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Spieglein,Spieglein: Verwechslungsgefahr bei wortidentischen Wort-/Bildmarken trotz Bildunterschied

08.08.2011, 15:35 Uhr | Lesezeit: 4 min
Spieglein,Spieglein: Verwechslungsgefahr bei wortidentischen Wort-/Bildmarken trotz Bildunterschied

Der Bundesgerichtshof hat entschieden (Urteil vom 20.01.2011, I ZR 31/09), dass bei zwei gleich klingenden  Wort-/ Bildmarken Marken nur in seltenen Ausnahmefällen davon ausgegangen werden kann, dass keine Verwechslungsgefahr vorliegt – auch wenn sich die jeweiligen Bildbestandteile deutlich unterscheiden.

Sachverhalt

Die Klägerin ist Inhaberin einer internationalen Wort-/ Bildmarke und die Beklagte ist Inhaberin einer deutschen sowie einer internationalen Wort-/ Bildmarke. Die beiden Marken verwenden jeweils den gleichen Wortbestandteil „Kappa“, unterscheiden sich jedoch in Ihrer Gestaltung durch den verwendeten Bildbestandteil. Beide Marken genießen Schutz der Klasse 18 unter anderem für folgende Waren: Reise- und Handkoffer, Regenschirme, Sonnenschirme.

Die Klägerin will die Löschung der deutschen Marke der Beklagten erreichen. Bezüglich der internationalen Marke bestehe eine Koexistenzvereinbarung.

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Aus der Entscheidung des Gerichts

Das Berufungsgericht hatte die Klage mit folgender Begründung abgewiesen:

„Die einander gegenüberstehenden Zeichen seien nicht verwechslungsfähig. Es sei zwar Identität oder Ähnlichkeit der Waren in Klasse 18 gegeben. […] Zeichen dürften nicht allein auf ihre klangliche Übereinstimmung geprüft werden. Vielmehr sei zu beachten, dass auch dem Bildbestandteil unter Umständen eine prägende Bedeutung zukomme. Bei der Klagemarke sei das "Gemini-Logo" - die Seitenansicht zweier Rücken an Rücken sitzender unbekleideter Menschen (Mann und Frau) - für die Marke prägend; wer das "Gemini- Logo" sehe, denke sofort an Kappa. Daher verbiete es sich, allein auf die phonetische Übereinstimmung der Wortbestandteile abzustellen. Maßgeblich sei vielmehr der Gesamteindruck der Marken.“

Dem folgte der Bundesgerichtshof nicht: Die Revision hatte Erfolg, da mit der Beurteilung des Berufungsgerichts der teilweise Anspruch auf Löschung nicht verneint werden könne. Jetzt muss das Berufungsgericht erneut entscheiden, da der BGH den Fall zur erneuten Entscheidung Begründung zurückverwiesen hat.

Zunächst macht der BGH allgemeine Ausführungen wann und unter welchen Voraussetzungen Marken verwechslungsfähig sind:

„Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Frage, ob eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG vorliegt, ebenso wie bei § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt“

„Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit im (Schrift-) Bild, im Klang oder in der Bedeutung zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können“

„Für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit reicht regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten Wahrnehmungsbereiche; es genügt daher, wenn die Zeichen einander entweder im (Schrift-) Bild oder im Klang oder in der Bedeutung ähnlich sind“

Zum konkreten Fall führt der BGH dann aus, dass bei den beiden streitgegenständlichen Marken Zeichenähnlichkeit bestehe, welche auch nicht durch unterschiedliche Bildbestandteile neutralisiert werden könne:

„Danach ist im Streitfall die Zeichenähnlichkeit grundsätzlich zu bejahen, weil die einander gegenüberstehenden Zeichen in klanglicher Hinsicht im Wortbestandteil "Kappa" bzw. "KAPPA" miteinander übereinstimmen. Auch bei der Klagemarke ist in klanglicher Hinsicht allein auf den Wortbestandteil "Kappa" abzustellen, selbst wenn der Bildbestandteil gemeinhin als "Gemini-Logo" bezeichnet wird. Eine Verwechslungsgefahr in klanglicher Hinsicht kommt hinsichtlich des Bildbestandteils eines Wort-/ Bildzeichens nicht in Betracht.“

„Das Berufungsgericht hat angenommen, trotz der phonetischen Übereinstimmung des Wortbestandteils "Kappa" sei keine Zeichenähnlichkeit und damit keine Verwechslungsgefahr gegeben, weil sich das die Klagemarke jedenfalls mitprägende "Gemini-Logo" nahezu vollständig von dem in der Beklagtenmarke stilisierten Buchstaben "K" unterscheide. Dieser Beurteilung kann nicht zugestimmt werden. Es kann offenbleiben, ob eine nach dem Klang zu bejahende Identität oder Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen auch durch Abweichungen im Bild in einem Maße neutralisiert werden kann, dass eine Zeichenähnlichkeit und damit eine Verwechslungsgefahr ausscheidet [...] Eine solche Neutralisierung kommt allenfalls dann in Betracht, wenn die mit den Zeichen gekennzeichneten Waren regelmäßig nur auf Sicht gekauft werden. Davon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden.“

 

Fazit

Klingen zwei Wort-/ Bildmarken Marken gleich oder ähnlich, so kann nur in seltenen Ausnahmefällen davon ausgegangen werden, dass keine Verwechslungsgefahr vorliegt – auch wenn sich die jeweiligen Bildbestandteile deutlich unterscheiden. Dies ist nach dem BGH nur dann der Fall, wenn die Waren normalerweise nur auf Sicht gekauft werden. Also aufgepasst bei der Registrierung einer Wort-/ Bildmarke. Durch den Bildbestandteil kann die neue Marke sich regelmäßig nicht von der alten Marke abheben, solange der Wortbestandteil identisch ist.

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1 Kommentar

F
Felix Küster 27.06.2017, 17:39 Uhr
Definitionslücken
Guten Tag,

in Ihrem Artikel erwähnen SIe den Fall für Wort- /Bildmarken. In dieser Schreibweise bleibt mmn. offen, ob es sich um eine reine Wortmarke, Bildmarke oder eben eine Kombination = Wort&Bildmarke/ Wort- /Bildmarke handelt.
Dies könnte relevant sein für den Fall, dass ein Kläger (Wort- /Bildmakre) z.B. eine reine Bildmarke angreift, da diese im Aktenverzeichnis gleich eingetragen ist und auch die gleichen Buchstaben im Bild aufweist. Dennoch handelt es sich in diesem Falle um eine Bildmarke, ohne phonetische Eintragung. Ein Angriff basierend auf phonetik erscheint hinfällig? Wie ist Ihre Meinung hierzu, für den Fall, dass sich grafisch klare Unterschiede zeigen? Es wäre ein Freifahrtsschein für Klagen.

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