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Neue Widerrufsbelehrung 2014: Vorhalten mehrerer Widerrufsbelehrungen ist keine Lösung für Problematik des Fristbeginns

12.06.2014, 20:48 Uhr | Lesezeit: 5 min
Neue Widerrufsbelehrung 2014: Vorhalten mehrerer Widerrufsbelehrungen ist keine Lösung für Problematik des Fristbeginns

In ein paar Stunden ist es soweit: Ab dem 13.06.2014 müssen Händler Verbraucher im Fernabsatz mittels einer grundlegend erneuerten Widerrufsbelehrung über das gesetzliche Widerrufsrecht informieren. Der Gesetzgeber hat dabei jedoch übersehen, dass die nach neuem Verbraucherrecht in der Widerrufsbelehrung zu erteilenden Informationen dem Händler in aller Regel gar nicht rechtzeitig bekannt sind.

Bislang konnten sich Händler einer statischen Widerrufsbelehrung zur ausreichenden Erfüllung ihrer gesetzlichen Informationspflichten bedienen. Ab dem 13.06.2014 scheint diese Möglichkeit abgeschnitten.

So sieht das neue gesetzliche Muster für die Widerrufsbelehrung 2014 vor, dass bereits in Bezug auf den Fristbeginn ein bestimmter „Textbaustein“ Verwendung finden muss – abhängig von der konkreten Liefersituation. Der Händler müsste aufgrund seiner Verpflichtung, den Verbraucher bereits vor Abgabe von dessen Vertragserklärung zutreffend über die Modalitäten des bestehenden Widerrufsrechts zu informieren, genau darüber Bescheid wissen, wie die Bestellung verschickt werden wird.

Fristbeginn knüpft an des konkrete Bestell- und Versandszenario an

Beim Verkauf von Waren sind dabei in der Praxis primär die folgenden Konstellationen von Relevanz:

  • Verbraucher bestellt lediglich eine Ware
  • Verbraucher bestellt einheitlich mehrere Waren, die in einer Sendung an ihn verschickt werden
  • Verbraucher bestellt einheitlich mehrere Waren, die in verschiedenen Sendungen an ihn verschickt werden
  • Verbraucher bestellt lediglich eine Ware, die jedoch aufgrund ihrer Beschaffenheit in mehreren Teilsendungen oder Stücken an ihn geliefert werden

Das von den vorgenannten Szenarien bei der konkreten Bestellung einschlägige Szenario ist nach dem Willen des Gesetzgebers dann durch den Einsatz eines bestimmten „Bausteins“ zum Fristbeginn in der Widerrufsbelehrung abzubilden.

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Hellseherische Fähigkeiten erforderlich

Die folgenden drei „Ausfüllhinweise“ – von denen der Händler ausschließlich einen, und zwar eben auf die jeweilige Bestell- und Liefersituation zugeschnitten in seine Widerrufsbelehrung einzusetzen hat - machen die Formulierung einer zutreffenden Widerrufsbelehrung in der Praxis extrem schwer:

na

Es macht damit künftig für die zutreffende Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist einen Unterschied, ob der Verbraucher eine oder mehrere Waren einheitlich bestellt, wie diese geliefert werden und ob es sich dabei um eine Ware handelt, die für sich genommen in mehreren Teilsendungen oder Stücken geliefert wird.

Nach den Überlegungen des Unionsgesetzgebers – die wohl an der Schreibtischkante Halt gemacht haben - ist der Händler künftig also gehalten, eine Widerrufsbelehrung „im Einzelfall“ zu stricken, welche die Besonderheiten der jeweils zugrundeliegenden bei der Angabe des Fristbeginns berücksichtigt. Das Problem dabei: Der Händler weiß vor Versendung der konkreten Bestellung jedoch regelmäßig gar nicht, wie die Bestellung im Detail verschickt werden wird.

Dynamische Widerrufsbelehrung ist keine Lösung!

Eine statische Widerrufsbelehrung scheint damit ausgeschlossen zu sein. Als vermeintlicher Lösungsansatz für dieses Dilemma wird zunächst häufig der Einsatz einer dynamischen Widerrufsbelehrung propagiert, also einer solchen Widerrufsbelehrung, die jeweils im Einzelfall softwareseitig anhand von konkreten Bestellparametern quasi in Echtzeit während der jeweiligen Bestellung generiert wird.

Warum der Einsatz einer dynamischen Widerrufsbelehrung in der Praxis keine Lösung darstellt, erfahren Sie hier.

Auch die Darstellung mehrerer Widerrufsbelehrungen parallel ist keine Lösung…

Ferner gibt es Stimmen, die vorschlagen, dass ein Händler ab dem 13.06.2014 für den Fernabsatz von Waren einfach mehrere Widerrufsbelehrungen vorhalten soll, wobei davon jede eines der bei diesem Händler möglichen Szenarien in Bezug auf den Beginn der Widerrufsfrist abbilden soll.

Wollte man dieser Ansicht folgen, bedeutete dies, dass im Regelfall – allein für die Lieferung von Waren – drei unterschiedliche Widerrufsbelehrungen darzustellen wären. Es würde dann jeweils einer der drei vorgenannten „Bausteine“ je Widerrufsbelehrung Verwendung finden. Die parallel darzustellenden Widerrufsbelehrungen würden dann nur in Bezug auf die Information zum Beginn der Widerrufsfrist voneinander abweichen.

…weil intransparent

Selbst wenn ein Händler dabei mit deutlich erkennbaren, aussagekräftigen Überschriften für die einzelnen Belehrungen, also jeweils einer Art Kurzbeschreibung des einschlägigen Szenarios arbeiten würde, müsste sich der Verbraucher im Regelfall ganze drei Widerrufsbelehrungen durchlesen und sich die Unterschiedlichkeiten bewusst machen. Dies zu einem Zeitpunkt, wo auch er noch nicht weiß, welches Szenario überhaupt eintreten wird. Zudem müsste der Verbraucher dann anhand der verinnerlichten Belehrungen nach der Lieferung der Ware(n) den „Lebenssachverhalt“ unter die erteilten Belehrungen „subsumieren“.

Diese Aufgabe wollte der Gesetzgeber diesem aber gerade ersparen, da nach dessen Willen ja gerade und ausschließlich der jeweils passende „Baustein“ dem Verbraucher in der Belehrung „serviert“ werden soll.
Bietet der Händler neben der Lieferung von Waren auch die digitale Inhalte an, die auf nichtkörperlichen Datenträgern geliefert werden und/ oder erbringt Dienstleistungen, müssten 4 bzw. sogar 5 verschiedene Widerrufsbelehrungen parallel dargestellt werden.

Davon abgesehen, wird die Darstellung mehrerer Widerrufsbelehrungen parallel auf vielen Plattformen an technischen Hürden scheitern, etwa, weil nicht genug Zeichen in entsprechenden Feldern für mehrere Belehrungen verfügbar sind oder keine Möglichkeit für den Einsatz entsprechend hervorgehobener Überschriften für die darzustellenden Widerrufsbelehrungen besteht.

Kombinationslösung ebenfalls intransparent

Schließlich könnte man noch daran denken, bei der Lieferung von Waren lediglich eine Widerrufsbelehrung vorzuhalten, in welcher die vorgenannten Textbausteine kumulativ unter einer kurzen Erläuterung dargestellt werden, wann welche Regelung in Bezug auf den Fristbeginn einschlägig ist.

Auch diesem Lösungsansatz lässt sich zunächst entgegenhalten, dass er für den Verbraucher intransparent ist, da er sich selbst eine Meinung anhand der komplexen und von Haus aus schon schwammigen, im Regelfall mindestens drei Ausfüllhinweise in Bezug auf den Fristbeginn bilden müsste. Ferner spricht gegen diese Vorgehensweise die eindeutige Anordnung im Rahmen der Ausfüllhinweise zum gesetzlichen Muster, dass gerade einer der im Muster genannten Textbausteine einzufügen ist. In der Praxis müssten dann jedoch regelmäßig drei Textbausteine zum Einsatz kommen.

Fazit:

Weder die parallele Verwendung mehrerer Widerrufsbelehrungen – jeweils mit unterschiedlichen Angaben zum Fristbeginn – noch die Verwendung einer „kombinierten“ Widerrufsbelehrung, in welcher mehrere Anknüpfungspunkte für den Beginn der Widerrufsfrist genannt werden, entspricht den neuen gesetzlichen Anforderungen. Bei diesem Ansatz besteht eine erhebliche Intransparenz für den Verbraucher, die schnell zu einer Abmahnung des Händlers führen kann.

Die IT-Recht Kanzlei ermöglicht ihren Mandanten auch nach neuem Verbraucherrecht, beim Verkauf von Waren weiterhin mit einer statischen Widerrufsbelehrung zu arbeiten. Hierbei ist es weder erforderlich, parallel für eine Bestellung mehrere Widerrufsbelehrungen vorzuhalten noch muss dabei im Rahmen einer Widerrufsbelehrung durch mehrere Anknüpfungspunkte zum Fristbeginn Unsicherheit geschaffen werden.
Gerne stellen wir auch Ihnen unsere Rechtstexte, zugeschnitten auf das neue, ab dem 13.06.2014 gültige Verbraucherrecht zur Verfügung.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.

Bildquelle:
© Rudie - Fotolia.com

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