IT-Recht Kanzlei
Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie uns:
IT-Recht Kanzlei
Kanzlei Keller-Stoltenhoff, Keller
Alter Messeplatz 2
Tel.: +49 (0)89 / 130 1433-0
Fax: +49 (0)89 / 130 1433-60
E-Mail: info@it-recht-kanzlei.de

OLG München: Werbung mit Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO ist wettbewerbswidrig

11.09.2019, 10:03 Uhr | Lesezeit: 3 min
von Dr. Bea Brünen
OLG München: Werbung mit Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO ist wettbewerbswidrig

Seit Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) haben Betroffene das Recht, bei Unternehmen und öffentlichen Stellen sogenannte Selbstauskünfte einzuholen. Wirbt ein Unternehmen damit, dass diese insbesondere zur Vorlage bei Vermietern und Arbeitgebern geeignet sind, ist dies irreführend. Dies entschied kürzlich das OLG München. Was haben die Münchener Richter konkret festgestellt?

A. Der Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO

Art. 15 DSGVO gibt jedem „Betroffenen“ das Recht darauf zu erfahren, ob personenbezogene Daten von ihm erhoben und gespeichert werden sowie – wenn dies der Fall ist – einen Anspruch auf Auskunft über diese Daten. Konkret hat der Anspruchsgegner folgende Informationen bereit zu stellen:

  • Zwecke der Verarbeitung
  • Kategorien personenbezogener Daten, die verarbeitet werden
  • Empfänger oder Kategorien von Empfängern, die diese Daten bereits erhalten haben oder künftig erhalten werden
  • geplante Speicherdauer falls möglich, andernfalls die Kriterien für die Festlegung der Speicherdauer
  • Bestehen eines Rechts auf Berichtigung, Löschung oder Einschränkung der Verarbeitung oder eines Widerspruchsrecht gegen diese Verarbeitung
  • Bestehen eines Beschwerderechts bei der Aufsichtsbehörde
  • die Herkunft der Daten, soweit diese nicht bei der betroffenen Person selbst erhoben wurden
  • das Bestehen einer automatisierten Entscheidungsfindung einschließlich Profiling mit aussagekräftigen Informationen über die dabei involvierte Logik sowie die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen solcher Verfahren
Banner Premium Paket

B. Der zugrundeliegende Sachverhalt: Unternehmen bietet Einforderung von Selbstauskünften an

In dem zugrundeliegenden Streitfall bot ein Unternehmen online an, entgeltlich für die „Betroffenen“ bei Dritten Auskunftsansprüche nach Art. 15 DSGVO geltend zu machen. Dabei warb das Unternehmen damit, dass die eingeholte Auskunft insbesondere zur Vorlage beim Vermieter und beim Arbeitgeber geeignet sei. Ein Konkurrent stufte diese Werbung als irreführend ein und forderte vom Unternehmen erfolglos die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung.

C. Die Entscheidung des OLG München: Werbung mit Auskunftsanspruch irreführend

Während das LG München (Urteil vom 18.09.2018, Az.: 1 HK O 9201/18) die Werbung noch als zulässig charakterisierte, stufte das OLG München (Urteil vom 04.04.2019, Az.: 29 U 3905/18) sie als irreführend und damit wettbewerbswidrig ein. Denn: Das Unternehmen schrieb der beworbenen Selbstauskunft nach Art. 15 DSGVO Vorteile zu, die sie tatsächlich nicht hat. So versteht der Verkehr, an den sich die Werbung richtete, die Werbeversprechen dahingehend, dass die vom Unternehmen eingeholte Selbstauskunft zur Vorlage für alle Zwecke, insbesondere zur Vorlage beim Vermieter und beim Arbeitgeber geeignet ist. Dem Verkehr wird auf diese Weise suggeriert, dass die Selbstauskunft die Chancen „auf die Traumwohnung“ erhöhen oder die Bewerbungsunterlagen für neue Arbeitsstellen sinnvoll und vertrauensbildend „vervollständigen“ kann.

Tatsächlich kommt der Auskunft nach Art. 15 DSGVO, wie die Münchener Richter betonten, eine solche Funktion jedoch überhaupt nicht zu. Denn: Art. 15 DSGVO dient alleine dem Zweck, einer betroffenen Person ein Auskunftsrecht hinsichtlich sämtlicher sie betreffenden personenbezogenen Daten an die Hand zu geben. Eine auf Art. 15 DSGVO gestützte Selbstauskunft enthält damit (zumindest potenziell) eine Vielzahl von personenbezogenen Daten. An vielen dieser Daten dürften der zukünftige Arbeitgeber oder Vermieter jedoch gar kein Interesse haben. Die Richter betonten, dass dem Auskunftsinteresse von Dritten auch durch eine hinsichtlich der preisgegebenen Daten reduzierte Bonitätsauskunft hinreichend Rechnung getragen werde.

D. Fazit

Die Münchener Richter betonen zu Recht, dass die Selbstauskunft nach Art. 15 DSGVO die beworbenen Vorteile tatsächlich nicht hat. Die Selbstauskunft dient nach dem gesetzgeberischen Zweck nicht der Glaubhaftmachung von Auskünften im privatwirtschaftlichen Verkehr, sondern ist vielmehr als Betroffenenrecht und Instrument zur Rechtmäßigkeitskontrolle ausgestaltet.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.


Link kopieren

Als PDF exportieren

Drucken

|

Per E-Mail verschicken

Zum Facebook-Account der Kanzlei

Zum Instagram-Account der Kanzlei

0 Kommentare

weitere News

LG München I: Kein absolutes Kopplungsverbot bei Online-Shop-Registrierung und Newsletter-Anmeldung
(25.04.2024, 15:45 Uhr)
LG München I: Kein absolutes Kopplungsverbot bei Online-Shop-Registrierung und Newsletter-Anmeldung
Übertragung von Kundendaten bei Shop-Veräußerung: Muster-Informationsschreiben
(24.04.2024, 17:10 Uhr)
Übertragung von Kundendaten bei Shop-Veräußerung: Muster-Informationsschreiben
Checkliste der IT-Recht Kanzlei: Vorgehensweise bei Datenpannen im eigenen Online-Shop + Muster
(16.04.2024, 14:24 Uhr)
Checkliste der IT-Recht Kanzlei: Vorgehensweise bei Datenpannen im eigenen Online-Shop + Muster
DSGVO-konform: Handlungsanleitung zur Erstellung eines abmahnsicheren Kontaktformulars
(16.04.2024, 14:16 Uhr)
DSGVO-konform: Handlungsanleitung zur Erstellung eines abmahnsicheren Kontaktformulars
OVG Niedersachsen: Pauschale Abfrage des Geburtsdatums in Online-Shops unzulässig
(28.03.2024, 12:24 Uhr)
OVG Niedersachsen: Pauschale Abfrage des Geburtsdatums in Online-Shops unzulässig
FAQ: Schadensersatzpflicht von Händlern bei Datenschutzverstößen
(15.03.2024, 08:17 Uhr)
FAQ: Schadensersatzpflicht von Händlern bei Datenschutzverstößen
Kommentar
verfassen
Ihre Meinung zu unserem Beitrag.
* mit Sternchen gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder
speichern

Vielen Dank für Ihren Kommentar

Wir werden diesen nach einer kurzen Prüfung
so schnell wie möglich freigeben.
Ihre IT-Recht Kanzlei
Vielen Dank!

Ihr Kommentar konnte nicht gespeichert werden!

Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal.
Ihre IT-Recht Kanzlei
Vielen Dank!

Kontakt:

IT-Recht Kanzlei

Alter Messeplatz 2
80339 München

Tel.: +49 (0)89 / 130 1433 - 0
Fax: +49 (0)89 / 130 1433 - 60

E-Mail: info@it-recht-kanzlei.de

© 2004-2024 · IT-Recht Kanzlei