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So sieht's der Generalanwalt beim EuGH: Keine generelle Haftung von ebay bei Markenrechtsverletzungen

13.01.2011, 12:16 Uhr | Lesezeit: 5 min
So sieht's der Generalanwalt beim EuGH: Keine generelle Haftung von ebay bei Markenrechtsverletzungen

Nach Ansicht von Generalanwalt Jääskinen haftet eBay im Allgemeinen nicht für Verstöße gegen das Markenrecht, die von den Nutzern ihres elektronischen Marktplatzes begangen worden sind. Wenn eBay jedoch die verletzende Benutzung einer Marke gemeldet worden ist und derselbe Nutzer diese Verletzung fortführt oder wiederholt, kann das den Online-Marktplatz betreibende Unternehmen für haftbar erklärt werden.

eBay betreibt einen globalen elektronischen Marktplatz im Internet, auf dem natürliche und juristische Personen ein breites Spektrum an Waren und Dienstleistungen kaufen und verkaufen können. Um neue Kunden auf seine Website zu führen, kaufte das Unternehmen Schüsselwörter, einschließlich bekannter Marken, von entgeltlichen Internetreferenzierungsdienstleistern (wie etwa AdWords von Google), um Kunden auf seinen elektronischen Marktplatz zu leiten.

L’Oréal, Inhaberin eines breiten Spektrum bekannter Marken, wirft eBay vor, an den Markenrechtsverstößen, die von Verkäufern auf dem Online-Marktplatz begangen worden seien, beteiligt zu sein. Durch den Kauf von Schlüsselwörtern, die den Marken von L’Oréal entsprächen, leite eBay ihre Nutzer zu rechtsverletzenden Waren, die auf ihrer Website zum Verkauf angeboten würden. Darüber hinaus seien die von eBay unternommenen Bemühungen, den Verkauf von rechtsverletzenden Produkten auf ihrer Website zu verhindern, unzureichend. L’Oréal habe verschiedene Formen von Verstößen festgestellt, darunter den Handel mit Fälschungen und unverpackten Produkten sowie der Verkauf von nicht aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) stammenden Produkten in die EWR-Staaten und der Verkauf von nicht zum Verkauf an Verbraucher bestimmten Produktproben.
Der High Court, bei dem der Rechtsstreits im Vereinten Königreich anhängig ist, hat dem Gerichtshof mehrere Fragen zur Natur der von L’Oréal festgestellten rechtsverletzenden Produkte gestellt. Außerdem möchte der High Court wissen, was von einem Betreiber eines Online Marktplatzes verlangt werden könne, um Markenrechtsverstöße durch seine Nutzer zu verhindern.
Generalanwalt Niilo Jääskinen führt in seinen heute vorgelegten Schlussanträgen zunächst aus, dass Tester und Abfüllflaschen, die oft die Aufschrift „nicht zum Verkauf bestimmt“ oder „nicht zum Einzelverkauf bestimmt“ trügen, nicht zum Verkauf an Verbraucher bestimmt seien und den Vertragshändlern des Markeninhabers kostenlos zur Verfügung gestellt würden, nicht als Waren angesehen werden könnten, die mit der Zustimmung des Markeninhabers in den Verkehr gebracht worden seien. Mithin sei es weiterhin dem Markeninhaber überlassen, zu entscheiden, ob er beabsichtige, diese Produkte in den Verkehr zu bringen. Er könne den Verkauf solcher Produkte auch verbieten.
So könne der Markenschutz auch in Situationen geltend gemacht werden, in denen zum Verkauf angebotene Waren auf einem elektronischen Marktplatz noch nicht vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung im EWR in den Verkehr gebracht worden seien, soweit sich das Verkaufsangebot an Verbraucher in den EWR Staaten richte.
Zu den Auswirkungen des Entfernens der Verpackung von Markenkosmetikprodukten legt der Generalanwalt dar, dass im Fall von Luxuskosmetika nicht ausgeschlossen werden könne, dass die äußere Verpackung der Ware aufgrund ihrer besonderen Gestaltung, zu der auch die Benutzung der Marke gehöre, als Element des Warenzustands zu betrachten sei. In solchen Fällen könne sich der Markeninhaber dem weiteren Vertrieb der unverpackten Ware widersetzen, soweit die Entfernung der Verpackung die die Herkunft und Qualität der Ware betreffenden Hinweisfunktionen der Marke beeinträchtige oder den Ruf der Marke schädige.

Der Generalanwalt prüft daraufhin, welche Rolle eBay bei den Markenrechtsverstößen spielt. Hierzu führt er aus, obwohl eBay nicht selbst Waren von L’Oréal auf ihrer Internetseite verkaufe, biete sie dennoch eine alternative Bezugsquelle für diese Waren an, die parallel zu dem Vertriebsnetz des Markeninhabers bestehe. Indem eBay die Marken von L’Oréal als Schlüsselwörter buche, die die Verbraucher auf den Online-Marktplatz führten, benutze sie demzufolge diese Marken für Waren, die von L’Oréal unter diesen Zeichen vertrieben würden.

Nach Ansicht des Generalanwalts führt die Benutzung der streitigen Marken durch eBay als Schlüsselwörter jedenfalls nicht notwendigerweise zu einem Irrtum des Verbrauchers über die Herkunft der angebotenen Waren. In den Fällen, in denen die Anzeige selbst nicht über die Natur des werbenden Online-Marktplatzbetreibers täusche, sei eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke in Bezug auf die Produkte unwahrscheinlich.
Der Generalanwalt erläutert zudem, dass es, falls die vom Markeninhaber beanstandete Benutzung darin bestehe, dass das Zeichen auf der Website des Betreibers eines elektronischen Marktplatzes selbst erscheine – im Gegensatz zur Benutzung in einem gesponserten Link bei einer Suchmaschine –, nicht um eine Benutzung der Marke für Waren durch den Marktplatzbetreiber gehe, sondern um eine solche durch den Nutzer des Marktplatzes.

Tatsächlich lasse in solchen Fällen der Marktplatzbetreiber lediglich zu, dass seine Kunden die Zeichen benutzten, die mit den Marken identisch seien, ohne sie selbst zu benutzen. Die etwaigen negativen Auswirkungen für die Marke, die sich daraus ergäben, dass die Nutzer eines elektronischen Marktplatzes markengeschützte Waren auflisteten, könnten daher nicht nach dem Markenrecht der Union dem Marktplatzbetreiber zugerechnet werden.

Schließlich erörtert der Generalanwalt die vom Gerichtshof in der Rechtssache Google gegebene Auslegung, wonach ein Informationsdienstleister, der auf Verlangen seiner Kunden Informationen speichere, von der Haftung für diese Informationen nur dann ausgeschlossen sei, wenn er sich hinsichtlich der gespeicherten Daten in einer neutralen Stellung befinde. Im Hinblick darauf, dass eBay möglicherweise nicht in diesem Sinne neutral sei, weil sie ihre Kunden in der Abfassung der Anzeigen unterweise und den Inhalt der Einträge überwache, ist Herr Jääskinen nicht der Ansicht, dass eine solche Mitwirkung bei der Vorbereitung der Einträge der Kunden zum Verlust des Schutzes führen sollte, der Unternehmen gewährt werde, die von Kunden geladene Informationen speicherten. Der Generalanwalt betont gleichwohl, dass eBay zwar im Allgemeinen von der Haftung für die von ihren Kunden auf ihrer Internetseite gespeicherten Informationen freigestellt sei, gleichwohl aber für den Inhalt der Daten, die sie als Werbende dem Suchmaschinenbetreiber mitteile, hafte. Die Haftungsfreistellung finde auch in den Fällen keine Anwendung, in denen dem Betreiber des elektronischen Marktplatzes die verletzende Benutzung einer Marke gemeldet worden sei und derselbe Nutzer dieselbe Verletzungshandlung fortsetze oder wiederhole. Im letzteren Fall könne eine Anordnung gegen den Betreiber des elektronischen Marktplatzes erlassen werden, um die Fortsetzung oder Wiederholung der Verletzung zu verhindern.

Schlussanträge des Generalanwalts vom 09.12.2010 in der Rechtssache: C-324/09
PM vom 09.12.2010

Quelle: EuGH Pressemitteilung 11910/

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