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LG Kiel: Pfandpreis muss in den Gesamtpreis einbezogen werden

10.10.2019, 12:46 Uhr | Lesezeit: 3 min
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von Sarah Freytag
LG Kiel: Pfandpreis muss in den Gesamtpreis einbezogen werden

Nach der in Deutschland geltenden Preisangabenverordnung (PAngV) haben Händler Preisangaben in Angeboten und Werbung einschließlich der Umsatzsteuer und sonstigen Preisbestandteilen als sogenannte „Gesamtpreise“ anzugeben. Ziel der Preisangabenverordnung ist es, durch die angestrebte Schaffung von Preiswahrheit und Preisklarheit, sowohl den Verbraucher als auch den Wettbewerb selbst zu schützen. Ein Streitpunkt in diesem Bereich ist dabei, ob das nach der Verpackungsordnung zu erhebende Pfand in den Endpreis der Ware mit einzuberechnen ist.

In dieser Sache ist nun ein weiteres klarstellendes - wenn auch nicht höchstrichterliches - Urteil ergangen. So folgt nun das Landgericht Kiel in seinem Urteil vom 26.06.2019 (Az. 15 HKO 38/18) der Linie des Kammergerichts Berlin (Urteil vom 21.06.2017; Az. 5 U 185/16) und stellt fest, dass das Pfand Teil des Endpreises sei und als Solcher in diesen mit einzubeziehen sei.

Der Fall

Ein Händler warb mit einem Flyer für Getränke, ohne dabei den Preis des Pfandes in den Gesamtpreis einzuberechnen. Der Pfandreis war auf dem Flyer getrennt vom Gesamtpreis angegeben worden.

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Pfandpreis als unvermeidbarer und vorhersehbarer Preisbestandteil

Nach § 1 Abs.1 S.1 PAngV hat der Händler, der Letztverbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder regelmäßig in sonstiger Weise Waren oder Leistungen anbietet oder als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Gesamtpreise).

Das Landgericht Kiel entschied nun, dass auch der Pfandpreis als sonstiger Preisbestandteil zu bewerten sei und daher in den Gesamtpreis einzuberechnen sei.

Bereits im Jahre 2016 hatte ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EUGH, Urteil vom 07.07.2016 Az. C – 476/14 – Citroen) hierzu klargestellt, dass eine auch „rückerstattbare Sicherheit“ einen unvermeidbaren und vorhersehbaren Bestandteil des Preises darstellt, der obligatorisch vom Verbraucher zu tragen sei. Auch wenn der Käufer das Pfand später zurückerstattet bekäme, müsse er zunächst ein um das Pfand erhöhte Entgelt zahlen um das Produkt überhaupt erwerben zu können. So sah das auch das Landgericht Kiel, der redaktionelle Leitsatz der Entscheidung lautet hierzu:

"Als Gesamtpreis iSv § 1 I 1 PAngV ist in richtlinienkonformer Auslegung der Verkaufspreis anzusehen, der notwendigerweise die unvermeidbaren und vorhersehbaren Bestandteile des Preises enthalten muss, die obligatorisch vom Verbraucher zu tragen sind und die Gegenleistung in Geld für den Erwerb des betreffenden Erzeugnisses bilden. Zu diesen Bestandteilen gehört auch das Pfand für eine Verpackung."

§ 1 Abs. 4 PAngV - Verstoß gegen Unionsrecht

Doch wie sind diese Entscheidungen der Rechtsprechung nun mit § 1 Abs. 4 PAngV vereinbar? § 1 Abs. 4 PAngV besagt, dass zwar die Höhe der rückerstattbaren Sicherheit neben dem Preis für die Ware anzugeben sie, jedoch gerade kein Gesamtbetrag zu bilden sei.

Die Gerichte sind sich jedoch einig, dass diese Vorschrift im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung unanwendbar zu lassen sei. Sie verweisen darauf, dass weder in der UGP-Richtlinie (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) noch die RL 98/6/EG (Richtlinie über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse) eine entsprechende Bestimmung bestehe und § 1 Abs. 4 PAngV folglich im Anwendungsbereich dieser Richtlinien gegen Europarecht verstoßen würde. Dementsprechend urteilt auch das Landgericht Kiel:

"§ 1 IV PAngV ist zumindest im Rahmen des UWG insgesamt nicht mehr anzuwenden, weil diese Vorschrift keine unionsrechtliche Grundlage hat."

Fazit und Empfehlung

Händlern wird demnach empfohlen, das Pfand und andere rückerstattbare Sicherheiten sowohl in der Werbung als auch in Angeboten in den Gesamtpreis miteinzuberechnen. In einem zweiten Schritt steht es dem Händler dann frei, neben der Werbeanzeige oder dem Angebot, diesen Gesamtpreis aufzuschlüsseln und gesondert darauf hinzuweisen, dass ein gewisser Betrag des Gesamtpreises auf ein rückerstattbares Pfand entfällt.

Bestehen weitere Fragen rund um das Thema Preisangabenverordnung? Die IT-Recht Kanzlei hat hierzu in einem umfassenden Leitfaden, alle relevanten Fragen und Fakten zusammengetragen.

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2 Kommentare

h
huber 25.01.2020, 08:43 Uhr
Pfandpreisrückerstattung
Gericht scheint den Pfandzweck nicht verstandenen zu haben. Ich kaufe nur das Getränk und habe eine 1x Leihgebühr für den Behälter. So sollte jedem klar sein, dass er das Geld zurückbekommen kann. Demnächst werde ich wohl klagen müssen, weil das Pfandvim Kaufpreis enthalten ist.
T
Torsten Steinberg 23.01.2020, 00:12 Uhr
Diese Rechtssprechung ist Schwachsinn hoch drei
Der Preisvergleich von Getränken in Pfandbehältnissen zu gleichen Getränken ohne Pfandbehältnisse wird erschwert und zum Nachteil der Getränke in Pfandbehältnissen verzerrt.

Und wie sieht es dann mit der Kaution bei Autovermietung aus? Müsste dann nicht auch der Preis einer Tagesmiete um die Kaution in höhe von 200 oder 300 Euro erhöht werden? Aber bei einer Wochenmiete fällt die Kaution natürlich auch nur in gleicher Höhe an, alsopro Tag nur ein siebtel. Unterschiedliche Vermietungen nehmen auch unterschiedlich hohe Kautionen. Darum: im Sinne der Vergleichbarkeit von Preisangaben sollte Pfand, Kaution etc. genannt, aber nicht in den Gesamtpreis einbezogen werden.

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