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Mit 8 schon Unternehmer? Die Frage zur Unternehmereigenschaft für den EuGH

21.12.2017, 18:09 Uhr | Lesezeit: 4 min
Mit 8 schon Unternehmer? Die Frage zur Unternehmereigenschaft für den EuGH

Wer bin ich - und wenn ja, wie viele? In der Frage zur Unternehmereigenschaft gibt es aber nur entweder oder. Entweder Unternehmer oder privater Verkäufer. Und diese Einordnung ist durchaus von Belang. Denn nur wer als gewerblicher Händler verkauft, hat diverse Verbraucherschutzrechte zu beachten. Dem EuGH liegt nun eine Vorlagefrage hierzu vor: Ist ein Verkäufer mit 8 gleichzeitig geschalteten Verkaufsanzeigen Unternehmer? Die Antwort dürfte vor allem viele Anbieter auf eBay & Co. sehr interessieren.

Privat oder doch schon gewerblich - was solls?

Diese Frage treibt viele Verkäufer um - gerade auf Portalen wie eBay oder eBay-Kleinanzeigen tummeln sich viele Verkäufer, die Ihre Verkaufstätigkeit über privaten account abwickeln, weil sie vielleicht nur ein paar Speicherkisten abverkaufen wollen. Oder weil sie die umfangreichen Vorschriften eines gewerblichen Kontos umgehen wollen. Der Unterschied ist in der Tat enorm, geht es doch um folgendes:

  • Gewerbliche Verkäufer müssen die Vorschriften des Fernabsatzrechts beachten. Private Verkäufer sind hingegen nicht an das Fernabsatzrecht gebunden. Gewerbliche Verkäufer müssen daher im Gegensatz zu privaten Anbietern zahlreiche komplexe (und abmahngefährdete) Informationspflichten (vgl. § 312d Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 246a EGBGB) erfüllen. Dazu gehört auch, dass die gewerblichen Auktionatoren ihre Kunden in bestimmter Art und Weise über das Widerrufsrecht belehren müssen (vgl. § 312g Abs. 1 i. V. m § 355 BGB) .
  • Die Regelungen zum Verbrauchsgüterkauf (§§ 476 ff. BGB) finden nur Anwendung, wenn ein Unternehmer an einen Verbraucher verkauft. Das Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs hat erhebliche Auswirkungen auf die Zulässigkeit eines Gewährleistungsausschlusses für das angebotene Produkt: Während ein gewerblicher Verkäufer bei Neuwaren eine Gewährleistung von 24 Monaten und bei Gebrauchtwaren eine Gewährleistung von 12 Monaten einräumen muss, kann der private Verkäufer die Gewährleistung sogar komplett ausschließen.
  • Ein weiterer Nachteil des gewerblichen Verkaufs gegenüber dem privaten liegt darin, dass der gewerbliche Verkäufer gegenüber dem Verbraucher das Risiko dafür trägt, dass die gekaufte Ware beim Transport nicht beschädigt wird oder verloren geht.
  • Zudem sind nur gewerbliche Verkäufer den Gefahren teurer wettbewerbsrechtlicher Abmahnungen von Mitbewerbern ausgesetzt. Private Anbieter müssen keine Abmahnungen befürchten.
  • Nur gewerbliche Anbieter können nach § 14 MarkenG wegen einer Markenverletzung abgemahnt werden. Private Anbieter sind auch hier keinen Gefahren ausgesetzt.

Die Grenze zwischen privatem und gewerblichem Verkauf ist häufig fließend. Und die Auswirkungen massiv: Denn oft werden vermeintlich private Verkäufer Opfer von Abmahnungen, weil eine Unternehmereigenschaft und also das Fehlen rechtlicher Pflichtangaben wie Impressum, Widerrufsbelehrung etc. vorgeworfen wird. Dann wird der Speicherverkauf auf einmal richtig teuer.

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Und was sagen die Gerichte dazu?

Die haben sich ausufernd mit dieser Thematik beschäftigt und eine umfassende Sammlung an Urteilen hervorgebracht - allerdings beziehen sich diese natürlich immer auf den konkreten Einzelfall. Wir fassen in diesem Beitrag die wichtigsten Entscheidungen mal zusammen. Bisher wurde die nachfolgende Konstellation aber noch von keinem Gericht entschieden.

Frage: 8 unterschiedliche Angebote gleichzeitig = Unternehmer?

Mit dieser Frage hat sich nun der EuGH zu beschäftigen. Im Rahmen einer Vorlagefrage eines bulgarischen Gerichtes wird sich der EuGH vermutlich im nächsten Jahr mit der Frage auseinandersetzen, ob ein Verkäufer als Unternehmer im Sinne der EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken anzusehen ist, wenn dieser auf einer Verkaufsplattform als Verkäufer registriert ist und zur gleichen Zeit 8 Verkaufsanzeigen (dabei unterschiedliche Waren) online geschaltet hat.

Für die Interessierten: im Juristendeutsch lautet die Frage im Original:

"Ist Art. 2 Buchst. b und Buchst. d der Richtlinie 2005/29/EG1 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken dahin auszulegen, dass eine Tätigkeit einer natürlichen Person, die auf einer Internetseite für den Verkauf von Waren registriert ist und gleichzeitig insgesamt acht Anzeigen für den Verkauf verschiedener Waren über die Website veröffentlicht hat, eine Tätigkeit eines Gewerbetreibenden im Sinne der Legaldefinition nach Art. 2 Buchst. b ist, Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Sinne von Art. 2 Buchst. d darstellt und in den Anwendungsbereich der Richtlinie gemäß Art. 3 Abs. 1 fällt?"

Und dann? Abmahnungen?

Die Antwort des EuGH wird sicherlich spannend - und jedenfalls auch auf Deutschland Auswirkungen haben, wenngleich das Vorlagegericht in Bulgarien liegt. Va. wird es die vielen kleinen eBay-Anbieter betreffen. Denn 8 gleichzeitig unterschiedliche Angebote hat man schnell zusammen, wenn der Speicher geräumt werden soll. Und wenn dann schon eine Unternehmereigenschaft angenommen wird, bedeutet das für viele Anbieter, dass Sie aufrüsten und die rechtlichen Anforderungen an gewerbliche Anbieter erfüllen müssten. Und das wiederum bedeutet einen nicht unerheblichen finanziellen Aufwand. Und: Für einige Mitbewerber oder Abmahn-/Wettbewerbsvereine, kann die Entscheidung zu zahlreichen neuen Abmahnungen verhelfen. Die Anbieterstruktur von Plattformen wie eBay & Co. jedenfalls würde eine entsprechende Entscheidung jedenfalls maßgeblich beeinflussen. Wir sind gespannt.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.


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