Interessant: Bundesregierung nahm Stellung zur Altgeräteentsorgung nach dem Elektro- und Elektronikgerätegesetz
Hinweis: Interessante weiterführende Informationen zum Thema hat die IT-Recht Kanzlei in ihrem Beitrag "Elektrogesetz" veröffentlicht.
Interessant: Im letzten Jahr nahm die Bundesregierung Stellung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion im Bundestag betreffend der Altgeräteentsorgung nach dem ElektroG. Es ging dabei unter anderem um mögliche Kleinmenregelungen, Härtefallklauseln und den Umstand, dass insbesondere kleine und mittlere Hersteller (und Importeure) überproportional häufig mit kostenintensiven Abholanordnungen konfrontiert werden.
Zur Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP und der Stellungnahme der Bundesregierung
Vorbemerkung der Fragesteller
Ziel des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes (ElektroG) ist unter anderem die Vermeidung und Verminderung von Abfällen aus Elektro- und Elektronikgeräten. Hierbei setzt das Gesetz richtigerweise auf eine umfassende Produktverantwortung der Privatwirtschaft. So schreibt § 6 Abs. 1 ElektroG für die Abwicklung der Rücknahme gebrauchter Geräte die Einrichtung einer durch die Hersteller organisierten und finanzierten gemeinsamen Stelle vor. Die auf dieser Grundlage geschaffene Stiftung Elektro-Altgeräte-Register (EAR) koordiniert zum einen die Aufstellung und Abholung der Sammelbehälter durch die Hersteller und berechnet unter anderem in eigener Zuständigkeit die zeitlich und örtlich gleichmäßige Verteilung der Abholpflichten auf alle registrierten Hersteller. Darüber hinaus nimmt die EAR als vom zuständigen Umweltbundesamt (UBA) beliehene Stelle die diesem obliegenden Aufgaben einschließlich der Vollstreckung der hierzu ergehenden Verwaltungsakte wahr.
Hierzu gehören unter anderem die Registrierung der Hersteller sowie der Erlass von Abholanordnungen.Derzeit beklagen kleine und mittlere Hersteller und Importeure von Elektrogeräten, dass sie im Vergleich zu größeren Unternehmen, die ebenfalls zum Kreis der Verpflichteten gehören, überproportional häufig mit kostenintensiven Abholanordnungen konfrontiert würden. So wird aus betroffenen Kreisen berichtet, dass kleine Hersteller mehr als 8 500 Prozent der in Verkehr gebrachten Menge hätten entsorgen müssen und sogar Unternehmen, die – entgegen ihrer ursprünglichen Absicht – keine Elektrogeräte in den Verkehr gebracht haben, trotz der Monatsmeldung „null“ regelmäßig Abholanordnungen erhalten hätten.
Darüber hinaus verweigere die EAR jede Auskunft darüber,wie die Abholanordnungen zustande gekommen seien. Auch ein Gutachten des Fraunhofer-Instituts (Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung, „Prüfung der Abholverpflichtung für historische Altgeräte auf Plausibilität“) kommt zu dem Ergebnis, dass der Grundsatz, wonach jeder Hersteller gemäß seinem Absatzanteil für die Rücknahme in die Pflicht genommen werden soll, durch die Vollzugspraxis massiv missachtet werde. Darüber hinaus seien die zum Teil enorm hohen Abholverpflichtungen nicht prognostizierbar und stellten insbesondere für kleinere Hersteller (mit Rückholverpflichtungen von mehreren Tausend Prozent) eine nicht tragbare Kostenbelastung dar.
Die EAR (EAR, „Faktenpapier zum Thema Abholkoordination“) wendet indes ein, die Ursache für die angeblich fehlerhafte oder überhöhte Anzahl von Abholanordnungen beruhe überwiegend auf Fehlern aus dem Verantwortungsbereich der Hersteller, wie z. B. die falsche oder verspätete Beantragung der Registrierung, oder sei auf falsche, verspätete oder unterlassene Mengenmeldungen bzw. Mengenschätzungen zurückzuführen.
1. Erste Frage der FDP-Fraktion
Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage, dass im Rahmen des Vollzugs des ElektroG kleine und mittlere Hersteller und Importeure im Vergleich zu größeren Verpflichteten überproportional häufig für die kostenintensiven Abholungen in Anspruch genommen würden?
Bundesregierung: Die von der Stiftung EAR im Rahmen der Ermittlung der Abholpflichten angewandte Berechnungsweise wurde in einem von zwei unabhängigen Sachverständigen vorgelegten Gutachten bestätigt. Aufgrund von Eingaben
verschiedener KMU und um zu dem aufgeworfenen Fragenkreis weiter gehend mehr Transparenz zu schaffen, hat die Stiftung EAR nochmals einen im Benehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) ausgewählten Gutachter mit einer inhaltlich mit dem Umweltbundesamt (UBA) abgestimmten Prüfung der Umsetzung des Algorithmus in der Praxis beauftragt. Das Gutachten soll im Internet veröffentlicht werden.
2. Zweite Frage der FDP-Fraktion
Beabsichtigt die Bundesregierung diesem Problem zu begegnen? Wenn nein, weshalb nicht, und wenn ja, durch welche konkreten Maßnahmen?
Bundesregierung: Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen.
3. Dritte Frage der FDP-Fraktion
Teilt die Bundesregierung die Einschätzung des Fraunhofer-Instituts, dass derzeit der Grundsatz, wonach jeder Hersteller gemäß seinem Absatzanteil für die Rücknahme in die Pflicht genommen werden soll, missachtet wird? Wenn nein, weshalb nicht, und wenn ja, welche Schlussfolgerungen leitet die Bundesregierung daraus ab, und durch welche konkreten Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung diesem Missstand abzuhelfen?
Bundesregierung: Die Einschätzungen des Stuttgarter Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung in seinem Gutachten vom 7. Dezember 2007 beruhen laut eigenem Bekunden auf einer selektiven Datenerhebung bei Herstellern und Dienstleistungsunternehmen und sind damit nicht repräsentativ unterlegt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.
4. Vierte Frage der FDP-Fraktion
Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass die Hersteller mit den Informationen bzw. Schätzungen, die sie im Vorfeld der Abholanordnungen an die EAR melden müssen, teilweise überfordert sein könnten? Wenn nein, weshalb nicht, und wenn ja, welche Schlussfolgerungen leitet die Bundesregierung daraus ab, und durch welche konkreten Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung diesem Missstand abzuhelfen?
Bundesregierung: Die Bundesregierung teilt diese Einschätzung nicht; sie ist der Auffassung, dass Meldepflichten der Hersteller nach dem ElektroG in Ansehung der damit verfolgten umweltpolitischen Zielsetzungen keinen unverhältnismäßigen bürokratischen Aufwand darstellen. Zur gleichmäßigen Verteilung der Rücknahmeverpflichtung nach dem ElektroG auf alle registrierten Hersteller sind die von den Herstellern an die Stiftung EAR abzugebenden Mengenmeldungen unverzichtbar.
Für den Fall, dass einzelne Hersteller hierzu Unterstützung benötigen, bieten die Stiftung EAR, der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (BITKOM), der Zentralverband Elektrotechnik-und Elektronikindustrie e. V. (ZVEI) sowie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) bzw. die örtlichen Industrie- und Handelskammern im Rahmen der kollektiven Selbstverantwortung der Wirtschaft umfangreiche weiterführende Hinweise und Kontaktmöglichkeiten mittels ihrer jeweiligen Internetpräsenz an. Ergänzende Informationen oder weiterführende Links finden sich auch auf der Internetplattform des BMU und des UBA. Hersteller, die ihre Meldepflichten nicht persönlich wahrnehmen wollen, können im Rahmen ihrer individuellen Selbstverantwortung auch Dienstleistungsunternehmen hierzu beauftragen.
5. Fünfte Frage der FDP-Fraktion
Wie bewertet die Bundesregierung die Überlegung, erst tatsächlich in Umlauf gebrachte Mengen bei der EAR am Ende eines Jahres registrieren lassen zu müssen, um auf diese Weise der Problematik von groben Fehlschätzungen begegnen zu können?
Bundesregierung: Die Überlegung wird von der Bundesregierung als nicht praxistauglich eingestuft. Der bei den kommunalen Sammelstellen fortwährende Anfall von Elektroschrott muss zur Gewährleistung einer ununterbrochenen Umsetzung der Hersteller getragenen Produktverantwortung nach dem ElektroG von der Stiftung EAR unmittelbar einzelnen Herstellern zugerechnet werden können.
6. Sechste Frage der FDP-Fraktion
Bedarf es nach Meinung der Bundesregierung im Rahmen der Elektroschrottentsorgung auf europäischer sowie auf nationaler Ebene einer sog. Kleinmengenregelung, wonach das ElektroG erst ab einer gewissen Zahl von jährlich produzierten Einheiten oder erst ab einer bestimmten Gewichtsmenge anwendbar sein soll? Wenn nein, weshalb nicht, und wenn ja, welche konkreten Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung in diesem Sinne zu ergreifen?
Bundesregierung: Einer „Kleinmengenregelung“, wonach das ElektroG erst ab einer gewissen Zahl von jährlich produzierten Einheiten oder erst ab einer bestimmten Gewichtsmenge anwendbar wäre, stehen die Vorgaben der EG-Richtlinie 2002/96/EG entgegen. Die Bundesregierung schätzt die Erfolgsaussichten für die Einführung einer solchen Regelung auf europäischer Ebene kritisch ein, nachdem im Zuge der Erarbeitung der Richtlinie 2002/96/EG die Herstellung von Konsens bereits zur Auswahl von Abgrenzungsmerkmalen für die Statuierung einer Bagatellregelung, wozu z. B. auch Mitarbeiterzahl, Umsatz oder Gewinn zählen könnten, nicht erreicht wurde.
Auf nationaler Ebene dienen dem Schutz kleiner Unternehmen die in § 2 Abs. 1 und 2 Elektro- und Elektronikgerätgesetz-Kostenverordnung (ElektroGKostV) enthaltenen differenzierten Härtefallklauseln. Bringt ein Hersteller nur eine kleine Menge Elektrogeräte in Verkehr, die im Jahr unter einem bestimmten im Anhang 2 zu der Verordnung festgelegten gerätespezifischen Schwellenwert (in kg pro Jahr) liegt, entfallen nach § 2 Abs. 2 ElektroGKostV die Gebühren für die Garantieprüfung und die Glaubhaftmachung nach § 6 Abs. 2 und 3 ElektroG. In diesem Fall sind nur die Gebühren für die Stamm- bzw. Ergänzungsregistrierung oder eine Aktualisierung zu zahlen. Darüber hinaus können auch diese Gebühren im Einzelfall nach § 2 Abs. 1 ElektroGKostV noch reduziert oder erlassen werden. Im Übrigen wurden durch die zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene Kostenverordnungsnovelle die Gebühren insgesamt deutlich reduziert.
7. Siebte Frage der FDP-Fraktion
Ist die derzeitige Veröffentlichung des „Abholalgorithmus“ im Internet durch die EAR aus Sicht der Bundesregierung für die Betroffenen verständlich ausgestaltet, und wenn nein, durch welche konkreten Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung diesem Missstand abzuhelfen?
Bundesregierung: Nach § 14 Abs. 6 ElektroG ist die Berechnungsweise zur Verteilung der Abhol- pflicht im Internet zu veröffentlichen. Dies ist auf der Website der Stiftung EAR verbal erfolgt. Die Bundesregierung geht davon aus, dass auch das in der Antwort zu Frage 1 erwähnte weitere Sachverständigengutachten zur Berechnungsweise nach dessen Vorliegen auf der Website der Stiftung EAR bekannt gemacht und dadurch weiter zur Verständlichkeit beigetragen werden wird.
8. Achte Frage der FDP-Fraktion
Ist der Bundesregierung bekannt, in welchem Verhältnis die Zahl der registrierten und damit abholverpflichteten Hersteller im Vergleich zu denen steht, die sich entsprechend der Zielsetzung des Gesetzes eigentlich hätten registrieren lassen müssen? Für den Fall, dass die Frage mit ja beantwortet wird, wie lautet dieses Verhältnis, und wie lauten die dem zugrundeliegenden absoluten Zahlen, und welche Schlussfolgerungen leitet die Bundesregierung daraus ab?
Bundesregierung: Nein. Die beim UBA abrufbaren Daten zur Anzahl der festgestellten Ordnungswidrigkeiten lassen hierauf keine verlässlichen Schlussfolgerungen zu. Das Anwachsen von nicht registrierten Herstellern, die Elektro- und Elektronikgeräte illegal in Verkehr bringen, zu einer nennenswerten Gruppe, wird nach Ansicht der Bundesregierung durch zwei Mechanismen wirkungsvoll begrenzt. Einerseits wirken die Selbstregulierungskräfte des Marktes, da § 6 Abs. 2 ElektroG nach der Rechtsprechung nicht nur umweltpolitischen Charakter hat, sondern auch eine Marktverhaltensregelung i. S. d. § 4 Nr. 11 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ist. Zudem enthält das Abfallrecht mit § 23 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. Abs. 2 ElektroG eine einschlägige Bußgeldvorschrift mit einem Bußgeldrahmen von bis zu fünfzigtausend Euro. Die Verletzung des Verbots zum Inverkehrbringen von Elektro- und Elektronikgeräten durch nicht registrierte Hersteller wird vom UBA als der hierfür zuständigen Behörde verfolgt.
Hinweis: Die Antworten wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 27. Februar 2008 übermittelt.
Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.
lathspell / stockxpert
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1 Kommentar
Warum man auf eine solch komplizierte Art und Weise kleinere Unternehmen "abschreckt" Produkte zu entwickeln und sie in Umlauf zu bringen, ist mir als einem "Betroffenden" unerklärlich!