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OVG Lüneburg: Einwilligungslose Veröffentlichung eines Gruppenfotos auf Facebook verstößt gegen DSGVO

31.03.2021, 09:57 Uhr | Lesezeit: 5 min
von Julius Ulrich und RA Phil Salewski
OVG Lüneburg: Einwilligungslose Veröffentlichung eines Gruppenfotos auf Facebook verstößt gegen DSGVO

Viele Veranstalter sind aus Gründen der Image- und Reichweitenwerbung daran interessiert, Bilder erfolgreicher Events auf sozialen Medien zu teilen. Sind auf solchen Lichtbildern auch Gruppen individuell erkennbarer Personen abgebildet, kollidiert das Werbeinteresse aber grundsätzlich mit dem Datenschutzrecht. Abbildungen Dritter sind deren personenbezogene Daten und dürfen nicht ohne Weiteres ins Netz gestellt werden. Wie das Teilen von Gruppenfotos durch Veranstalter auf Facebook ohne die ausdrückliche Einwilligung der Abgebildeten im Lichte der DSGVO zu bewerten ist, entschied jüngst mit Beschluss vom 19.01.2021 (Az. 11 LA 16/20) das OVG Lüneburg.

I. Der Sachverhalt

Der Kläger, ein Ortsverein einer Partei, führte am 07.08.2014 eine öffentliche Veranstaltung durch. Bei dieser ging es um den Bau eine Ampelanlage.

Die Veranstaltung wurde von ca. 70 Teilnehmer besucht, darunter den Anwohnern und Eheleuten F. Auf einem Foto der Veranstaltung sind ca. 30 bis 40 Personen zu sehen, unter anderem Frau F., Herr F. und der Vorsitzende des Klägers. Er steht in der Mitte eines aus den weiteren Personen geformten Halbkreises.

Nachdem 2018 mit dem Bau der Ampelanlage begonnen worden war, postete der Kläger auf seiner öffentlichen Fanpage bei Facebook das oben erwähnte streitgegenständliche Foto. Darunter veröffentlichte er ein weiteres Bild, auf dem die Baustelle der Ampel zu sehen war.

Über den beiden Fotos befand sich folgender Text:

Zwischen den Fotos liegen vier Jahre, in denen die Anwohner die Hoffnung auf eine Realisierung der Ampel an der D. -Straße in C. nicht aufgegeben haben. […]

Daraufhin wandte sich Herr F. an den Kläger und fordert ihn unter Verweis darauf, dass zur Veröffentlichung ein Einverständnis erforderlich sei, zur Stellungnahme und Löschung des Fotos auf.

Darauf antwortete der Vorsitzende des Klägers, die Eheleute F. seien mit mehreren anderen Personen abgebildet und nicht besonders hervorgehoben worden. Aus diesem Grund dürfe das Foto auch weiterhin veröffentlicht werden. Dennoch werde er das Foto wunschgemäß löschen.

Trotzdem wandte sich Herr F. unter Bezugnahme und Vorlage seiner Korrespondenz mit dem Vorsitzenden des Klägers mit einer datenschutzrechtlichen Beschwerde an die Beklagte, die Datenschutzbehörde des Bundeslandes.

Sie verwarnte den Kläger mit Bescheid vom 9. Januar 2019 mit der Begründung, der Kläger habe personenbezogene Daten ohne Rechtsgrundlage verarbeitet und gegen Art. 5 Abs.1 lit. a i.V.m Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO verstoßen.

Gegen den Bescheid reichte der Ortsverein Klage ein. Die Klage wurde vom VG Hannover mit Urteil vom 27.11.2019 (Az. 10 A 820/19) abgewiesen und das Verfahren eingestellt. Deswegen reichte die Klägerin einen Antrag auf Zulassung der Berufung beim OVG Lüneburg ein.

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II. Die Entscheidung

Der Antrag hatte in der Sache keinen Erfolg.

Das OVG Lüneburg lehnte mit Beschluss vom 19.01.2021 den Antrag auf Zulassung der Berufung ab.

Entscheidend für die Zulassung sei, dass die Berufung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen würde, so das Gericht. Vorliegend wäre dies jedoch nicht der Fall gewesen.

Weil vorliegend Einwilligungen der abgebildeten Personen in die Veröffentlichung des Gruppenfotos auf Facebook nicht eingeholt worden seien, bemesse sich die datenschutzrechtliche Zulässigkeit gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO daran, ob ein Veröffentlichungsinteresse des Klägers die Interessen der Abgebildeten an der Wahrung ihrer informationellen Selbstbestimmungsrechte überwiege.

Bei dem streitgegenständlichen Foto sei das Interesse des Klägers die politische Werbung vor dem Hintergrund der Annahme gewesen, dass die Ampelanlage und der damit erzielte „politische Erfolg“ eine größere Anzahl von Personen interessiere.

Die vor diesem Hintergrund vorzunehmende Interessenabwägung gemäß Art. 6 Abs.1 lit. f DSGVO gehe zu Lasten des Klägers.

Das Interesse des Betroffenen überwiege stets, wenn zwischen den Betroffenen und den verantwortlichen Personen keinerlei vertragliche oder geschäftliche Beziehung bestünde, die die Datenverarbeitung vernünftigerweise absehbar mache. Eine solche Beziehung käme nicht durch die bloße Teilnahme an einer öffentlichen Veranstaltung zu Stande. Ebenfalls hätten die Eheleute F. nicht vernünftigerweise erwarten können, dass der Kläger das streitgegenständliche Foto mehr als vier Jahre nach der Veranstaltung auf seiner Fanpage bei Facebook veröffentliche.

Selbst aber, wenn man ein Überwiegen der klägerischen Interessen unterstellen wolle, wäre die konkrete Form der Datenverarbeitung vorliegend nicht „erforderlich“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO gewesen. Die intendierte Werbewirkung wäre nämlich ebenfalls erreicht worden, wenn die abgebildeten Personen auf dem Foto unkenntlich gemacht worden wären.

Dem Einwand des Klägers, ein teilweise verpixeltes Foto sei nicht glaubwürdig, nicht authentisch, unseriös und die Bearbeitung technisch zu aufwendig, könne nicht gefolgt werden.

III. Fazit

In Rechtsprechung und Literatur besteht im Angesicht der DSGVO seit langem Einigkeit darüber, dass die Veröffentlichung von Abbildungen einzelner Personen im Internet und insbesondere auf sozialen Netzwerken nur bei ausdrücklicher Einwilligung gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO zulässig ist.

Was aber gilt, wenn nicht eine 1-Personen-Abbildung, sondern ein Gruppenfoto ohne Einwilligung der Abgebildeten veröffentlicht wird, ist nun erstmals durch das OVG Lüneburg mit Beschluss vom 19.01.2021 (Az. 11 LA 16/20) entschieden worden.

Das Gericht urteilte, dass eine Rechtfertigung über berechtigte Interessen zwar hypothetisch in Betracht komme. Ohne vertragliche oder geschäftliche Beziehungen zu den Abgebildeten müssten deren Interessen an der informationellen Selbstbestimmung aber stets überwiegen und schlössen die Rechtfertigung aus.

Dies gelte insbesondere, weil der Personenbezug ohne Beeinträchtigung der Wirkung der Gruppenfotos durch Maßnahmen der Unkenntlichmachung (etwa: Verpixelung) zumutbar ausgeschlossen werden könnte.

Online-Händler und Veranstalter, welche gedenken, Bilder von Personengruppen im Internet und vor allem auf Social Media ohne Verpixelung hochzuladen, sollten daher aus Datenschutzgründen stets die Einwilligung aller Abgebildeten so einholen, als würde das Bild nur den jeweiligen Betroffenen zeigen.

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