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EuGH: Gen-Honig ist zulassungspflichtig

14.09.2011, 11:00 Uhr | Lesezeit: 4 min
EuGH: Gen-Honig ist zulassungspflichtig

Honig und Nahrungsergänzungsmittel, die den Pollen eines GVO enthalten, sind aus GVO hergestellte Lebensmittel, die nicht ohne vorherige Zulassung in den Verkehr gebracht werden dürfen.

Dieser Pollen stellt selbst keinen GVO mehr dar, wenn er seine Fortpflanzungsfähigkeit verloren hat und in keiner Weise genetisches Material übertragen kann

Die Richtlinie über genetisch veränderte Organismen (GVO) sieht vor, dass diese nur nach einer Zulassung absichtlich in die Umwelt freigesetzt oder in den Verkehr gebracht werden dürfen.

Außerdem  bestimmt die Verordnung über genetisch  veränderte Lebensmittel, dass  zur Verwendung als Lebensmittel oder in Lebensmitteln bestimmte GVO, Lebensmittel, die GVO enthalten oder aus solchen bestehen, sowie Lebensmittel, die aus GVO hergestellt werden oder Zutaten enthalten, die aus GVO hergestellt werden, vor ihrem Inverkehrbringen einer Zulassung bedürfen.

Im Jahr 1998 erhielt das Unternehmen Monsanto eine Genehmigung für das Inverkehrbringen von genetisch verändertem Mais des Typs MON 810. Dieser Mais enthält ein Gen eines Bakteriums, das zur Bildung von Toxinen führt, durch die die Larven eines parasitären Schmetterlings, die bei einem Befall die Entwicklung der Pflanze gefährden, getötet werden. In einem Rechtsstreit stehen sich  Herr Bablok, der Betreiber einer Liebhaberimkerei, und der Freistaat Bayern (Deutschland) gegenüber, dem verschiedene Grundstücke gehören, auf denen in den vergangenen Jahren zu Forschungszwecken MON 810-Mais angebaut wurde. Herr Bablok produziert in der Nähe dieser Grundstücke Honig zum Verkauf und für den Eigenbedarf. Bis zum Jahr 2005 produzierte er auch Pollen zum Verkauf als Lebensmittel in Form  von Nahrungsergänzungsmitteln. Im Jahr 2005 wurden im Maispollen, der von Herrn Bablok in Bienenstöcken geerntet worden war, die  sich in 500 m Entfernung von den Grundstücken des  Freistaats Bayern befanden, DNA von MON 810-Mais sowie genetisch veränderte Proteine festgestellt. Ferner wurden in einzelnen Proben des Honigs von Herrn Bablok sehr geringe Mengen der DNA von MON 810-Mais nachgewiesen.

Herr Bablok ist der Ansicht, dass  das Vorhandensein von Spuren des genetisch veränderten Maises dazu führe, dass seine Imkereiprodukte nicht mehr verkehrs- und gebrauchsfähig seien, und geht deshalb vor  den deutschen Gerichten gegen den Freistaat Bayern vor; vier andere Betreiber von Liebhaberimkereien haben sich ihm angeschlossen.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Deutschland) hat dargelegt, dass der streitige Pollen  zu dem Zeitpunkt, zu dem er in den Honig oder in die Nahrungsergänzungsmittel auf der Grundlage von Pollen gelange, seine Fähigkeit zur Befruchtung verloren habe. Er ersucht um Klarstellung der damit verbundenen Folgen. Er möchte vom Gerichtshof in erster Linie wissen, ob der bloße Umstand, dass in den  fraglichen Imkereiprodukten genetisch veränderter Maispollen vorhanden ist, der seine Fortpflanzungsfähigkeit verloren hat, zur Folge hat, dass das Inverkehrbringen dieser Produkte einer Zulassung bedarf.

In seinem kürzlich veröffentlichten Urteil legt der Gerichtshof zunächst dar, dass der fragliche Pollen nur dann als
GVO eingestuft werden kann, wenn er einen „Organismus“ im Sinne der Richtlinie und der Verordnung darstellt, d. h. eine „biologische Einheit, die fähig ist“, „sich zu vermehren“ oder „genetisches Material zu übertragen“. Dazu führt er aus, dass das vorlegende Gericht, da feststeht, dass der in Rede stehende Pollen jede konkret-individuelle Fortpflanzungsfähigkeit verloren hat, zu prüfen hat,  ob er in anderer Weise fähig ist, „genetisches Material zu  übertragen“, wobei es die verfügbaren wissenschaftlichen Daten gebührend zu berücksichtigen  und jede wissenschaftlich erwiesene Form der Übertragung von genetischem Material in Betracht zu ziehen hat.

Der Gerichtshof kommt zu dem  Schluss, dass ein Stoff wie  der  Pollen einer genetisch veränderten Maissorte, der seine Fortpflanzungsfähigkeit verloren hat und in keiner Weise fähig ist,  in ihm enthaltenes genetisches Material zu  übertragen, nicht mehr von diesem Begriff erfasst wird.

Der Gerichtshof führt sodann aus,  dass Produkte wie Honig und Nahrungsergänzungsmittel, die solchen Pollen enthalten,  gleichwohl im Sinne der Verordnung Lebensmittel darstellen, die Zutaten enthalten, die aus GVO hergestellt werden. Dazu stellt  er fest, dass der streitige Pollen als „hergestellt aus GVO“ anzusehen ist und eine „Zutat“ des Honigs und der Nahrungsergänzungsmittel auf der Grundlage von Pollen darstellt. In Bezug auf den Honig hebt er hervor, dass der Pollen kein Fremdstoff und keine Verunreinigung, sondern  ein normaler Bestandteil dieses Produkts und deshalb als „Zutat“ einzustufen ist. Demzufolge wird der in Rede stehende Pollen vom  Geltungsbereich der Verordnung erfasst und muss vor seinem Inverkehrbringen der darin vorgesehenen Zulassungsregelung unterworfen werden.

Der Gerichtshof weist darauf hin, dass es für die Anwendung dieser Zulassungsregelung auf ein Lebensmittel, das aus GVO hergestellte Zutaten enthält, nicht darauf ankommt, ob der Pollen dem Honig absichtlich hinzugefügt oder zufällig eingetragen wurde.

Schließlich  besteht die Zulassungspflicht nach Ansicht  des Gerichtshofs unabhängig vom Anteil des genetisch veränderten Materials in dem fraglichen Erzeugnis.

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1 Kommentar

K
Kl.D.Jany 28.09.2011, 12:51 Uhr
Pollen ist Zutat
Im dem Artikel wird ausgeführt, dass der EuGH lediglich Pollen aus gentechnisch veränderten Pflanzen als Zutat ansieht. Aus der Begründung der Zutat "Pollen" wird dies nicht ersichtlich und vielmehr bezieht der EuGH hier vielmehr auf Pollen aus allen Pflanzen. Nach dem Urteil muss nun allgemein Pollen als Zutat eingestuft werden. Es würde auch jeder Rechtssytematik widersprechen, wenn nur Pollen aus gentechnisch veränderten Pflanzen oder nur vom Mais MON 810 als Zutat gelten würden.

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