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Wettbewerbsrechtliches Urteil aus Salzburg: Ägyptische Pfirsiche sind nicht „erntefrisch aus Österreich“

03.01.2013, 15:49 Uhr | Lesezeit: 4 min
von Mag. iur Christoph Engel
Wettbewerbsrechtliches Urteil aus Salzburg: Ägyptische Pfirsiche sind nicht „erntefrisch aus Österreich“

Unsere österreichischen Nachbarn haben ein Wettbewerbsrecht, das dank europäischer Harmonisierung dem unseren sehr stark ähnelt. Und auch dort toben die üblichen Rechtsstreitigkeiten zwischen „guten“ Verbraucherschützern und „bösen“ Händlern. Aktuell hat es vor dem Landesgericht Salzburg die Supermarktkette SPAR erwischt, der allerdings tatsächlich einige Fehler bei der Werbung für ihr Obstsortiment unterlaufen sind (vgl Landesgericht Salzburg, Rechtssache 12 Cg 65/11y-18).

Stein des Anstoßes war eine Werbeaktion im April 2011, bei der mit einem rot-weiß-roten Banner und der Angabe „Saisonstart: Erntefrisch aus Österreich!“ geworben wurde. In den derart gekennzeichneten Prospekten und Regalen fand sich jedoch auch Obst und Gemüse aus anderen Ländern.

Zum einen wurden in der Prospektwerbung Pfirsiche abgebildet, über denen sich das Banner mit dem Slogan „Saisonstart: Erntefrisch aus Österreich!“ befand. In der unteren Bildhälfte war in weißer Schrift die Beschreibung „Saftige Pfirsiche – aus Ägypten Klasse 1“ abgedruckt, wobei der Herkunftshinweis nur etwa halb so groß wie der Slogan gedruckt und durch die weiße Schrift nur sehr schwer zu erkennen war.

Zum anderen wurden in einem Regal grüne Paprika angeboten, wobei in unmittelbarer Nähe ein Regalstopper mit dem Slogan „Ein Produkt aus Österreich“ angebracht war. Die Paprika waren auf der Verpackung jedoch als „Grüner Paprika 3 Stück, Herkunft: Spanien [...]“ ausgewiesen. Auch hier war der Herkunftshinweis nur schwer zu erkennen.

Gegen diese Art der Werbung ging der Verein für Konsumenteninformation (VKI) gerichtlich vor – und zwar bei einer Vielzahl von Obst- und Gemüsesorten, wobei nur bei den Pfirsichen und Paprika der Nachweis einer irreführenden Werbung gelang. Bei diesen Produkten jedoch ging das Landesgericht von einer irreführenden Geschäftspraktik aus, da die Banner die Konsumenten über wesentliche Merkmale der Produkte täuschen konnten (vgl. Landesgericht Salzburg, Urt. z. Rechtssache 12 Cg 65/11y-18; mit weiteren Nachweisen):

„Der vorliegende Sachverhalt fällt in den Anwendungsbereich des § 2 UWG, da es sich hier um irreführende Handlungen aufgrund objektiv unrichtiger Angaben handelt, nämlich die optisch hervorspringende Angabe, dass einerseits erntefrische Pfirsiche aus Österreich stammen, das tatsächliche Herkunftsland jedoch Ägypten ist und andererseits Paprika, die aus Österreich stammend beworben wurden, tatsächlich aber in Spanien wuchsen. Es ist eine offenkundige Tatsache, dass das Herkunftsland von Früchten ein maßgebliches Argument für die Kaufentscheidung bildet. Weshalb sonst sollte die Beklagte mit dem Slogan ‚Erntefrisch aus Österreich‘ unter Verwendung der Farben der österreichischen Nationalflagge werben.
[…]
Es kann der Beklagten zwar zugestanden werden, dass dem informierten und verständigen Verbraucher grundsätzlich klar sein müsste, dass im April in Österreich keine Pfirsiche geerntet werden, zu einem anderen Ergebnis führt dies aber deshalb nicht, weil gerade der hervorspringende Slogan ‚Erntefrisch aus Österreich‘ den Angesprochenen zu einem raschen Kaufabschluss verleiten soll, ohne dass er sich darüber Gedanken macht, ob diese plakative Ankündigung inhaltlich richtig ist oder nicht.“

Zum Anwendungsbereich des § 2 UWG (Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Österreich!) führt das Gericht sehr schön aus:

„Gem. § 2 Abs 2 Z 1 UWG gilt eine Geschäftspraktik als irreführend, wenn sie unrichtige Angaben enthält oder sonst geeignet ist, einen Marktteilnehmer im Bezug auf das Produkt über die wesentlichen Merkmale des Produktes derart zu täuschen, dass dieser dazu veranlasst wird, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Maßgebend nach früherer Rechtsprechung ist der Eindruck des Durchschnittsinteressenten bei flüchtiger Wahrnehmung. Durch den Einfluss des Gemeinschaftsrechts und der Rechtsprechung des EuGH wurde diese Maßfigur vom Leitbild des informierten und verständigen Verbrauchers abgelöst, wobei hier einzelfallbezogen der Begriff differenziert betrachtet werden muss. Der OGH hat dies übernommen, wobei sich seiner Meinung nach die Begriffe flüchtig und verständig nicht ausschließen, da der jeweilige Aufmerksamkeitsgrad von der jeweiligen Situation abhängt. Beim Erwerb geringgradiger [= preisgünstiger; Anm. d. Verfassers] Gegenstände für den täglichen Gebrauch wird der Grad der Aufmerksamkeit flüchtig sein […].
Eine irreführende Geschäftspraktik ist stets anhand des Gesamteindrucks zu beurteilen, den sie beim Durchschnittsinteressenten hervorruft […].“

Das vollständige Urteil ist hier einsehbar.

Wie dieser Fall sehr schön aufzeigt, unterscheidet sich das österreichische Wettbewerbsrecht kaum von seinem deutschen Pendant. Auch diesseits der Grenze hätte das Unternehmen mit derart gestalteter Werbung juristische Schwierigkeiten bekommen (zumindest mit schwarz-rot-goldenem Banner und dem Slogan „Erntefrisch aus Deutschland“).

Erfreulich daran ist, dass sich Händler beiderseits der Grenze in etwa an ihrem eigenen Wettbewerbsrecht orientieren können, wenn sie im jeweils anderen Land Werbung betreiben wollen. Im Einzelfall kann es aber dennoch sinnvoll sein, eine fachliche Beratung für Werbeaktionen in Anspruch zu nehmen.

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