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Die Geltung des Fernabsatzwiderrufsrechts für Verbraucher aus dem Nicht-EU-Ausland

21.02.2014, 15:36 Uhr | Lesezeit: 13 min
Die Geltung des Fernabsatzwiderrufsrechts für Verbraucher aus dem Nicht-EU-Ausland

Wer als Online-Händler gerne Waren an Verbraucher im Nicht-EU-Ausland verkaufen möchte, steht vor der Frage, wie mit dem Fernabsatzwiderrufsrecht umzugehen ist. Steht den Verbrauchern das Widerrufsrecht auch bei internationalen Verkäufen ins außereuropäische Ausland zu? Falls ja, können Webshop-Betreiber das Widerrufsrecht durch AGB-Klauseln ausschließen? Die IT-Recht Kanzlei erläutert die relevanten Rechtsfragen und stellt mögliche Lösungen für Online-Händler vor.

I. Die Probleme des weltweiten Online-Verkaufs an Verbraucher

Das Internet ist international, so auch das Online-Shopping. Für Lieferungen ins Ausland werden die Lieferzeiten kürzer und die Versandkosten günstiger. Dies gilt vor allem für Lieferungen innerhalb des zusammen wachsenden EU-Binnenmarktes – aber nicht nur. Lieferungen ins außereuropäische Ausland werden ebenso einfacher, auch wenn Zollbeschränkungen noch ein Hindernis sein können. Der Verkauf von Waren aus einem deutschen Webshop etwa an US-amerikanische, japanische, brasilianische oder australische Verbraucher kann im Einzelfall und bei besonderen Waren lukrativ sein – wäre da nicht das Fernabsatzwiderrufsrecht. Der Widerruf eines Fernabsatzvertrags ist für gewerbliche Verkäufer häufig mit hohen Kosten verbunden – müssen sie doch regelmäßig sowohl die Hin- als auch die Rücksendekosten tragen. In der Summe kann das bei weiten Lieferwegen teuer werden.

Daher stellt sich die Frage, ob das Fernabsatzwiderrufsrecht auch Verbrauchern aus dem Nicht-EU-Ausland zusteht.

II. Die Geltung des deutschen Verbraucherschutzrechts für Verbraucher aus Nicht-EU-Staaten

Ob einem Verbraucher in einem Nicht-EU-Staat das deutsche bzw. EU-Fernabsatzwiderrufsrecht zusteht, hängt davon ab, das Recht welches Staates auf den Kaufvertrag zwischen dem deutschen gewerblichen Verkäufer und dem Verbraucher Anwendung findet. Entscheidend hierfür ist, ob die beiden Vertragsparteien eine bestimmte Rechtswahl vereinbart haben, etwa per Rechtswahlklausel in den AGB des gewerblichen Verkäufers.

1. Geltendes Recht ohne Rechtswahl

Haben sich weder der gewerbliche Verkäufer mit Sitz – und Webshop – in Deutschland noch der Verbraucher im Nicht-EU-Ausland Gedanken darüber gemacht, das Recht welches Staates auf den gemeinsamen Fernabsatzvertrag angewendet werden soll, dann gilt gemäß Artikel 6 Absatz 1 der Rom I-Verordnung („Verordnung (EG) Nr. 593/2008 vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht“) das Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn – grob gesagt – der Webshop-Betreiber seinen Geschäftsbetrieb zumindest auch in diesem Land ausübt oder auf dieses Land ausgerichtet hat.

Beispiel:

Bestellt somit ein Verbraucher, der sich für gewöhnlich in Japan aufhält, in einem deutschen Webshop Schuhe und lässt sich diese nach Japan liefern, so gilt für den vereinbarten Kaufvertrag das japanische Recht samt der dann ggf. geltenden japanischen Verbraucherschutzbestimmungen.

Keine Rolle dabei spielt, welche Staatsangehörigkeit der Verbraucher hat. Japanisches Recht gilt somit unabhängig davon, ob der Verbraucher, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Japan hat, Japaner, Deutscher, Franzose oder US-Amerikaner ist, also welche Staatsangehörigkeit er besitzt.

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2. Geltendes Recht bei Wahl deutschen Rechts

Haben die beiden Vertragsparteien gemäß Artikel 3 Absatz 1 der Rom I-Verordnung vereinbart, dass deutsches Recht – ggf. unter Ausschluss des UN-Kaufrechts (kurz: CISG für „United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods“) gilt, dann gilt das deutsche Fernabsatzwiderrufsrecht auch für diejenigen Verbraucher, die in Staaten außerhalb der EU leben. Eine solche Rechtswahl kann entweder im Einzelfall individualvertraglich zwischen den Vertragsparteien vereinbart werden oder in Form einer sog. Rechtswahlklausel etwa in den AGB des gewerblichen Verkäufers geregelt werden.

Neben dem deutschen Recht können die Vertragsparteien – beinahe vollkommen unabhängig davon, in welchem Staat sie ihren jeweiligen Sitz haben bzw. sie sich für gewöhnlich aufhalten – ebenso frei vereinbaren, dass das Recht eines anderes EU- oder Nicht-EU-Staates auf den gemeinsamen Fernabsatzvertrag anwendbar ist.

Vereinbaren die Vertragsparteien nach Artikel 3 Absatz 1 der Rom I-Verordnung die Anwendung des Rechts eines bestimmten Staates, so können sich die Verbraucher nach Artikel 6 Absatz 2 der Rom I-Verordnung stets auf das zwingende Verbraucherschutzrecht desjenigen Staates berufen, in dem sie sich für gewöhnlich aufhalten.

Somit bildet das heimische Verbraucherschutzrecht stets das Mindestmaß an Verbraucherschutz – ein Weniger an Schutz kann es für Verbraucher also nie geben.

Beispiel:

Vereinbart somit ein Webshop-Betreiber mit Sitz in Deutschland – per AGB-Klausel oder individualvertraglich – mit einem Verbraucher, der in Brasilien wohnt und lebt, die Anwendung deutschen Rechts auf den gemeinsamen Kaufvertrag als Fernabsatzvertrag, so gilt grundsätzlich deutsches Recht. Zugleich kann sich der Verbraucher aus Brasilien gemäß Artikel 6 Absatz 2 der Rom I-Verordnung jedoch darüber hinaus stets auf das ihn weiterhin schützende – soweit vorhanden – brasilianische Verbraucherschutzrecht berufen. Das gilt unabhängig davon, ob die Parteien dies bei ihrem Vertragsschluss in irgendeiner Form berücksichtigt haben.

Keine Rolle spielt dabei, ob der dauerhaft in Brasilien lebende Verbraucher die brasilianische, deutsche oder anderweitige Staatsbürgerschaft hat. Kurioserweise gilt für den Verbraucher mit dauerhaftem Aufenthalt (Wohnen und Leben) in Brasilien auch dann das brasilianische Verbraucherschutzrecht, wenn er bei einem zweiwöchigen Urlaub in Deutschland Waren im Internet bestellt und sich ins Hotel liefern lässt.

III. Möglichkeiten des Ausschlusses deutschen Verbraucherschutzrechts für Verbraucher aus dem Nicht-EU-Ausland

Für Webshop-Betreiber ist es attraktiv, das den Verbrauchern gesetzlich zustehende Fernabsatzwiderrufsrecht möglichst weitgehend für Verbraucher mit gewöhnlichem Aufenthalt im Nicht-EU-Ausland auszuschließen. Dies hängt vor allem mit den Kosten und Komplikationen von möglichen Rückabwicklungen solcher Kaufverträge zusammen. Denn in aller Regel muss der gewerbliche Verkäufer als Unternehmer sowohl die Hin- als auch die Rücksendekosten tragen – und gerade diese Kosten können beim Versand ins Nicht-EU-Ausland besonders hoch ausfallen.

Auch Verbraucher mit gewöhnlichem Aufenthalt im Nicht-EU-Ausland könnten ein Interesse am Ausschluss des Fernabsatzwiderrufsrechts haben. So wären die Preise der Waren und die Versandkosten wohl niedriger, weil die Unternehmer das Risiko des Widerrufs nicht mehr einpreisen müssten. Zudem wären die Verbraucher mit Wohnsitz im Nicht-EU-Ausland so oder so durch das zwingende Verbraucherschutzrecht des Staates, in dem sie sich für gewöhnlich aufhalten, geschützt – den Schutz kann ihnen aus Sicht des deutschen und EU-Rechts nicht genommen werden.

Im Rahmen einer geschickten Vertragsgestaltung bieten sich dem gewerblichen Verkäufer folgende Lösungen für den Ausschluss des Fernabsatzwiderrufsrechts an.

1. Vereinbarung des Rechts eines Nicht-EU-Staates als Vertragsstatut für Fernabsatzverträge mit Verbrauchern mit gewöhnlichem Aufenthalt im Nicht-EU-Ausland

Eine Lösung besteht darin, für Fernabsatzverträge mit Verbrauchern, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Nicht-EU-Staat haben (z. B. in Japan, Australien, China oder den USA), das Recht eines Nicht-EU-Staates als Vertragsstatut, d. h. als auf den Vertrag anwendbares Recht gemäß Artikel 3 Absatz 1 der Rom I-Verordnung zu bestimmen.

Dies könnte entweder individualvertraglich oder per Rechtswahlklausel in AGB erfolgen. Dabei könnte – müsste aber nicht – das gewählte Recht dem Recht desjenigen Staates entsprechen, in dem der jeweilige Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Die Rechtswahl könnte dabei selbstverständlich auch ausschließlich für diese Gruppe Verbraucher vorgenommen werden. Mit anderen Worten könnte man für Verbraucher mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland oder im sonstigen EU-Raum deutsches und für Verbraucher mit gewöhnlichem Aufenthalt außerhalb der EU (und des Europäischen Wirtschaftsraums, kurz: EWR) ausländisches Recht als anwendbares Recht bestimmen.

Beispiel für eine solche AGB-Klausel:

Für Verbraucher und für sonstige Personen mit gewöhnlichem Sitz oder Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses findet deutsches Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts Anwendung.

Für Verbraucher mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem Staat, der weder der EU noch dem EWR angehört, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses findet japanisches Recht (alternativ etwa auch: das Recht des Staates, in dem der Verbraucher zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat) Anwendung.

Unabhängig von dieser Rechtswahl gilt für Verbraucher stets auch das zwingende Verbraucherschutzrecht des Staates, in dem sie zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Die Wirksamkeit eines solchen Ausschlusses des deutschen Verbraucherschutzrechts per Rechtswahl ist jedoch rechtlich nicht unumstritten. Zudem kennen sich die gewerblichen Verkäufer häufig nicht in dem für sie fremden ausländischen Recht aus.

Nach Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (kurz: EGBGB), das neben der Rom I-Verordnung ebenfalls Regelungen des internationalen Privatrechts enthält, könnten sich allerdings auch Verbraucher mit gewöhnlichem Aufenthalt außerhalb der EU und des EWR (wie etwa in Japan, Australien etc.) möglicherweise auf das EU-Verbraucherschutzrecht berufen. Denn nach Artikel 46b Absatz 1 EGBGB sind die im Gebiet eines EU- oder EWR-Staates geltenden Bestimmungen zur Umsetzung der Verbraucherschutzrichtlinien (wie etwa der Fernabsatzrichtlinie) anzuwenden, selbst wenn ein Vertrag aufgrund einer Rechtswahl nicht dem Recht eines Mitgliedstaates der EU oder des EWR unterliegen soll, wenn der Vertrag einen engen Zusammenhang mit dem Gebiet eines EU- oder EWR-Staates aufweist.

Wann ein enger Zusammenhang anzunehmen ist, wird in Artikel 46b Absatz 2 EGBGB genauer ausgeführt. Demnach ist ein enger Zusammenhang insbesondere dann anzunehmen, wenn der Unternehmer in dem Mitgliedstaat der EU oder des EWR, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche Tätigkeit u. a. auf einen solchen Staat ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt.

Geht es nach diesen Regelbeispielen, so scheint das Gesetz nur solche Fälle im Blick zu haben, bei denen von den Vertragsparteien zwar nicht das Recht eines EU-Mitgliedstaates als Vertragsstatut vereinbart ist, der davon betroffene Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt jedoch (stets) innerhalb des EU- oder EWR-Raums hat.

Beispiel:

Ein Webshop-Betreiber erklärt in seinen AGB das japanische Recht als Vertragsstatut. Verbraucher mit gewöhnlichem Aufenthalt in der EU können sich nach Artikel 46b EGBGB dann aber trotzdem auf die verbraucherschützenden Vorschriften der EU wie die der Fernabsatzrichtlinie und den damit verbundenen Fernabsatzwiderrufsrechten berufen.

Zwar scheint es dem Gesetzgeber bei der Regelung des Artikel 46b Absatz 1 EGBGB lediglich darauf anzukommen, dass den Verbrauchern, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der EU und dem EWR haben (also „EU-Verbraucher“), nicht der europäische Verbraucherschutz durch Wahl des Rechts eines Nicht-EU-Staates entzogen wird. Allerdings sind in Artikel 46b Absatz 2 EGBGB lediglich Regelbeispiele enthalten – andere Fallkonstellationen sind daher denkbar.

Die Formulierung des entscheidenden Artikel 46b Absatz 1 EGBGB spricht nämlich lediglich von einem „engen Zusammenhang“, den der entsprechende Vertrag mit einem EU- bzw. EWR-Staat haben muss. Ein solcher enger Zusammenhang könnte im Einzelfall jedoch dann bereits anzunehmen sein, wenn ein Unternehmer über einen deutschen Webshop Waren ins Nicht-EU-Ausland verkauft. Denn immerhin wird der Webshop in Deutschland oder von Deutschland heraus betrieben, so dass man einen engen Zusammenhang zur Bundesrepublik Deutschland, und damit zu einem EU-Mitgliedstaat nicht vollkommen von der Hand weisen kann.

Eine derart enge Auslegung der Vorschrift scheint der deutsche Gesetzgeber allerdings nicht gewollt zu haben, wenn man die Regelbeispiele des Artikel 46b Absatz 2 EGBGB als entsprechendes Indiz betrachtet. Zudem ist nicht ersichtlich, warum der deutsche Gesetzgeber oder die EU Verbraucher aus dem Nicht-EU-Ausland schützen wollen sollte. Vielmehr ging es dem Gesetzgeber wohl eher darum, alleine Verbraucher in der EU vor dem Entzug ihrer EU-Verbraucherschutzvorschriften zu bewahren.

Beispiel:

Ein kanadisches Unternehmen verkauft über einen Webshop weltweit Waren, die es u. a. nach Deutschland liefert. A, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (also in Deutschland lebt), bestellt bei dem kanadischen Unternehmen ein Paar Schuhe. Das kanadische Unternehmen regelt in seinen AGB („Terms and Conditions“), dass das Recht der Provinz Ontario auf den Vertrag Anwendung findet. Nach der Regelung in Artikel 46b Absatz 1 und Absatz 2 EGBGB stehen dem A dennoch bestimmte Verbraucherschutzrechte wie etwa das Fernabsatzwiderrufsrecht zu – obwohl dies dem kanadischen Unternehmen möglicherweise noch nicht einmal bekannt ist.

Geschützt werden durch die Regelung in Artikel 46b EGBGB daher wohl lediglich Verbraucher in der EU – und nicht etwa Verbraucher aus Nicht-EU-Staaten.

2. Verkauf ins Nicht-EU-Ausland nur an gewerbliche Käufer

Eine weitere Möglichkeit, das Fernabsatzwiderrufsrecht für Verträge mit Verbrauchern mit gewöhnlichem Aufenthalt im Nicht-EU-Ausland auszuschließen, könnte darin bestehen, die Waren nur an gewerbliche Käufer zu verkaufen – und damit Verbrauchern aus dem Weg zu gehen.

Dazu sollte sich der Verkäufer – etwa durch Setzen eines Häkchens in ein Kästchen – bestätigen lassen, dass der jeweilige Käufer, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des EU- und EWR-Raums hat, den Vertrag in Ausübung seiner gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit abschließt, also Unternehmer i. S. d. § 14 BGB ist. Zudem sollte ein entsprechender Passus in die AGB des gewerblichen Verkäufers aufgenommen werden.

Beispiel für eine solche AGB-Klausel:

Es gilt deutsches Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts.
Unabhängig davon gilt für Verbraucher das zwingende Verbraucherschutzrecht des Staates, in dem sie zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem Staat, der weder der Europäischen Union (EU) noch dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) angehört, können nur dann Käufer sein, wenn sie den Vertrag in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit abschließen. Mit Zustimmung zu diesen AGB bestätigen diese Personen den Vertragsschluss zum Zwecke ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit.

3. Vereinbarung deutschen Rechts unter Ausschluss des deutschen Verbraucherschutzrechts

Alternativ hierzu wäre auch eine andere vertragliche Gestaltung zum Ausschluss des Fernabsatzwiderrufsrechts für Verbraucher mit gewöhnlichem Aufenthalt im Nicht-EU-Ausland denkbar.

So könnte der gewerbliche Verkäufer – etwa in seinen AGB – mit Käufern mit gewöhnlichem Aufenthalt außerhalb der EU und des EWR vereinbaren, dass deutsches Recht unter Ausschluss des deutschen Verbraucherschutzrechts gilt.

Eine solche partielle Rechtswahl lässt Artikel 3 Absatz 1 der Rom I-Verordnung grundsätzlich zu. Zudem schützt der auf EU-Recht zurückgehende deutsche Verbraucherschutz seiner Konzeption nach solche Verbraucher nicht, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb der EU und des EWR haben, so dass ein Ausschluss des Verbraucherschutzes aus der Sicht des deutschen Rechts kein rechtliches Problem darstellen sollte.

Allerdings bleibt es fraglich, ob die Rechtsprechung dies im Streitfalle genauso sehen würde. Soweit ersichtlich sind bislang noch keine Entscheidungen zu dieser Thematik ergangen. Daher ist diese rechtliche Konstruktion noch mit Rechtsunsicherheit behaftet.

Beispiel für eine solche AGB-Klausel:

Für Verbraucher und für sonstige Personen mit gewöhnlichem Sitz oder Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gilt deutsches Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts.

Für Verbraucher mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem Staat, der weder der EU noch dem EWR angehört, findet deutsches Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts sowie des deutschen Verbraucherschutzrechts Anwendung.

Unabhängig von dieser Rechtswahl gilt für Verbraucher stets auch das zwingende Verbraucherschutzrecht des Staates, in dem sie zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Offen erscheint bei einer solchen Klausel jedoch, ob sie möglicherweise als zu unbestimmt und damit als unwirksam i. S. d. deutschen AGB-Rechts betrachtet werden könnte.

IV. Fazit

Das Fernabsatzwiderrufsrecht ist ein Segen für Verbraucher – jedoch Fluch für die gewerblichen Verkäufer. Denn sie müssen nicht nur bereits einmal erfolgreich verkaufte Waren ein weiteres Mal verkaufen, sondern dem Widerrufenden auch noch die Kosten für die Hin- und die Rücksendung erstatten. Während dies im inländischen Handel noch zumutbar sein mag, so stellt dies bereits im binneneuropäischen Handel eine kostspielige Herausforderung dar. Erst Recht kostenintensiv wird es für den Verkäufer, wenn Verbraucher aus dem außereuropäischen Ausland nach Zusendung der Ware den Vertrag widerrufen und die Ware auf Kosten des Verkäufers zurückschicken.

Diesem Problem kann ein Webshop-Betreiber auf zweierlei Arten begegnen. Zum einen könnte er Verkäufe an Verbraucher im Nicht-EU-Ausland vermeiden, also seinen Geschäftsbetrieb einschränken. Zum anderen könnte er durch geschickte Vertragsgestaltung das Fernabsatzwiderrufsrecht für Verbraucher mit gewöhnlichem Aufenthalt im Nicht-EU-Ausland ausschließen. Soweit ersichtlich sind die entsprechenden Lösungen allerdings in der Praxis noch nicht erprobt und bergen daher eine gewisse Rechtsunsicherheit.

Dabei sollte nicht unbeachtet bleiben, dass einem Verbraucher aus dem Nicht-EU-Ausland die Durchsetzung seiner Rechte im Zweifel zu aufwendig ist – wenn er seine Rechte überhaupt kennt. Klagt er diese zudem vor einem Gericht seines Aufenthaltsstaates ein, so ist darüber hinaus ungewiss, ob das Gericht das deutsche Recht überhaupt zur Kenntnis nimmt und anwendet.

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