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UWG – Schwarze Klausel Nr. 8 - Français? Español? English? – Die Sprache der Probleme

19.06.2009, 09:17 Uhr | Lesezeit: 9 min
UWG – Schwarze Klausel Nr. 8 -    Français? Español? English?  – Die Sprache der Probleme

Kunden können erwarten, dass der Kundenservice die Sprache spricht, die auch der Verkäufer gesprochen hat. Dafür sorgt die 8. Schwarze Klausel im neuen UWG. Allerdings nur dann, wenn der Verkäufer eine andere Sprache spricht als die Menschen des Landes, in dem er sein Geschäft hat. Sie sind verwirrt? Dann lesen Sie jetzt am besten den neunten Teil der Serie der IT-Recht Kanzlei.

Die Klausel

„Unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne des § 3 Abs. 3 sind…
Nr. 8:    …Kundendienstleistungen in einer anderen Sprache als derjenigen, in der die Verhandlungen vor dem Abschluss des Geschäfts geführt worden sind, wenn die ursprünglich verwendete Sprache nicht Amtssprache des Mitgliedstaates ist, in dem der Unternehmer niedergelassen ist; dies gilt nicht, soweit Verbraucher vor dem Abschluss des Geschäfts darüber aufgeklärt werden, dass diese Leistungen in einer anderen als der ursprünglich verwendeten Sprache erbracht werden;“

Mal wieder in die Irre geführt

Klausel Nr. 8 betrifft wie fast alle bisher erläuterten Vorschriften der sog. Schwarzen Liste des UWG im Kern die Irreführung von Verbrauchern. Die Grundkonstellation, in der die Vorschrift zur Anwendung kommt, betrifft den Fall, dass beispielsweise ein Deutscher im Internet in Italien über ein deutschsprachiges Formular eine Espresso-Maschine bestellt und anschließend, als er Nachfragen bezüglich einzelner Funktionen der Maschine hat, bei der Service-Hotline anruft, dort aber nur Italienisch versteht. Ein Verstoß gegen Klausel Nr. 8 liegt dann vor, wenn der italienische Verkäufer den deutschen Verbraucher bei Vertragsschluss nicht darüber aufgeklärt hat, dass der Kundenservice in einer anderen Sprache erfolgt wie die Vertragsverhandlungen bzw. der Geschäftsabschluss.

Generell wird dabei angenommen, dass es egal ist, ob im Vertrag (etwa in AGB) geregelt ist, dass die Kundendienstleistungen („Serviceleistungen“) in einer anderen Sprache erfolgen. Relevant ist allein, dass der Verbraucher nicht – wie es in der Richtlinie selbst wortwörtlich heißt – „eindeutig darüber aufgeklärt“ worden ist.

Exkurs

Ein deutsches Gesetz von der Europäischen Union?!

Die 30 Schwarzen Klauseln sind – wie zu Beginn der Serie erläutert – nach Vorgaben einer EG-Richtlinie entstanden. Der deutsche Gesetzgeber musste die Richtlinie in deutsches Recht umsetzen und war dabei an die inhaltlichen Vorgaben der Richtlinie gebunden. Problematisch bei einer Richtlinie ist jedoch, dass sie in der Regel im Original nicht in deutscher Sprache erlassen wird, sondern aus einer anderen Sprache ins Deutsche übersetzt werden muss. Dabei kann es zu sprachlichen Ungereimtheiten kommen, was gerade im juristischen Bereich, wo es nicht selten auf sprachliche Genauigkeit ankommt, zu Schwierigkeiten führen kann. Der deutsche Gesetzgeber wiederum muss solche „übersetzten Richtlinien“ nicht wortlautgetreu umsetzen, sondern ihre inhaltlichen Vorgaben in deutsches Recht umwandeln, d.h. ein eigenes Gesetz formulieren, das den vorgegeben Regelungsgehalt enthält. Da das dabei entstehende deutsche Gesetz – in diesem Fall Klausel Nr. 8 – auf der Richtlinie beruht und mit dieser inhaltlich übereinstimmen muss, muss bei Unklarheiten über die Auslegung der Klausel wieder die Richtlinie zum Vergleich herangezogen werden. Dabei spielt dann nicht (nur) die deutsche Fassung der Richtlinie eine Rolle, sondern vor allem die englische und französische Fassung. So soll dann herausgefunden werden, was mit der Richtlinie tatsächlich geregelt werden sollte.

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Was sind Kundendienstleistungen?

Bei Klausel Nr. 8 zeigt sich dieses Problem ganz offen. Während in der deutschen Fassung etwas nebulös und vage von einer „nach Abschluss des Geschäfts zu erbringenden Leistung“ die Rede ist, spricht die englische Fassung prägnanter von „after sales service“. Glücklicherweise hat der deutsche Gesetzgeber bei der Umsetzung der Richtlinie mit dem Begriff der „Kundendienstleistung“ einen klaren, ebenfalls prägnanten Begriff gewählt und sich nicht an den ungenauen Wortlaut der deutschen Fassung der Richtlinie gehalten. Damit steht fest, auf welche Leistung sich die in Klausel Nr. 8 beschriebene „Sprachverwirrung“ beziehen muss: es geht ganz allein um solche, die unter den Begriff des Kundenservices fallen. Damit ist klar, dass es dabei jedenfalls nicht um sog. Hauptleistungen bzw. Hauptpflichten aus dem Vertrag gehen kann.

Die exakte Unterscheidung wird noch anhand eines eingängigen Beispiels erläutert werden.

Nur Aufklärungsversagen

Wie so oft muss auch im Zusammenhang mit Klausel Nr. 8 betont werden, dass die Vorschrift nicht bewirken soll, dass etwa Verkäufer aus dem Ausland einen deutschsprachigen Kundenservice bereitstellen müssen. Zwar würden sich dies sicherlich einige deutsche Verbraucher wünschen, doch wäre dies im Zuge der angestrebten Schaffung eines einheitlichen EU-Handels- und Wirtschaftsraums eher kontraproduktiv – denn es würden neue Handels- und (Sprach-)Barrieren entstehen, was den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen würde.

Das Ziel von Klausel Nr. 8 ist stattdessen, dass der Verkäufer den Kunden darüber aufklären soll, dass diesem später kein Kundenservice in der erwarteten Sprache zur Verfügung steht. Denn dadurch, dass der italienische Verkäufer der Espresso-Maschine (s.o.) die Bestellung und den Verkauf in deutscher Sprache abwickelt, wird beim Kunden der Eindruck erweckt, der gesamte Käufer-Verkäufer-Kontakt, also auch etwaige Kundendienstleistungen, fänden in deutscher Sprache statt. Deshalb muss – so erfordert es Klausel Nr. 8 – der Verkäufer den Käufer ausdrücklich darauf hinweisen, dass dies nicht der Fall ist.

Sprachprobleme

Nicht abschrecken lassen darf man sich von der komplizierten Formulierung der Klausel Nr. 8. Zwar muss man die Vorschrift sehr genau lesen, um zu verstehen, um welche Sprachen es in welchem Teil des Kundenkontakts geht und welche Konstellationen dabei unzulässig sind. Jedoch ist damit dann auch schon alles gesagt. Ein typischer Verstoß gegen Klausel Nr. 8 spielt sich folgendermaßen ab:

(1)    Zunächst werden die „Vertragsverhandlungen“ in einer Sprache geführt, die nicht der Amtssprache des Landes entspricht, in dem der Händler niedergelassen ist – beispielsweise auf Deutsch in Frankreich oder aber etwa auch auf Spanisch in Deutschland.

(2)    Anschließend wird die Kundendienstleistung nicht in derselben Sprache angeboten – also etwa im ersten Fall nicht mehr auf Deutsch, sondern auf Französisch oder Englisch; oder im zweiten Fall nicht in Spanisch, sondern in Englisch oder beispielsweise in Deutsch.

(3)    Zu guter Letzt klärt der Verkäufer über diesen Umstand nicht (richtig) auf.

Nicht von Klausel Nr. 8 erfasst ist demgegenüber der (häufig auftretende Fall), dass jemand etwas in Deutschland bei einem deutschen Händler erwirbt und anschließend bei einer englischsprachigen Hotline anrufen muss, wenn es Probleme mit dem Produkt gibt, ohne dass er darauf vorher hingewiesen worden ist. Denn dann haben die Vertragsverhandlungen ja gerade in der Amtssprache des Landes (in diesem Fall Deutsch) stattgefunden, was von Klausel Nr. 8 nicht erfasst wird.

Problem: Verkäufer im Ausland

Was nicht untergehen darf ist, dass der Anwendungsbereich der Klausel auf das Gebiet der EU beschränkt ist. Das ergibt sich bereits aus der Vorschrift selbst, die von der „Amtssprache des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer niedergelassen ist“ spricht, Denn mit dem Begriff „Mitgliedstaat“ kann nur ein solcher der EU gemeint sein. Dies bedeutet, dass beispielsweise ein Händler, der in China niedergelassen ist und über seine deutschsprachige Homepage Elektro-Geräte in Deutschland verkauft und seine Kunden nicht darüber aufklärt, dass der spätere Mail- oder Telefonhotline-Kontakt nur in Englisch stattfindet, nicht gegen Klausel Nr. 8 verstößt.

Beispiel

Eine genaue Unterscheidung dahingehend, was von Klausel Nr. 8 erfasst wird und was nicht, lässt sich am besten anhand eines kurzen Beispiels zeigen.

Michaela Musica aus Aachen ist musisch begabt und sammelt Musikinstrumente wie andere Briefmarken. Als sie im Internet bei einem französischen Händler, der seinen Sitz in Paris hat, einen neuen Synthesizer entdeckt, ist sie begeistert und greift sofort zu. Auf der englischsprachigen Internetseite des Händlers füllt sie alle erforderlichen Felder aus und schickt die Bestellung ab. Bereits sechs Tage später steht das Instrument in ihrer Wohnung und die ersten Töne erklingen. Dummerweise muss Michaela jedoch die einzelnen Funktionen des Instrument durch eigenes Ausprobieren herausfinden, da die Bedienungsanleitung weder einen englisch-, noch einen deutschsprachigen Teil enthält. Auch ein Anruf bei der Servicehotline des Händlers hilft nicht weiter, denn dort wird nur französisch gesprochen, was Michaela leider überhaupt nicht beherrscht.

Ihr Frust legt sich jedoch schnell, als sie bei einem Händler im holländischen Kerkrade – nicht weit von Aachen entfernt – eine klangvolle Orgel entdeckt, die sich ganz wunderbar in ihrem Salon machen würde. Natürlich einigt sich Michaela noch vor Ort mit dem deutschsprachigen Verkäufer über Preis, Lieferung und Montage bei ihr zu Hause. Eine Woche später treffen zwei Mitarbeiter der Firma bei Michaela ein, die die Orgelteile zur Orgel zusammenbauen. Leider sprechen beide nur Holländisch, weshalb die gesamte Kommunikation auf Englisch stattfinden muss.

Teil 1: Synthi

Beim Kauf des Synthesizers hat der französische Verkäufer dadurch gegen Klausel Nr. 8 verstoßen, dass er keinen englischsprachigen Kundenservice, d.h. in diesem Fall Telefon-Hotline, angeboten hat. Denn dadurch, dass Michaela die Bestellung (in Frankreich) auf Englisch durchführen konnte, kann sie auch erwarten, dass auch der Kundenservice in dieser Sprache angeboten wird, wenn ihr der Verkäufer – wie hier – nichts Gegenteiliges mitteilt. Übrigens läge paradoxerweise auch dann ein Verstoß gegen Klausel Nr. 8 vor, wenn der Verkäufer eine deutschsprachige Hotline eingerichtet hätte, auch wenn sich Michaela dann sicherlich nicht beschwert hätte. Denn auch Deutsch wäre in diesem Fall eine andere Sprache im Sinne der Vorschrift gewesen.

Dass die Bedienungsanleitung nur in Französisch gehalten ist, stellt keinen Verstoß gegen Klausel Nr. 8 dar, da es sich bei der Bedienungsanleitung nicht um einen Kundenservice im Sinne der Vorschrift handelt, sondern (sogar) um eine Hauptleistung(spflicht) – und diese wird von er Regelung nicht erfasst.

Teil 2: Orgel

Im Zusammenhang mit dem Kauf und dem Aufbau der Orgel liegt ebenfalls kein Verstoß gegen Klausel Nr. 8 vor. Die Lieferung und Montage, die nicht auf Deutsch, der Sprache der Vertragsverhandlungen, erfolgt, weil beide Mitarbeiter des Verkäufers nicht Deutsch sprechen, stellen ebenfalls Erfüllungsleistungen des Verkäufers dar und sind demnach keine Kundendienstleistungen. Aber nur diese werden von der Klausel erfasst. Würde Michaela aber auf eine holländische Telefonhotline verwiesen, wenn sie später einen Wartungstermin vereinbaren möchte, so wäre dies wiederum von Klausel Nr. 8 erfasst.

Fazit

Die meisten Fälle, die Verbraucher im Kopf haben, wenn sie an Sprachprobleme im Zusammenhang mit Produktkäufen im Internet denken, sind von Klausel Nr. 8 gar nicht erfasst. So etwa die „japanische“ Bedienungsanleitung oder die ausschließlich englische Hotline, wenn das Produkt etwa bei einem deutschen Händler in Deutschland gekauft wird. Dennoch ist die Klausel – vorausgesetzt sie ist bekannt im Kreise der Verkäufer – relevant, weil sie die Kunden davor schützt, dass sie plötzlich mit einem fremdsprachigen Kundenservice konfrontiert werden, mit dem sie nicht gerechnet haben und den sie auch nicht erwarten mussten.

In der nächsten Woche erfahren Sie mehr über Klausel Nr. 9!

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