Anfang des Jahres 2016 zitterten viele Online-Händler vor einer neuen EU-Verordnung: Sie sollten von nun an in ihrem Webshop auf eine Plattform der EU-Kommission zur Online-Streitbeilegung hinweisen und unmittelbar darauf verlinken, wobei es die Online-Plattform zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht gab. Die Frage stand im Raum: Wie sollte das gehen? Und welche Folgen drohen demjenigen, der sich falsch verhält? Nun gibt es erste Urteile hierzu. Die IT-Recht Kanzlei stellt sie vor und erläutert sie.
Inhaltsverzeichnis
I. Plattform zur Online-Streitbeilegung führt zum Streit
Im Januar 2016 hatte das Inkrafttreten der EU-Verordnung Nr. 524/2013 über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten (sog. ODR-Verordnung) am 9. Januar 2016 zu größerer Aufregung im E-Business geführt, weil viele Online-Händler nicht wussten, wie sie sich nun verhalten sollten. Die Verordnung verpflichtet Händler dazu, Informationen zu einer Online-Streitbeilegungs-Plattform der EU (sog. OS-Plattform) für Verbraucher zu geben und zugleich auf diese zu verlinken. Da die Plattform zu diesem Zeitpunkt noch nicht existierte und zunächst nicht klar war, ob es den anzugebenden Weblink überhaupt schon gibt, war eine gewisse Angst vor Abmahnungen spürbar: Werde ich (rechtmäßig) abgemahnt, wenn ich nicht auf eine Webseite verlinke, die es (noch) gar nicht gibt? Entstehen dabei schmerzhafte Kosten, die ich tragen muss?
Wie sich nun zeigt, war die Angst nicht unberechtigt. Während das LG Traunstein (Entscheidung vom 20. April 2016, Az. 1 HK O 1019/16) in der fehlenden Angabe des Weblinks auf die OS-Plattform durch einen Webshop keinen abmahnfähigen Wettbewerbsverstoß sah, entschied das LG Bochum nun eher wenig überraschend anders (Urteil vom 31. März 2016, Az. 14 O 21/16).
Wieso entscheiden die beiden Gerichte unterschiedlich, was hat das zu bedeuten und was gilt denn nun eigentlich?
II. Die Entscheidung des LG Traunstein
Das LG Traunstein (Entscheidung vom 20. April 2016, Az. 1 HK O 1019/16) sieht in der fehlenden Angabe des Weblinks auf die OS-Plattform in der Zeit, in der es die Plattform noch gar nicht (fertig) gab, keinen abmahnfähigen Wettbewerbsverstoß.
Auch aus Sicht des LG Traunstein stellt der Weblink zwar eine wesentliche Information gemäß § 5a Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 UWG dar, deren Nicht-Angabe eine irreführende geschäftliche Handlung und damit ein Wettbewerbsverstoß sein kann. Allerdings ist das Gericht ebenso der Auffassung, dass die Information über eine Online-Plattform, die es im Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses noch gar nicht gibt (und deren genauen Inhalte und die damit verbundenen Möglichkeiten für Verbraucher nicht feststehen können), diesen Vertragsschluss in keiner Weise beeinflussen kann, weshalb das Tatbestandsmerkmal aus § 5a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UWG nicht erfüllt sei.
III. Die Entscheidung des LG Bochum
Das LG Bochum (Urteil vom 31. März 2016, Az. 14 O 21/16) hält die Nicht-Angabe des Links hingegen für einen spürbaren Wettbewerbsverstoß i.S.d. § 3a UWG.
Als Begründung verweist das Gericht darauf, dass Streitigkeiten zwischen Online-Händlern und Verbrauchern nicht nur im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss (Bestellmenge, Lieferzeit, Versandkosten, Stornierung, Widerruf) bestehen können, sondern auch im Laufe der weiteren Zeit. Auch nach einiger Zeit können am Kaufgegenstand Mängel auftreten, die der Verbraucher vom Verkäufer beseitigen lassen möchte. Sollten sich daraus Streitigkeiten zwischen dem Händler und dem Verbraucher entwickeln, etwa darüber, ob der Mangel schon von Anfang an bestand oder erst beim Verbraucher entstanden ist, so kann die Existenz einer Streitbeilegungs-Plattform sicherlich durchaus hilfreich sein.
Für Verbraucher, die dies im Blick haben, kann es bei der Kaufentscheidung also durchaus eine relevante Information sein, ob sie im Falle von Streitigkeiten mit dem Händler auf eine – zwar erst noch einzurichtende –, aber dann eben schon wohl bald bestehende Streitbeilegungsplattform im Internet zurückgreifen können.
IV. Fazit
Am 15. Februar 2016 ist die berüchtigte Online-Streitbeilegungsplattform der EU online gegangen. Jedenfalls seitdem besteht ohne Zweifel für alle betroffenen (Online-)Händler die Pflicht, die Verbraucher entsprechend in ihrem Webshop darüber zu informieren und darauf zu verlinken. Wer dies (immer noch) nicht tut, kann wegen eines Verstoßes hiergegen aufgrund von § 5a Abs. 2, Abs. 4 UWG abgemahnt werden. Wer die damit verbundenen Kosten und Mühen (verständlicherweise) scheut, sollte sich hier keine Blöße geben und den Vorgaben der Verordnung Folge leisten.
Bei Problemen, Rückfragen sowie weiteren Fragen zu diesem Thema hilft Ihnen das Team der IT-Recht Kanzlei selbstverständlich gerne auch persönlich und im Einzelfall weiter.
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