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Nachvertragliches Wettbewerbsverbot und Kundenschutzklauseln - die Rechtsprechung des BGH zu Subunternehmer-Verträgen (Teil 1 von 2)

29.08.2013, 20:23 Uhr | Lesezeit: 8 min
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot und Kundenschutzklauseln - die Rechtsprechung des BGH zu Subunternehmer-Verträgen (Teil 1 von 2)

Übliche Klauseln in Subunternehmer-Verträgen zum Schutz des Auftraggebers: Nachvertragliche Wettbewerbsverbote und Kundenschutzklauseln. Was oft vergessen wird: Solche Klauseln sind nur unter bestimmten Voraussetzungen wirksam. Und auch das Kartellrecht spielt bei der Beurteilung eine Rolle. Nachfolgend stellen wir zwei maßgebliche Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) aus diesem Bereich vor…

I. Der BGH zu Subunternehmer-Verträgen

Speziell zu Subunternehmer-Verträgen sind unter anderem die beiden folgenden BGH-Urteile relevant:

Das BGH-Urteil vom 12.05.1998 (Az. KZR 18/97) und das BGH-Urteil vom 10.12.2008 (Az. KZR 54/08 ).

Im dem Urteil aus dem Jahr 1998 ging es unter anderem um die kartellrechtliche Beurteilung einer zeitlich, räumlich und gegenständlich beschränkten Kundenschutzklausel (siehe unten Ziffer II.), in dem Urteil aus dem Jahr 2008 um die Frage der Zulässigkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes (siehe Teil 2).

II. Das BGH-Urteil vom 12.05.1998 (Az. KZR 18/97)

1. Der Sachverhalt

In dem Fall ging es um einen zwischen zwei Gebäudereinigern geschlossenen Subunternehmervertrag.

Sie hatten einen Rahmenvertrag geschlossen, wonach der Kläger als Subunternehmer für den Beklagten tätig werden sollte. Unter anderem wurde darin vereinbart:

"(1) Der Subunternehmer verpflichtet sich, der Fa. H.E. (Beklagte) weder mittelbar noch unmittelbar Arbeitskräfte abzuwerben.
(2) Der Subunternehmer verpflichtet sich weiterhin, mit der Fa. H.E. während der Dauer des Subunternehmervertrages nicht in Konkurrenz zu treten und die Kunden der Fa. H.E. nicht abzuwerben.
(3) Der Subunternehmer verpflichtet sich, für die Dauer von 1 Jahr nach Beendigung dieser Vereinbarung bzw. von Einzelverträgen über einzelne Objekte keine vertraglichen Beziehungen zu Kunden der Fa. H.E. einzugehen, insbesondere nicht zu solchen Kunden, bei denen der Subunternehmer durch die Fa. H.E. eingesetzt wurde.

(4) Der Subunternehmer verpflichtet sich, für jede Zuwiderhandlung gegen diese Verpflichtung eine Vertragsstrafe i.H. der dreifachen Monatspauschale des betreffenden Einzelobjekts, mindestens jedoch 10.000 DM an die Fa. H.E. zu bezahlen."

Der Kläger war als Subunternehmer bei mehreren Kunden des Beklagten tätig. Nach etwa drei Jahren kündigten zwei dieser Kunden dem Beklagten und engagierten den Kläger direkt.

Der Beklagte mahnte daraufhin den Kläger ab und verlangte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, der er eine 84 Positionen umfassende Liste der Gebäude beigefüge, die durch Reinigungsaufträge an ihn gebunden waren.

Der Kläger wies dies zurück, kündigte den Rahmenvertrag und verlangte seinen restlichen Lohn. Der Beklagte jedoch berief sich auf die im Rahmenvertrag vereinbarte Vertragsstrafe und erklärte die Aufrechnung. Lohn stünde dem Kläger daher nicht mehr zu.

Der Kläger zog daraufhin vor Gericht, um die Zahlung des ausstehenden Lohnes zu erreichen. Der Beklagte berief sich auf die Aufrechnung und machte im Wege der Widerklage den restlichen Betrag der Vertragsstrafe geltend, die er mit immerhin 40.000 DM bezifferte.

In der ersten Instanz obsiegte der Kläger, woraufhin der Beklagte in Berufung ging. Er berief sich in der Berufungsinstanz zwar nur noch auf eine Vertragsstrafe in Höhe von € 10.000 DM, hatte aber wiederum keinen Erfolg. Daraufhin verfolgte er sein Ziel der Klageabweisung und Zahlung des restlichen Vertragsstrafebetrages in der nächsten Instanz vor dem BGH weiter.

1

2. Das Urteil

Vor dem BGH hatte der Beklagte schließlich Erfolg. Zumindest wurde das angefochtene Urteil aufgehoben und an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

2.1 Kein Anspruch auf Vertragsstrafe

Bestätigt hat der BGH allerdings die Wertung des Berufungsgerichtes, dass dem Beklagten kein Vertragsstrafeanspruch zustünde.

Der Passus

"(4) Der Subunternehmer verpflichtet sich, für jede Zuwiderhandlung gegen diese Verpflichtung eine Vertragsstrafe i.H. der dreifachen Monatspauschale des betreffenden Einzelobjekts, mindestens jedoch 10.000 DM an die Fa. H.E. zu bezahlen."

verstoße nämlich gegen das AGB-Gesetz (Hinweis: zwischenzeitlich ist das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen verankert in den §§ 305 ff BGB) .

Denn gemäß dem Passus

"(2) Der Subunternehmer verpflichtet sich weiterhin, mit der Fa. H.E. während der Dauer des Subunternehmervertrages nicht in Konkurrenz zu treten und die Kunden der Fa. H.E. nicht abzuwerben."

werde eine Vertragsstrafe geschuldet,

  • wenn der Kläger Kunden des Beklagten aktiv abwirbt, und auch
  • wenn lediglich ein "passives Eindringen" vorliege.

In beiden Fällen könne eine formularmäßig vereinbarte Vertragsstrafe wegen Verstoßes gegen das AGB-Gesetz nicht wirksam vereinbart werden.

Denn in ersterem Fall (aktives Abwerben) dürfe ein solches Verhalten nach dem AGB-Gesetz nicht mit einer Vertragsstrafe versehen werden, im zweiten Fall ("passives Eindringen") läge wegen der Höhe der Vertragsstrafe eine unangemessene Benachteiligung vor, weshalb die Vertragsstrafenklausel nach AGB-Recht unwirksam sei.

Hinweis: Überhöhte Vertragsstrafen sind in der Regel gemäß § 343 BGB auf einen angemessenen Betrag herabzusetzen. Das gilt allerdings nicht zwischen Kaufleuten oder, wie hier, bei einer nach AGB-Recht unwirksamen Klausel.

2.2 Zurückweisung an das Berufungsgericht wegen fehlender Prüfung

Mit folgendem Vortrag kam der Beklagte jedoch durch und erreichte die Zurückweisung an das Berufungsgericht unter Aufhebung des angefochtenen Urteils:

Ihm stünde ein Schadensersatzanspruch zu, da der Kläger gezielt Kunden des Beklagten zur Kündigung veranlasst und mit ihnen - für die Kunden, wie für ihn selbst finanziell vorteilhaftere - Anschlussverträge geschlossen habe.

Grund und Höhe des geltend gemachten Schadenersatzanspruchs bedürfe, so der BGH, der weiteren Klärung durch das vorinstanzliche Tatsachengericht. Auch sei die Vereinbarkeit eines Passus im Rahmenvertrag mit § 1 GWB rechtsfehlerhaft nicht geprüft worden.

2.3 Hinweis des BGH auf weitere Klauseln im Rahmenvertrag (Kundenschutzklausel)

Das Berufungsgericht hatte sich lediglich auf Absatz 2 der oben unter Ziffer II.1. zitierten Klauseln bezogen.

Der BGH stellte klar, dass in Betracht komme, dass einzelnen Regelungen der Absätze 1 bis 3 für sich allein betrachtet Geltung beanspruchen und Absatz 3 insbesondere als Kundenschutzklausel zu verstehen sein könne, die es dem Kläger innerhalb eines Jahres nach Beendigung ihres Vertrages mit dem Beklagten jedenfalls verbietet, wenn auch nicht zu allen ehemaligen Kunden des Beklagten, so aber doch zu solchen ehemaligen Auftraggebern eigene Vertragsbeziehungen aufzunehmen, bei denen er zuvor aufgrund des Rahmenvertrages als Subunternehmer eingesetzt war.

Die Beurteilung, ob es sich bei dem Passus

"(3) Der Subunternehmer verpflichtet sich, für die Dauer von 1 Jahr nach Beendigung dieser Vereinbarung bzw. von Einzelverträgen über einzelne Objekte keine vertraglichen Beziehungen zu Kunden der Fa. H.E. einzugehen, insbesondere nicht zu solchen Kunden, bei denen der Subunternehmer durch die Fa. H.E. eingesetzt wurde."

um eine solche Kundenschutzklausel handele, obliege im Rahmen der Auslegung dem Berufungsgericht.

Folgende Hinweise gab der BGH in seinem Urteil für den Fall, dass es sich um eine solche Kundenschutzklausel handele:

- Kein Verstoß gegen § 138 BGB oder gegen AGB-Recht

In dem zeitlich, räumlich und gegenständlich begrenzten Verbot, eigene vertragliche Beziehungen zu diesen Auftraggebern aufzunehmen, liege keine unangemessene Benachteiligung und auch keine nicht hinnehmbare Beeinträchtigung der Handlungs- und Berufsausübungsfreiheit des Klägers.

Dem Kläger werde nämlich lediglich verboten, unmittelbar nach Beendigung der Subunternehmertätigkeit mit demselben Kunden und hinsichtlich desselben Objekts einen Reinigungsvertrag abzuschließen. Insofern werde hinsichtlich des Karenzzeitraums die schon aus dem Rahmenvertrag folgende selbstverständliche Nebenpflicht konkretisiert, dass der Subunternehmer den durch den Generalunternehmer herbeigeführten Kontakt zu dem Kunden nicht dazu benutzen darf, an Stelle des Hauptauftragnehmers eine eigene Vertragsbeziehung mit dem Kunden zu begründen. Zugleich werde mit der Regelung der Streit darüber ausgeschlossen, ob es zu dem Vertragspartnerwechsel durch aktives Abwerben oder dadurch gekommen ist, dass die Initiative von dem Kunden ausgegangen ist, der ein Interesse daran haben kann, vertraglich nur mit demjenigen verbunden zu sein, der die Reinigungsarbeiten tatsächlich durchführt, oder der den Kostenanteil sparen will, den bisher der Generalunternehmer vereinnahmt hat.

- Keine kartellrechtliche Unwirksamkeit gemäß § 1 GWB

Eine derart verstandene Kundenschutzklausel sei auch nicht nach § 1 GWB unwirksam. Ein in einem Austauschvertrag als Nebenabrede vereinbartes Wettbewerbsverbot verstoße dann gegen § 1 GWB, wenn für die Wettbewerbsbeschränkung bei wertender Betrachtungsweise im Hinblick auf die Freiheit des Wettbewerbs ein anzuerkennendes Interesse nicht besteht. Diese Voraussetzung wäre, so der BGH, vorliegend nicht erfüllt.

Es bestünde im Gegenteil ein auch unter Wettbewerbsgesichtspunkten anzuerkennendes Interesse, weil nur auf diese Weise der kartellrechtsneutrale Hauptzweck des Subunternehmervertrages erreicht werden kann.

Dieser Zweck des von den Parteien geschlossenen Rahmenvertrages liege in der arbeitsteiligen Durchführung der Gebäudereinigungsarbeiten, indem der Beklagte die Kunden akquiriert, die Durchführung der konkreten Tätigkeiten einschließlich der Vorhaltung des erforderlichen Personals, der Maschinen und des sonstigen Materials aber dem Kläger überlässt, während dieser von allen durch die Akquisition von Reinigungsaufträgen verursachten Belastungen freigestellt ist und auch nicht eine umfangreichere Unternehmensorganisation vorhalten muss, um etwa zusätzlich geworbene Kunden sachgerecht versorgen zu können. Dieser Aufgaben- und Risikoaufteilung entspreche die Verteilung des eingenommenen Entgelts. Der ausgewogene Leistungsaustausch werde jedoch empfindlich gestört, wenn der Subunternehmer, der bei der Vertragsabwicklung zwangsläufig in Kontakt mit den Kunden des Hauptunternehmers tritt, an Stelle desselben unmittelbare Vertragsbeziehungen mit diesen Kunden knüpft. Indem er, ohne im Bereich der Subunternehmertätigkeit eigene Aufwendungen für den Aufbau des Kundenstamms erbracht zu haben, an die Stelle des Generalunternehmers tritt, mache er sich illoyal die Früchte von dessen Bemühungen zunutze.

Nicht anders als bei dem Komplementär oder dem GmbH-Gesellschafter mit maßgeblichem Einfluss auf die Geschäftsführung begegne die Kundenschutzklausel auch in dem Verhältnis zwischen dem Beklagten und dem Kläger der naheliegenden Gefahr der inneren Aushöhlung der Vertragsbeziehungen des Beklagten zu seinen Auftraggebern. Diese Gefahr der illoyalen Ausnutzung fremden Erfolges bestehe hier hingegen nicht mehr, wenn der durch den Generalunternehmer vermittelte Kontakt des Subunternehmers zu dem Kunden ein Ende gefunden hat und unmittelbare vertragliche Beziehungen zwischen dem Kunden und dem Subunternehmer erst nach Ablauf eines Zeitraums begründet werden, in dem sich die durch die Leistung des Hauptunternehmers aufgebauten Beziehungen zu dem Kunden typischerweise gelockert haben.

3. Fazit

  • Handelt es sich nicht um ein individuell ausgehandeltes Vertragsstrafeversprechen, sondern wird es vom Verwender formularmäßig verwendet und einseitig vorgegeben, ohne dass es ernsthaft zur Disposition gestellt wird, findet AGB-Recht Anwendung. Ein Vertragsstrafeversprechen kann danach unwirksam sein.
  • Eine zeitlich, räumlich und gegenständlich hinreichend beschränkte Kundenschutzklausel in einem Subunternehmervertrag verstößt grundsätzlich weder gegen § 138 BGB, noch gegen AGB-Recht und ist in der Regel auch kartellrechtlich unbedenklich und mit § 1 GWB vereinbar.

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