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In vino veritas: BGH zur nachträglichen Schutzentziehung von IR-Marken und Schutzfähigkeit von Unternehmensschlagworten

14.01.2013, 10:06 Uhr | Lesezeit: 4 min
In vino veritas: BGH zur nachträglichen Schutzentziehung von IR-Marken und Schutzfähigkeit von Unternehmensschlagworten

Der Bundesgerichtshof spricht in seinem Urteil vom 31.05.2012 (Az.: I ZR 112/10) der Marke „VIN Castel“ eine rechtserhaltende Benutzung in Deutschland ab und verurteilt die Markeninhaberin zur Einwilligung in die Schutzentziehung ihrer Marke nach § 115 Abs. 1, § 49 Abs. 1, § 26 MarkenG. Ein Schutz als Unternehmensschlagwort wird der klägerischen Marke „Castell“ jedoch mangels Unterscheidungskraft nicht gewährt.

Inhaltsverzeichnis

Fall

Der Kläger, Ferdinand Erbgraf zu Castell-Castell, führt unter der Firma „Fürstlich Castell'sches Domänenamt Albrecht Fürst zu Castell-Castell“ein Weingut, dass seit 1266 von seiner Firma betrieben wird. Er ist Inhaber der eingetragenen deutschen Wortmarken „Schloß Castell“ und „CASTELL-CASTELL“.

Die Beklagte, die Wein und andere Getränke vertreibt, ist Inhaberin der internationalen Wort-Bildmarke „VIN Castel“, benutzte diese Marke jedoch bis Herbst 2006 nicht in Deutschland. Seitdem vertreibt sie nun auch in Deutschland Weine, jedoch mit einem neuen Etikett, das die Aufschrift „CASTEL – Depuis 1949“ trägt.

Der Kläger sieht darin eine Verletzung seiner Marken- und Unternehmenskennzeichenrechte und machte daher gegen die Beklagte Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche wegen der Nutzung des Kennzeichens „Castel“ geltend. Darüber hinaus begehrt der Kläger von der Beklagten die Einwilligung in die Schutzentziehung für ihre Marke „VIN Castel“ wegen Nichtbenutzung in Deutschland.

Das Landgericht hat die Beklagte hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs und der Folgeanträge verurteilt und den Antrag auf Schutzentziehung hinsichtlich der IR-Marke „VIN Castel“ abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert und die Klage zurückgewiesen. Durch die Revision landete die Sache beim BGH..

1

Entscheidung

Diese lehnten zwar die Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche ab, bejahten jedoch einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Einwilligung in die Schutzentziehung der Marke „VIN Castel“ nach § 115 Abs. 1, § 49 Abs. 1, § 26 MarkenG, weil die Beklagte die angegriffene Marke nicht innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren rechtserhaltend benutzt habe.

Der Bundesgerichtshof verneinte im Gegensatz zum Berufungsgericht die rechtserhaltende Benutzung der Marke im Sinne von § 26 Abs. 1 MarkenG, da dieser nach einer Gesamtbetrachtung zu dem Schluss gelangte, dass die eingetragene Wort-Bildmarke „VIN Castel VIN SUPERIEUR CASTEL FRERES NEGOCIANTS A BORDEAUX (GIRONDE)“ der Beklagten und das tatsächlich genutzte Zeichen „CASTEL – Depuis 1949“ deutliche Unterschiede aufweisen, die ihren kennzeichnenden Charakter veränderten.

"In der eingetragenen Marke kommt dem Bestandteil „CASTEL FRERES NEGOCIANTS A BORDEAUX (GIRONDE)“ eine entscheidende herkunftshinweisende Funktion zu, weil er konkret bezeichnet, von welchem Unternehmen der mit der Marke gekennzeichnete Wein stammt. Fehlt dieser Herkunftshinweis in dem benutzten Zeichen, so verändert dies seinen kennzeichnenden Charakter."

Dabei komme es, so die BGH-Richter, auch nicht darauf an, ob der Verkehr regelmäßig die Angabe eines Herstellers auf Weinetiketten als Markenbestandteil ansieht oder nicht. Im Streitfall käme es dabei ausschließlich auf das Weinetikett in seiner Gesamtheit an, da dieses als Marke geschützt sei.

Im Rahmen der Gesamtbetrachtung müsse zudem berücksichtigt werden, dass sowohl die Bildbestandteile als auch der graphische Gesamteindruck des verwendeten Etiketts sich gegenüber der eingetragene Marke erheblich verändert haben, was gegen eine rechtserhaltende Benutzung spräche.

"Die eingetragene Marke stellt ein traditionelles Weinetikett dar, das weitgehend durch eine Vielzahl von Wortbestandteilen gefüllt wird. Demgegenüber erweckt die Benutzungsform einen übersichtlicheren, wesentlich klarer gegliederten und geradezu "luftigen" Eindruck unter Übernahme allein des Wortbestandteils "Castel". Das klein darunter eingefügte Gründungsdatum der Beklagten führt nicht annähernd zu einer der eingetragenen Marke entsprechenden Zeichenfülle auf dem Etikett."

Die klägerischen Ansprüche auf Unterlassen, sowie auf Auskunft und Schadensersatz, wies der Bundesgerichtshof jedoch ab. Dem Kläger stehe nach Ansicht des Gerichts keinerlei Ansprüche aus § 5 Abs. 2, § 15 Abs. 2, 4 und 5 MarkenG gegen die Beklagte zu, da der Begriff „Castell“ mangels Unterscheidungskraft nicht als Unternehmensschlagwort für das Weingut des Klägers geschützt ist.

"Das Berufungsgericht hat die Bezeichnung "Castell" sowohl für sich betrachtet als auch in ihrem konkreten Zusammenhang als rein beschreibende Angabe angesehen. Sie weise die angesprochenen Verkehrskreise auf die Herkunft des damit bezeichneten Weins aus dem Weinbauort "Castell" hin, so dass ihr hinreichende Unterscheidungskraft fehle. Das lässt keinen Rechtsfehler erkennen."

Fazit

Unternehmenskennzeichen sind gem. § 5 Abs. 2 MarkenG solche Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens benutzt werden. Der besonderen Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs stehen solche Geschäftsabzeichen und sonstige zur Unterscheidung des Geschäftsbetriebs von anderen Geschäftsbetrieben bestimmte Zeichen gleich, die innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen des Geschäftsbetriebs gelten.

Um einen kennzeichenrechtlichen Schutz als Unternehmensschlagwort für einen einzelnen Bestandteil einer vollständigen Firmenbezeichnung zu erlangen, wird vorausgesetzt, dass dieser Bestandteil auch unterscheidungskräftig und nach der Verkehrsauffassung seiner Natur nach geeignet ist, wie ein Name des Unternehmens zu wirken.

Dies ist dann nicht der Fall, wenn der Bestandteil sowohl für sich betrachtet als auch in seiner Verbindung vom Verkehr als rein beschreibende Sachbezeichnung verstanden wird.

Als rein beschreibende Angabe haben die Gerichte zum Beispiel im vorliegenden Fall die Bezeichnung „Castell“ eingestuft, da sich diese im Verkehr zur Bezeichnung der geographischen Herkunft von Weinen aus dem Weinbauort "Castell" eignet, indem zahlreiche weitere Winzer ansässig sind.

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