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Unaufgeforderte Werbe-E-Mail eines Shopping-Clubs an Verbraucher: Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts?

12.10.2009, 12:39 Uhr | Lesezeit: 5 min
Unaufgeforderte Werbe-E-Mail eines Shopping-Clubs an Verbraucher: Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts?

Das Amtsgericht Berlin Mitte (Urteil vom 22.05.2009, Az: 15 C 1006/09) hatte sich mit einer interessanten Problematik der E-Mail-Werbung auseinander zu setzen. Zahlreiche sog. Shopping-Clubs bieten nur registrierten Mitgliedern den Zugang zu ihren Online-Verkaufsangeboten an. Das Gericht hatte über die rechtliche Zulässigkeit der Versendung vorgefertigter Einladungs-E-Mails eines Shopping-Clubs durch bereits registrierte Mitglieder des Shopping-Clubs an noch nicht registrierte Personen zu befinden.

1. Was ist ein Shopping-Club?

Seit einiger Zeit sind sog. Shopping-Clubs in Mode gekommen. Diese besondere Form von Internet-Shops führen oftmals Markenkleidung, Schuhe, Marken-Accessoires oder auch Elektronikgeräte in ihrem Sortiment. Die Shopping-Clubs werben mit massiven Preisnachlässen ihrer Markenware im Vergleich zu empfohlenen Herstellerpreisen oder tatsächlich ehemaligen Verkaufspreisen. Für eine Online-Bestellung im Shopping-Club, muss der Käufer registriertes Mitglied sein. Voraussetzung für eine Mitgliedschaft ist es, dass die nicht registrierte Person von einem bereits registrierten Mitglied zum Shopping-Club eingeladen wird oder die nicht registrierte Person eine Bewerbung zur Aufnahme in den Shopping-Club an den Betreiber des Shopping-Clubs richtet. Eine derartige Einladung wird in Gestalt von vorgefertigten E-Mail-Einladungen auf der Internetseite des Shopping-Club bereitgestellt. Das registrierte Mitglied fügt in eine Internet-Maske die E-Mail-Adresse des Einzuladenden ein und betätigt die Sende-Schaltfläche. Der Empfänger der E-Mail erhält umgehend die automatisierte Nachricht des Shopping-Clubs.

Inhalt des vorgefertigten Schreibens ist ein Standardtext, der ein Angebot zum Beitritt in den Shopping-Club an den Empfänger enthält. Der Beitritt erfolgt durch anklicken des in der E-Mail zugesandten Links und nachfolgender Registrierung auf der verlinkten Seite.

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2. Was war im Fall konkret passiert?

Im Fall war ein Mode-Shopping-Club auf der Verfügungsbeklagtenseite. Der Verfügungskläger erhielt von der Verfügungsbeklagten eine Einladung, nachdem eine bereits beim Shopping-Club registrierte Bekannte des Verfügungsklägers dessen E-Mail-Adresse in die Maske des Shopping-Clubs eingetragen hatte. Die Bekannte des Verfügungsklägers verfolgte die Absicht, den Verfügungskläger als neues Mitglied der Verfügungsbeklagten zu werben. Werben registrierte Mitglieder des Shopping-Clubs neue Mitglieder und tätigen die neuen Mitglieder einen Kauf im Shopping-Club, so erhalten die Werbenden einen Warengutschein vom Shopping-Club ausgestellt. Der Verfügungskläger verlangte daraufhin von der Verfügungsbeklagten eine Unterlassungserklärung, in Zukunft keine Mails mehr an ihn zu versenden. Die Verfügungsbeklagte antwortete hierauf nicht und versandte statt dessen einige Tage später eine weitere E-Mail an den Verfügungskläger, mit dem Inhalt, das die Einladung an den Verfügungskläger nur noch 3 Tage gültig sei und dieser sich registrieren müsse, sofern er beabsichtige, Mitglied des Shopping-Clubs zu werden.

Hinsichtlich der zuletzt zugesandten E-Mail gab die Verfügungsbeklagte eine Unterlassungserklärung gegenüber dem Verfügungskläger ab. Des weiteren war der Verfügungskläger aber der Ansicht, dass auch die erste Einladungs-E-Mail von der Verfügungsbeklagten stamme und die unaufgeforderte Zusendung eine Rechtsverletzung des Verfügungsklägers darstelle.

3. Rechtliche Würdigung des Amtsgerichts Berlin Mitte

Das Amtsgericht Berlin Mitte gab der einstweiligen Verfügung statt, das Gericht bejahte hierbei einen Anspruch aus §§ 823, 1004 BGB wegen Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

Die Verletzung wurde wie folgt begründet:

„Die unaufgeforderte Zusendung von Werbemails stellt einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht dar, gegen den sich der Empfänger verwehren kann, denn ohne Einschränkungen der E-Mailwerbung ist aufgrund ihrer Vorteilhaftigkeit für den Werbenden mit Nachahmungseffekten zu rechnen welche zu einer Ausuferung führen.“

Die Verantwortlichkeit der Verfügungsbeklagten bezüglich der zweiten zugesandten Werbe-E-Mail war nicht weiter problematisch, da sie unmittelbar und willentlich durch den Shopping-Club selbst an den Verfügungskläger zugesandt worden ist.

Besonders interessant an der Entscheidung ist aber die Begründung der rechtlichen Verantwortlichkeit des Shopping-Clubs in Bezug auf die erste Werbe-E-Mail. Der Shopping-Club selbst hatte den Verfügungskläger nicht unmittelbar angeschrieben, sondern eine standardisierte E-Mail bereitgehalten, die durch E-Mail-Adresseneingabe und Drücken der Sende-Schaltfläche durch ein registriertes Mitglied versandt wird. Das Gericht hat die Verantwortlichkeit des Shopping-Clubs unter Zuhilfenahme der Figur des Mitstörers bejaht. Das Gericht begründet die Mitstörerhaftung in seinen Gründen wie nachfolgend wiedergegeben:

„Sie (der Shopping-Club, Anm. des Zitierenden) hält eine vorformulierte Einladung auf ihrer Internetpräsenz bereit, in welche das einladende Mitglied nur noch seinen Namen und seine E-Mailadresse eintragen muss bzw. vom System eingetragen wird und die E-Mailadresse des Einzuladenden. Der Einladende muss dann nur noch das Senden auslösen. Hinzu kommt, dass bei Erfolg der Einladung – der Eingeladene lässt sich registrieren und wird auch Kunde der Verfügungsbeklagten – der Einladende einen Gutschein erhält. Letztlich ist es die Absicht der Verfügungsbeklagten, dass ihre Mitglieder möglichst viele andere Mitglieder einladen. Darin liegt im wesentlichen das Marketingkonzept der … Verfügungsbeklagten. D.h. es geht hier keineswegs darum, dass eine natürliche Person einem Freund oder guten Bekannten einen freundschaftlichen Hinweis auf ein Produkt geben will, sondern dass eine unbestimmte große Anzahl von natürlichen Personen durch finanzielle Anreize dazu verleitet werden ggf. allen Anderen deren E-Mailadresse sie kennen eine Werbemail der Verfügungsbeklagten zu zuschicken.“

4. Fazit

Shopping-Club + unaufgeforderte Werbe-E-Mail = Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts; so sieht die einfache Rechnung des Amtsgerichts Berlin Mitte aus.

Zwar stammt die Entscheidung aus dem vorläufigen Rechtsschutz, doch droht den Betreibern gleichartiger Geschäftsmodelle das rechtliche Damokles-Schwert, wenn diese Entscheidung Schule machen sollte. Es ist allerdings festzuhalten, dass eine Störerverantwortlichkeit gerade nur für den Fall bejaht worden ist, dass ein Shopping-Club seine Kunden durch ein Versprechen von Prämien zur Eingabe von Adressen Dritter animiert. Das LG Berlin als Berufungsgericht hat die Entscheidung des Amtsgerichts bereits bestätigt (Beschluss vom 18.08.2009; Az.:15 S 8/09).

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1 Kommentar

K
Karl 13.10.2009, 16:25 Uhr
Yatego
Bei Yatego kann man Artikel weiter empfehlen. Sind das auch unaufgeforderte Werbe-Emails ?
Demnach wäre ich als Yatego-Händler abmahngefährdet ?
Oder ist das ganze rechtlich unbedenklich ?

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