter in Karlsruhe. Genau wie bei jedem anderen Versandgeschäft steht Ebay-Käufern ein einmonatiges Widerrufsrecht zu. Voraussetzung: Der Verkäufer handelt gewerblich. Rechtlicher Hintergrund des BGH-Fall: Prinzipiell gilt das Widerrufsrecht für alle sog. Fernabsatzverträge. Eine Ausnahme macht das Gesetz jedoch für Versteigerungen – hier wird das Widerrufsrecht ausgeschlossen (vgl. § 312d IV Nr. 5 BGB) . Rechtlich umstritten war im oben dargestellten Fall nun, ob eBay-Auktionen rechtlich als Versteigerung i.S.d. § § 312d IV Nr.5 einzuordnen waren oder nicht. Nach dem Bundesgerichtshof stellen eBay-Auktionen jedoch definitiv keine Versteigerung dar. Dies begründete der BGH wie folgt: Bei typischen Versteigerungen komme der Vertrag durch den Zuschlag des Auktionators zustande. Bei eBay entfalle jedoch ein solcher Zuschlag und der Käufer nehme selbst das Vertragsangebot an – einfach dadurch, dass er bis zum Auktionsablauf den höchsten aller gesetzten Preise geboten hat. Eben dadurch unterscheide sich eine eBay-Auktion von einer Versteigerung grundlegend.

Nein, und zwar dann nicht, wenn es sich um einen Privatverkauf handelt – der Versteigerer also kein Unternehmer i.S.d. § 14 BGB ist. Für Privatverkäufer gilt das erwähnte Widerrufsrecht eben nicht (häufiges Missverständnis unter Laien).

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Frage Nr.2: Wie übt man sein Widerrufsrecht richtig aus?

Prinzipiell kann der eBay-Käufer (als Verbraucher) einen Monat lang das Geschäft gegenüber dem eBay-Verkäufer (als Unternehmer) widerrufen. Nun beginnt aber die einmonatige Frist nicht bereits ab dem Auktionsablauf zu laufen sondern ünerhaupt immer erst dann, wenn der eBay-Käufer korrekt über sein Widerrufsrecht belehrt wurde. Nur wenn diese Belehrung erfolgt ist, hat der Käufer auch überhaupt die Widerrufsfrist zu beachten. Fehlt dagegen eine entsprechende Belehrung oder wurde sie etwa mangelhaft formuliert, fängt die Widerrufsfrist auch nicht an zu laufen.

Hinweis: Der gewerbliche eBay-Verkäufer hat direkt in seinem Angebotstext den Käufer auf sein ihm zustehendes einmonatiges Widerrufsrecht hinzuweisen. Erst kürzlich hatte das Oberlandesgericht Hamm über einen Sachverhalt zu entscheiden, in welchem ein professioneller Ebay-Verkäufer die Widerrufsbelehrung auf der so genannten „mich”-Seite (eine Art elektronischer Visitenkarte bei Ebay), platziert hatte. Das Gericht war der Meinung, das dort eBay-Käufer keine Rechtsbelehrungen erwarten müssen. Konsequenz: Die Frist des Widerrufsrechts beginn hier nicht zu laufen.

Der Widerruf kann übrigens per Fax, Brief oder auch E-Mail erfolgen. Dabei gilt auch die Rücksendung der Ware als konkludent vorgenommener Widerruf.

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Frage Nr.3: Welche Folgen hat eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung?

Eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung kann nach dem Oberlandesgericht Koblenz zur Konsequenz haben, dass sich das Widerrufsrecht des eBay-Käufers auf 6 Monate oder unter bestimmten Umständen auf unbestimmte Zeit verlängert.

Hinweis: Zugleich wies das OLG Koblenz darauf hin, dass eine Widerrufsbelehrung eine ladungsfähige Anschrift haben müssen. Der bloße Hinweis auf das „Postfach” genüge in diesem Zusammenhang nicht.

Vgl. dazu Urteil des OLG Koblenz (09.01.2006, Az. 12 U 740/04)

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Frage Nr.4: Genügt eine (isolierte) Widerrufsbelehrung auf der "Mich-Seite" bei eBay?

Nein. Das Oberlandesgericht Hamm stellte insoweit klar, dass bei Fernabsatzgeschäften die Pflicht besteht, den Verbraucher klar und verständlich auf sein Widerrufsrecht hinzuweisen, § 312 c Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 9 BGB Info Verordnung.

Eine (isolierte)Widerrufsbelehrung verstoße jedoch gegen eine solche Verpflichtung, da unter der Rubrik „mich" niemand Belehrungen über ein Widerrufsrecht des Käufers vermute. Dies schon aus dem Grund, da die Belehrung über das Widerrufsrecht kaufbezogen und nicht verkäuferbezogen sei. Das „mich" finde sich jedoch unter der Rubrik „Angaben zum Verkäufer". Wer sich über die Modalitäten des Angebotes unterrichten wolle, komme deshalb nicht auf den Gedanken, das „mich" anzuklicken. Tue der Kaufinteressent dies dennoch, weil er sich weitere Angaben über den Verkäufer verschaffen wolle, stoße er dabei zwar auch auf die Widerrufsbelehrung. Dies geschehe dann aber nur mehr zufällig im Rahmen der Suche nach Angaben, die mit diesem Widerrufsrecht nichts zu tun haben. Das stelle aber keine klare und unmissverständliche Belehrung über das Widerrufsrecht dar, wie es vom Gesetz gefordert wird.

Anmerkung: Diese Auffassung wurde im übrigen durch das LG Bochum gestützt, welches in einem ähnlich gelagerten Fall über eine einstweilige Verfügung gegen einen eBay-Anbieter zu entscheiden hatte.

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Frage Nr.5: Genügt es, wenn eine Widerrufsbelehrung nur auf der jeweiligen eBay-Shopseite des Anbieters und dort unter dem Link „Shop-Bedingungen” platziert ist?

Zumindest nach dem LG Traunstein hat man damit die gesetzlichen Vorgaben erfüllt. So reiche es aus, dass „die vom Gesetz geforderten Pflichtangaben durch einen Link zugänglich und ohne weiteres erkennbar gemacht werden.” Schließlich könne „ein Verbraucher diese Pflichtangaben nicht deshalb weniger leicht zur Kenntnis nehmen, nur weil sie nicht auf der ersten Seite vollständig ausgeführt sind.” Ließe sich daher durch einen einzigen Mausklick auf den Link „Shop-Bedingungen” die Hinweise zum Widerrufsrecht unter der Überschrift „Lieferbedingungen” finden, genüge diese Gestaltung den Anforderungen des § 312 c BGB in Verbindung mit § 1 BGB-Info-VO.
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Frage Nr.6: Was ist zu beachten, wenn man den über eBay getätigten Kaufvertrag anfechten möchte?

Im Grunde genommen drei Dinge:

- Oftmals wird es „bequemere” Möglichkeiten als die Anfechtung geben, sich von einem über ebay geschlossenen Kaufvertrag wieder zu lösen. Zu nennen wäre insoweit etwa das Widerrufsrecht, welches jedem eBay Käufer (als Verbraucher) für den Fall zusteht, dass der Verkäufer ein „Unternehmer” i.S.d. § 14 BGB ist. - Eine Anfechtung unterliegt Fristen und ist in der Regel „unverzüglich” zu erklären. Beispiel: Das LG Bonn hatte sich mit einem ebay-Fall zu beschäftigen, wonach ein eBay-Händler Briefmarken des Deutschen Reichs in der Qualitätsstufe „**” (Postfrisch mit Originalgummi”) ab 630,00 € angeboten hatte. Nach Auktionsschluß bat der Meistbietende um Übersendung und Bestätigung der Qualität. Der Händler teilte ihm daraufhin mit, dass die Briefmarken nur die schlechtere Qualitätsstufe „*” (postfrisch mit Falzrest) hätten. Dies ergebe sich schon anhand des niedrigen Preises. Im Zuge einiger darauf folgender Schriftwechsel gerieten die Parteien aneinander, weil der Zustand der Briefmarken mit Hilfe einer in den Fachkreisen üblichen Abkürzung falsch beschrieben worden war. Der Händler erklärte daraufhin nach ca. drei Wochen die Anfechtung des Vertrages wegen eines Irrtums. Vor Gericht unterlag der Händler. Zwar war die Annahme einer Anfechtung wegen Irrtums durchaus denkbar. Allerdings muss eine Anfechtung wegen Irrtums unverzüglich erklärt worden sein. ”Unverzüglich” bedeutet in diesem Fall „ohne schuldhaftes Verzögern” – demnach muss gleich nach der „Irrtumsentdeckung” die Anfechtung erklärt werden (§ 121 BGB) . Im vorliegenden Fall schied jedoch eine Anfechtung aus, da sie mit 3 Wochen Verspätung abgegeben worden war und in dem Sinne nicht mehr als „unverzüglich” eingestuft werden konnte.

- Eine Anfechtung bedarf (neben der fristgerechten Anfechtungserklärung, s.o.) auch eines Anfechtungsgrunds. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn bei Abgabe des Gebotes ein Irrtum über die Beschaffenheit der Kaufsache bestand.

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Frage Nr.7: Was gilt eigentlich bei den immer wieder öffentlichwirksamen eBay-Fällen, bei denen Leistung und Gegenleistung extrem auseinanderfallen. Beispiel: Höchstes Gebot für BMW 320i Cabrio, Baujahr 1995 beträgt nur 63 EUR. Muss der Verkäufer nun seinen BMW für 63 Euro hergeben?

Ja, selbstverständlich muss er das. Das Landgericht Bonn argumentierte in diesem Fall wie folgt:

- Kaufvertrag (+) In dem oben vorgestellten BMW-Sachverhalt wurde ein ganz normaler Kaufvertrag gem. § 433 BGB geschlossen. Bereits indem der Verkäufer den Pkw zwecks Durchführung einer Online-Auktion auf die Internetverkaufsplattform eBay eingestellt hat, hat er eine verbindliche Willenserklärung, gerichtet auf den Abschluss eines Kaufvertrages, abgegeben. Durch das online abgegebene Gebot des Käufers über 63 EUR hat dieser seinerseits eine auf den Abschluss des Kaufvertrages gerichtete Willenserklärung abgegeben und damit die Annahme erklärt.

- Sittenwidrigkeit des Kaufvertrages (-) Der Kaufvertrag ist auch wirksam. Er ist insbesondere nicht wegen Sittenwidrigkeit im Sinne des § 138 Abs. 1, 2 BGB nichtig. Denn neben einem objektiv sittenwidrigen Handeln setzen der Tatbestand des § 138 Abs. 1 BGB sowie der des Wuchers gemäß § 138 Abs. 2 BGB zusätzlich ein subjektives Element voraus, etwa eine verwerfliche Gesinnung. Eine solche ist aber bei einer Geschäftsabwicklung über eBay im Regelfall einem normalen eBay-Geschäft nicht zu erkennen.

- Anfechtung des Kaufvertrages (-) Der Verkäufer machte zwar geltend, ein Gebot über 63 EUR habe er "nie annehmen wollen". Darin ist jedoch kein Fehler in der Erklärung oder ein Irrtum über deren Bedeutung oder Tragweite zu sehen. Denn es stand dem Kläger nicht zu, ein Gebot, das mindestens 1,00 EUR betragen hätte, anzunehmen oder abzulehnen.

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Bildquelle:
A.Dreher / PIXELIO

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