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UWG - Schwarze Klausel Nr. 23 - Getarnte Profis - Wenn Unternehmer sich als Verbraucher ausgeben

02.10.2009, 12:59 Uhr | Lesezeit: 5 min
UWG - Schwarze Klausel Nr. 23 - Getarnte Profis - Wenn Unternehmer sich als Verbraucher ausgeben

Wenn Unternehmer sich als Verbraucher ausgeben, täuschen sie ihre Kunden. Daher haben Verbraucher das Recht, zu erfahren, wenn sie es mit professionellen Geschäftspartnern zu tun haben. Unternehmer, die sich unrichtigerweise als Verbraucher ausgeben, verstoßen gegen die Schwarze Klausel Nr. 23 des UWG. Lesen Sie dazu jetzt den 24. Teil der Serie der IT-Recht Kanzlei.

Die Klausel

„Unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne des § 3 Abs. 3 sind…
Nr. 23:    …die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, der Unternehmer sei Verbraucher oder nicht für Zwecke seines Geschäfts, Handels, Gewerbes oder Berufs tätig;“

Der getarnte Verkäufer

Möchten Sie wissen, wer Ihr Verkäufer wirklich ist? Zumindest dürfte es in Ihrem Interesse sein, dass der Verkäufer kein Hehler ist und somit Ihnen keine Waren verkauft, die Sie nicht auch behalten dürfen. Aber warum könnte es relevant sein, ob der Verkäufer Privatmann oder Unternehmer ist?

Wenn Sie von einem „Professionellen“, d.h. von einem gewerblichen Verkäufer Waren oder Dienstleistungen erwerben, so muss dieses Geschäft mit der Umsatz- bzw. Mehrwertsteuer belegt werden. Wenn Sie nun einen Verkäufer für einen Privatmann respektive eine Privatfrau halten, so könnten Sie irrtümlich glauben, Sie müssten für den Kauf keine Steuer bezahlen. Das Gleiche gilt für eventuell zu zahlende Maklerprovisionen, falls sich hinter einem auf den ersten Blick privaten Verkäufer ein Makler verbirgt. Als Verbraucher können Sie somit aus den unterschiedlichsten Motiven ein Interesse daran haben, ein Geschäft nicht mit einem gewerblichen Verkäufer abzuschließen. Daher verbietet die Schwarze Klausel Nr. 23 eine derartige Tarnung des Verkäufers.

Übrigens spielt es für die Anwendbarkeit der Klausel keine Rolle, ob der (als privat getarnte) Unternehmer als Verkäufer oder Käufer auftritt. Somit verstößt ein Unternehmer auch dann gegen die Vorschrift, wenn er sich als privater Käufer tarnt, obwohl er den Ankauf gewerblich nutzen will – etwa beim Ankauf von Antiquitäten zum Wiederverkauf im eigenen Antiquitäten-Handel.

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Eine Frage der Lüge

Wie die Formulierung „oder das Erwecken des (…) Eindrucks“ bereits ausdrückt, genügt für die Anwendbarkeit der Schwarzen Klausel Nr. 23, dass der Unternehmer suggeriert, er würde privat auftreten – er muss dies also nicht ausdrücklich behaupten, d.h. er muss nicht explizit lügen. Es reicht, dass er generell so tut, als würde er als Privater bzw. im privaten Rahmen handeln. Beispielsweise muss ein – dem Verbraucher vielleicht sogar – bekannter Antiquitätenhändler, der zugleich privater Sammler exklusiver alter Möbel ist, dem privaten Verkäufer gegenüber nicht ausdrücklich behaupten, er würde die zum Verkauf stehende Kommode nicht für seinen Handel, sondern vollkommen privat erwerben, damit ein Verstoß gegen die Schwarze Klausel angenommen werden kann. Vielmehr würde es genügen, wenn der Antiquitäten-Händler gegenüber dem Käufer z.B. äußert, dass sich „das gute Stück prima in meinem Arbeitszimmer machen würde“.

Zwei mögliche Konstellationen

Somit werden zwei mögliche Konstellationen von der Schwarzen Klausel erfasst. Zum einen diejenige, dass sich ein Unternehmer bei einem Geschäft als Verbraucher ausgibt, d.h. nicht kenntlich macht, dass er in Wirklichkeit Unternehmer bzw. gewerblich Handelnder ist. Dies wäre etwa der Fall, wenn ein (gewerblicher) Ebay-Verkäufer elektronische Geräte verkauft, ohne auf sein gewerbliches Handeln hinzuweisen und/oder die Verbraucher über das Widerrufsrecht im Fernabsatzhandel zu belehren.

Zum anderen greift die Schwarze Klausel dann ein, wenn ein Verkäufer zwar als Unternehmer / Gewerblicher auftritt und dies grundsätzlich auch nicht verschleiert, aber behauptet oder suggeriert, dass gerade dieses eine Geschäft nicht im Rahmen seines Gewerbes abgewickelt werden soll, sondern privat, obwohl dies gar nicht stimmt. Hierfür ist der Fall „Kommode für das Arbeitszimmer“ (s.o.) ein passendes Beispiel.

Beispiel

Ein weiteres kurzes Beispiel soll noch einmal den Anwendungsbereich der Schwarzen Klausel verdeutlichen.

Nach Auslaufen der Abwrackprämie traut sich Stefan endlich wieder, nach einem bezahlbaren „neuen Gebrauchten“ zu suchen. Im Anzeigenteil der lokalen Tageszeitung wird er fündig. Dort steht geschrieben: „Gebrauchter Wagen der Marke Brosche wegen Familienzuwaches zu verkaufen, nur 85.000 km, sehr guter Zustand, Preis VHB, Telefon-Nummer 0…“ Stefan sieht endlich seine Chance gekommen, greift zum Telefon und vereinbart einen Termin. Als er am verabredeten Ort eintrifft, ist Stefan entsetzt. Der Mann vom Telefon  betreibt dort einen umfangreichen Gebrauchtwagenhandel und bietet ihm gleich eine ganze Reihe von weiteren Modellen zum Kauf an. Natürlich – so der Mann – sei bei ihm die Maklergebühr besonders günstig. Zudem könne man mit ihm „immer reden“. Und weil Stefan so nett wäre, könnte er viele Wagen „praktisch zum Nulltarif“ rausgeben. Stefan fühlt sich überrumpelt und denkt gar nicht daran, auch nur einen Cent an Maklergebühren zu bezahlen.

Der Gebrauchtwagenhändler hat gegen die Schwarze Klausel Nr. 23 verstoßen. In der Zeitungsannonce erweckt er durch die Formulierung „zwecks Familienzuwachses“ den nicht zutreffenden Eindruck, es handle sich um einen privaten Verkauf.

Dass sich Stefan anschließend vor Ort überrumpelt fühlt, spielt dann schon keine Rolle mehr – der Verstoß gegen die Vorschrift wurde schon vorher durch das Schalten der Zeitungsanzeige begangen.

Fazit

„Wolf im Schafspelz“ ist als Schlagwort für die Schwarze Klausel Nr. 23 ein bisschen zu hart formuliert – aber das Prinzip stimmt. Wenn daher ein Unternehmer, Händler oder gewerblicher Käufer bzw. Verkäufer als Verbraucher auftritt oder versucht, den Eindruck zu erwecken, bei einem bestimmten Geschäft nicht im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit zu handeln, verstößt er gegen die Schwarze Klausel Nr. 23. Allerdings wird nicht immer leicht festzustellen sein, ob ein Verstoß vorliegt oder nicht – denn oft wird es im Einzelfall schwierig zu beurteilen oder zu beweisen sein, ob ein Unternehmer tatsächlich einen solchen falschen Eindruck erzeugt hat oder nicht.

Man darf gespannt sein, wie sich die Vorschrift in der Praxis schlagen wird.

In der nächsten Woche erfahren Sie mehr über Klausel Nr. 24!

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.

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1 Kommentar

M
Miguel 13.10.2009, 17:10 Uhr
Folgen ?
Und ? Was hat das jetzt für Folgen ? Wird das Rechtgeschäft ungültig, d.h. muss im konkreten Beispiel der Antiquitätenhändler den gekauften Tisch zurück geben ? Oder was passiert, wenn es offenkundig wird ?

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