LG Stuttgart: erkaufte „Gefällt-mir“-Angaben auf unternehmerischer Facebook-Seite irreführend
Interessebekundungen der Besucher gewerblicher Social-Media-Präsenzen in Form von „Likes“ oder „Follow“-Zusagen fungieren als werbewirksames Aushängeschild für die Bekanntheit, Qualität und Vernetzung eines Unternehmens und können so bei entsprechender Anzahl erhebliche wettbewerbliche Vorteile begründen. Dass sich derartige Nutzerbezeugungen jedoch auch außerhalb der lauterkeitsrechtlichen Grenzen bewegen und irreführend sein können, hat das LG Stuttgart mit Beschluss vom 06.08.2014 (Az. 37 O 34/14) für die Facebook-Likes eines Unternehmens entschieden, die innerhalb kurzer Zeit von ausländischen Nutzern erkauft worden waren.
Was war passiert?
Ein junges Direktvertriebsunternehmen sammelte, von einem Konkurrenten beobachtet, innerhalb weniger Monate über 14500 „Gefällt-mir“-Angaben auf seiner Facebook-Seite vornehmlich von Nutzern aus dem asiatischen und südamerikanischen Ausland, in dem das Unternehmen selbst nicht tätig war. Der Mitbewerber sah hierin eine irreführende Angabe über die Eigenschaften des Unternehmens nach §5 Abs. 1 Satz Nr. 3 UWG und beantragte vor dem LG Stuttgart den Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung.
Der Beschluss
Das LG Stuttgart gab dem Antrag statt, indem es auf die fehlende Authentizität der „Gefällt-mir“-Bekundungen verwies. Dass das junge Unternehmen diese zum Zwecke der Aufpolierung seines Images und zur Behauptung einer trotz der zeitnahen Gründung bereits erlangten Bekanntheit erkauft hatte, sei im vorliegenden Fall nicht zu bestreiten, weil eine Vielzahl der „Likes“ von Nutzern aus dem unternehmensfernen Ausland, namentlich aus Indien, Indonesien und Brasilien, stammten.
Erkaufte Interessenbezeugungen bewirkten die Vorstellung des Verbrauchers, das Unternehmen habe aufgrund besonderer Service-Qualitäten oder Leistungen den ausgewiesenen Bekanntheitsgrad und Interessentenkreis erlangt und stellten so eine Irreführung über die Beziehungen und nutzerbasierten Auszeichnungen im Sinne des §5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG dar. Facebook-„Likes“ riefen insofern nämlich positive Assoziationen der Verbraucher hervor und täuschten jene, wenn sie nicht autonom vergeben, sondern gegen Entgelt vom Unternehmen selbst generiert würden.
Die Spürbarkeit der Irreführung bejahte das Gericht, weil die vermeintlich durch nicht unerhebliche Kreise entgegengebrachte Anerkennung eine Reputation schaffe, welche die geschäftlichen Entscheidungen neuer potenzieller Kunden zu beeinflussen geeignet sei.
Fazit
Auf großen Auktions- und Verkaufsplattformen im Internet ist schon seit längerer Zeit zu beobachten, wie Privatpersonen gegenüber Unternehmern für Centbeträge die Vergabe von Facebook-Likes anbieten und diesen so vermeintlich zu mehr Repräsentanz und zu einer vielversprechenden Imagepflege verhelfen.
Nach Ansicht des LG Stuttgart allerdings stellt der unternehmerische Kauf von Gefällt-mir-Angaben bzw. deren werbewirksamer Einsatz jedoch eine unzulässige Irreführung dar, weil den Verbrauchern ein besonderer Bekanntheitsgrad und eine gewisse Qualität der unternehmerischen Leistung suggeriert wird, die in dem angegebenen Umfang tatsächlich nicht existiert.
Auch wenn der Gerichtsbeschluss bisher nicht rechtskräftig ist, ist die Wahrscheinlichkeit einer abweichenden Beurteilung durch die nächste Instanz gering, sodass gewerblichen Betreibern von Social-Media-Präsenzen dringend empfohlen wird, jedem Nutzer die Entscheidung über eine etwaige Interessenbezeugung selbst zu überlassen und sich eine ehrliche Reputationsbasis zu schaffen. Werden Likes gegen Entgelt angenommen, besteht nämlich ein nicht unerhebliches Abmahnrisiko.
Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.
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