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Die EU-Verbraucherrechterichtlinie – Teil 1: Einführung und Zielsetzung

22.08.2011, 11:57 Uhr | Lesezeit: 4 min
Die EU-Verbraucherrechterichtlinie – Teil 1: Einführung und Zielsetzung

Aufgrund der Bedeutung und des Umfangs der Änderungen, die durch die neue EU-Verbraucherrechterichtlinie bedingt sind, bietet es sich an, zuerst in das Thema der EU-Verbraucherrechterichtlinie einzuführen und die Zielsetzung des europäischen Gesetzgebers näher zu erläutern. Welche konkreten Änderungen zu erwarten sind, lesen Sie sodann in den nachfolgenden Teilen der neuen Serie der IT-Recht Kanzlei.

A. Einleitung

Nach fast drei Jahren der Diskussion auf europäischer Ebene hat das Europäische Parlament am 23.06.2011 den Entwurf der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Rechte der Verbraucher in geänderter Fassung angenommen. Den verabschiedeten Text der EU-Verbraucherrechterichtlinie finden Sie hier.

Update:

Nachdem der Rat der Europäischen Union am 10.10.2011 seine Zustimmung zur EU-Verbraucherrechterichtlinie erteilt hat und die EU-Verbraucherrechterichtlinie am 22.11.2011 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde, haben die EU-Mitgliedsstaaten nunmehr bis zum 13.12.2013 Zeit, die in der Richtlinie getroffenen Regelungen in nationales Recht umzusetzen.

Infolge der Richtlinie werden sich auch für den deutschen Internethandel gravierende rechtliche Veränderungen ergeben, die sowohl den Vertragsschluss, die Vertragsdurchführung als auch den Widerruf von Fernabsatzverträgen betreffen.

Anzuführen sind hierbei zunächst die vorgesehene Buttonlösung für entgeltliche Vertragsschlüsse, die Erstattungspflicht für durch Voreinstellungen untergejubelte Extras, die (gekippte) Pflicht zur EU-weiten Warenlieferung verbunden mit der Informationspflicht bezüglich Lieferbeschränkungen, die Informationspflicht hinsichtlich des Liefertermins und die Regelungen zur Bestätigung durch den Verbraucher bei telefonischen Vertragsschlüssen.

Im Rahmen der Durchführung von Fernabsatzverträgen werden sich vor allem die Regelungen zum Verbot der Erhebung von über die Kosten des Unternehmers hinausgehender Zuschläge für bestimmte Zahlungsarten sowie das Verbot des Einsatzes besonders zu vergebührender Hotlinenummern auswirken.

Der Schwerpunkt der Regelungen liegt eindeutig im Bereich des Widerrufrechts des Verbrauchers: Hervorzuheben sind die neu vorgesehenen Ausnahmen vom Widerrufsrecht, die einheitliche Widerrufsfrist von 14 Tagen, eine kürzere Verfristung des Widerrufrechts bei fehlender oder falscher Widerrufsbelehrung, die neue Musterwiderrufsbelehrung und das neue Musterwiderrufsformular, Änderungen bei der Erklärung des Widerrufs, bei der Rücksende- und der Rückzahlungsverpflichtung, sowie schließlich bei der Tragung der Hin- und Rücksendekosten.

Obwohl nicht vor 2013 mit der Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht zu rechnen ist, und damit die Änderungen für deutsche Shopbetreiber nicht in naher Zukunft verbindlich werden, möchte die IT-Recht Kanzlei Ihnen schon heute die Möglichkeit geben, sich umfassend über die zu erwartenden Gesetzesänderungen zu informieren.

Dazu werden wir Ihnen in einer fünfzehnteiligen Serie die wichtigsten, den E-Commerce betreffenden Änderungen vorstellen. So können Sie sich auf die kommenden Veränderungen rechtzeitig einstellen und notwendige Anpassungen für Ihren Onlineauftritt planen.

Im ersten Teil unserer Serie möchten wir Ihnen die Hintergründe der Verbraucherrechterichtlinie und als erste wichtige Änderung die sogenannte „Buttonlösung“ darstellen.

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B. Zielsetzung der EU-Verbraucherrechterichtlinie

I. Zielsetzung der EU-Verbraucherrechterichtlinie

Vorrangiges Ziel der EU-Verbraucherrechterichtlinie ist die Schaffung eines höheren Harmonisierungsstandards im Bereich des Verbraucherschutzrechts der Mitgliedsstaaten.
Die EU-Verbraucherrechterichtlinie wird daher die Richtlinien 85/577/EWG („Haustürgeschäfterichtlinie“) und 97/7/EWG („Fernabsatzrichtlinie“) ersetzen (vgl. Art. 31 der Richtlinie), wobei gleichzeitig der in diesen Richtlinien noch verfolgte Mindestharmonisierungsansatz in Bezug auf bestimmte Aspekte aufgeben wird.

Diese bisher für das Verbraucherschutzrecht vorrangig maßgeblichen Richtlinien sehen zwar gewisse Mindeststandards bezüglich der Harmonisierung vor, lassen aber gleichzeitig den nationalen Gesetzgebern deutliche Spielräume bei der Umsetzung. Dies hatte in den letzten Jahren zu einem regelrechten Wildwuchs nationaler Regelungen geführt.

II. Unterschiede am Beispiel des Fernabsatzwiderrufs

Der in vielen Feldern des Verbraucherschutzrechts vorherrschende Wildwuchs lässt sich am Beispiel des Fernabsatzwiderrufrechts darstellen: Zwar sehen die Rechtsordnungen aller EU-Mitgliedsstaaten jeweils ein Widerrufsrecht des Verbrauchers bei Fernabsatzverträgen vor. Das „Ob“ des Widerrufs ist mithin einheitlich geregelt. Das „Wie“ des Widerrufs ist in den einzelnen Mitgliedsstaaten jedoch höchst unterschiedlich ausgeprägt. So kommt der deutsche Verbraucher regelmäßig in den Genuss einer 14-tägigen Widerrufsfrist, während Verbraucher in anderen Mitgliedsstaaten nur 7 Werktage Zeit haben, ihr Widerrufsrecht fristgemäß auszuüben. Auch kann der deutsche Verbraucher seinen Widerruf schon durch eine Email oder einfach durch Rücksendung der Ware wirksam erklären, während ein Italiener sich zur wirksamen Ausübung des Widerrufs eines Einschreibens bedienen muss.

III. Wildwuchs nationaler Regelungen bremst grenzüberschreitenden Versandhandel

Die daraus sowohl für Verbraucher als auch Unternehmer resultierende Rechtsunsicherheit gerade im geschäftlichen Verkehr zwischen verschiedenen Mitgliedsstaaten hat nach Auffassung der Europäischen Union eine mangelnde Ausschöpfung des Potentials des grenzüberschreitenden Versandhandels zur Folge.
Während im Bereich des inländischen Versandhandels in den letzten Jahren ein erhebliches Wachstum verzeichnet werden konnte, sei der grenzüberschreitende Versandhandel nur in einem geringen Maße gewachsen.

IV. Kampf dem Wildwuchs durch Vollharmonisierung

Mit der EU-Verbraucherrechtrichtlinie verfolgt die Europäische Union im Bereich des Fernabsatzrechts fortan das Prinzip der Vollharmonisierung. Dies bedeutet, dass die nationalen Gesetzgeber bei der Umsetzung der Richtlinie in erheblicher Weise gebunden sind, also weder abweichende Vorschriften erlassen noch weitergehende Pflichten statuieren dürfen. Von diesem Grundsatz bestehen nur wenige Ausnahmen, vor allem im Bereich der Informationspflichten. Die Möglichkeit nationaler Abweichungen wird damit deutlich eingeschränkt.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.

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