IT-Recht Kanzlei
Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie uns:
IT-Recht Kanzlei
Kanzlei Keller-Stoltenhoff, Keller
Alter Messeplatz 2
Tel.: +49 (0)89 / 130 1433-0
Fax: +49 (0)89 / 130 1433-60
E-Mail: info@it-recht-kanzlei.de

Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet – Gerichtszuständigkeit und anwendbares Recht bei internationalen Sachverhalten

02.07.2013, 17:15 Uhr | Lesezeit: 3 min
Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet – Gerichtszuständigkeit und anwendbares Recht bei internationalen Sachverhalten

Weltweit nutzen über 2 Milliarden Menschen das World Wide Web. Auseinandersetzungen, die die Informations-, Presse- und Meinungsfreiheit einerseits und das Recht auf Schutz der Ehre und Persönlichkeit andererseits betreffen, bleiben nicht aus. Geht es um die Verletzung des Persönlichkeitsrechts wegen einer Veröffentlichung im Internet, sind vor dem Gang zu Gericht folgende Fragen zu klären: Welches Gericht ist für die Entscheidung zuständig und welches nationale Recht ist anzuwenden? …

Besonders wichtig ist die Klärung der Frage der Gerichtszuständigkeit und des anwendbaren Rechts bei internationalen Sachverhalten.

Beispiel: Eine Person mit Wohnsitz und Lebensmittelpunkt in Deutschland fühlt sich wegen eines Berichts eines ausländischen News-Portals in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt.

1. Gerichtszuständigkeit

Bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet kommen drei Gerichtsstände in Betracht. Der Kläger kann wählen zwischen

- Klage am Beklagtensitz

Hinweis: Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) legt den Beklagtengerichtsstand fest.

- Klage an dem Interessenmittelpunkt des Klägers

Hinweis: Ein neben dem Beklagtengerichtsstand zusätzlicher besonderer Gerichtsstand für Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, ist an dem Ort begründet, an dem das schädigende Ereignis entstanden ist oder einzutreten droht. Das gilt gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVVO wenn es um einer unerlaubte Handlung geht. Unter den Begriff der unerlaubten Handlung fallen auch Persönlichkeitsrechtsverletzungen.

Der Ort, an dem das schädigende Ereignis einzutreten droht, kann, so der Europäische Gerichtshof (EuGH) am besten von dem Gericht des Ortes beurteilt werden, an dem das mutmaßliche Opfer den Mittelpunkt seiner Interessen habe. Dieser entspreche im Allgemeinen seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort oder dem Ort der beruflichen Tätigkeit.

- auf nationale Teilschäden beschränkte Einzelklagen in jedem Staat, in dessen Hoheitsgebiet ein im Internet veröffentlichter Inhalt zugänglich ist oder war.##

Kostenfreies Bewertungssystem SHOPVOTE

2. Anwendbares Recht

Nach Art. 40 Abs. 1 S.2 EGBGB kann der Verletzte bei Ansprüchen aus unerlaubter Handlung verlangen, dass statt des Rechts des Handlungsortes das Recht des Erfolgsortes angewendet wird:

  • Handlungsort wäre der ausländische Sitz des Webseitenbetreibers, danach wäre deutsches Recht nicht anwendbar.
  • Der in Deutschland wohnhafte Verletzte kann sich aber auf den Erfolgsort berufen, so dass deutsches Recht anwendbar ist. Der Erfolgsort ist in Deutschland, weil der „Achtungsanspruch“ des Betroffenen an seinem Wohnort gestört wird.

3. Reichweite des Persönlichkeitsschutz

Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als so genanntes Rahmenrecht ist seine Reichweite nicht genau festgesetzt. Vielmehr ist sie durch Abwägung grundrechtlich geschützter Belange zu bestimmen. Dabei sind die Umstände des Einzelfalls, die betroffenen Grundrechte und die Europäischen Menschenrechtskonvention heranzuziehen.

Es liegt daher nur dann ein rechtswidriger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht vor, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt, was über eine Interessenabwägung im Einzelfall entschieden wird.

4. Fazit

Ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers wegen einer Veröffentlichung im Internet ist nur dann rechtswidrig, wenn das von dem Beklagten verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und sein Recht auf freie Meinungsäußerung hinter dem Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit und an der Achtung seines Privatlebens zurücktritt. Das Gericht wird in solchen Fällen eine Einzelfallabwägung vornehmen.

Vor Einreichung einer einstweiligen Verfügung oder Klage müssen bei internationalen Sachverhalten die Vorfragen der Gerichtszuständigkeit und des anwendbaren Rechts geklärt werden.

Bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet stehen drei Gerichtsstände zur Verfügung. Der Verletzte wird sich aus Praktikabilitätsgründen meist für ein gerichtliches Vorgehen an seinem eigenen Interessenmittelpunkt entscheiden. Dieser entspricht in der Regel seinem gewöhnlichen Aufenthalt oder beruflichen Tätigkeitsort.

Im oben genannten Beispiel sind die deutschen Gerichte nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVO jedenfalls laut EuGH zuständig, da der Verletzte seinen Wohnsitz in Deutschland hat und in Deutschland sozial und familiär eingebunden ist (Interessenmittelpunkt).

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.

Bildquelle:
© smackthat - Fotolia.com

Link kopieren

Als PDF exportieren

Drucken

|

Per E-Mail verschicken

Zum Facebook-Account der Kanzlei

Zum Instagram-Account der Kanzlei

1 Kommentar

T
Till Wollheim 03.07.2013, 12:04 Uhr
Durchsetzbarkeit?
Was nützt es mir XY im Lande Z in D anzuklagen, wenn der in seinem Z-Land nur darüber lacht? Gut, wenn er regelmäßig in D zu tun hat, sieht es anders aus, aber ansonsten ... Pusteblume! Letztlich zeigt aber diese Problematik auf, daß es mittelfristig gar nicht umhin gehen wird, einen Staat Europa zu haben, denn alles andere würde der Lebenswirklichkeit nicht mehr gerecht und ich wage sogar sogar vorauszusagen, daß es irgendwann eine Weltstaat geben muß und wird. Und zwar in gar nicht so ferner Zeit! Ich denke da an 100 Jahre. Till

weitere News

BGH: Kein datenschutzrechtlicher Anspruch auf Löschung aus Online-Bewertungsportal
(07.02.2023, 14:18 Uhr)
BGH: Kein datenschutzrechtlicher Anspruch auf Löschung aus Online-Bewertungsportal
OLG Köln: Kommentarlose 1-Stern-Bewertung von Mitbewerber auf Google ist unzulässige Schmähkritik
(06.02.2023, 12:58 Uhr)
OLG Köln: Kommentarlose 1-Stern-Bewertung von Mitbewerber auf Google ist unzulässige Schmähkritik
OLG Celle: Pflicht zur Löschung von Links, wenn diese selbst einem Unterlassungsgebot unterfallen
(29.11.2022, 14:34 Uhr)
OLG Celle: Pflicht zur Löschung von Links, wenn diese selbst einem Unterlassungsgebot unterfallen
Haben Händler einen Anspruch auf Löschung negativer Bewertungen?
(12.09.2022, 15:35 Uhr)
Haben Händler einen Anspruch auf Löschung negativer Bewertungen?
Trustpilot und andere Bewertungsportale: Müssen Online-Händler unfreiwillige Listungen hinnehmen?
(16.03.2020, 12:25 Uhr)
Trustpilot und andere Bewertungsportale: Müssen Online-Händler unfreiwillige Listungen hinnehmen?
OLG Köln und LG München I zum datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch unfreiwillig gelisteter Anbieter in Bewertungsportalen
(10.12.2019, 15:49 Uhr)
OLG Köln und LG München I zum datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch unfreiwillig gelisteter Anbieter in Bewertungsportalen
Kommentar
verfassen
Ihre Meinung zu unserem Beitrag.
* mit Sternchen gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder
speichern

Vielen Dank für Ihren Kommentar

Wir werden diesen nach einer kurzen Prüfung
so schnell wie möglich freigeben.
Ihre IT-Recht Kanzlei
Vielen Dank!

Ihr Kommentar konnte nicht gespeichert werden!

Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal.
Ihre IT-Recht Kanzlei
Vielen Dank!

Kontakt:

IT-Recht Kanzlei

Alter Messeplatz 2
80339 München

Tel.: +49 (0)89 / 130 1433 - 0
Fax: +49 (0)89 / 130 1433 - 60

E-Mail: info@it-recht-kanzlei.de

© 2004-2024 · IT-Recht Kanzlei