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It's cool, man... - zur Verwechslungsgefahr von „IGLO“ gegen „IGLOTEX“

30.07.2012, 11:53 Uhr | Lesezeit: 4 min
It's cool, man... -  zur Verwechslungsgefahr von „IGLO“ gegen „IGLOTEX“

Die Inhaberin der beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen Marke „IGLO“ legte Widerspruch gegen die Eintragung der Marke „IGLOTEX“ ein, welche sich für die Warengruppe Pizza und Piroggen registrierte. Da diese Waren, wie auch die Produktpalette der Widersprechenden, hauptsächlich tiefgefroren verkauft würden und sich beide Marken lediglich durch die letzte Silbe unterschieden, sei nach Ansicht der Widersprechenden von einer Verwechslungsgefahr auszugehen. Das Deutsche Patent- und Markenamt konnte jedoch keine relevante Markenähnlichkeit feststellen und lehnte den Widerspruch ab. Das daraufhin angerufene Bundespatentgericht sah die Sache anders und gab dem Widerspruch nun statt (Bundespatentgericht, Beschluss vom 15. Juni 2012, Aktenzeichen:  25 W (pat) 92/09).

Inhaltsverzeichnis

Fall

Die Widersprechende argumentierte, dass es sich bei den in Frage kommenden Waren „ Pizza und Piroggen“ auch um tiefgekühlte Fertiggerichte handele und diese somit in genau die Warenkategorie falle, für die sich die Widerspruchsmarke im Laufe der Zeit einen überragenden Bekanntheitsgrad erkämpft habe.
Weiterhin führte sie an, dass die Widerspruchsmarke vollständig in den ersten beiden Silben der jüngeren Marke enthalten sei. Auf diese käme es aus Verbrauchersicht entscheidend an. Die letzte Silbe hingegen „wirke wie eine bloße Endung, der die Verbraucher in der Regel weniger Beachtung schenkten“.
Im Übrigen habe sie selbst eine Reihe von Marken eingetragen, welche aus dem einleitenden Wortteil „IGLO“  und verschiedensten Zusätzen und Endungen zusammengesetzt seien, wie etwa „IGLOGoldback“ oder „IGLO Crostino“.

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Entscheidung

Die Richter des Bundespatentgericht stimmten den Ausführungen der Widersprechenden gänzlich zu. Auch sie stellten nach umfassender Gesamtabwägung eine zwischen den Vergleichsmarken relevante Markenähnlichkeit und dadurch eine Verwechslungsgefahr gem. § 9 I Nr. 2 MarkenG fest.

Als unschädlich wertete das Gericht dabei die Tatsache, dass die Wortmarke „IGLO“ mit einer zusätzlichen grafischen Gestaltung genutzt wird. Diese ändert nicht den kennzeichnenden Charakter der Widerspruchsmarke gem. § 26 III S. 1 MarkenG, sondern tritt neben der Bedeutung der Wortmarke „IGLO“ gänzlich in den Hintergrund. Dieselbe Überlegung gelte, so die Richter, für die graphische Gestaltung von „IGLOTEX“, welche in erster Linie als rein beschreibender Hinweis auf die Beschaffenheit der Waren als Tiefkühlkost zu verstehen ist.
Auch die nicht unübliche Schlusssilbe „TEX“ vermag es schlussendlich nicht die klangliche Ähnlichkeit zur Widerspruchsmarke in ausreichendem Maße aufzuheben.

Als entscheidend für den Beschluss sah das Gericht die überragende Bekanntheit und Marktpräsenz der Widerspruchsmarke im Bereich Tiefkühlkost an. Und da , so die Richter, sowohl Piroggen, also gefüllte Teigtaschen aus Hefe-, Blätter- oder Nudelteig, als auch Pizzen aus naheliegenden Gründen tiefgekühlt angeboten werden, „drängt es sich für die beteiligten Verkehrskreise geradezu auf, dass diese Waren aus demselben oder aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen könnten, wenn identisch oder hinreichend ähnlich gekennzeichnet.“ 
Der älteren Marke „IGLO“ gebühre daher ein markenrechtlicher Schutz vor einer derartigen Verwechslungsgefahr.

Fazit

Die vorliegende Entscheidung wirft erneut Licht auf die Frage wann bei der Neueintragung einer Marke von einer relevanten Verwechslungsgefahr auszugehen ist. Nach höchstrichterlicher Entscheidung sind hierbei drei Faktoren zu berücksichtigen:

1.    Die Identität oder Ähnlichkeit der Waren
2.    Die Identität oder Ähnlichkeit der Marken
3.    Der Schutzumfang der Widerspruchsmarke

So weit so gut. Knifflig wird es erst wenn diese eigentlich voneinander unabhängigen Faktoren in ihrer Wechselwirkung zusammengenommen, gegeneinander abgewogen und mit Hinblick auf die Besonderheiten des jeweiligen Falles begriffsbestimmend angewendet werden.

Im vorliegenden Fall, beispielsweise, ging das Gericht auf Grund der überragenden Bekanntheit der Marke „IGLO“ von einem deutlich erweiterten Schutzbereich der Widerspruchsmarke aus. Dieser gesteigerte Schutzbereich bezog sich dadurch nicht nur auf die in Frage stehende Waren, sondern darüber hinaus auf solche Waren, die mit diesen eng verwandt sind.
So ging das Gericht bei der in Frage stehenden Ware „Pizza“ durchaus von einer Warenähnlichkeit aus, obwohl „IGLO“ gar keine Pizzen vertreibt. Oder sollte man sagen, noch nicht vertreibt. Denn auch hier führte der gesteigerte Schutzumfang der Widerspruchsmarke zu der Erkenntnis der Richter, dass „der Verkehr das Angebot von (tiefgekühlten) Pizzen als eine naheliegende Ergänzung oder Erweiterung“ der bekannten Marke „IGLO“ zuordnen wird.

Eine vielleicht für den einen oder anderen Leser überraschende Wendung des Falles. Um solche kostenintensiven „Überraschungen“ zu vermeiden, sollte daher gerade bei Neuanmeldung einer Marke auf eine frühzeitige und intensive juristische Beratung Wert gelegt werden.

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