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Werbung: Wie lange ist jahrelange Erfahrung?

29.06.2021, 17:08 Uhr | Lesezeit: 3 min
Werbung: Wie lange ist jahrelange Erfahrung?

Was genau bedeutet "jahrelange Erfahrung"? Mit einem solchen Werbeslogan musste sich das OLG Frankfurt (Urteil vom 25.03.2021, 6 U 212/19) auseinandersetzen. Das beklagte Unternehmen hatte mit jahrelanger Erfahrung in einem bestimmten Bereich geworben – und war dabei lediglich 3 Jahre tätig. Den Richtern reichte das im Ergebnis aus, um eine Irreführung abzulehnen....

Spitzfindig: Langjährig = jahrelang?

Dieser Fall setzt eine gewisse sprachliche Detailliebe voraus: Die Beklagte hatte unter anderen damit geworben:

„….Unsere jahrelange Erfahrung im Bereich der Whirlpools hat gezeigt, ...“

„…. das Ergebnis unserer jahrelangen Erfahrung im Wellness-Bereich ...“

Die Klägerin hielt die Werbung mit „jahrelanger Erfahrung“ für irreführend und klagte auf Unterlassung.

Grund: Die Beklagte sei erst im Juli 2018 ins Handelsregister eingetragen worden und mithin erst rund 3 Jahre tätig– es könne also keine Rede von einer jahrelangen Erfahrung sein. Die Klägerin sah die Bezeichnung „jahrelang“ als Synonym für „langjährig“ an. Während das Ausgangsgericht dem noch zustimmte, sah das Berufungsgericht dies nun anders:

„Langjährig“ umschreibt eine längere Zeitspanne als „jahrelang“. Von einer „jahrelangen“ Dauer kann schon bei einer Dauer zwei Jahren gesprochen werden, „langjährig“ bezeichnet dagegen eine lange Reihe von Jahren.

Damit widersetzte sich das Gericht im Ergebnis den Aussagen des ehrwürdigen Dudens:

„Dort werden verschiedene Synonyme für langjährig angeboten, etwa auch stetig, treu, kontinuierlich. Diese Begrifflichkeiten mögen im Einzelfall synonym verwendet werden können, das bedeutet aber nicht, dass ihr Bedeutungsgehalt identisch wäre.

Und die Frankfurter Richter weiter: Sofern ein Unternehmen mit jahrelanger Erfahrung wirbt und also mit diesem Hinweis auf Alter und Tradition Kontinuität suggeriert, müsse ein gewisse wirtschaftliche Fortdauer bestehen, so das Gericht. Die Richter hatten dabei ganz konkrete Vorstellungen:

Das gegenwärtige Unternehmen muss trotz aller im Laufe der Zeit eingetretenen Änderungen noch mit dem früheren Unternehmen als wesensgleich angesehen werden können. Ist die wirtschaftliche Kontinuität gegeben, so ist es unerheblich, ob Inhaberwechsel, Rechtsnachfolger, Änderung des Firmennamens oder Rechtsform erfolgt sind. Allerdings können sich im Falle der Rechtsnachfolge Einschränkungen ergeben, etwa wenn der Erwerber das Unternehmen auflöst.

Im konkreten Fall bejahten die Richter eben eine solche Fortdauer, auch wenn die beklagte GmbH und Co. KG im Juli 2018 erloschen ist und die Kommanditanteile auf die Beklagte übertragen worden sind. Denn die „handelnden Personen“ sind nach den Angaben der Beklagten gleichgeblieben. Jedenfalls konnte die Klägerin diesen Eindruck durch entsprechenden Sachvortrag nicht erschüttern.

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Fazit: Werbung - mit Liebe zum Detail…

Sicherlich eine streitbare Entscheidung – aber der Umgang mit Sprache gehört nun mal zum Handwerkzeug des Richters und daher ist diese Spitzfindigkeit nachvollziehbar. Während sich Werber bei Verwendung von Schlagworten wie „jahrelang“ oder „langjährig“ vermutlich wenig Gedanken machen und dies synonym verwenden, sehen Juristen hier den Unterschied: Dieses Gericht meinte jedenfalls, dass „langjährig“ länger sei als „jahrelang“. Wie dem auch sei: Man sieht, wie schnell Werbung irreführend sein kann….also aufgepasst!

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