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Fotomontage von Erika Steinbach mit SS-Offizier und Ordensritter gerichtlich verboten

31.12.2008, 09:40 Uhr | Lesezeit: 4 min
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von Verena Eckert
Fotomontage von Erika Steinbach mit SS-Offizier und Ordensritter gerichtlich verboten

Ein von der "Polnischen Treuhand" veröffentlichtes Plakat, auf der die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV), Erika Steinbach, neben einem SS-Offizier und einem Ordensritter sowie im Zusammenhang mit einem Hitlerzitat abgebildet ist, darf nicht mehr publiziert werden. Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln wies die Berufung der "Polnischen Treuhand e. V." heute zurück und bestätigte damit ein gleichlautendes Urteil des Landgerichts Köln vom 16.04.2008 (Az. OLG Köln 15 U 93/08). Die Veröffentlichung sei nicht mehr von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt und verletze Frau Steinbach und den Bund der Vertriebenen (BdV) in ihrer Ehre sowie in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.

Der BdV und dessen Präsidentin Erika Steinbach hatten von der "Polnischen Treuhand" verlangt, die Veröffentlichung der umstrittenen Fotomontage zu unterlassen. Unter dem Bildnis mit Frau Steinbach, einem SS-Offizier und einem Ordensritter wird der folgende Text veröffentlicht: "Es steht vor uns das letzte Problem, dass gelöst werden muss und gelöst werden wird. Es sind die letzten Vermögensrückgabeforderungen, die wir in Europa zu stellen haben, aber es sind die Forderungen, von denen wir nicht abgehen." Hierbei handelt es sich um ein Zitat von Adolf Hitler, das insoweit abgewandelt wurde, als der Begriff "Territorialansprüche" durch den Begriff "Vermögensrückgabeforderungen" ersetzt wurde. Die Polnische Treuhand war 2005 als Reaktion auf die Aktivitäten der Alteigentümer-Institution "Preußische Treuhand" gegründet worden. Die "Polnische Treuhand" zielt darauf, mögliche Eigentumsklagen von Bundesbürgern in den ehemaligen deutschen Ostgebieten auf rechtlichem Weg zu verhindern. Der BdV und seine Präsidentin haben sich in der Vergangenheit ausdrücklich von der "Preußischen Treuhand" und deren Zielen distanziert. Frau Steinbach und die Vertriebenenorganisation haben im Prozess dahin argumentiert, die Veröffentlichung verletze ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht. Ihre Gleichsetzung mit nationalsozialistischen Ideen, SS-Methoden und einem Hitlerzitat sei auch nicht durch das politische Engagement der "Polnischen Treuhand" gerechtfertigt. Diese wiederum war der Auffassung, die Kläger müssten die Veröffentlichung der Montage dulden, weil sie unter den Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Grundgesetz falle.

Diesem Rechtsstandpunkt hat sich der Senat in seiner heutigen Entscheidung nicht angeschlossen. Zwar sei Erika Steinbach sowohl in ihrer Funktion als Präsidentin des BdV als auch als Mitglied des Bundestages eine sogenannte relative Person der Zeitgeschichte, die im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehe und mit zahlreichen öffentlichen Äußerungen hervorgetreten sei. Gleichwohl verletze die Veröffentlichung des Plakats ihre berechtigten Interessen. Die Abbildung Steinbachs leicht versetzt vor einem SS-Offizier und einem Kreuzritter könne von einem objektiven Betrachter nur so verstanden werden, dass Frau Steinbach die gleichen - unzweifelhaft verfehlten - Ziele des Dritten Reiches verfolge, was durch das nur leicht abgewandelte Zitat von Adolf Hitler verstärkt werde. Damit habe die "Polnische Treuhand" unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass aus ihrer Sicht die Forderungen und Ziele des BdV und seiner Präsidentin im Hinblick auf die Frage der Vermögensrückgabeforderungen auf einer Ebene stehen mit den durch Hitler erhobenen Forderungen, das Territorium des Dritten Reiches völkerrechtswidrig und durch kriegerische Auseinandersetzung auszudehnen. Mit dem Gedanken an die Kriegsverbrechen des Nationalsozialismus seien für den unvoreingenommenen Betrachter des Zeitgeschehens aber untrennbar der Gedanke an die Verfolgung und Ausrottung politischer Gegner, Massenmorde an Juden und Führung von Angriffskriegen verbunden. Das Plakat bringe jedenfalls nicht nur - als politische Aussage - zum Ausdruck, Frau Steinbach und die von ihr vertretene Vertriebenenorganisation verhalte sich in der Frage der "Ostgebiete" feindselig und aggressiv.

Die deutlich weitergehende Gleichstellung mit Zielen, Ansprüchen sowie kriegerischen Handlungen der Kreuzritter und Nationalsozialisten sei nicht mehr durch die Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt, sondern verletze Frau Steinbach und den BdV in ihrer Ehre und ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass in der öffentlichen politischen Auseinandersetzung auch scharfe, überspitzte und polemische Meinungsäußerungen bis an die Grenze der Schmähkritik zulässig sind. Nach seiner Auffassung sprach schon vieles dafür, dass die strittige Montage hier eine Schmähung von Frau Steinbach darstellt, weil sie durch die Gleichstellung mit nationalsozialistischen Zielen erheblich persönlich diffamiert und herabgewürdigt werde. Selbst wenn man aber noch einen sachlichen Bezug der Veröffentlichung annehmen wolle, ergebe die dann gebotene Abwägung zwischen der Meinungsäußerungsfreiheit der "Polnischen Treuhand" und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Betroffenen, dass die Redefreiheit hier zurückzutreten habe. Das Plakat habe erhebliche Rückwirkungen auch auf die persönliche Integrität Frau Steinbachs. Für einen Politiker sei es angesichts des historischen Bedeutungsgehalts in Deutschland in hohem Maße herabwürdigend, in nahe Verbindung zum Nationalsozialismus und zu Adolf Hitler gebracht bzw. mit diesem gleichgestellt zu werden. Sachliche Gründe dafür, dass dieser Zusammenhang hier hergestellt werden dürfte, habe die "Polnische Treuhand" nicht vorgetragen. Es komme auch nicht darauf an, wie Frau Steinbach und die von ihr vertretene Organisation in Polen gesehen würden; maßgebend sei, wie ein objektiver Betrachter die Veröffentlichung im Inland wahrnimmt. Schließlich sei das Plakat auch nicht als Satire gerechtfertigt.

Die Revision gegen das Urteil hat der Senat nicht zugelassen, die "Polnische Treuhand" kann allerdings binnen eines Monats nach Zustellung des Urteils Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof erheben.

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Bildquelle:
alxm / stockxpert

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