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LG Arnsberg: Ausdruck „vitalisierend“ in der Werbung für alkoholfreie Biere keine gesundheitsbezogene Angabe

15.04.2014, 17:23 Uhr | Lesezeit: 3 min
LG Arnsberg: Ausdruck „vitalisierend“ in der Werbung für alkoholfreie Biere keine gesundheitsbezogene Angabe

Achtung: Der nachfolgende Beitrag ist mittlerweile veraltet!
Aktuellere Informationen zum Thema hat die IT-Recht Kanzlei in ihrem Beitrag "OLG Hamm: Alkoholfreies Bier durfte nicht mit “vitalisierend“ beworben werden" veröffentlicht.

Gerade in der Lebensmittelbranche ist der Einsatz von werbenden Formulierungen, die dem Verbraucher förderliche Auswirkungen des Verzehrs auf die Leistungsfähigkeit, die körperliche Verfassung oder die Gesundheit in Aussicht stellen, weit verbreitet. Die so verwendeten Wortmittel sollen die Kaufentscheidung des Verbrauchers positiv beeinflussen und ihn längerfristig an das jeweilige Produkt binden.

Regelmäßig ist die Zulässigkeit solcher Werbung nur anhand der allgemeinen Grundsätze des Lauterkeitsrechts zu bemessen. Etwas anderes gilt allerdings, wenn es sich bei den Formulierungen um gesundheitsbezogene Angaben handelt, an deren Rechtmäßigkeit die sogenannte „Health-Claims-Verordnung“ oder HCVO (VO (EG) Nr. 1924/2006) besondere Anforderungen und Voraussetzungen knüpft.

Mit Urteil vom 19.12.2013 (Az.: 8 O 99/13) hat das VG Arnsberg entschieden, dass die Verwendung des Attributs „vitalisierend“ in der Werbung für alkoholfreies Bier wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden ist, da keine gesundheitsbezogene Angabe vorliegt.

Die „gesundheitsbezogene Angabe“ nach Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der „Health-Claims-Verordnung“

Die Health-Claims-Verordnung setzt den Maßstab der Zulässigkeit von nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben fest, die in kommerzieller Form in der Kennzeichnung, Aufmachung oder Bewerbung von Lebensmitteln eingesetzt werden.

Dabei etabliert sie vor allem für die Verwendung von gesundheitsbezogenen Angaben mit dem Ziel eines hohen Verbraucherschutzniveaus spezifische Pflichten, Voraussetzungen und Einschränkungen.

Eine gesundheitsbezogene Angabe liegt nach Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung immer dann vor, wenn mit einer Aussage oder Darstellung erklärt, suggeriert oder mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen dem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile auf der einen Seite und der Gesundheit auf der anderen Seite besteht.

Insbesondere ist ein Gesundheitsbezug dann anzunehmen, wenn die Angabe die Verbesserung des Gesundheitszustandes oder –bildes durch den Verzehr des Lebensmittel impliziert.

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Der Sachverhalt und die Entscheidung des Gerichts

Das LG Arnsberg hatte über die Klage eines Verbraucherschutzverbandes zu entscheiden, der von der Beklagten, einer Brauerei, die alkoholfreies Bier vertrieb und dieses auf den Rückseitenetiketten nebst der Abbildung zweier weltberühmter Brüder und Box-Weltmeister mit den Begriffen „isotonisch“, „erfrischend“ und „vitalisierend“ bewarb.

In dem Ausdruck „vitalisierend“ sah der Kläger eine gesundheitsbezogene Angabe, die aufgrund fehlender Konformität mit den Vorgaben des Art. 10 Abs. 1 der HCVO unzulässig und daher in Verbindung mit §4 Nr. 11 UWG wettbewerbswidrig sei.

Das Gericht wies die Unterlassungsklage ab, indem es das Adjektiv „vitalisierend“ nicht als gesundheitsbezogene Angabe einstufte und mithin den Anwendungsbereich der HCVO verneinte.

Der Begriff der gesundheitsbezogenen Angabe umfasse zwar jeden Zusammenhang zwischen einer Verbesserung der Gesundheit und einem Verzehr des in Rede stehenden Lebensmittels. Ein solcher müsse aber dann verneint werden, wenn keine konkrete gesundheitliche Wirkung ausgewiesen, sondern nur das allgemeine Wohlbefinden angesprochen werde.

„Vitalisierend“ sei vom Bedeutungsgehalt insofern mit den Adjektiven „aktivierend“, „aufmunternd“ oder „erquickend“ gleichzusetzen, welche einer Aussage über etwaige gesundheitliche Effekte entbehrten.

Vielmehr werde lediglich auf eine Steigerung des körperlichen Wohlbefindens verwiesen, aber noch keine Verbesserung der Gesundheit per se impliziert.

Des Weiteren sei der Einsatz des Wortes „vitalisierend“ hier als Wortspiel aufzufassen, das einen Zusammenhang zwischen dem alkoholfreien Bier und dem Namen einer der beiden Boxlegenden als Werbeträger herstelle.

Ergänzend führte das Gericht aus, dass mangels der Eignung des Begriffs zur Täuschung auch Ansprüche aus §5 und §5a UWG nicht gegeben seien.

Fazit

Die Verwendung des Adjektivs „vitalisierend“ in der Bewerbung alkoholfreier Getränke ist grundsätzlich zulässig - so das LG Arnsberg - , da insofern keine gesundheitsbezogene Angabe vorliegt und der Anwendungsbereich des besonderen Vorgabenkatalogs der HCVO nicht eröffnet ist.

Auch etwaige Ansprüche aus einem Verstoß gegen das Irreführungsverbot der §§5, 5a UWG heraus bestünden nicht, da die Angabe nicht zur Täuschung der Verbraucher geeignet sei.

Anders verhält es sich indes, wenn derartige Begriffe in der Werbung für alkoholische Getränke eingesetzt werden. In jenen Fällen können wettbewerbswidrige Handlungen unter dem Aspekt der „alkoholbezogenen Gesundheitswerbung“ oder auf der Basis einer Irreführung bejaht werden, sodass größere Vorsicht geboten ist.

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